Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Vorliegen einer Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO; Antrag auf Tatbestandsberichtigung ohne Bedeutung für den Lauf der Rechtsmittelfristen
Leitsatz (NV)
1. Eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO ist nur gegeben, wenn das Urteil eines FG bei gleichem, vergleichbarem oder gleich gelagertem vorliegendem und festgestelltem Sachverhalt in ein und derselben Rechtsfrage von einer Entscheidung des BFH abweicht.
2. Für den Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 115 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO ist ohne Bedeutung, daß der Beschwerdeführer einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 Abs. 1 FGO gestellt hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Sätze 1, 3, § 108 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt - FA -) kann keinen Erfolg haben.
Soweit das FA die Abweichung des Finanzgerichts (FG) von Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) rügt, ist die Beschwerde unbegründet. Eventuelle weitere Beschwerdegründe sind nicht in der durch § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Weise vorgebracht worden.
1. Eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO ist nur gegeben, wenn das Urteil eines FG bei gleichem, vergleichbarem oder gleich gelagertem vorliegendem und festgestelltem Sachverhalt in ein und derselben Rechtsfrage von einer Entscheidung des BFH abweicht (s. z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 115 FGO Tz.58).
Im vorliegenden Fall ist das FG in seiner Entscheidung jedoch von einem anderen Sachverhalt ausgegangen als er den vom FA genannten Entscheidungen des erkennenden Senats zugrunde lag. Es war der Auffassung, daß lediglich ein Zulagenantrag des Klägers und Beschwerdegegners (Kläger) in dessen Eigenschaft als Besitzunternehmer gestellt worden war. Damit war insbesondere im Verhältnis zum Urteil des Senats vom 9. Dezember 1988 III R 32/87 (BFHE 155, 447, BStBl II 1989, 245) eine andere Entscheidungsgrundlage gegeben.
Dies hat zur Folge, daß eine Abweichung von den genannten Urteilen des BFH i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO nicht vorliegt.
2. Die Beschwerde kann auch nicht aus anderen Gründen Erfolg haben.
a) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr.1 FGO) ist vom FA nicht geltend gemacht worden.
b) Ein eventueller Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr.3 FGO) wurde nicht in der von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO vorgeschriebenen Weise gerügt.
Das FA hat innerhalb der Beschwerdefrist insoweit lediglich ausgeführt, das FG habe den Umstand, daß auch von der (Betriebs-) GmbH ein Zulagenantrag gestellt worden sei, nicht in den Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgenommen und es sei deswegen ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung gestellt worden.
Darin könnte zwar die Rüge eines Verstoßes gegen die Ermittlungspflicht des FG (§ 76 Abs. 1 FGO) oder auch das Gebot, die Entscheidung nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu treffen (§ 96 Abs. 1 FGO), gesehen werden. Doch wäre in beiden Fällen der gerügte Verfahrensfehler nicht ausreichend ,,bezeichnet" (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Das FA hat insbesondere nicht dargelegt, woraus das FG hätte entnehmen können und sollen, daß auch die (Betriebs-)GmbH einen Zulagenantrag gestellt hatte (vgl. hierzu z.B. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 120 Anm.40).
Daran ändert auch nichts (mehr) der Hinweis des FA im Schriftsatz vom 28. Februar 1991 auf entsprechende Ausführungen in der den Kläger betreffenden Einspruchsentscheidung vom 8. August 1985. Bei Eingang dieses Schriftsatzes beim FG war die Beschwerdebegründungsfrist von einem Monat (§ 115 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO) längst abgelaufen. Für den Ablauf dieser Frist war auch ohne Bedeutung, daß das FA einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 Abs. 1 FGO gestellt hatte (s. hierzu den BFH-Beschluß vom 7. Februar 1977 IV B 62/76, BFHE 121, 171, BStBl II 1977, 291).
3. Im übrigen ergeht die Entscheidung nach Art.1 Nr.6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.
Fundstellen
Haufe-Index 423186 |
BFH/NV 1993, 610 |