Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolgreiche NZB und zeitgleich mit dieser eingelegte Revision
Leitsatz (NV)
Eine zeitgleich mit der Nichtzulassungsbeschwerde eingelegte Revision wird nicht dadurch statthaft, daß die Beschwerde Erfolg hat. Die Verwerfung der Revision als unzulässig hindert den Revisionskläger nicht, nach dem Erfolg der Beschwerde innerhalb der gesetzlichen Frist erneut Revision einzulegen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt die Schiffahrt mit einem Motorschiff. Gesellschafter sind neben zwei Komplementären eine Reihe von Kommanditisten. Einer der Kommanditisten ist die A- GmbH (GmbH).
Im November 1989 erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß §164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) auf den 1. Januar 1989 einen Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens sowie den Wert des begünstigten Betriebsvermögens und teilte die Werte auf die Gesellschafter auf. Nach einer Außenprüfung bei der Klägerin, die sich auch auf die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1989 bezog, erließ das FA am 24. Oktober 1990 einen gemäß §164 Abs. 2 AO 1977 geänderten Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens sowie den Wert des begünstigten Betriebsvermögens, wobei es die Werte wiederum auf die Gesellschafter verteilte. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob es auf. Nach diesem geänderten Bescheid beliefen sich der Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf ... DM und der Anteil der GmbH am Einheitswert auf ... DM.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. November 1990 Einspruch ein. Dabei wandte sie sich dagegen, daß im Vorgriff auf die noch nicht vorliegenden Seeschiffs-Bewertungsrichtlinien 1989 ein Abschlag beim Teilwert des Schiffs unterblieben sei. Zugleich erklärte sie sich damit einverstanden, das Verfahren bis zur Veröffentlichung der Richtlinien ruhen zu lassen. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1990 beantragte die Klägerin (ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das Einspruchsverfahren), noch Sonderbetriebsschulden der GmbH von ... DM zu berücksichtigen.
Mit Schreiben vom 14. Februar 1991 teilte die Klägerin dem FA mit, sie nehme den Einspruch vom 2. November 1990 zurück. Der Einspruch habe sich durch die nunmehr bekannt gemachten Seeschiffs-Bewertungsrichtlinien 1989 erledigt. In der Folgezeit entspann sich zwischen den Beteiligten ein Meinungsstreit darüber, ob eine Berücksichtigung der Sonderbetriebsschulden der GmbH noch möglich sei. Durch Verfügung vom 28. August 1991 lehnte das FA die Berücksichtigung dieser (im übrigen unstreitigen) Sonderbetriebsschulden ab, da der Einspruch in vollem Umfang zurückgenommen und der Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1989 damit bestandskräftig geworden sei. Gegen diese Ablehnungsverfügung legte die Klägerin wiederum Einspruch ein. Außerdem machte sie geltend, ihrer Ansicht nach sei der Einspruch vom 2. November 1990 gegen den Einheitswertbescheid noch anhängig.
Mit einer Einspruchsentscheidung vom 16. September 1991 verwarf das FA den Einspruch gegen den Einheitswert als unzulässig, weil er wirksam zurückgenommen worden sei. Ferner wies es den Einspruch gegen die Ablehnungsverfügung als unbegründet zurück, da keine der Änderungsvorschriften der §§172 ff. AO 1977 eingreife. Daraufhin erhob die Klägerin erfolglos Klage. Nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) sei der Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1989 durch Rücknahme des gegen ihn eingelegten Einspruchs bestandskräftig geworden. Einer Änderung nach §173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 stehe die Änderungssperre des Abs. 2 der Vorschrift entgegen, weil der Einheitswertbescheid aufgrund einer Betriebsprüfung ergangen sei.
Gegen die Entscheidung des FG hat die Klägerin sowohl Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision als auch Revision eingelegt. Der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat durch Beschluß vom heutigen Tage stattgegeben.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, das FG habe es entgegen §60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unterlassen, die GmbH zum Verfahren beizuladen. Dies stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel i. S. des §116 Abs. 1 FGO dar. Ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel liege darin, daß das FG den als Zeugen benannten Sachbearbeiter des FA nicht als Zeugen für den Inhalt mehrerer zwischen den Beteiligten geführter Telefongespräche vernommen habe. In der Sache wendet sich die Klägerin dagegen, daß ihr Schriftsatz vom 14. Februar 1991 als Rücknahme des Einspruchs in vollem Umfang beurteilt worden sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung vom 16. September 1991 sowie der Ablehnungsverfügung vom 28. August 1991 den Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1989 vom 24. Oktober 1990 mit der Maßgabe zu ändern, daß Sonderbetriebsschulden der GmbH in Höhe von ... DM berücksichtigt werden.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unzulässig.
Gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I, 1861) ist das Rechtsmittel der Revision nur statthaft, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn einer der Verfahrensmängel vorliegt, bei denen es gemäß §116 Abs. 1 FGO einer Zulassung der Revision nicht bedarf.
Im Streitfall hatten weder das FG noch der BFH die Revision zugelassen. Darüber hinaus liegt auch keiner der in §116 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 FGO genannten wesentlichen Verfahrensmängel vor. Insbesondere stellt die Unterlassung einer notwendigen Beiladung keinen wesentlichen Verfahrensmangel i. S. der Nr. 3 dieser Vorschrift dar (vgl. BFH-Beschluß vom 15. Mai 1997 IV R 85/96, BFH/NV 1997, 791). Auch die Tatsache, daß das FG den Sachbearbeiter des FA nicht wie beantragt als Zeugen vernommen hat, ergibt keinen der in §116 Abs. 1 FGO aufgeführten wesentlichen Verfahrensmängel.
Die gleichzeitig mit der Nichtzulassungsbeschwerde eingelegte Revision wird auch nicht dadurch statthaft, daß die Beschwerde Erfolg hat (vgl. BFH-Beschluß vom 23. Januar 1995 X R 126/94, BFH/NV 1995, 808, m. w. N., sowie Kühn/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl. 1995, §116 FGO Anm. 2).
Da der vorliegende Beschluß nur mit dem tragenden Grund der Abweisung in Rechtskraft erwächst, bleibt es der Klägerin unbenommen, auf die vom erkennenden Senat ausgesprochene Zulassung der Revision innerhalb der gesetzlichen Frist erneut Revision einzulegen.
Fundstellen
Haufe-Index 302846 |
BFH/NV 1998, 1514 |