Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Beiladung des Kommanditisten zum Verfahren wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung eines verrechenbaren Verlustes
Leitsatz (NV)
1. Zum Verfahren der KG gegen die mit der einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns der Gesellschaft verbundene Feststellung des verrechenbaren Verlustes ist der materiell betroffene Gesellschafter, um dessen verrechenbare Verluste es geht, notwendig beizuladen.
2. Auf die zur Grundordnung des Verfahrens gehörende notwendige Beiladung kann nicht verzichtet werden. Wird sie im finanzgerichtlichen Verfahren unterlassen, kann dieser Verfahrensfehler noch im Revisionsverfahren geheilt werden. Allerdings steht es im Ermessen des BFH, ob er die Sache an das FG zur Nachholung der notwendigen Beiladung zurückverweist oder die Beiladung selbst vornimmt.
Normenkette
EStG § 5a Abs. 4a S. 1, § 15a Abs. 4 Sätze 5-6; FGO § 48 Abs. 1 Nrn. 1, 5, § 57 Nr. 3, § 60 Abs. 3 S. 1, § 123 Abs. 1 S. 2, Abs. 2
Tatbestand
I. Für die Beteiligungs-KG "Y" Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. --KG-- (Klägerin und Revisionsklägerin), hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) für das Jahr 2000 einen Gewinn aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr nach § 5a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 88 803 DM ermittelt und für die KG gemäß § 5a Abs. 4 a Satz 1 EStG durch gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid vom 1. August 2002 entsprechend festgestellt. Mit dem Bescheid verbunden ist die einheitliche und gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes auf den 31. Dezember 2000 (Anl 1, 2, 3 B (V)), in dem das FA die auf den 31. Dezember 1999 festgestellten verrechenbaren Verluste in Höhe von 1 248 678 DM mit dem in der Steuerbilanz für die KG auf 6 538 687 DM ermittelten Gewinn für das Jahr 2000 verrechnet und dementsprechend auf den 31. Dezember 2000 keinen verrechenbaren Verlust mehr für den Kommanditisten festgestellt hat.
Einspruch und Klage der KG hatten keinen Erfolg.
Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt die KG, dass während der Tonnagebesteuerung keine Verlustverrechnung mit einem im Wege einer Schattenberechnung nach § 5 EStG für die KG ermittelten Steuerbilanzgewinn vorgenommen werden dürfe.
Entscheidungsgründe
II. 1. Das FG hat verkannt, dass der Kommanditist zum finanzgerichtlichen Verfahren betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 60 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) notwendig beizuladen ist, da der Rechtsstreit Fragen betrifft, die den Kommanditisten i.S. von § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO persönlich angehen. Die KG ist, wenn die Feststellung der verrechenbaren Verluste mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns der Gesellschaft nach § 15a Abs. 4 Sätze 5 und 6 EStG verbunden worden ist, nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative FGO klagebefugt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. April 2005 IV R 24/03, BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598).
Zu einer Klage der KG sind aber auch diejenigen Gesellschafter als die materiell Betroffenen notwendig beizuladen, um deren verrechenbare Verluste es geht (§ 48 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO; BFH-Urteil in BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598).
2. Die notwendige Beiladung gehört zur Grundordnung des Verfahrens; auf sie kann deshalb nicht verzichtet werden. Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung ist deshalb verfahrensfehlerhaft. Dieser Verfahrensfehler kann jedoch noch im Revisionsverfahren geheilt werden (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO). Der Senat übt sein ihm nach dieser Vorschrift eingeräumtes Ermessen dahin gehend aus, dass er von einer Zurückverweisung der Sache an das FG aus verfahrensrechtlichen Gründen absieht und die Beiladung selbst vornimmt.
3. Durch den Beiladungsbeschluss erlangt der Kommanditist die Stellung eines Beteiligten (vgl. § 57 Nr. 3 FGO) mit der Folge, dass die Rechtskraft einer Entscheidung in diesem Verfahren auch ihm gegenüber wirkt (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO).
4. Der Senat weist darauf hin, dass der Beigeladene Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses rügen kann (§ 123 Abs. 2 Satz 1 FGO). Die Frist kann nach Maßgabe des § 123 Abs. 2 Satz 2 FGO verlängert werden.
Jeder Beteiligten --somit auch der Beigeladene-- muss sich vor dem BFH durch eine Person i.S. des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes vertreten lassen (§ 62a Abs. 1 FGO).
Zur Vertretung vor dem BFH berechtigt sind Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer; ferner Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Halbsatz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden.
Fundstellen
Haufe-Index 1544354 |
BFH/NV 2006, 1693 |