Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe; Darlegung der Erfolgsaussicht; Akteneinsicht
Leitsatz (NV)
1. Der Antragsteller muß die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zumindest schlüssig darlegen.
2. Zur Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 117
Tatbestand
Zwischen dem Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) und dem für seine Einkommensbesteuerung zuständigen Beklagten (Finanzamt -- FA --) kommt es seit Jahren zu erheblichen Differenzen über die steuerlich zu berücksichtigenden Aufwendungen. Die Auseinandersetzungen führten zu zahlreichen Finanzrechtstreitsachen und auch zu erheblichen Vorwürfen persönlicher Art sowie Strafanzeigen des Antragstellers gegen Mitarbeiter des FA. Der Vorsteher des FA teilte dem Antragsteller daraufhin durch Schreiben vom ... mit, daß für ihn im FA ein Ansprechpartner nur noch nach vorheriger Terminabstimmung -- mit dem Sachgebietsleiter der Rechtsbehelfsstelle -- zur Verfügung stehe. Der Vorsteher verfügte außerdem, daß Ansprechpartner in den Steuerangelegenheiten des Antragstellers nur er selbst oder der Sachgebietsleiter der Rechtsbehelfsstelle sein sollten.
Am ... erschien der Antragsteller unangemeldet bei einem Sachbearbeiter der Rechtsbehelfsstelle des FA, um Belege zu den Einkommensteuererklärungen ... und ... einzusehen. Er nannte dafür weder Gründe, noch gab er genau an, was er einsehen wollte. Der Sachbearbeiter erklärte dem Antragsteller, daß mangels vorheriger Terminabstimmung keiner der für ihn vorgesehenen Ansprechpartner infolge Abwesenheit zur Verfügung stehe. Er weigerte sich, dem Antragsteller Akteneinsicht zu gewähren. Die dagegen gerichtete Beschwerde, mit der der Antragsteller geltend machte, er habe kein Gespräch führen, sondern nur von ihm selbst eingereichte Unterlagen einsehen wollen, wies die Oberfinanzdirektion als unbegründet zurück. Im Besteuerungsverfahren gebe es keinen Anspruch der Beteiligten auf Akteneinsicht. Die Finanzbehörde müsse darüber jeweils nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Dies sei im Streitfall geschehen. Die Weisung des Vorstehers habe die Mitarbeiter des FA vor persönlichen Angriffen und Strafanzeigen des Antragstellers schützen sollen. Der Antragsteller habe für sein Begehren auf unangemeldete Akteneinsicht weder Gründe genannt noch ein berechtigtes Interesse dargelegt.
Mit seiner beim Finanzgericht (FG) anhängigen Klage macht der Antragsteller geltend, das Verhalten des FA sei rechtswidrig. Ihm sei verwehrt worden, durch zeitnahe Einsichtnahme eine ordentliche Besteuerung vor nehmen zu lassen sowie Unterlagen und Beweismittel für das Strafverfahren beim Landgericht sowie verschiedene beim FG anhängige Verfahren zu sichten und zu erhalten.
Gleichzeitig mit der Erhebung der Klage, über die das FG noch nicht entschieden hat, beantragte der Antragsteller die Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH).
Das FG lehnte den Antrag auf PKH wegen fehlender Erfolgsaussicht ab (§ 142 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --). Der Antragsteller habe zwar keinen unmittelbaren Anspruch auf Akteneinsicht, wohl aber ein -- von den Steuergerichten nur im Rahmen des § 102 FGO überprüfbares -- Recht auf fehlerfreie Ermessenshandhabung. Das FA habe sein Ermessen zutreffend ausgeübt. Es habe nicht generell die Akteneinsicht verweigert, sondern wegen der -- durch zahlreiche Finanzrechtsstreite gerichtsbekannten -- erheblichen Unstimmigkeiten zwischen dem Antragsteller und dem FA die Akteneinsicht von der Einhaltung eines bestimmten Verfahrens abhängig gemacht. Bei dem angespannten Verhältnis zwischen Antragsteller und FA sei es auch im Interesse des Antragstellers, daß nur besonders kompetente Mitarbeiter des FA zu Auskünften bereitstünden bzw. über die Rückgabe von Belegen oder deren Vorlage zur Einsicht entschieden. Die Belange des Antragstellers seien dabei ausreichend berücksichtigt.
Mit seiner Beschwerde macht der Antragsteller geltend, das Verhalten des FA sei ermessensfehlerhaft. Er habe lediglich Einsicht in die von ihm selbst zur Glaubhaftmachung im Steuerfestsetzungsverfahren eingereichten Originalbelege nehmen wollen. Das Steuergeheimnis stehe einem solchen Verlangen nicht entgegen. Die Richtigkeit oder Vollständigkeit der eingereichten Belege bei Bedenken oder neuen Erkenntnissen zu prüfen, entspreche vielmehr dem besonderen Interesse des Antragstellers. Zur unverzüglichen Vornahme von Korrekturen sei er im übrigen bei unrichtigen Angaben nach der Abgabenordnung (AO 1977) verpflichtet.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat dem Antragsteller zu Recht die Gewährung von PKH versagt.
Nach § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet sowie nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn hierfür bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Dies ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. April 1993 VI B 162/92, BFH/NV 1993, 682, m. w. N.). Aus der Regelung in § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO, nach der der Antragsteller in dem Antrag auf PKH das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen hat, ist zu entnehmen, daß der Antragsteller die hinreichende Erfolgsaussicht als Voraussetzung der Bewilligung einer PKH zumindest schlüssig darlegen muß (z. B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1993, 682, m. w. N., und vom 22. Februar 1994 VIII B 79/93, BFH/NV 1994, 736). Hieran fehlt es im Streitfall.
Das FG hat zutreffend einen Anspruch des Antragstellers auf Akteneinsicht, zu der auch die Einsichtnahme in die zu den Steuerakten genommenen Belege des Steuerpflichtigen zählt, im Verwaltungsverfahren verneint. Die AO 1977 enthält keine dahingehende Regelung (vgl. dazu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 364 AO; Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz. 2607, jeweils m. w. N.). Ein Anspruch auf Akteneinsicht ergibt sich insbesondere auch nicht aus § 364 AO 1977 (vgl. BFH-Beschluß vom 6. Oktober 1993 VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311; Tipke/ Kruse, a. a. O.). Der Steuerpflichtige hat allerdings ein Recht darauf, daß die Finanzbehörde über seinen Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 6. August 1965 VI 349/63 U, BFHE 83, 490, BStBl III 1965, 675; Tipke/Kruse und Ziemer/Haarmann/Lohse/ Beermann, jeweils a. a. O.). Die Steuergerichte können diese Ermessensentscheidung, wie bereits das FG zutreffend dargelegt hat, nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüfen (vgl. dazu auch Gräber/von Groll, FGO, § 102 Anm. 2 ff.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze läßt die Entscheidung der Finanzbehörde keine Ermessensfehler erkennen. Das FA hat -- soweit aus dem Vorbringen der Beteiligten und den Akten ersichtlich -- seine Belange und die des Antragstellers gegeneinander abgewogen. Es hat darüber hinaus die Akteneinsicht nicht generell verweigert, sondern diese nur von einer vorherigen Terminabstimmung abhängig gemacht. Hiergegen bestehen bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung keine Bedenken. Der Antragsteller hat mit seiner Beschwerde nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, daß für ihn ein berechtigtes Interesse daran bestanden hat, sich in den Steuerakten befindende Belege unangemeldet gerade zu dem von ihm gewählten Zeitpunkt einzusehen.
Fundstellen