Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist
Leitsatz (NV)
Wird ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist erst nach Ablauf dieser Frist eingereicht, so kann ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann Erfolg haben, wenn die Beschwerdebegründung innerhalb der Antragsfrist des § 56 Abs. 2 FGO eingeht (Anschluss an BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2000 V R 16/00, BFH/NV 2001, 608).
Normenkette
FGO § 54 Abs. 2, § 56 Abs. 2, § 116 Abs. 2
Tatbestand
Das Finanzgericht hat die Klagen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen zwei Schätzungsbescheide als unbegründet abgewiesen. Die vorinstanzlichen Urteile wurden dem Kläger am 11. Juli 2002 zugestellt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsätzen vom 12. August 2002 Beschwerde ein. Die Schriftsätze gingen dem Bundesfinanzhof (BFH) am selben Tag (einem Montag) zu. Eine Beschwerdebegründung enthielten sie nicht.
Unter dem Datum vom 12. September 2002 hat der Prozessbevollmächtigte beantragt, die Begründungsfrist für seine beiden Beschwerden um einen Monat zu verlängern. Weiter heißt es in den jeweiligen Schreiben:
"Soweit der Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist nicht rechtzeitig vor dem Ablauf der Begründungsfrist gestellt worden ist, beantrage ich, dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren".
Der verspätete Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist sei auf ein ―in der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs näher bezeichnetes― Versehen einer Mitarbeiterin des Prozessesbevollmächtigten zurückzuführen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerden sind unzulässig.
Nichtzulassungsbeschwerden sind innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim BFH einzulegen (§ 116 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) und innerhalb von zwei Monaten nach demselben Zeitpunkt zu begründen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO). Da die finanzgerichtlichen Urteile am 11. Juli 2002 zugestellt worden sind, lief die Begründungsfrist am 11. September 2002 ab. Anders als bei der Beschwerdefrist fiel das Fristende nicht auf einen Sonntag, sondern auf einen Mittwoch, so dass sich das Fristende nicht nach § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 2 der Zivilprozessordnung auf den 12. September 2002 verschob.
Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nach § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO nur dann Erfolg haben, wenn die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt wird. Versäumte Rechtshandlung ist im Streitfall die Beschwerdebegründung. Sie ist trotz eines am 16. September 2002 erteilten Hinweises des Senatsvorsitzenden bis heute nicht eingegangen. Eine Wiedereinsetzung hinsichtlich des verspäteten Antrags auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist kommt nicht in Betracht (vgl. hierzu den BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2000 V R 16/00, BFH/NV 2001, 608).
Fundstellen
Haufe-Index 884168 |
BFH/NV 2003, 330 |