Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Beiladung des Gesellschafters zur Klage der Gesellschaft gegen die Feststellung des verrechenbaren Verlusts gem. § 15a EStG
Leitsatz (NV)
Hat nicht der Gesellschafter, sondern die Personengesellschaft Klage gegen die Feststellung des verrechenbaren Verlusts gem. § 15a EStG erhoben, ist der Gesellschafter notwendig zum Verfahren beizuladen.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 5, § 60 Abs. 3; EStG § 15a
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, deren alleinige Kommanditistin mit einer Hafteinlage von 1 Mio. DM bis zum 28. September 1994 die X-GmBH & Co. KG (Beigeladene) war. Im Wirtschaftsjahr 1992/93 erwirtschaftete die Klägerin einen erheblichen Verlust. Kurz vor Schluss des bis Ende September laufenden Wirtschaftsjahrs, am 27. September 1993, gab die Beigeladene gegenüber der Klägerin folgende schriftliche Erklärung ab:
"Hierdurch erklären wir uns bereit, den auf uns entfallenden Jahresverlust im Geschäftsjahr 1992/1993 von ca. 13 Mio. DM in voller Höhe zu übernehmen. Nach Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer schreiben wir Ihrem Verrechnungskonto den entsprechenden Betrag mit Valuta 30.09.1993 gut."
Unter Bezugnahme auf diese Vereinbarung teilte die Beigeladene am 3. Januar 1994 mit, sie übernehme den nun feststehenden Jahresverlust von 13 098 419,53 DM und schreibe diesen Betrag dem Verrechnungskonto der Klägerin mit Wertstellung 30. September 1993 gut.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) berücksichtigte die Verlustübernahme bei der Ermittlung des ausgleichsfähigen Verlusts nach § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht. Es erging deshalb ein Gewinnfeststellungsbescheid über einen Verlust in Höhe von 14 313 779 DM, der der Beigeladenen zugerechnet wurde. Zugleich wurde festgestellt, dass der gesamte Betrag nicht ausgleichsfähig sei. Stattdessen ging er in die Feststellung des verrechenbaren Verlusts am Ende des Wirtschaftsjahrs ein.
Der dagegen von der Klägerin und der Beigeladenen erhobene Einspruch hatte insoweit Erfolg, als ein Teilbetrag des Verlusts von 3 005 362 DM als ausgleichsfähig angesehen wurde, so dass ein verrechenbarer Verlust von 11 308 417 DM verblieb.
Während des anschließenden Klageverfahrens erging nach einer Außenprüfung unter dem 12. Februar 1999 ein geänderter Bescheid, in dem der Verlust auf 14 324 266 DM festgestellt wurde. Davon wurden als ausgleichsfähig unverändert 3 005 362 DM und als verrechenbar der Restbetrag von 11 318 904 DM behandelt. Der Bescheid wurde der Klägerin und der Beigeladenen bekannt gegeben und zum Gegenstand des Klageverfahrens erklärt.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Der Verlust sei nach dem Gesellschaftsvertrag ganz auf die Beigeladene entfallen und habe bei dieser ein negatives Kapitalkonto in Höhe von 11 318 904 DM entstehen lassen. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG komme ein Ausgleich dieses Betrags mit anderen Einkünften der Beigeladenen nicht in Betracht. Die Verlustübernahmeerklärung führe nicht zu einem erweiterten Verlustausgleich. Der ausgleichsfähige Verlust sei nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG auf die tatsächlich geleistete Einlage beschränkt. Ob eine Leistung erfolgt sei, richte sich nach handelsrechtlichen Grundsätzen. Eine Einlage i.S. des § 171 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sei dann haftungsbefreiend, wenn der Kommanditist der Gesellschaft einen der Einlage entsprechenden Betrag zur Verfügung gestellt habe. Der Gegenwert müsse in das Gesellschaftsvermögen geflossen sein. Dementsprechend sei auch eine Einlage i.S. des § 15a EStG erst geleistet, wenn dem Gesellschaftsvermögen von außen etwas zugeflossen sei, was das Vermögen und damit die Deckungsunterlage für die Gläubiger erhöhe (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 16. Dezember 1997 VIII R 76/93, BFH/NV 1998, 576). Im Streitfall begründe die Erklärung vom 27. September 1993 lediglich im Innenverhältnis die schuldrechtliche Verpflichtung zur Übernahme eines in seiner genauen Höhe noch zu bestimmenden Verlustes. Die hieraus folgende Einlageverpflichtung der Beigeladenen sei am Bilanzstichtag noch nicht erfüllt gewesen. Zu einem erweiterten Verlustausgleich könne es auch nicht durch Passivierung einer Rückstellung in der Sonderbilanz der Beigeladenen kommen, denn die Verpflichtung zur Leistung der Einlage wirke wie deren Erfüllung erfolgsneutral (BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 576).
Mit der Revision trägt die Klägerin vor, die Beigeladene habe mit der Verlustübernahme eine verdeckte Einlage geleistet, durch die das Entstehen eines negativen Kapitalkontos i.S. des § 15a EStG verhindert worden sei.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Bescheid über die Feststellung verrechenbarer Verluste zum Ende des Wirtschaftsjahrs 1992/93 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die X-GmbH & Co. KG war als Kommanditistin der Klägerin zu dem Verfahren nach § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) notwendig beizuladen.
Gegenstand der Klage ist die Höhe des verrechenbaren Verlusts gemäß § 15a Abs. 4 EStG der Kommanditistin der Klägerin. Hat nicht der Gesellschafter, sondern die Personengesellschaft Klage gegen die Feststellung des verrechenbaren Verlusts erhoben, ist der Gesellschafter gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig zum Verfahren beizuladen. Denn die Feststellung des verrechenbaren Verlusts geht den von ihr betroffenen Gesellschafter persönlich an. Der Gesellschafter ist deshalb neben der Gesellschaft auch selbst nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO klagebefugt und muss nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig zum Verfahren beigeladen werden (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226, und vom 20. März 2001 VIII R 44/99, BFH/NV 2001, 1133, m.w.N.).
Das FG hat die Beiladung unterlassen; der BFH holt sie gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO nach. Der Senat weist darauf hin, dass die Beigeladene Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses rügen kann (§ 123 Abs. 2 Satz 1 FGO). Die Frist kann nach Maßgabe des § 123 Abs. 2 Satz 2 FGO verlängert werden. Der Senat wird den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverweisen, wenn die Beigeladene darlegt, dass sie ein berechtigtes Interesse daran hat (vgl. § 126 Abs. 3 Satz 2 FGO). Auch die Beigeladene muss sich vor dem BFH durch eine Person i.S. des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes vertreten lassen (§ 62a Abs. 1 FGO). Zur Vertretung der Beteiligten vor dem BFH berechtigt sind Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer; ferner Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugte Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Halbsatz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden.
Fundstellen