Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsort für Messeleistungen
Leitsatz (NV)
Wenn das FG den Ort für Messeleistungen als am Grundstücksort erbracht ansieht und der Kläger beanstandet, dass das FG die Art der Messe (Fachmesse) und den Kreis der Besucher (Stammkundschaft) nicht aufgeklärt und gewürdigt habe, muss er darlegen, weshalb eine solche Sachverhaltsaufklärung zu einer anderen Bestimmung des Leistungsorts hätte führen können.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1; UStG 1993 § 3a Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vermittelt als Handelsvertreter Lieferungen, die seine Auftraggeber u.a. aus anderen Mitgliedstaaten ausführen. Im Streitjahr 1999 mietete er im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Stände auf Messen und stellte dabei die Waren für einen in Dänemark und einen in Italien ansässigen Auftraggeber vor. Die erwähnten Auftraggeber ersetzten dem Kläger Standgebühren, die er an den Messeveranstalter gezahlt hatte.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) war der Auffassung, der Kläger habe dadurch eine im Inland steuerbare (§ 3a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes ―UStG― 1999) und steuerpflichtige "Messeleistung" durch Präsentation von Waren vor einem breiten Publikum erbracht. Sie sei nicht als Nebenleistung zu den nicht steuerbaren Vermittlungsleistungen zu beurteilen, weil sie diesen Leistungen nicht konkret zugeordnet werden könnten und weil ein besonderes Entgelt vereinbart worden sei.
Das FA besteuerte die erwähnten Leistungen in der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzung und hielt daran mit der dargestellten Begründung auch in der Einspruchsentscheidung fest.
Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage ab. Es führte zur Begründung u.a. unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. November 1994 V R 30/92 (BFHE 176, 482, BStBl II 1995, 151) aus, der Kläger habe eine im Inland steuerbare sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück erbracht (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG), selbst wenn er daneben noch Werbeleistungen für ausländische Auftraggeber ausgeführt habe.
Dagegen erhob der Kläger Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision in der erwähnten Vorentscheidung wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Er rügte mangelnde Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO).
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zuzulassen.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
Die Rüge des Klägers, das FG habe Verfahrensrecht verletzt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), weil es den Sachverhalt entgegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht von Amts wegen aufgeklärt habe, genügt nicht den Anforderungen, die § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Bezeichnung des Verfahrensmangels stellt.
Wer einen Verstoß des FG gegen die Amtersermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) wegen unvollständiger Aufklärung des Sachverhalts rügt, muss nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdebegründung u.a. bezeichnen, welche weitere Aufklärung sich dem FG ―nach dessen maßgebender sachlich-rechtlicher Auffassung― von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (BFH-Beschluss vom 19. Juni 1998 IX B 13/98, BFH/NV 1999, 58), welche Tatsachen aufklärungsbedürftig waren, und weshalb die angeblich unterlassene Sachverhaltsaufklärung nicht vor dem FG als verfahrensfehlerhaft gerügt worden ist (zu den Anforderungen an eine schlüssige Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes vgl. BFH-Beschlüsse vom 1. August 2002 VII B 35/02, BFH/NV 2002, 1499; vom 20. März 1997 XI B 182/95, BFH/NV 1997, 777).
Der Kläger beanstandet, das FG habe nicht aufgeklärt, dass es sich bei den Besuchern der Fachmessen jeweils um seine übliche Stammkundschaft gehandelt habe. Dazu hätte das FG den Messeveranstalter hören und die Handelsvertreterverträge einsehen müssen.
Der Kläger erläutert nicht, weshalb dadurch die Rechtsauffassung des FG beeinflusst worden wäre, nach der er, der Kläger, eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück erbrachte.
Hinzu kommt, dass der Kläger die Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht mehr wirksam rügen kann. Bei verzichtbaren Verfahrensmängeln ―wie vorliegend der Verletzung der Sachaufklärungspflicht― geht das Rügerecht nicht nur durch ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 2000 VI B 234/99, BFH/NV 2000, 860; vom 10. Mai 2001 III B 115/00, BFH/NV 2001, 1423; vom 5. Februar 2002 IX B 175/01, BFH/NV 2002, 793).
Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem FG am … Oktober 2002 hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte zur Sache verhandelt, ohne die von ihm für nötig gehaltene weitere Sachverhaltsaufklärung zu beantragen. Dafür bestand jedoch ein Anlass, wenn es nach Ansicht des Klägers darauf ankommen sollte. Aus der Begründung der Einspruchsentscheidung und aus der seiner Prozessbevollmächtigten vor der mündlichen Verhandlung zugegangenen Zusammenfassung des wesentlichen Akteninhalts durch das FG, der weitgehend dem Tatbestand des angegriffenen Urteils entspricht, war dem Kläger bekannt, dass als Besucher seiner Messestände ein "breites Publikum" und nicht seine "übliche Stammkundschaft" angesehen wurden.
3. Im Übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Fundstellen