Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Beweisantrags
Leitsatz (NV)
Ein auf die Erhebung eines Zeugenbeweises gerichteter Beweisantrag muss die zu hörenden Zeugen nicht namentlich und mit ladungsfähiger Anschrift benennen. Es genügt, dass die zu vernehmenden Zeugen identifiziert und ermittelt werden können.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen 8 K 1457/04) |
Gründe
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) hat keinen Erfolg. Das FG hat nicht gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen.
1. Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Es ist dabei weder an das Vorbringen noch an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO). Dies gilt aber nur in dem Sinne, dass das FG von sich aus auch Beweise erheben kann, die von den Parteien nicht angeboten worden sind. Von den Beteiligten angebotene Beweise muss das FG grundsätzlich erheben. Auf die beantragte Beweiserhebung kann es im Regelfall nur verzichten, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt, das Gericht die durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zugunsten des betreffenden Beteiligten als wahr unterstellt oder wenn das Beweismittel nicht erreichbar, unzulässig oder völlig ungeeignet ist, den Beweis zu erbringen. Das FG ist nicht verpflichtet, unsubstantiierten Beweisanträgen nachzugehen (vgl. etwa Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Juni 2003 IX R 46/00, BFH/NV 2004, 46; BFH-Beschluss vom 13. August 2002 VII B 267/01, BFH/NV 2003, 63, m.w.N.). In welchem Maße eine Substantiierung entsprechender Beweisanträge zu fordern ist, hängt von der im Einzelfall bestehenden Mitwirkungspflicht des Beteiligten ab. Denn zumutbarer Inhalt und Intensität der richterlichen Ermittlungen stehen notwendig im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beteiligten, die gemäß § 76 Abs. 1 Satz 2 und 3 FGO eine Pflicht zur Förderung des finanzgerichtlichen Verfahrens haben (vgl. etwa BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 63).
Zwar scheitert die Beschwerde nicht schon an dem Umstand, dass der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in der mündlichen Verhandlung die zu hörenden Zeugen nicht namentlich und mit ladungsfähiger Anschrift benannt hat. Ein auf die Erhebung des Zeugenbeweises gerichteter Beweisantrag muss die zu vernehmenden Zeugen nur individualisieren. Es genügt der Vortrag, der eine Unterscheidbarkeit sicherstellenden eingrenzenden Tatsachen, die es dem Gericht ermöglichen, das Beweismittel zu identifizieren und zu ermitteln. Z.B. hat es die Rechtsprechung ausreichen lassen, dass Zeugen durch Angabe der Firmen, bei denen sie beschäftigt sind/waren, bezeichnet werden, sofern der Antragsteller nicht in der Lage ist, den Zeugen als Beweismittel mit vollständigem Namen und genauer Anschrift zu ermitteln (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2002 X B 132/00, BFH/NV 2002, 1457, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Im Streitfall konnte das FG auf eine Zeugeneinvernahme jedoch verzichten, weil es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankam. Zeugenaussagen der Fahrer des Klägers waren nach Auffassung des FG für die zu treffende Entscheidung unerheblich und als Beweismittel deshalb untauglich. Die Fahrer sollten lediglich dazu gehört werden, wann sie mit welchem Fahrzeug welche Strecke gefahren sind. Nach der Rechtsauffassung des FG konnte jedoch der überwiegende Einsatz der Fahrzeuge im Fördergebiet nicht durch die Gegenüberstellung der Fahrten, sondern nur durch eine Auflistung sämtlicher Betriebstage belegt werden, denn nur diese stellen nach der Rechtsauffassung des FG auch zu zählende Einsatztage dar. Standtage wegen fehlender Aufträge oder Wartungs- bzw. Reparaturarbeiten sind nach Auffassung des FG angesichts der Zielsetzung des Fördergebietsgesetzes nicht als Einsatztage zu werten, weil andernfalls Fahrzeuge begünstigt wären, die lediglich ihren Standplatz im Fördergebiet haben, ohne der dortigen Wirtschaft zu nutzen.
2. Die zusätzliche Begründung vom 15. Juli 2008, in der der Kläger die fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts rügt, ist als nachgereichter Schriftsatz verspätet. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind --abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen-- nicht zu berücksichtigen.
Im Übrigen erschöpfen sich die Ausführungen des Klägers im nachgereichten Schriftsatz vom 15. Juli 2008 im Kern --nach Art einer Revisionsbegründung-- in Erwägungen darüber, dass und warum das FG den Rechtsstreit unzutreffend entschieden habe. Dies rechtfertigt indessen für sich genommen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts.
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Beschwerdeführer --woran es im Streitfall mangelt-- schlüssig und substantiiert darlegt, dass die Vorentscheidung an einem besonders schwerwiegenden materiell-rechtlichen Fehler leide, der nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000, BTDrucks 14/4061, S. 9) und der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Beschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25, m.w.N.) zur Zulassung der Revision führen könnte (vgl. auch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 11. Mai 2004 XI ZB 39/03, Neue Juristische Wochenschrift 2004, 2222).
Fundstellen