Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge von Verfahrensmängeln
Leitsatz (NV)
Zum Begriff des Verfahrensmangels und zum Erfordernis seiner Bezeichnung, vor allem in den Fällen, in denen Verletzung der Sachaufklärungspflicht und des rechtlichen Gehörs gerügt wird.
Normenkette
FGO §§ 76, 96, 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3
Gründe
Das Rechtsmittel ist unbegründet. Der Zulassungsgrund, auf den die Beschwerde allein gestützt wird, ein Verfahrensmangel i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), ist nicht gegeben bzw. nicht in der erforderlichen Weise dargetan (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Von vornherein unbeachtlich ist das Beschwerdevorbringen, soweit es
-- in den nach Ablauf der gesetzlichen Beschwerdefrist (§115 Abs. 3 Satz 1 FGO) von einem Monat, also nach dem 16. Dezember 1996, eingereichten Schriftsätzen enthalten ist und nicht nur erläuternden Charakter hat (Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, §115 Rz. 51 f. und Rz. 55; s. auch Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 24. Juli 1996 VIII R 41/96, BFH/NV 1997, 128 a. E., und vom 11. September 1996 XI B 210/95, BFH/NV 1997, 298);
-- als Revisionsbegründung zu werten ist, d. h. sich in Einwänden gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils erschöpft (s. Gräber, a. a. O., §105 Rz. 21, §115 Rz. 58, 62 und im Verhältnis zur zulassungsfreien Revision §116 Rz. 5, jeweils m. w. N.);
-- sonstige Angriffe enthält, mit denen der Rechtsuchende in ein anderes Verfahren verwiesen ist, d. h. hinsichtlich der -- erfolglos gebliebenen -- Anträge nach den §§108, 109 FGO (vgl. dazu auch Gräber, a. a. O., §108 Rz. 6 und §109 Rz. 4) sowie der Einwände zum Protokoll (vgl. Gräber, a. a. O., §94 Rz. 20 f.);
-- gegen Beweiswürdigung bzw. Beweislastverteilung gerichtet, in diesem Verfahren also dem materiellen Recht zuzuordnen ist (Gräber, a. a. O., §115 Rz. 28, m. w. N.).
2. Einer Sachprüfung und Sachentscheidung steht außerdem entgegen, daß die geltend gemachten Verfahrensmängel zumeist nicht in der nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise bezeichnet sind (dazu Gräber, a. a. O., §115 Rz. 65, §120 Rz. 37 ff.).
Das setzt, soweit mangelnde Sachaufklärung gerügt wird, voraus, daß das Beschwerdevorbringen folgendes enthält:
-- genau und im einzelnen die aus der Sicht des Finanzgerichts (FG) aufklärungsbedürftigen, aber nicht aufgeklärten Tatsachen;
-- die Beweisangebote hierzu bzw. in sich schlüssige Erläuterungen, warum unterbliebene Beweiserhebungen sich hätten aufdrängen müssen;
-- die Entscheidungserheblichkeit eines solchen Verfahrensfehlers (siehe Senatsbeschluß vom 19. März 1997 X B 262/96, BFH/NV 1997, 514; Gräber, a. a. O., §115 Rz. 65, §120 Rz. 39 f.).
In entsprechender Weise hätte die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs konkretisiert werden müssen, und zwar auch durch Darlegungen dazu, wann und wie ein solcher Einwand schon vor dem FG erhoben wurde und warum dies nicht möglich bzw. nicht zumutbar war (siehe BFH-Beschlüsse vom 18. Oktober 1995 V B 87/95, BFH/NV 1996, 335; vom 21. Dezember 1995 X B 104/95, BFH/NV 1996, 488, und vom 23. Januar 1996 VIII B 57/95, BFH/NV 1996, 492; Gräber, a. a. O., §119 Rz. 12 f.).
3. Zu den Einwänden im einzelnen ergibt sich folgendes:
-- Die Frage der Nichtigkeit verschiedener Hoheitsmaßnahmen ebenso wie diejenige eventueller Verwertungsverbote ist im Klageverfahren ausgiebig erörtert worden. Hiermit hat sich das FG auch im angefochtenen Urteil unter Bezugnahme auf die Urteile anderer FG und der Zivilgerichte ausführlich befaßt. Daß es hierbei zu einem anderen als dem von den Klägern und Beschwerdeführern beanspruchten Ergebnis kam, ist kein Verfahrensfehler.
-- Die Überzeugungsbildung des FG ist auch das eigentliche Ziel der Angriffe zum Streitpunkt "Arbeitsverträge". Die hierzu im Urteilstatbestand getroffenen Feststellungen weichen jedoch -- entgegen dem Beschwerdevorbringen -- nicht vom Vorbringen in der mündlichen Verhandlung ab. Die Vorinstanz hat nur im Rahmen des Fremdvergleichs (u. a.) aus der bis 1981 geübten Auszahlungspraxis nachteilige Folgerungen auch für die übrigen Streitjahre gezogen. -- Weitere Sachaufklärung war aus der Sicht des FG nicht erforderlich.
Ein Überraschungsmoment konnte darin im Hinblick auf den Prüfungs- und Streitumfang nicht liegen. Das gilt angesichts der Vorgeschichte auch für die Wertung dieser Vorgänge als Steuerhinterziehung, zumal das Recht auf Gehör keine umfassende Erörterung aller Rechtsprobleme erfordert, vor allem wenn dies auf eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung hinausliefe (Gräber, a. a. O., §96 Rz. 32, m. w. N.). Unklar ist außerdem, was bei entsprechendem Hinweis konkret noch hätte vorgetragen und unter Beweis gestellt werden sollen.
-- Zu den streitigen Sachbezügen ist das FG davon ausgegangen, daß Lohnsteueraußenprüfungen stattgefunden hatten; es hat allerdings auch ausgeführt, daß und warum hierdurch keine Änderungssperre ausgelöst worden war. Die Nichtanerkennung der Sachbezüge ist das Ergebnis einer Gesamtwürdigung unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs. Die Beschwerdebegründung läßt offen, mit Hilfe welcher Maßnahme der Sachaufklärung eine andere Beurteilung hätte in Betracht kommen können: Insoweit betrifft die Verfahrensrüge nur ein Indiz unter mehreren, und das zum Beweis benannte Schriftstück läßt keinen Sachzusammenhang erkennen.
-- Nichts anderes gilt für die Tantiemevereinbarung, deren Anerkennung nach dem FG-Urteil ebenfalls am Fremdvergleich, vor allem aber an der mangelnden Mitwirkung der Klägerseite an der Sachaufklärung gescheitert ist. Die Aufklärungsverfügung des FG vom 27. September 1996 ist in diesem Punkt ebenso erfolglos geblieben wie hinsichtlich der "X"-Rechnungen. Daher erübrigten sich in beiden Punkten weitere Beweiserhebungen (s. dazu auch Gräber, a. a. O., §76 Rz. 28 ff., §96 Rz. 14), kann auch insoweit von einer Überraschungsentscheidung nicht die Rede sein.
-- Was die Aufteilung der Nutzfläche A- Straße 5 angeht, so läßt die Beschwerdebegründung unberücksichtigt, daß das FG diese Frage ausdrücklich als nicht entscheidungserheblich angesehen hat.
-- Hinsichtlich der Akteneinsicht schließlich liegt ein Rügeverzicht vor (dazu Gräber, a. a. O., §115 Rz. 37), weil hierzu trotz rechtskundiger Vertretung, in der mündlichen Verhandlung nichts mehr geltend gemacht wurde.
Im übrigen ergeht der Beschluß ohne Begründung (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 66517 |
BFH/NV 1998, 466 |