Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten eines Auslandsstudiums keine außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für sein Auslandsstudium in einem Fach mit Zulassungsbeschränkung (numerus clausus) aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
Normenkette
EStG § 33; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bezog im Streitjahr 1982 als Student Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen.
Im Streitjahr absolvierte er in den Vereinigten Staaten ein Vor-(undergraduate) Medizinstudium und studierte ab 1983 aufgrund des in den USA erworbenen Abschlusses in Montreal/Canada. Die mit diesem Vorstudium zusammenhängenden Aufwendungen machte er in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr zum Abzug als außergewöhnliche Belastung geltend.
Der Kläger führte aus, die Aufwendungen seien ihm zwangsläufig erwachsen, weil er seit seinem 14. Lebensjahr Medizin habe studieren wollen, sich mit seiner Abiturnote von 2,5 aber fünf Jahre vergeblich um einen Studienplatz in der Bundesrepublik bemüht habe. Aus diesem Grunde habe er 1980 ein Vormedizinstudium in den USA aufgenommen und dieses im Mai 1983 mit Auszeichnung abgeschlossen. Die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen ergebe sich daraus, daß er das einmal begonnene Studium angesichts der bereits vorgenommenen Investitionen im Streitjahr nicht mehr habe abbrechen können.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte lediglich 1 200 DM gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgaben und versagte im übrigen die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus, die Studienkosten seien Lebenshaltungskosten, die weder außergewöhnlich noch zwangsläufig erwüchsen. Die Mehraufwendungen für das notwendige Auslandstudium beruhten auf dem freien Willensentschluß des Klägers; sie seien nicht außergewöhnlich, weil die überwiegende Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse durch das Zulassungssystem zum Medizinstudium betroffen sei.
Das FG hat die Revision nicht zugelassen und der dagegen gerichteten Beschwerde nicht abgeholfen.Der Kläger beantragt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Das FA tritt diesem Antrag unter Berufung auf die Vorentscheidung entgegen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Einer Entscheidung der Streitsache durch den Bundesfinanzhof (BFH) kommt keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zu; sie liegt daher nicht im allgemeinen Interesse.
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung erwachsen einem Steuerpflichtigen nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich nicht zwangsläufig, weil er sich in der Regel frei entschließen kann, welche Ausbildung er sich zukommen läßt (vgl. Urteile vom 20. September 1957 VI 7/56 U, BFHE 65, 498, BStBl III 1957, 424; vom 6. März 1964 VI 133/63 U, BFHE 79, 269, BStBl III 1964, 330; vom 20. März 1959 VI 92/58, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 33, Rechtsspruch 95). Dieser Auffassung folgt auch das Schrifttum einhellig (z. B. Blümich / Falk, Einkommensteuergesetz, § 33 Anm. 6 S. 34; Hartmann / Böttcher/ Nissen / Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33 Anm. 21 ,,Ausbildung"; Hartz / Meeßen / Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort ,,Ausbildungskosten / Fortbildungskosten", Abschn. B IV; Herrmann / Heuer / Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 33 EStG Anm. 300 ,,Ausbildungskosten"; Schmidt / Drenseck, Einkommensteuergesetz, 5. Aufl., § 33 Anm. 8 ,,Berufsausbildung"; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 14. Aufl., § 33 Anm. 76 f.). Ausnahmen von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung für denkbar gehalten, wenn die Entschließungsfreiheit eines Steuerpflichtigen zur Berufsausbildung tatsächlich nicht besteht, etwa weil er wegen unfall- oder krankheitsbedingter Behinderung einen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann und zu einer Umschulung gezwungen ist (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1967 VI R 300/66, BFHE 89, 69, BStBl III 1967, 596).
Im Sinne dieser Rechtsprechung entsteht durch die Zulassungsbeschränkungen zum Studium (Numerus clausus) keine existenzgefährdende Zwangslage, die die Entschließungsfreiheit des Steuerpflichtigen derart einschränkt, daß ein Auslandsstudium unausweichlich wird. Zu dieser Frage ist daher eine Entscheidung durch den BFH weder aus Gründen der Rechtssicherheit oder Rechtseinheitlichkeit noch zur Weiterentwicklung des Rechts im allgemeinen (abstrakten) Interesse geboten.
Fundstellen
Haufe-Index 415101 |
BFH/NV 1987, 501 |