Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; unzureichende Sachaufklärung
Leitsatz (NV)
- Hat der EuGH bereits früher über die streitige Rechtsfrage entschieden, setzt die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung voraus, daß der Beschwerdeführer ausführt, worin er eine noch ungeklärte Frage sieht.
- Zur Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Nichterhebung von Beweisen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ließ im März und April 1993 Fleisch von Hausrindern mit Ursprung in Argentinien und Uruguay, unter Vorlage von Echtheitsbescheinigungen zum freien Verkehr abfertigen. Nach den Ermittlungen des Zollfahndungsamtes wurde vom Verkäufer des Fleisches außer der Rechnung über den bloßen Warenwert auch eine Rechnung über den Wert der Echtheitsbescheinigungen erteilt. Die letztgenannte Rechnung legte die Klägerin bei der Abfertigung nicht vor und ließ den Wert der Echtheitsbescheinigungen auch bei den Angaben über den Zollwert der Waren unberücksichtigt. Aufgrund dieses Sachverhalts erhob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt) mit den Steueränderungsbescheiden vom … 1996 insgesamt … DM Zoll nach. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) stützte sein Urteil im wesentlichen darauf, daß die Kosten von Echtheitsbescheinigungen nach Art. 29 des Zollkodex bzw. Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 über den Zollwert der Waren des Rates vom 28. Mai 1980 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 134/1) als Bestandteil des für die Ware tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises in den Zollwert einzubeziehen seien.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen Verfahrensmängeln.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Begründungsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache muß in der Beschwerdeschrift dargelegt werden. Insoweit ist die schlüssige und substantiierte Darlegung der Voraussetzungen für das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung erforderlich. Dazu muß die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen. Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluß des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 4. Oktober 1996 VIII B 2/96, BFH/NV 1997, 411, m.w.N.).
Diesen formellen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. In der Beschwerdebegründung hat die Klägerin keine abstrakte klärungsbedürftige Rechtsfrage hervorgehoben. Insbesondere mit dem Hinweis, die Entscheidung, ob Kosten für Echtheitsbescheinigungen zum Zollwert gehörten, sei für eine Vielzahl von getätigten Fleischimport-Geschäften von Bedeutung, hat die Beschwerde keine Rechtsfrage präzise benannt, die weiterer grundsätzlicher Klärung bedarf und sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG im Streitfall stellt, so daß ihre Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten wäre. Daß die Kosten für die Erlangung einer Echtheitsbescheinigung zum Zollwert gehören, ist seit der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 28. März 1990 Rs. C-219/88 ―Malt― (EuGHE 1990, I-1481) geklärt. Ein darüber hinausgehender Klärungsbedarf ist in der Beschwerdeschrift nicht gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
2. Auch die in der Beschwerdeschrift behaupteten Verfahrensmängel sind nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Klägerin rügt, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht dadurch verletzt, daß es keinen Beweis zur Frage der Handelbarkeit der Echtheitsbescheinigungen erhoben habe. Zur Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels wäre es insbesondere erforderlich gewesen darzulegen, daß die Klägerin die Nichterhebung dieses Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt hat oder Ausführungen dazu macht, warum ihr dies nicht möglich oder zumutbar war (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 1997 I R 101/95, BFHE 182, 269, BStBl II 1997, 464). Im übrigen hat die Klägerin auch nicht dargelegt, daß die Entscheidung des FG auf dem angeblichen Fehler beruht. Denn das FG hat sich in seinen Entscheidungsgründen ausdrücklich mit der Möglichkeit der mittelbaren Übertragung von Quoten von einem Schlachtbetrieb auf einen anderen befaßt. Es ist davon ausgegangen, daß sich die Echtheitsbescheinigungen auch in diesen Fällen auf eine bestimmte Ware beziehen und damit zum Zollwert der eingeführten Ware gehören. Darin hat das FG den Unterschied zu den für Textilwaren erteilten Exportlizenzen gesehen, die unabhängig von den jeweils eingeführten Waren verkauft werden.
3. Mit dem übrigen Vorbringen der Beschwerde, das FG habe die Verordnungen (EWG) Nr. 217/81, 1224/80 und 3391/92 nicht zutreffend ausgelegt bzw. beachtet, sind Verfahrensmängel ebenfalls nicht bezeichnet, sondern lediglich sachlich-rechtliche Einwände gegen die Richtigkeit des angegriffenen Urteils erhoben worden, die keinen Bezug zu einem der in § 115 Abs. 2 FGO aufgeführten Gründe für die Zulassung einer Revision erkennen lassen.
Fundstellen
Haufe-Index 170955 |
BFH/NV 1999, 1217 |