Entscheidungsstichwort (Thema)
Bankendurchsuchung ‐ Verwertungsverbot ‐ Schätzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen im Falle der Steuerhinterziehung
Leitsatz (NV)
- Wird im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung die Durchsuchung der Wohnung des Steuerpflichtigen sowie die Beschlagnahme nach den §§ 98, 102, 105 StPO angeordnet, so obliegt die Prüfung, ob diese Maßnahme mangels Tatverdachts oder aus sonstigen Gründen rechtswidrig ist, nicht den Finanzbehörden, sondern dem AG und dem im Beschwerdeverfahren nach § 304 StPO zuständigen LG. Wird der Beschluss des AG nicht angefochten oder die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen, entfaltet die Durchsuchungsanordnung Tatbestandswirkung mit der Folge, dass den Steuergerichten eine nochmalige Überprüfung des Durchsuchungsbeschlusses verwehrt ist und sie für das Steuerfestsetzungsverfahren von der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung auszugehen haben.
- Die Anordnung des AG, die Geschäftsräume einer Bank wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durch deren Kunden zu durchsuchen , ist ‐ vorbehaltlich eines groben und greifbaren Gesetzesverstoßes ‐ im Besteuerungsverfahren nicht mehr der finanzgerichtlichen Kontrolle zu unterziehen. Demgemäß ist im finanzgerichtlichen Verfahren auch davon auszugehen, dass die Steufa aufgrund eines hinreichenden strafrechtlichen Anfangsverdachts tätig geworden ist. Eine solche Durchsuchungsanordnung ist -zur Vermeidung eines Verstoßes gegen die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit nach Art. 56 EGVtr n.F. = Art. 73b EGVtr a.F. (vgl. BFH-Beschluss vom 6. Februar 2001 VII B 277/00, BFHE 194, 26, BStBl II 2001, 306)- dahin auszulegen, dass sie sich lediglich gegen diejenigen Kunden richtete, gegen die ein strafrechtlicher Anfangsverdacht bestand (sog. Verfahrensbeteiligte), weil sie ihre Geldgeschäfte in unüblicher oder zumindest ungewöhnlicher und damit nicht banktypischer Weise betrieben hatten.
- Zum objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung.
- Der strafrechtliche Grundsatz "in dubio pro reo" ist auch im Steuerfestsetzungsverfahren zu beachten. Dies schließt es aus, die Schätzung der hinterzogenen Steuern ‐ entsprechend den allgemeinen Grundsätzen im Falle der Verletzung von Mitwirkungspflichten ‐ auf Wahrscheinlichkeitserwägungen, d.h. auf ein reduziertes Beweismaß zu stützen und an der oberen Grenze des für den Einzelfall zu beachtenden Schätzrahmens auszurichten. Erforderlich ist vielmehr, dass das FG auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens von der Höhe der Steuerhinterziehung überzeugt ist (ständige Rechtsprechung).
Normenkette
AO 1977 §§ 30a, 162; FGO § 96 Abs. 1 S. 1; StPO §§ 98, 102, 105; EStG § 20
Tatbestand
I. Die verheirateten Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) sind gelernte Bankkaufleute, die in den Streitjahren (1988 bis 1996) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Antragsteller war bei der Z-Bank, einer Niederlassung der X-Bank, die Antragstellerin bei der Y-Bank nichtselbständig beschäftigt. Sie wenden sich im Wege des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) gegen die Einkommensteueränderungsbescheide 1988 bis 1996 vom 14. März 2001, mit denen der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) neben gewerblichen Einkünften aus Versicherungsvermittlungen (1994 bis 1996) bisher nicht erklärte Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) aufgrund der Ergebnisse verschiedener Steuerfahndungsprüfungen angesetzt hat.
1. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
a) Am 14 Oktober 1997 ordnete das Amtsgericht (AG) H in dem Strafverfahren gegen bereits bekannte und namentlich noch nicht bekannte Kunden der X-Bank und der Bank X-Luxembourg … S.A. (X-Lux) "wegen Verdachts der Steuerhinterziehung durch Abgabe inhaltlich unrichtiger … Steuererklärungen in nicht rechtsverjährter Zeit, zumindest jedoch ab Veranlagungszeitraum 1991" die Durchsuchung der X-Bank einschließlich der angeschlossenen Niederlassungen sowie die Beschlagnahme der Unterlagen an, die die "Geschäftsbeziehungen der Beschuldigten zur X-Bank und zur X-Lux betreffen". Der Beschluss diente nach seiner Begründung der Feststellung "der eingetretenen Steuerverkürzungen durch die Verlagerung von Vermögenswerten zur X-Lux". Bei der hierauf folgenden Durchsuchung ―jedenfalls aber (so die Darstellung der Antragsteller) im Rahmen späterer Ermittlungsmaßnahmen bei der Z-Bank aufgrund des weiteren Beschlusses vom 20. Januar 1998 (betr. Strafverfahren gegen Verantwortliche/Mitarbeiter der Z-Bank wegen Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung)― erlangte die Steuerfahndung (Steufa) sechs Belege zu Überweisungen der X-Lux, bei der die Antragsteller ein Wertpapierdepot unterhielten (Konto 888…; Restguthaben im März 1997 rd. 95 250 DM), auf das Girokonto des Antragstellers bei der Z-Bank (Nr. 999…):
7. Februar 1991: |
20 000,00 DM, |
15. April 1994: |
10 000,00 DM, |
15. Dezember 1994: |
49 790,90 DM, |
19. Dezember 1994: |
209,10 DM, |
14. Dezember 1995: |
8 050,00 DM, |
17. Dezember 1996: |
8 050,00 DM, |
Summe: |
96 100,00 DM. |
In den Belegen wurden als Auftraggeber der Überweisungen nicht die Antragsteller, sondern die X-Lux genannt.
b) Das daraufhin am 28. April 1998 gegen die Antragsteller wegen Verdachts der Steuerhinterziehung in den Jahren ab 1992 eingeleitete Strafermittlungsverfahren wurde für das Jahr 1992 wegen Eintritts der Strafverfolgungsverjährung wieder eingestellt und die Antragsteller hierüber mit Schreiben vom 2. November und 28. Dezember 1998 in Kenntnis gesetzt. Gegen die Androhung der Zwangsgeldfestsetzung bei Nichtabgabe einer Auskunft über die in den Jahren vor 1992 erzielten Kapitaleinkünfte erhoben die Antragsteller Klage und beantragten zugleich die AdV. Nach einem Hinweis des Finanzgerichts (FG) wurde das Zwangsverfahren vom FA eingestellt. Den weiteren Antrag, der Steufa die Verwertung der bei der Z-Bank beschlagnahmten Unterlagen im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 114 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) zu untersagen, wies der … Senat des FG mit Beschluss vom 30. März 1999 ab.
c) Am 10. August 1999 erwirkte die Bußgeld- und Strafsachenstelle des FA H beim AG H im Strafverfahren wegen Verdachts der gemeinschaftlichen Steuerhinterziehung ab 1993 gegen die Antragsteller, die Sozietät ihrer Strafverteidigerin sowie gegen die Z-Bank Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse, aufgrund derer am 20. August 1999 die Wohnung, die Arbeitsplätze und die Bankschließfächer der Antragsteller sowie die Geschäftsräume ihrer Verteidigerin durchsucht wurden; die Anordnung der Beschlagnahme erstreckte sich auch auf die Unterlagen (Zahlungsbelege, Bankunterlagen etc.) vor dem Prüfungszeitraum, soweit diese Tatumstände erhellen oder für die Strafzumessung erheblich sein können. In den Beschlussgründen wird darauf hingewiesen, dass nach den Ermittlungen der Steufa die Beschuldigten Geschäftsbeziehungen zur X-Lux unterhielten und ausländische Zinseinnahmen in ihren Einkommensteuererklärungen nicht angegeben hätten. Nachdem die gegen die Beschlüsse erhobene Beschwerde vom Landgericht (LG) B verworfen worden war, wertete die Steufa die beschlagnahmten Unterlagen aus und ermittelte ―z.T. aufgrund einer Schätzung― die Zinserträge der Antragsteller sowie nach Abzug der Werbungskostenpauschbeträge (200 DM; § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG) und der gemäß § 20 Abs. 4 EStG für die Veranlagungszeiträume jeweils geltenden Sparer-Freibeträge (1988: 600 DM; 1989 bis 1992: 1 200 DM; ab 1993: 12 000 DM) folgende Kapitaleinkünfte: …
aa) Die Zinsen im Zusammenhang mit dem Oder-Konto bei der X-Lux (Nr. 888…) schätzte die Steufa sowie ―ihr folgend― das FA aufgrund der bei der Durchsuchung der Z-Bank gefundenen Kontoauszüge (Überweisung in Höhe von insgesamt 96 100 DM; vgl. vorstehend Abschn. I. 1. a der Gründe), des Schriftverkehrs der Antragsteller mit der X-Lux, aus dem sich ergibt, dass die X-Lux am 4. März 1997 angewiesen wurde, das Restguthaben (rd. 95 250 DM) auf ein Konto bei der X-Bank zu überweisen, und unter Berücksichtigung des ab 1991 erzielten Zinssatzes (9 v.H.). Der Umstand, dass als Mitberechtigter des Kontos Nr. 888… zeitweise auch der Sohn ausgewiesen wurde, stehe ―so das FA― der Zurechnung der Erträge zu den Einkünften der Antragsteller nicht entgegen, da die Zinsen auf deren Konto überwiesen worden seien und die Antragsteller das angelegte Vermögen für eigene Zwecke (Dezember 1994: Kauf eigener Wertpapiere; März 1997: Tilgung eines Grundstückskredits) verwendet hätten.
bb) Bei den Erträgen bezüglich der Z-Bank handelte es sich um Zinsen aus festverzinslichen Wertpapieren (Kenn-Nr. …) im Nennwert von 18 000 DM (1989 bis 1991) bzw. 19 000 DM (1991 bis 1998), die neben anderen Anlagen (z.B. Bundesschatzbriefe) in einem auf den Namen des minderjährigen gemeinsamen Sohnes geführten Depots (Nr. …) verwahrt wurden. Die hierauf entfallenden Zinserträge (1990 und 1991: jeweils 1 305 DM; 1992 bis 1996: jeweils 1 615 DM) erfasste das FA deshalb bei den Antragstellern, weil diese sich zum einen nach den im Schließfach bei der Y-Bank gefundenen Vermögensaufstellungen sowie den Notizen auf den Depotauszügen ("uns" bzw. ―die Initialen der Vornamen beider Antragsteller―) die Wertpapiere teilweise selbst zugeordnet und zudem die Antragsteller drei Tage nach Fälligkeit der Anlage (4. September 1998) in entsprechender Höhe Rentenpapiere erworben und in ihrem eigenen Depot (Nr. …) verwahrt hätten.
d) Aus den am 20. August 1999 beschlagnahmten Unterlagen ergab sich ferner, dass der Antragsteller bisher nicht erklärte Provisionen für die Vermittlung von Versicherungen erhalten hatte (1994: 871 DM; 1995: 1 526 DM; 1996: 428 DM). Diese wurden vom FA als gewerbliche Einkünfte erfasst. Aufwendungen im Zusammenhang hiermit wurden vom Fahndungsprüfer nicht festgestellt, die behauptete Weiterleitung der Provisionen an die Versicherungsnehmer (Angehörige und Freunde) wurde vom FA nicht als Betriebsausgabe anerkannt. Zum einen fehlten Zahlungsnachweise, zum anderen handele es sich um freiwillige und damit nach § 12 Nr. 2 EStG nicht abziehbare Zuwendungen.
2. Der Einspruch gegen die Einkommensteueränderungsbescheide 1988 bis 1996 blieb mit Rücksicht auf den Ansatz der Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie der Einkünfte aus Gewerbebetrieb ohne Erfolg. Dem Antrag auf AdV hat das FA nicht entsprochen.
3. Die Antragsteller haben daraufhin Klage erhoben und beim FG gemäß § 69 FGO die AdV beantragt (§ 69 Abs. 3 FGO). Die Vorinstanz hat den Aussetzungsantrag abgelehnt.
a) Bezüglich der Einkommensteuerbescheide 1988 bis 1993 nahm es ―ebenso wie das FA― an, dass die Voraussetzungen der 10-jährigen Festsetzungsverjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) erfüllt seien, da die Antragsteller sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO 1977) erfüllt hätten. Da keine höheren Werbungskosten als die nach § 9a (Satz 1) Nr. 2 EStG angesetzten Pauschbeträge glaubhaft gemacht worden seien, hätten die Antragsteller die Zinserträge ―soweit sie die Sparer-Freibeträge übersteigen― erklären und versteuern müssen. Zweifel bestünden weder mit Rücksicht auf den Vorsatz der Antragsteller noch bezüglich des Fehlens von Schuldausschließungsgründen.
b) Das FA sei ferner nicht gehindert gewesen, die im Strafverfahren aufgefundenen Unterlagen zu verwerten. Ob die Ansicht der Antragsteller, die sechs Belege betr. die Überweisungen von der X-Lux (insgesamt 96 100 DM) seien durch eine unzulässige Rasterfahndung bei der Z-Bank "erbeutet" worden, zutreffe, könne dahinstehen, da die Einkommensteuerbescheide aufgrund der Durchsuchungen und Beschlagnahmen vom 20. August 1999 ergangen seien und demgemäß die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen durch die ordentlichen Gerichte hätte festgestellt werden müssen. Im Streitfall sei jedoch die Beschwerde der Antragsteller gegen den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des AG H ohne Erfolg geblieben. Hinzu komme, dass selbst dann, wenn die Überweisungsbelege rechtswidrig erlangt worden seien, die Steufa sich aufgrund der Durchsuchungsbeschlüsse (10. August 1999) rechtmäßig Zugang zum Konto des Antragstellers bei der Z-Bank und damit auch zu den Belegen betr. die Überweisung von der X-Lux hätte verschaffen können.
c) Für die bei der X-Lux (Konto 888…) geführten Wertpapiere seien ―aufgrund der Ende 1990 erworbenen Schuldverschreibungen― ab 1991 unstreitig die vom FA erfassten Erträge auf der Grundlage eines Zinssatzes von 9 v.H. erzielt worden (1991 bis 1994 jeweils 12 600 DM). Die Schätzung des FA für die Jahre 1989 und 1990 (jeweils 14 400 DM) sei nicht zu beanstanden. Für den Vortrag der Antragsteller, das Konto sei vor 1991 bestandslos geführt worden, gebe es keinen Anhaltspunkt. Ungeklärt seien die Überweisungen von der X-Lux an die Z-Bank in den Jahren 1991 bis 1994; da die Behauptung, die Zahlungen resultierten aus nicht steuerpflichtigen Vorgängen (Lotteriegewinne etc.), von den Antragstellern nicht substantiiert worden sei, liege es nahe, einen Zusammenhang mit weiteren Geldanlagen zu vermuten und die hierbei erzielten Zinserträge ―wie vom FA geschehen― zu schätzen. Zwar habe ―wie von den Antragstellern geltend gemacht― der Zinssatz der Jahre 1989/1990 unter demjenigen der Folgejahre gelegen. Angesichts der mit jeder Schätzung verbundenen Unwägbarkeiten sowie der Möglichkeit eines gewissen Unsicherheitszuschlags sei der Ansatz des FA jedoch zu tolerieren. Die Zinsen seien schließlich auch den Antragstellern und nicht deren Sohn zuzurechnen. Die behauptete Wertpapierleihe sei nicht glaubhaft gemacht. Eine schriftliche Vereinbarung über den Abschluss eines Sachdarlehensvertrags, bei dessen Abschluss ein Ergänzungspfleger hätte mitwirken müssen, sei ―entgegen der Ankündigung der Antragsteller― nicht vorgelegt worden.
d) Weiterhin erachtete das FG die Einwände der Antragsteller gegen die Zurechnung der Einkünfte aus den Wertpapieren für unsubstantiiert, die in dem auf den Namen des Sohnes bei der Z-Bank geführten Depot (Konto …) verwahrt wurden.
e) Das FG folgte schließlich dem FA auch mit Rücksicht auf die Beurteilung der Versicherungsprovisionen als Einkünfte nach § 15 EStG.
4. Mit der von der Vorinstanz zugelassenen Beschwerde halten die Antragsteller an ihrem erstinstanzlichen Begehren fest und beantragen hilfsweise, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) wegen Verstoßes gegen Art. 56 ff. des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGVtr) n.F. einzuholen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
5. Zur Begründung der Beschwerde tragen die Antragsteller im Wesentlichen vor:
a) Entgegen der Ansicht der Vorinstanz seien die sechs Belege betr. die Überweisungen vom Konto bei der X-Lux auf dasjenige bei der Z-Bank über insgesamt 96 100 DM (s.o. I. 1. a) nicht aufgrund der Durchsuchung vom 20. August 1999, sondern aufgrund der unzulässigen Rasterfahndung (Buchung der Überweisungen über ein legitimationsgeprüftes Konto) bei der Z-Bank erlangt worden. Hieraus ergäbe sich zum einen, dass die Belege nicht zur Begründung eines Tatverdachts für die Einleitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens hätten herangezogen werden dürfen. Aus der Unzulässigkeit der Rasterfahndung sei zum anderen auch ein Verwertungsverbot (sog. Fernwirkung) für den Erlass der Änderungsbescheide abzuleiten.
b) Hinzu komme, dass die Beweiserhebung im Strafverfahren nur der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für verjährte Zeiträume (vor 1993) gedient habe. Dies verstoße sowohl gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als auch gegen den Grundsatz des fair-trial und habe ein sog. selbständiges Verwertungsverbot zur Folge. Eine Berufung auf § 108 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) sei deshalb ausgeschlossen. Im Übrigen dürften selbst rechtmäßig erlangte Zufallsfunde nicht verwertet werden.
c) Des Weiteren würden der Durchsuchungsbeschluss des AG H sowie die Beschwerdeentscheidung des LG dem verfassungsrechtlichen Gebot, für eine Begrenzung der Zwangsmaßnahme Sorge zu tragen, und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerstreiten. Die Beschlüsse beruhten zudem auf einer Verletzung des Rechts auf Gehör und ließen die Verfassungswidrigkeit der Zinsbesteuerung bis 1992 außer Acht.
d) Die Maßnahmen der Steufa hätten schließlich ―neben den gerügten Grundrechtsverletzungen (z.B. Art. 13 des Grundgesetzes ―GG―: Unverletzlichkeit der Wohnung, Art. 103 GG: rechtliches Gehör, Art. 19 Abs. 4 GG: effektiver Rechtsschutz) ―auch einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EGVtr n.F. zur Folge gehabt.
e) Bezüglich des Kontos (Nr. 888…) bei der X-Lux machen die Antragsteller erneut geltend, das Konto sei bis Dezember 1990 bestandslos geführt worden. Die ab 1991 erzielten Zinsen auf den angelegten Betrag (90 000 DM) hätten sich auf 8 050 DM belaufen. Diese seien entsprechend dem Sachdarlehensvertrag (Wertpapierleihe), der lt. Auskunft der Rechtspflegerin des Familiengerichts beim AG H nicht der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers bedürfe, dem Sohn zuzurechnen. Abgesehen davon, dass ein solcher Vertrag formfrei geschlossen werden könne, lasse die Nichtwahrung von Formerfordernissen nicht den Schluss auf eine vorsätzliche Steuerverkürzung zu; jedenfalls liege ein Schuldausschließungsgrund vor, der der Annahme einer Steuerhinterziehung und damit der Geltung der 10-jährigen Festsetzungsverjährungsfrist entgegenstehe. Bezüglich der weitergehenden Zahlungen könne kein Verdacht für eine Steuerhinterziehung bestehen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es sich um steuerlich absolut neutrale Zahlungen (Lotteriegewinne, Schenkungen) gehandelt habe. Das Gegenteil sei von der Steufa zu beweisen. Selbst bei Annahme steuerpflichtiger Erträge sei die Schätzung der Zinsanteile bezüglich des von der X-Lux überwiesenen Teilbetrags unzutreffend, da in diesen Zahlungen auch Kapitalrückzahlungsanteile enthalten sein müssten.
f) Die Antragsteller rügen ferner, dass die der Steufa übergebenen Nachweise über Finanzierungszinsen vom FG nicht berücksichtigt worden seien.
6. Das FA hat in seiner Erwiderung auf die Beschwerdeschrift u.a. darauf hingewiesen, dass bei den Rücküberweisungen vom Konto bei der X-Lux (Nr. 888…) der Auftraggeber nicht genannt, sondern in dem dafür vorgesehenen Feld nur das Kreditinstitut selbst eingetragen worden sei. Die geltend gemachten Finanzierungsaufwendungen seien nicht im Zusammenhang mit den Kapitalanlagen, sondern mit Immobilieninvestitionen gestanden.
7. Mit Beschlüssen vom 15. und 25. Oktober 2001 hat das AG H das Strafverfahren (betr. Steuerhinterziehung in den Jahren 1993 bis 1996) gegen die Antragstellerin gemäß § 153 StPO sowie gegen den Antragsteller gemäß § 153a StPO (gegen Zahlung eines Betrags von 1 500 DM an den Kinderschutzbund C.) eingestellt.
Entscheidungsgründe
II. Das Verfahren (betr. Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag, Zinsen gemäß § 233a AO 1977) wird bezüglich der Streitjahre 1994 bis 1996 abgetrennt und an den zuständigen XI. Senat abgegeben.
Zwischen den Beteiligten ist für die Jahre 1994 bis 1996 nicht nur der Ansatz von Kapitaleinkünften, sondern auch im Streit, ob der Antragsteller Einkünfte aus Gewerbebetrieb aufgrund der Vermittlung von Versicherungsverträgen erzielt hat. Dies begründet die Zuständigkeit des XI. Senats (vgl. Geschäftsverteilungsplan des Bundesfinanzhofs ―BFH― für das Jahr 2002 Teil A, XI. Senat, Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Teil A, Ergänzende Regelungen, II. Nr. 1 Buchst. c und III. Nr. 2).
III. Die Beschwerde ist zulässig (§ 128 Abs. 3 FGO); sie ist jedoch bezüglich des Jahres 1988 unbegründet und bezüglich der Jahre 1989 bis 1993 lediglich mit Rücksicht auf die Höhe der geschätzten Zinseinkünfte (Zinsen von der X-Lux) begründet.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll die AdV auf Antrag gewährt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte zur Folge hätte.
2. Zwar besteht im anhängigen Verfahren kein Streit über die Zulässigkeit des Antrags. Auch bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob der erstinstanzliche Antrag ―entsprechend seinem Wortlaut― auf die Vollziehungsaussetzung betr. das Streitjahr 1991 im Gesamtumfang von 123,34 DM beschränkt war oder ob der Antrag dahin auszulegen ist, dass er sich ―wie nunmehr im Beschwerdeverfahren geltend gemacht― auf die AdV in Höhe von insgesamt 4 490,34 DM richtete. Hierauf ist deshalb nicht einzugehen, weil selbst dann, wenn man eine solche (berichtigende und rechtsschutzgewährende) Auslegung verneinte, es den Antragstellern unbenommen wäre, den Antrag im Beschwerdeverfahren ―innerhalb der Beschwerdefrist sowie im Rahmen des Streitgegenstands― zu erweitern (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 132 Rz. 6, m.w.N.).
3. Abgesehen von der Schätzung der in den Streitjahren 1989 bis 1993 erzielten Kapitaleinkünfte (dazu nachfolgend Abschn. III. 3. c dd der Gründe) hat das FG jedoch zu Recht das Vorliegen eines Anordnungsgrundes verneint. Die Antragsteller haben weder geltend gemacht, dass die Vollziehung der Steuerbescheide 1988 bis 1993 mit einer unbilligen Härte verbunden wäre, noch kann aufgrund des gegenwärtigen Sachstands davon ausgegangen werden, dass ―vorbehaltlich der Höhe der geschätzten Zinserträge― ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide bestehen.
a) Der Rechtmäßigkeit der nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 ergangenen Änderungsbescheide vom 14. März 2000 steht ―wovon die Vorinstanz zutreffend ausgegangen ist― nicht entgegen, dass diese sich auf die Auswertung der bei der Durchsuchung vom 20. August 1999 beschlagnahmten Unterlagen stützen.
aa) Wird im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung die Durchsuchung sowie die Beschlagnahme nach den §§ 98, 102, 105 StPO angeordnet, so obliegt die Prüfung, ob diese Maßnahme mangels Tatverdachts oder aus sonstigen Gründen rechtswidrig ist, nicht den Finanzbehörden, sondern dem AG und dem im Beschwerdeverfahren nach § 304 StPO zuständigen LG. Wird der Beschluss des AG nicht angefochten oder ―wie im Streitfall― die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen (zur Verfassungsbeschwerde vgl. z.B. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 23. März 1994 2 BvR 396/94, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1994, 2079; vom 13. Dezember 1994 2 BvR 894/94, NJW 1995, 2839), entfaltet die Durchsuchungsanordnung Tatbestandswirkung mit der Folge, dass den Steuergerichten eine nochmalige Überprüfung des Durchsuchungsbeschlusses verwehrt ist und sie für das Steuerfestsetzungsverfahren von der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung auszugehen haben. Umgekehrt kann ―in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung zu den Ergebnissen einer (rechtswidrigen) Außenprüfung― ein Verwertungsverbot aus der Rechtswidrigkeit einer verfahrensmäßig gesondert zu beurteilenden ―d.h. anfechtbaren― Ermittlungsmaßnahme nur dann abgeleitet werden, wenn die Maßnahme in dem dafür vorgesehenen Verfahren für rechtswidrig erklärt worden ist (BFH-Beschlüsse vom 10. März 1992 X B 18/91, BFH/NV 1992, 367; vom 17. Mai 1995 I B 118/94, BFHE 177, 242, BStBl II 1995, 497; Seer in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 208 AO 1977 Tz. 143; vgl. auch § 33 Abs. 3 FGO).
bb) Ein Verwertungsverbot bezüglich der aufgrund der Durchsuchungsanordnung gegen die Antragsteller sichergestellten Beweismittel (Kontoauszüge, Aufzeichnungen etc.) ist demnach ausgeschlossen, ohne dass auf die Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung einzugehen wäre. Soweit diese Folgerungen nach dem BFH-Beschluss in BFH/NV 1992, 367 unter dem Vorbehalt sog. Nichtentscheidungen oder nichtiger Entscheidung des AG oder LG stehen, ist hierauf im anhängigen Verfahren nicht einzugehen; die Voraussetzungen hierfür (vgl. z.B. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 12. Aufl., Vor § 124 Rz. 20) sind mit Rücksicht auf die gegenüber den Antragstellern ergangenen Durchsuchungs- und Beschwerdebeschlüsse offenkundig nicht erfüllt.
cc) Der erkennende Senat kann offen lassen, ob die Tatbestandswirkung dieser Beschlüsse auch die im Rahmen der Ermittlungen bei der Z-Bank gefundenen ―und die Schätzung der Kapitaleinkünfte durch das FA mitbestimmenden― sechs Belege betr. die Überweisungen vom Konto Nr. 888… bei der X-Lux auf das inländische Girokonto erfasst. Hierfür könnte zwar sprechen, dass sich der Tatverdacht i.S. von § 102 StPO und damit die Wohnungsdurchsuchung auf die Existenz dieser Überweisungsbelege gründete; andererseits wäre jedoch im Streitfall zu berücksichtigen, dass das LG die Beschwerde gegen den (Haus-)Durchsuchungsbeschluss auch mit der Erwägung verworfen hat, die geltend gemachte (strafrechtliche) Unverwertbarkeit der Überweisungsbelege entfalte keine Fernwirkung. Beidem ist indes nicht nachzugehen, da selbst dann, wenn die Tatbestandswirkung des (Haus-)Durchsuchungsbeschlusses die Überweisungsbelege nicht ergreift, keine ernstlichen Zweifel daran bestehen, dass die Belege anlässlich der Durchsuchungen der Z-Bank rechtmäßig erlangt wurden.
aaa) Dies gilt zum einen, wenn man ―im Einklang mit dem Vortrag des FA und der Überzeugung des LG im Beschwerdeverfahren (betr. Hausdurchsuchung)― annimmt, die Überweisungsbelege seien in Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses des AG vom 14. Oktober 1997 sichergestellt worden. Der Beschluss ist in dem Strafverfahren gegen "namentlich bekannte und namentlich bisher nicht bekannte Kunden" der Z-Bank und X-Lux ergangen (vgl. hierzu BVerfG-Entscheidung in NJW 1994, 2079, 2080; BFH-Beschluss vom 6. Februar 2001 VII B 277/00, BFHE 194, 26, BStBl II 2001, 306, zu Abschn. II. 2. b bb; Pfeiffer, Strafprozeßordnung, Kommentar, § 152 Rz. 3 a.E.; Franzen/Gast-de Haan/Joecks, Steuerstrafrecht, 5. Aufl., § 397 AO 1977 Rz. 42). Nach der Rechtsprechung des VII. Senats des BFH (Beschluss vom 15. Juni 2001 VII B 11/00, BFHE 195, 40, BStBl II 2001, 624) ―der der beschließende Senat im Aussetzungsverfahren folgt― ist zum einen die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme der ordentlichen Gerichtsbarkeit (vgl. § 391 AO 1977) ―vorbehaltlich eines groben und greifbaren Gesetzesverstoßes― nicht mehr der finanzgerichtlichen Kontrolle zu unterziehen und damit davon auszugehen, dass die Steufa aufgrund eines hinreichenden strafrechtlichen Anfangsverdachts tätig geworden ist (vgl. § 386 Abs. 1 AO 1977, § 152 StPO i.V.m. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977). Zum anderen ist die Durchsuchungsanordnung nach der genannten Entscheidung in BFHE 195, 40, BStBl II 2001, 624 ―auch zur Vermeidung eines Verstoßes gegen die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit nach Art. 56 EGVtr n.F. = Art. 73b EGVtr a.F. (vgl. hierzu auch BFH-Beschluss in BFHE 194, 26, BStBl II 2001, 306)― dahin auszulegen, dass sie sich lediglich gegen diejenigen Kunden richtete, gegen die ein strafrechtlicher Anfangsverdacht bestand (sog. Verfahrensbeteiligte), weil sie ihre Geldgeschäfte in unüblicher oder zumindest ungewöhnlicher und damit nicht banktypischer Weise, z.B. durch Verschleierung von Geldüberweisungen aufgrund der Buchung auf bankinternen Konten (BVerfG-Entscheidung in NJW 1994, 2079) oder durch Anonymisierung aufgrund Abkoppelung der (Bar-)Zahlungen für ein Tafelgeschäft von bestehenden Konten, betrieben hatten. Hiervon ist, ungeachtet dessen, dass das AG die Beschlagnahme der Unterlagen angeordnet hat, "die die Geschäftsbeziehungen der Beschuldigten zur (Z-Bank) und (X-Lux) betreffen", nach den Gründen des amtsrichterlichen Beschlusses ("Feststellung des Umfangs der eingetretenen Steuerverkürzungen") auch im Streitfall mit der weiteren Folge auszugehen, dass die (sechs) Überweisungsbelege vom Konto Nr. 888… der Antragsteller bei der X-Lux ―vorausgesetzt, sie sind anlässlich der Durchsuchung der Z-Bank aufgrund des Beschlusses vom 14. Oktober 1997 aufgefunden worden― keinem Verwertungsverbot unterliegen.
Das FA hat hierzu im Beschwerdeverfahren erneut vorgetragen, dass es sich nicht um offene Rücküberweisungen gehandelt habe, sondern ―was auch von den Antragstellern nicht bestritten wird― auf den Überweisungsbelegen (SWIFT-Belegen) als Auftraggeber nur die X-Lux, nicht hingegen die Antragsteller als Inhaber des Kontos 888… bei der X-Lux genannt worden seien. Dies habe dem Wunsch der Kunden nach größtmöglicher Diskretion entsprochen. Die Finanzbehörden (Steufa) sind zu Recht davon ausgegangen, dass diese Gestaltung des Zahlungsverkehrs einen strafrechtlichen Anfangsverdacht begründet hat. Zwar ist den Antragstellern darin zuzustimmen, dass es sich hierbei insoweit nicht um einen anonymen Geldtransfer handelte, als die Beträge einem inländischen und nach § 154 AO 1977 geprüften Konto (Nr. …) gutgeschrieben wurden. Gleichwohl wurde durch die ―wenn nicht unübliche, so doch jedenfalls ungewöhnliche― Art der Überweisung deren Ursprung sowie zugleich der eigene (ausländische) Vermögens- und Einkünftebereich der Antragsteller auf deren Veranlassung hin verschleiert und wurden damit im Sinne eines strafrechtlichen Anfangsverdachts konkrete Tatsachen (Anzeichen) geschaffen, die ―und sei es auch nur durch Vermittlung von (kriminalistischen) Erfahrungssätzen― einen Verstoß gegen (steuer-)strafrechtliche Normen als möglich erscheinen lassen (vgl. dazu allgemein Kleinknecht/Meyer-Goßner, Strafprozeßordnung, 45. Aufl., § 152 Rz. 4; Pfeiffer, a.a.O., § 152 Rz. 3; zum Anfangsverdacht im Zusammenhang mit legitimationsgeprüften Konten s. z.B. BFH-Beschluss vom 25. Juli 2000 VII B 28/99, BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643, zu Abschn. II. 2. d). Damit aber entfällt nicht nur der Einwand, die Antragsteller seien einer unzulässigen Rasterfahndung (BFH-Beschluss in BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643; BVerfG-Entscheidung in NJW 1994, 2079, 2080: "Flächenfahndung") ausgesetzt gewesen und die Durchsuchungsmaßnahme habe gegen die Grundfreiheiten des EGVtr verstoßen (s. oben). Das Vorliegen eines strafrechtlichen Anfangsverdachts hat zudem zur Folge, dass die "Einschränkungen" ( vgl. hierzu Senatsurteil vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95, BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499) des § 30a Abs. 3 AO 1977 zum Ausschreiben von Kontrollmitteilungen über legitimationsgeprüfte Guthabenkonten (§ 154 Abs. 2 AO 1977) nicht greifen und das beklagte FA somit befugt war, die Belege im Rahmen der Veranlagung der Streitjahre zu verwerten (vgl. BFH-Entscheidungen in BFHE 195, 40, BStBl II 2001, 624; vom 4. September 2000 I B 17/00, BFHE 192, 260, BStBl II 2000, 648). Unerheblich ist hierbei auch, ob die von den ordentlichen Gerichten angeordnete Durchsuchung und Beschlagnahme (Ermittlungen) auch Zeiträume betrifft, für die bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist (BFH-Beschlüsse vom 16. Dezember 1997 VII B 45/97, BFHE 184, 266, BStBl II 1998, 231; in BFHE 195, 40, BStBl II 2001, 624).
bbb) Nichts anderes könnte für den Fall gelten, dass ―wie von den Antragstellern behauptet― die Überweisungsbelege aufgrund des weiteren Durchsuchungsbeschlusses vom 20. Januar 1998 im Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche/Mitarbeiter der Z-Bank wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung aufgefunden worden sein sollten. Auch insoweit könnte der Senat die Ansicht der Antragsteller, die Regelungen der §§ 30a Abs. 3, 154 Abs. 2 AO 1977 begründeten ein Verwertungsverbot bezüglich der fraglichen Überweisungsbelege, nicht teilen.
Die Antragsteller verkennen hierbei, dass die auf den Verdacht der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gestützte Durchsuchung regelmäßig auch dazu dient, Beweismittel gegen den ―bekannten oder noch nicht bekannten― Haupttäter sicherzustellen (BVerfG-Entscheidung in NJW 1995, 2839; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 208 AO 1977 Tz. 72; vgl. auch BFH-Beschlüsse in BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643, zu Abschn. II. 2. a; in BFHE 194, 26, BStBl II 2001, 306, zu Abschn. II. 2. a und b bb). Hiervon ist auch für das anhängige Verfahren auszugehen. Der Beschluss vom 20. Januar 1998 (betr. Verantwortliche und Mitarbeiter der Z-Bank) stand ―wie den Beschlussgründen zweifelsfrei zu entnehmen ist― im unmittelbaren Zusammenhang mit dem zuvor gegen die Kunden der Z-Bank und der X-Lux eingeleiteten Strafverfahren und den hierbei gewonnenen Erkenntnissen über die (mögliche) Steuerhinterziehung dieses Personenkreises sowie etwaiger Beihilfehandlungen der Bankbediensteten. Deshalb konnten die anlässlich dieser Untersuchung aufgefundenen Unterlagen nicht nur beschlagnahmt, sondern entsprechend den vorstehend zu aaa) dargelegten Grundsätzen auch gegenüber den Bankkunden verwertet werden (Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 208 AO 1977 Tz. 72). Soweit in der Beschwerdeschrift hiergegen eingewandt wird, dass die fraglichen Überweisungsbelege Einzahlungen auf ein legitimationsgeprüftes Konto beträfen und der Durchsuchungsbeschluss vom 20. Januar 1998 nur die Befugnis verleihe, solche Zahlungsvorgänge zu ermitteln, die unter Verstoß gegen § 154 AO 1977 ausgeführt worden seien, kann dem bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil der Durchsuchungsbeschluss mit dem Hinweis auf die Missachtung des § 154 AO 1977 lediglich den "bisherigen Ermittlungsstand" und damit die den (bisherigen) Tatverdacht begründenden Umstände umreißt, keineswegs jedoch ausschließt, dass anlässlich einer Durchsuchung auch Beweismittel bezüglich weiterer, für die Annahme einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung (einschließlich der Haupttaten) relevanter Sachverhalte aufgefunden und sichergestellt werden. Hierfür spricht vor allem, dass der Beschluss in die nach § 103 StPO tatbestandlich erforderliche Auffindensvermutung "insbesondere Unterlagen über die Namen der Kunden und Unterlagen über die Zusammenarbeit von Verantwortlichen/Mitarbeitern der Z-Bank mit Kunden" einbezieht und ―hieran anknüpfend― die Beschlagnahme auf "etwa bei der Durchsuchung aufgefundene Tatgegenstände erstreckt". Demgemäß hat der Senat im anhängigen Verfahren weder zu erörtern, ob die Überweisungen von der X-Lux auf das Girokonto des Antragstellers dem Gebot der Kontenwahrheit i.S. von § 154 Abs. 1 AO 1977 entsprachen, noch ist darauf einzugehen, dass selbst Zufallsfunde (vgl. hierzu auch § 108 StPO), die einen strafrechtlichen Anfangsverdacht begründen (vgl. vorstehend aaa), nicht den Verwertungsbeschränkungen des § 30a AO 1977 unterworfen sind (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 28. Oktober 1997 VII B 40/97, BFH/NV 1998, 424, 430; weitergehend Senatsurteil in BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499, 506). Auch bedarf es keiner Stellungnahme dazu, ob die anlässlich einer Steuerfahndung im rechtlichen Sinne gegenüber nicht verfahrensbeteiligten Dritten gewonnenen Erkenntnisse (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO 1977) von vornherein nicht den Regelungen des § 30a Abs. 3 AO 1977 unterstehen (so BFH-Beschluss in BFHE 192, 260, BStBl II 2000, 648, m.w.N.) oder ob ―wie von der Vorinstanz vertreten― in rechtswidriger Weise sichergestellte Beweismittel dann keinem Verwertungsverbot unterliegen, wenn sie ―s. vorstehend aaa)― ohne Rechtsverstoß hätten erlangt und verwertet werden können.
b) Die Antragsteller haben die Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1992 jeweils im folgenden Jahr sowie die Erklärung für den Veranlagungszeitraum 1993 zu Beginn des Jahres 1995 eingereicht. Die angefochtenen und gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheide (1988 bis 1993) vom 14. März 2001 sind somit für sämtliche Streitjahre nach Ablauf der allgemeinen Festsetzungsfrist von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO 1977) ergangen.
Gleichwohl sind die Bescheide dem Grunde nach rechtmäßig, da nach der im Aussetzungsverfahren zu treffenden Wahrscheinlichkeitsprognose (dazu nachfolgend)
- bezüglich der Streitjahre 1988 bis 1993 die Voraussetzungen der im Falle einer Steuerhinterziehung auf zehn Jahre verlängerten Festsetzungsfrist (§§ 169 Abs. 2 Satz 2, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977) und
- bezüglich der Streitjahre 1988 und 1989 zudem diejenigen der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO 1977 gegeben sind. Der Senat braucht deshalb nicht darauf einzugehen, dass aufgrund der Bekanntgabe der Einleitung des Steuerstrafverfahrens am 13. Juli 1998 (§ 397 Abs. 3 AO 1977) der Ablauf der Festsetzungsfrist betr. die Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 selbst bei Vorliegen einer nur leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO 1977) nach § 171 Abs. 5 Sätze 1 und 2 AO 1977 gehemmt gewesen wäre.
c) Die Antragsteller haben mit Rücksicht darauf, dass sie für die Streitjahre 1988 bis 1992 Einkünfte aus Kapitalvermögen von weniger als 800 DM bzw. 1 200 DM (Summe aus Werbungskostenpauschbetrag und Sparer-Freibetrag) erklärt und für das Streitjahr 1993 angegeben haben, Einkünfte dieser Art in Höhe von nicht mehr als 12 200 DM erzielt zu haben, sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 AO 1977 i.V.m. § 25 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG, § 56 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ―EStDV―; dazu BFH-Urteil vom 2. April 1998 V R 60/97, BFHE 186, 1, BStBl II 1998, 530). Dies gilt ―wie der erkennende Senat mit Beschluss vom 27. Oktober 2000 VIII B 77/00, BFHE 193, 63, BStBl II 2001, 16) entschieden hat― auch für die vor dem 1. Januar 1993 zugeflossenen Zinserträge (vgl. zur Vermögensteuer BFH-Beschluss vom 7. Dezember 2000 II B 84/00, BFH/NV 2001, 630).
aa) Zu Recht haben FA und FG für die objektive Tatseite angenommen, dass nicht nur die über das Konto bei Y-Bank bezogenen Zinsen, sondern auch die Kapitalerträge aus den Anlagen bei der X-Lux (Konto 888…) sowie bei der Z-Bank (Konto …) den Antragstellern zuzurechnen sind. Der Umstand, dass das Kapital ausschließlich (Z-Bank-Konto) oder zumindest auch (Konto X-Lux) auf den Namen des Sohnes angelegt wurde, steht dem nicht entgegen. Zwar werden die Einkünfte nach § 20 EStG grundsätzlich vom Inhaber der Kapitalanlage erzielt. Legen jedoch Eltern Geldvermögen im Namen ihrer Kinder an, so kann nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats für die steuerrechtliche Zurechnung der Kapitalerträge bei den Kindern nicht alleine auf die formale Gestaltung der Rechtsverhältnisse abgestellt werden; erforderlich ist vielmehr darüber hinaus, dass die zivilrechtlichen Ansprüche endgültig in das Vermögen der Kinder übergegangen sind und auch alle sonstigen Folgerungen aus einer solchen ―endgültigen― Vermögensverschiebung gezogen werden. Demnach dürfen die Eltern die Kapitalanlagen insbesondere nicht wie eigenes Vermögen behandeln, sondern müssen es für die Kinder und damit wie fremdes Vermögen verwalten (vgl. ―auch zur Verfassungsmäßigkeit dieser Anforderungen― Senatsurteil vom 30. März 1999 VIII R 19/98, BFH/NV 1999, 1325, m.w.N.). Da die Antragsteller die angelegten Kapitalbeträge ausschließlich für eigene Zwecke (Folgeanlagen im eigenen Namen; Tilgung eigener Schulden) verwendet und damit diesen Anforderungen in keiner Weise genügt haben, kann dahinstehen, ob ―entsprechend der Begründung der Einspruchsentscheidung― die aus den Anlagen bei der Z-Bank erzielten Erträge (1990/1991 jeweils 1 305 DM, 1992 bis 1996 jeweils 1 615 DM; dazu oben Abschn. I. 1. c bb der Gründe) dem Sparkonto des Sohnes gutgebracht wurden. Sollte dies zutreffen, wäre hiermit allenfalls eine für die steuerrechtliche Zurechnung der Kapitalerträge unerhebliche Einkunftsverwendung i.S. von § 12 Nr. 2 EStG verbunden gewesen.
bb) Da im summarischen Verfahren hinsichtlich der (objektiven und subjektiven) strafrechtlichen Grundlagen des Ablaufs der Festsetzungsfrist kein höheres Maß an Gewissheit gegeben sein muss als bei den sonstigen Tatbestandsmerkmalen (vgl. BFH-Entscheidungen in BFH/NV 2001, 630; vom 5. März 1979 GrS 5/77, BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570; vom 14. August 1991 X R 86/88, BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128; vom 12. März 1992 IV R 29/91, BFHE 168, 405, BStBl II 1993, 36), ist dem FG ferner darin beizupflichten, dass jedenfalls unter Berücksichtigung des im Aussetzungsverfahren gebotenen Wahrscheinlichkeitsurteils (vgl. auch hierzu BFH-Entscheidungen in BFH/NV 2001, 630; in BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570) und nach dem gegenwärtigen Stand der Sachverhaltsermittlung keine ernstlichen Zweifel daran bestehen, dass die Antragsteller vorsätzlich gehandelt, d.h. den Eintritt der Steuerverkürzung aufgrund unrichtiger oder unvollständiger Angaben zumindest billigend in Kauf genommen haben (sog. bedingter Tatvorsatz; vgl. § 15 des Strafgesetzbuches ―StGB―).
aaa) So haben selbst die Antragsteller ―jedenfalls nach den Feststellungen der Vorinstanz und dem Beschwerdevortrag― aus der Mitberechtigung ihres Sohnes am Konto bei der X-Lux (Nr. 888…) nicht den Schluss gezogen, die hierbei erzielten Kapitalerträge unterlägen allein aufgrund dieser Rechtsstellung (des Sohnes) ―und damit ungeachtet dessen, dass das angelegte Kapital einschließlich Zinsen dem Konto des Antragstellers gutgeschrieben wurde― einer geänderten steuerrechtlichen Zurechnung. Gleiches gilt im Ergebnis für die Zinserträge bei der Z-Bank; die Verwahrung der Wertpapiere im Depot des Sohnes (Nr. …) vermag den (bedingten) Hinterziehungsvorsatz bereits deshalb nicht auszuschließen, weil die Antragsteller ―wie den von der Steufa beschlagnahmten Depotauszügen und handschriftlichen Unterlagen zu entnehmen ist― die fraglichen Wertpapiere ihrem eigenen Vermögensbereich zugeordnet haben.
bbb) Abweichendes kann auch dem ―mutmaßlich sowohl bezüglich des Kontos bei der X-Lux als auch desjenigen bei der Z-Bank erhobenen― Einwand, mit ihrem Sohn sei ein Sachdarlehen vereinbart worden, nicht entnommen werden. Dabei ist weder darauf einzugehen, ob eine solche Vereinbarung in materiell-rechtlicher Hinsicht überhaupt geeignet gewesen sein könnte, die Kapitaleinkünfte auf den Sohn zu verlagern (vgl. zum Streitstand Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., 1997, § 20 Rz. 16; zur Einkunftsverwendung nach § 12 Nr. 2 EStG s.o. Abschn. III. 3. b aa der Gründe; Schreiben des Bundesministers der Finanzen ―BMF― vom 28. Juni 1984, BStBl I 1984, 394) noch ist zu erörtern, ob hierfür zivilrechtlich die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers erforderlich gewesen wäre. Maßgebend ist vielmehr, dass die Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren den Abschluss eines schriftlichen Sachdarlehensvertrags behauptet (S. 30 der Antragsschrift vom 18. April 2000), eine solche Urkunde jedoch dem FG nicht vorgelegt haben und dieses darauf hin in seinem Beschluss zu Recht davon ausgegangen ist, dass bereits der Vertragsabschluss nicht glaubhaft gemacht worden sei. Nichts anderes gilt für das Beschwerdeverfahren, zumal die Antragsteller hierbei Gelegenheit gehabt hätten, entweder das Versäumte nachzuholen oder ―sofern dem glaubhafte Entschuldigungsgründe entgegengestanden haben sollten― den Inhalt der (schriftlichen) Vertragsabrede substantiiert darzulegen. Da die Antragsteller beides unterließen, kann hieraus ―jedenfalls für das Aussetzungsverfahren― nur der Schluss gezogen werden, dass die Antragsteller den Sachdarlehensvertrag nicht abgeschlossen haben. Damit ist aber zugleich dem Vortrag, der (lediglich behauptete) Vertragsabschluss hindere die Annahme einer bedingt vorsätzlichen Steuerhinterziehung, die Grundlage entzogen.
ccc) Des Weiteren sind weder der Hinweis auf die Einstellung des Strafverfahrens (gegen die Antragstellerin nach § 153 Abs. 2 StPO sowie gegen den Antragsteller nach § 153a Abs. 2 StPO) noch der (bestrittene) Vortrag der Antragsteller, der Strafrichter habe die Ansicht geäußert, dass "dann, wenn die Erträge tatsächlich dem … Kind zugeflossen (seien), die zeitlich befristete Übertragung von Kapital … keinesfalls den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen könne", geeignet, ernstliche Zweifel an dem bedingten Tatvorsatz oder ―z.B. aufgrund eines sog. unvermeidbaren Verbotsirrtums― an der Schuld der Antragsteller zu begründen. Beides vermag deshalb auch nicht die Geltung der 10-jährigen Festsetzungsverjährungsfrist in Frage zu stellen (vgl. BFH-Entscheidungen in BFHE 186, 1, BStBl II 1998, 530; in BFHE 193, 63, BStBl II 2001, 16; zur Verfahrenseinstellung s. BFH-Beschluss vom 2. Februar 2001 IV B 162/99, BFH/NV 2001, 890; Ruban in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 169 AO 1977 Rz. 37; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 7. Aufl., § 169 Rz. 26).
Abgesehen davon, dass die Einstellung nach § 153 StPO (wegen geringer Schuld) eine hypothetische Schuldbeurteilung im Sinne der Unwahrscheinlichkeit eines Freispruchs voraussetzt und die Beendigung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO (nach Auflagenerfüllung) einen hinreichenden Tatverdacht erfordert (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 153 Rz. 3, § 153a Rz. 7, m.w.N.), verkennt der Beschwerdevortrag vor allem, dass die Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung nicht nach den Vorschriften der StPO, sondern nach denjenigen der AO 1977 und der FGO zu treffen sind (BFH-Entscheidungen in BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570; in BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128; in BFHE 168, 405, BStBl II 1993, 36). Daher ist ―(grundsätzlich) unabhängig von der Durchführung und vom Ausgang eines strafgerichtlichen Verfahrens (Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 169 AO 1977 Rz. 54, m.w.N.) ―auch für die Feststellung einer Steuerhinterziehung (einschließlich der subjektiven Tatseite) auf die im summarischen Verfahren greifbaren sowie ggf. glaubhaft gemachten Umstände mit der Folge abzustellen, dass die nicht substantiierte Wiedergabe einer Meinungsäußerung des Strafrichters ―zumal dann, wenn sie im Widerspruch zum tatsächlichen Ablauf des strafrechtlichen Verfahrens steht― unberücksichtigt bleiben muss.
cc) Aus den vorstehenden Ausführungen zum Vorliegen des Tatbestands der Steuerhinterziehung betr. die Jahre 1988 bis 1993 ergibt sich nicht nur, dass die Einkommensteuer-Änderungsbescheide 1990 bis 1993 innerhalb der 10-jährigen Festsetzungsfrist erlassen worden sind (§ 169 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 370 AO 1977). Da den Antragstellern am 13. Juli 1998 auch die Einleitung des Strafverfahrens bekannt gegeben und am 20. August 1998 u.a. ihre Wohnung durchsucht worden ist, wurde darüber hinaus bezüglich der Veranlagungszeiträume 1988 und 1989 der Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist bis zur Unanfechtbarkeit dieser Steueränderungsbescheide gehemmt (§ 171 Abs. 5 i.V.m. § 397 Abs. 3 AO 1977). Dem steht nicht entgegen, dass zu diesen Zeitpunkten die die Veranlagungszeiträume 1988 und 1989 betreffenden Taten strafrechtlich wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung nicht mehr geahndet werden konnten (§§ 370, 369 Abs. 2 AO 1977 i.V.m. § 78 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 4, §§ 78a ff. StGB; s. hierzu sowie zur Aufgabe der Rechtsfigur der fortgesetzten Tat für den Tatbestand der Steuerhinterziehung Senatsurteil vom 7. Oktober 1997 VIII R 52/94, BFH/NV 1998, 1059, m.w.N.). Da sich der Umfang der Ablaufhemmung in den Fällen des § 171 Abs. 5 Satz 1 AO 1977 nach dem tatsächlichen und für den Steuerpflichtigen erkennbaren Umfang der Ermittlungen richtet (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9. März 1999 VIII R 19/97, BFH/NV 1999, 1186; vom 20. Januar 2000 V R 98/98, BFH/NV 2000, 1143) und demnach auch strafverfolgungsverjährte Taten (Zeiträume) erfasst, für die die steuerrechtliche Festsetzungsverjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. Juni 1995 IV R 26/94, BFHE 177, 354, BStBl II 1995, 575, betr. § 146a Abs. 3 der Reichsabgabenordnung ―AO―; ebenso BFH in BFH/NV 2000, 1143; in BFH/NV 1998, 1059, betr. § 171 Abs. 5 AO 1977), kann jedenfalls dann, wenn ―wie vorliegend― der amtsrichterliche Beschluss ausdrücklich auch die Durchsuchung und Beschlagnahme für "strafrechtlich bereits verjährte Jahre" (vor Veranlagungszeitraum 1993) "zur Taterhellung" anordnet und die Steufa entsprechend verfährt, nichts anderes gelten. Soweit die Antragsteller hiergegen einwenden, die Ermittlungen hätten bezüglich der Veranlagungszeiträume vor 1993 gegen das Übermaßverbot verstoßen, kann dem bereits aufgrund der Tatbestandswirkung des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses nicht gefolgt werden (vgl. hierzu oben Abschn. III. 3. a aa bb der Gründe; BFH-Urteil vom 16. April 1997 XI R 61/94, BFHE 183, 13, BStBl II 1997, 595 a.E.). Hiervon abgesehen, bestehen selbst nach den Darlegungen der Beschwerdeschrift keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die Erstreckung der Ermittlungsmaßnahmen auf strafverjährte Zeiträume der Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit oder gar das Verbot willkürlicher Durchsuchungen (BVerfG-Beschluss vom 10. November 1981 2 BvR 1118/80, BVerfGE 59, 95) missachtet worden wäre.
dd) Wenngleich somit die Vorinstanz bezüglich sämtlicher Streitjahre (1988 bis 1993) zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Änderungsbescheide aufgrund der Steuerhinterziehung innerhalb der (steuerrechtlichen) Festsetzungsverjährungsfrist ergangen sind, kann der Beschluss des FG im Hinblick auf die Schätzung der aus den Kapitalanlagen bei der X-Lux erzielten Zinserträge für die Jahre 1989 bis 1993 keinen Bestand haben.
Soweit das FG hierzu ausgeführt hat, die Ermittlung der Kapitalerträge durch die Steufa sei ―insbesondere für das Jahr 1989― zu "tolerieren", weil jede Schätzung auf Unwägbarkeiten beruhe und damit die Möglichkeit eines gewissen Unsicherheitszuschlags (zu Lasten) des Steuerpflichtigen eröffne, hält dies einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Ist ―wie im Streitfall― die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung abhängig (vgl. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO 1977: "soweit"), so sind zwar die hierfür erforderlichen Feststellungen ―wie ausgeführt (vgl. vorstehend Abschn. III. 3. c bb ccc der Gründe)― nicht nach der StPO, sondern nach der AO 1977 und der FGO zu treffen; auch muss ―selbst im Aussetzungsverfahren― bezüglich des Vorliegens dieses Straftatbestands kein höheres Maß an Gewissheit gegeben sein als bei den sonstigen Tatbestandsmerkmalen (vgl. Abschn. III. 3. b bb der Gründe). Die Vorinstanz hat jedoch verkannt, dass hierbei der strafrechtliche Grundsatz "in dubio pro reo" auch im Steuerfestsetzungsverfahren zu beachten ist. Dies schließt es aus, die Schätzung der hinterzogenen Steuern ―entsprechend den allgemeinen Grundsätzen im Falle der Verletzung von Mitwirkungspflichten― auf Wahrscheinlichkeitserwägungen, d.h. auf ein reduziertes Beweismaß zu stützen und an der oberen Grenze des für den Einzelfall zu beachtenden Schätzrahmens auszurichten (vgl. zu Letzterem BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 I R 50/00, BFHE 194, 1, BStBl II 2001, 381). Erforderlich ist vielmehr, dass das FG auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO 1977) von der Höhe der Steuerhinterziehung überzeugt ist. Nicht behebbare tatsächliche Zweifel dürfen deshalb selbst dann nicht im Rahmen der ―grundsätzlich zulässigen― Schätzung des Hinterziehungsbetrags zu Lasten des Steuerpflichtigen gewürdigt werden, wenn die Unsicherheit hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten auf der unterbliebenen Mitwirkung des Steuerpflichtigen beruht (ständige Rechtsprechung; BFH-Urteile in BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128; vom 12. Mai 1992 VIII R 33/88, BFH/NV 1992, 793). Gleiches gilt nicht nur im Aussetzungsverfahren (BFH-Beschluss vom 17. Februar 1999 IV B 66/98, BFH/NV 1999, 1188), sondern zudem, wenn ―wie zu Abschn. III. 3. b der Gründe erwogen― die Rechtmäßigkeit an das Vorliegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO 1977) und damit an eine Steuerordnungswidrigkeit gebunden ist, da auch im Bußgeldverfahren (§ 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ―OWiG―) nach dem rechtsstaatlichen Grundsatz "in dubio pro reo" von der für den Täter günstigeren Tatsachenalternative auszugehen ist (vgl. Rogall in Karlsruher Kommentar, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 2000, Vor § 1 Rz. 21).
Hieraus folgt zwar nicht, dass die Vorinstanz bei der Schätzung der hinterzogenen Steuerbeträge auch fern liegenden oder nicht substantiierten Behauptungen der Antragsteller hätte nachgehen müssen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass das FG dem Vortrag, die Zahlungen vom Konto 888… bei der X-Lux beruhten ―zumindest auch― auf nicht steuerbaren Vermögenszuflüssen (z.B. Lotteriegewinne etc.), sowie der bisher lediglich pauschal behaupteten (teilweisen) Fremdfinanzierung der Kapitalanlagen, keine Beachtung geschenkt hat. Indes wäre es zum einen erforderlich gewesen, sich von der Höhe des Zinssatzes ―jedenfalls betr. das Jahr 1989― zu überzeugen und den insoweit vom FA nicht bestrittenen Darlegungen der Antragsteller nachzugehen. Zum anderen bedarf die Schätzung der Steufa mit Rücksicht darauf der Überprüfung, dass diese zwar einerseits nur Zahlungen vom Konto 888… bei der X-Lux in Höhe von rd. 191 350 DM festgestellt hat (96 100 DM in den Jahren 1991 bis 1996 zuzüglich "Restguthaben" über 95 250 DM; vgl. Abschn. I. 1. der Gründe), andererseits sich jedoch die Summe von ―mutmaßlich retrograd ermitteltem― Anfangsbestand des Kontos 888… im Jahre 1988 (160 000 DM) und den in den Jahren 1989 bis 1996 schätzweise bestimmten Zinsen (95 400 DM) auf 255 400 DM beläuft.
Die Sache wird an das FG zurückverwiesen, um den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen erneut Stellung zu nehmen und ihren bisherigen Sachvortrag ggf. zu ergänzen oder zu präzisieren. Im Anschluss hieran wird das FG die Höhe der hinterzogenen Steuern nach Maßgabe der Bindungswirkung dieses Beschlusses (vgl. BFH-Beschluss vom 26. März 1980 I B 11/80, BFHE 130, 17, BStBl II 1980, 334) schätzweise zu bestimmen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 728766 |
BFH/NV 2002, 749 |
wistra 2002, 350 |
AO-StB 2002, 179 |