Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge der mangelnden Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens; Umzugskosten als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (NV)
1. Das FG hat seiner Beweiswürdigung nur dann nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt, wenn es das schriftliche oder protokollierte Vorbringen der Beteiligten nicht berücksichtigt. § 160 Abs. 4 ZPO begründet dabei nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung das Recht, die Feststellung wesentlicher Erklärungen im Protokoll zu beantragen.
2. Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, daß Umzugskosten aufgrund einer rechtswidrig herbeigeführten Kündigung der Privatwohnung keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen.
Normenkette
EStG § 33; FGO §§ 94, 96, 116 Abs. 1 Nr. 5; ZPO § 160 Abs. 4
Gründe
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Im übrigen hat das FG seiner Beweiswürdigung nur dann nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt, wenn es das schriftliche oder protokollierte Vorbringen der Beteiligten nicht berücksichtigt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. April 1976 VI B 12/76, BFHE 118, 546, BStBl II 1976, 503). Die Kläger haben aber selbst vorgetragen, daß insoweit ihr tatsächliches Vorbringen vom FG nicht protokolliert worden sei, ohne daß sie gemäß § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4 der Zivilprozeßordnung (ZPO) dies beantragt hätten (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 1975 II R 120/73, BFHE 115, 185, BStBl II 1975, 489, 493). § 160 Abs. 4 ZPO begründet aber nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung das Recht, die Feststellung wesentlicher Erklärungen im Protokoll zu beantragen (Zöller, Zivilprozeßordnung, 16. Aufl. 1990, § 160 Rdnr.3).
Ebensowenig greift die insoweit erhobene Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) durch, da das FG das tatsächliche Vorbringen der Kläger zur Kenntnis genommen hat und lediglich nicht zu dem von ihnen gewünschten Ergebnis gekommen ist. Die Rüge, die Entscheidung des FG sei ferner diesbezüglich nicht mit Gründen versehen, kann nur mit der zulassungsfreien Revision gemäß § 116 Abs. 1 Nr.5 FGO, nicht aber mit der auf Verfahrensmängel gestützten Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 2. Aufl. 1987, § 116 Rdnr.5). Die insoweit unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde kann nicht in eine zulassungsfreie Verfahrensrevision umgedeutet werden (Gräber/Ruban, a.a.O., Rdnr.5, m.w.N.).
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3. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage erhoben wurde, ob Umzugskosten aufgrund einer rechtswidrig herbeigeführten Kündigung der Privatwohnung außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellen, ist sie jedenfalls unbegründet.
Diese Rechtsfrage ist nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie bereits durch eine Entscheidung des BFH geklärt worden ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (BFH-Beschluß vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196). Privat veranlaßte Umzugskosten - und nur solche kommen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG als außergewöhnliche Belastungen in Betracht - sind typische Kosten der Lebensführung, die unabhängig von der Art der Wohnungskündigung nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind (BFH-Urteile vom 23. Juni 1978 VI R 175/75, BFHE 125, 263, BStBl II 1978, 526, und vom 28. Februar 1975 VI R 120/73, BFHE 115, 259, BStBl II 1975, 482). Der BFH hat in dieser Rechtsprechung auch berücksichtigt, daß die Steuerpflichtigen aus den verschiedensten Gründen gezwungen sein können, ihr Mietverhältnis aufzulösen, darauf aber im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht abgestellt. Die Kläger haben nicht dargelegt, daß die vorgenannte BFH-Rechtsprechung in Praxis und Literatur umstritten wäre.
Im übrigen ist die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob insbesondere eine rechtswidrige Kündigung der Privatwohnung zu einer außergewöhnlichen Belastung führen könne, nicht klärungsfähig. Das FG hat nicht festgestellt, daß die Kläger vom Vermieter rechtswidrig gekündigt worden sind.
Die Kläger haben ferner als grundsätzlich die Frage aufgeworfen, ob unter Beachtung des Art.2 Abs. 1 des Grundgesetzes dann Zwangsläufigkeit gemäß § 33 EStG anzunehmen ist, wenn dem Steuerpflichtigen von einem Dritten ein Verhalten aufgezwungen wird.
Insoweit ist die Nichtzulassungsbeschwerde ebenso unbegründet, da es voraussichtlich nicht zur Klärung dieser Frage kommen wird (Klein/Ruban, a.a.O., Rdnr.58). Selbst wenn das Tatbestandsmerkmal der Zwangsläufigkit bejaht würde, könnten hinsichtlich der Umzugskosten - wie vorstehend ausgeführt - keine außergewöhnlichen Belastungen anerkannt werden, weil den Steuerpflichtigen keine größeren Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen erwachsen.
Fundstellen
Haufe-Index 419051 |
BFH/NV 1993, 658 |