Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung
Leitsatz (NV)
Mit der Behauptung, die Auffassung des FG stehe im Widerspruch zur Auffassung der Finanzminister der Länder, wird keine klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfrage dargelegt.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Im Verfahren zur Zwangsversteigerung zweier Eigentumswohnungen gab die A-GmbH das Meistgebot ab. Die Eigentumswohnungen waren mit Grundpfandrechten zugunsten der Klägerin belastet. Die Klägerin hatte mit der GmbH mit Wirkung zum 1. Januar 1987 am 7. April bzw. am 29. April 1987 einen Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen. Nach diesem Vertrag sollte die GmbH ,,im Rahmen entgeltlicher Geschäftsbesorgungen (§ 675 i.V.m. §§ 611 ff. BGB)" zur Rettung ausfallgefährdeter Forderungen der Klägerin, ,,insbesondere durch Mitbieten in Zwangsversteigerungsterminen, Ersteigerung des Beleihungsobjekts sowie durch dessen Verwaltung und Verwertung" im Auftrag der Klägerin tätig werden. Sie sollte dabei ,,die Grundstücke bzw. Rechte aus dem Meistgebot als vom Vertragspartner unabhängige Eigentümerin oder Berechtigte" erwerben. Die Klägerin war ,,von jeglicher Einflußnahme auf diese Grundstücke und Rechte sowie deren Verwertung ausgeschlossen". Eine Übertragung des Eigentums an von der GmbH erworbenen Objekten auf die Klägerin fand nach dem Vertrag nicht statt. Die GmbH erhielt die ,,für die Belegung des Meistgebots, die Ablösung vorhandener Belastungen und für Baumaßnahmen erforderlichen Mittel" zinslos zur Verfügung. Nach Abschluß des Auftrags war eines Endabrechnung zu erstellen. Darin war unter Berücksichtigung einer Vergütung und eines Aufwendungsersatzes sowie etwaiger Erträge aus der Objektverwaltung der Betrag der geretteten Forderungsteile zu ermitteln. Dieser war an die Klägerin abzuführen.
Durch Bescheide vom 28. Juni 1988 setzte das beklagte Finanzamt (FA) gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer fest. Es ging dabei davon aus, daß die Abgabe der Meistgebote durch die GmbH nach § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 steuerpflichtige Erwerbsvorgänge bei der Klägerin darstellten. Durch die Einspruchsentscheidungen wurde die Grunderwerbsteuer geringfügig herabgesetzt.
Mit der Klage machte die Klägerin geltend, daß sie keine Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG erhalten habe.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und die Grunderwerbsteuerbescheide sowie die Einspruchsentscheidungen aufgehoben. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 lägen nicht vor. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG seien zwar gegeben, wenn ein Grundstück im Auftrag eines andern (z.B. Treugeber) erworben werde. In einem derartigen Fall unterliege der Anspruch des Auftragnehmers auf Übertragung des Eigentums am Grundstück der Steuer aus § 1 Abs. 1 Nr.1 GrEStG. Gleichzeitig erwerbe der Auftraggeber wegen des ihm zustehenden Anspruchs auf Herausgabe des in Durchführung des Auftrags Erlangten (§ 667 BGB) die Verwertungsbefugnis i.S. von § 1 Abs. 2 GrEStG. Der Erwerb der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis setze im übrigen voraus, daß der Berechtigte nicht nur besitz- und nutzungsberechtigt sei, sondern auch an der Substanz des Grundstücks in dem Sinne beteiligt sei, daß er an der ganzen Substanz des Grundstücks seinem Wert nach teilhaben solle, ggf. also die Substanz angreifen könne. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze könne im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin mit dem Erwerb der Eigentumswohnungen durch die GmbH gleichzeitig die rechtliche bzw. wirtschaftliche Möglichkeit erhalten habe, diese auf eigene Rechnung zu verwerten. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Herausgabe des in Durchführung des Auftrags Erlangten, soweit es um die erworbenen Grundstücke gehe. Darüber hinaus sei die Klägerin von jeglicher Einflußnahme auf die erworbenen Grundstücke und deren Verwertung ausgeschlossen. Sie könne der GmbH weder bei der Kaufpreisgestaltung noch bei der Auswahl der Käufer Weisungen erteilen. Im übrigen sei die Klägerin auch nicht an der Substanz beteiligt. Dies ergebe sich daraus, daß der Verwertungserlös aus Grundstücken maximal bis zur Höhe der zu rettenden Forderung an die Klägerin abzuführen sei. Die Entscheidung des FG enthält keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision.
Mit der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde macht das beklagte FA grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache als Zulassungsgrund geltend.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde des FA ist als unzulässig zu verwerfen, da ihre Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605, m.w.N.). In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dies erfordert eine schlüssige und substantiierte Darlegung der genannten Voraussetzungen für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, genügt dafür nicht. Der Beschwerdeführer muß vielmehr konkret auf die Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Entscheidung vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Das FA hält die Rechtsfrage für klärungsbedürftig, ob im Fall des Auftragserwerbs (Treuhanderwerbs) der Auftraggeber nicht die wirtschaftliche Verwertungsmacht i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 erlange, wenn er auf seinen Herausgabeanspruch aus § 667 BGB gegenüber dem Auftragnehmer verzichtet und die Verwaltung oder Verwertung des Grundstücks in die eigenständige Verantwortung des Auftragnehmers überträgt. Abgesehen davon, daß damit der vom FG seiner Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt nicht zutreffend wiedergegeben wird (das FG hat weder einen Treuhanderwerb noch einen Verzicht auf einen Herausgabeanspruch angenommen), wird damit keine - nach Auffassung des FA klärungsbedürftige - Rechtsfrage hinreichend deutlich umrissen. Dazu wäre es erforderlich gewesen, daß das FA - ausgehend vom Sachverhalt im Streitfall - eine abstrakt formulierte Rechtsfrage herausgearbeitet und diese in Auseinandersetzung mit der vorhandenen Rechtsprechung als noch nicht geklärt dargestellt hätte. Diesem Erfordernis wird auch nicht mit der Behauptung genüge getan, daß die Auffassung des FG im Widerspruch zur Auffassung der Finanzminister der Länder stünde und dazu keine Rechtsprechung vorliege. Damit wird - allenfalls - behauptet, daß das FG einen bestimmten Sachverhalt anders beurteile als die Verwaltung. Eine klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfrage wird damit jedenfalls nicht dargelegt.
Fundstellen
Haufe-Index 418336 |
BFH/NV 1993, 172 |