Leitsatz (amtlich)
1. Wird über das Vermögen eines Grundstückserwerbers innerhalb von fünf Jahren seit dem Erwerb das Konkursverfahren eröffnet, so wird bei späterer Weiterveräußerung des Grundstücks durch den Konkursverwalter durch die Eröffnung des Konkursverfahrens selbst der Nachversteuerungstatbestand des § 5 des Niedersächsischen GrESWG nicht verwirklicht.
2. Die Annahme, die durch die Weiterveräußerung durch den Konkursverwalter ausgelöste Nachsteuer für den Erwerb des Grundstücks durch den Gemeinschuldner sei eine Masseforderung, ist ernstlich zweifelhaft.
2. Bestreitet der Konkursverwalter gegenüber einem an ihn gerichteten Steuerbescheid nicht die Höhe der Steuerforderung, sondern nur ihre Eigenschaft als Masseforderung, so muß er den Steuerbescheid mit dem Antrag anfechten, diesen Bescheid aufzuheben.
Normenkette
Niedersächsisches Gesetz über die Befreiung des sozialen Wohnungsbaues von der Grunderwerbsteuer i.d.F. vom 17. Februar 1966 - GrESWG - (GVBl, 64) § 1 Nr. 1, § 5; AO § 226a; FGO § 69; StAnpG § 3; KO §§ 3, 57-61, 139
Tatbestand
Die X-GmbH hatte 1968 ein unbebautes Grundstück erworben. Sie versicherte, daß das Grundstück fristgemäß steuerbegünstigt im Sinne des § 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die Befreiung des sozialen Wohnungsbaues von der Grunderwerbsteuer in der Fassung vom 17. Februar 1966 - GrESWG - (GVBl 64) verwendet werde. Das FA (Beklagter und Beschwerdegegner) stellte den Erwerbsvorgang vorerst von der Steuer frei.
Am 18. August 1969 wurde über das Vermögen der GmbH das Anschlußkonkursverfahren eröffnet. Der zum Konkursverwalter bestellte Beschwerdeführer (Kläger) veräußerte das Grundstück durch Vertrag vom 13. November 1969 weiter.
Das FA forderte mit einem gegen die GmbH z. Hd. des Beschwerdeführers gerichteten Steuerbescheid eine Grunderwerbsteuer nach, da der steuerbegünstigte Zweck mit Weiterveräußerung des Grundstücks im Sinne des § 5 GrESWG aufgegeben worden sei. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Beschwerdeführer Klage. Seinen Antrag, den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung aufzuheben, faßte er in einem zweiten Schriftsatz dahin, festzustellen, daß die Grunderwerbsteuer - entgegen dem Schreiben des Beklagten vom 6. Februar 1970 - nicht am 13. November 1969, sondern am 18. August 1969 entstanden sei. Gleichzeitig beantragte er, die Vollziehung des Steuerbescheids auszusetzen.
Das FG hat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Der Beschwerde hat es nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist begründet.
1. Es kann in diesem Aussetzunsverfahren der Entscheidung des FG zur Hauptsache weder in der materiellen Streitfrage noch darin vorgegriffen werden, ob - wie offenbar die Beteiligten meinen - Gegenstand des Verfahrens in der Hauptsache nur noch das Schreiben des Beschwerdegegners vom 6. Februar 1970 über die Frage des Bestehens und den Zeitpunkt der Fälligkeit des Steueranspruches ist und ob es sich hierbei um ein Verfahren gemäß § 226a AO (i. d. F. des § 162 Nr. 39 FGO) handelt, oder ob (auch noch) der Steuerbescheid selbst in das Verfahren zur Hauptsache einbezogen ist.
Es ist nicht ersichtlich, wie eine solche Feststellung im Sinne des § 226a AO für sich allein im Sinne des § 69 FGO "vollzogen" werden könnte. Das kann aber dahinstehen, denn einen Bescheid gemäß § 226a AO hat das FA nur bezüglich einer "im Konkursverfahren geltend gemachten" Steuerforderung und nur "erforderlichenfalls" zu erteilen, nach der im Schrifttum vertretenen Auffassung dann, wenn das Vorrecht einer zur Konkurstabelle angemeldeten Steuerforderung durch Widerspruch im Prüfungstermin bestritten wird (s. die Kommentare zur AO von Becker/Riewald/Koch, 9. Aufl., Bd. IV nach § 381, Anm. 8; Spitaler/Paulick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, 1. bis 5. Aufl., § 226 a; Tipke/Kruse, 2. bis 4. Aufl., § 226 a; Schwarz, FR 1966, 236, 239 rechte Spalte). § 226a AO kommt - in Ergänzung der §§ 138 ff. KO - nur bei solchen Steueransprüchen in Betracht, die als Konkursforderungen nur durch Anmeldung zur Konkurstabelle, nicht aber durch Steuerbescheid gegenüber dem Konkursverwalter geltend gemacht werden dürfen (Entscheidung des RFH Gr. S. 1/26 S vom 25. Oktober 1926, RFH 19, 355, 357, RStBl 1926, 337; Entscheidung des BFH IV 210/62 S vom 7. November 1963, BFH 78, 172, BStBl III 1964, 70; Becker/Riewald/Koch, a. a. O., nach § 381, Anm. 6; Hepp/Schwarz bei Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., vor § 325, Tz. 9 a; Tipke/Kruse, a. a. O., vor §§ 325 bis 381, Tz. 18).
Mit dem gegen den Beschwerdeführer - unbestritten in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter - ergangenen Steuerbescheid hat der Beschwerdegegner, wie er dies auf Anfrage in seinem Schreiben vom 6. Februar 1970 bestätigt hat, die Steuerforderung als Masseforderung (§§ 57 ff. KO) geltend gemacht. Der Beschwerdegegner kann, wenn es sich bei der Steuerschuld um eine Masseforderung handelt, aus einem solchen, mit dem üblichen Leistungsgebot versehenen Steuerbescheid seine Forderung gegenüber dem Konkursverwalter notfalls zwangsweise einziehen, da § 14 KO für Massegläubiger nicht gilt (RGZ 61, 261; Kommentar zur Konkursordnung, Böhle/Stamschräder, 9. Aufl., § 14, Anm. 1; Lent bei Jaeger, 8. Aufl., § 14, Tz. 7; Mentzel/Kuhn, 7. Aufl., § 14, Anm. 14; Becker/Riewald/Koch, a. a. O., nach § 381, Anm. 9 [1]; Hepp/Schwarz bei Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., vor § 325, Tz. 9 b; Tipke/Kruse vor §§ 325 bis 381, Tz. 25, alle mit weiteren Nachweisen auch der Rechtsprechung). Er hat seinen Willen zur Einziehung der Steuerforderung gegenüber dem Konkursverwalter entsprechend mit der Verfügung vom 6. Februar 1970 eindeutig zum Ausdruck gebracht. Meint der Konkursverwalter, es liege keine Masseforderung, sondern eine Konkursforderung vor, so muß er - auch wenn er, wie im Streitfall, die Richtigkeit der Steuerforderung und -berechnung nicht bezweifelt - den Steuerbescheid mit dem Antrag anfechten, diesen aufzuheben.
Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat seine Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1, § 44 FGO) nicht zurückgenommen. Für dieses Aussetzungsverfahren ist davon auszugehen, daß nach wie vor um die Existenz der Steuerforderung als Masseforderung gestritten wird und daß schon deshalb das Schreiben des Beschwerdegegners vom 6. Februar 1970 nicht als Bescheid im Sinne des § 226a AO aufzufassen ist, abgesehen davon, daß eine entsprechende Feststellungsklage unzulässig wäre (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGO). Es erscheint ferner nicht nur zulässig, sondern geboten, auch weiterhin davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer bei seinem mit der zutreffend erhobenen Anfechtungsklage geltend gemachten Klagebegehren verblieben ist und lediglich einen unzutreffend gefaßten Antrag gestellt hat. Hieran ist das Gericht zur Hauptsache (FG) nicht gebunden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), so daß der BFH (als Beschwerdegericht) die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids im ganzen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO) nachzuprüfen in der Lage ist.
2. An der Rechtmäßigkeit des Erlasses des Steuerbescheids gegen den Beschwerdeführer bestehen ernstliche Zweifel.
a) Allerdings kann der Meinung des Beschwerdeführers, daß als Zeitpunkt der Aufgabe des steuerbegünstigten Zwecks (§ 5 Abs. 1 Satz 2 GrESWG) - Errichtung eines Gebäudes mit steuerbegünstigten Wohnungen - bereits der Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens gelten müsse, nicht gefolgt werden. Die "Aufgabe" eines Zwecks setzt schon begrifflich eine positive Handlung - z. B. die unwiderruflich und eindeutig erklärte oder die durch freiwillige Weiterveräußerung erkennbar gewordene Nichtbebauungsabsicht - oder doch ein Geschehen - z. B. die Zwangsversteigerung - des Inhalts voraus, daß das Grundstück endgültig nichtsteuerbegünstigt verwendet werden soll (vgl. BFH-Entscheidung II B 7/70 vom 10. März 1970, BFH 98, 374, BStBl II 1970, 389).
Aus der Konkurseröffnung allein kann dies noch nicht abgeleitet werden. Der Gemeinschuldner bleibt auch im Konkurs Träger des zur Masse gehörenden Vermögens, insbesondere Eigentümer auch der konkursbefangenen Grundstücke. Er verliert mit Konkurseröffnung (§ 108 KO) für die Dauer des Konkursverfahrens lediglich die Befugnis zur Ausübung des Verwaltungs- und Verfügungsrechts zugunsten des Konkursverwalters (§ 6 KO; Lent bei Jaeger, a. a. O., Vorbemerkung zu §§ 6 bis 9, Tz. III; § 6, Tz, 9, 11). Der Konkursverwalter hat die Masse nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. § 82 KO) möglichst günstig zu verwerten. Es kommt also nicht darauf an, die Masse - auch Grundstücke - möglichst schnell zu versilbern, sondern den Weg der Verwertung zu wählen, der im Einzelfall unter Ausnutzung der zeitlichen und örtlichen Marktlage den besten Erlös verspricht (vgl. Mentzel/Kuhn, a. a. O., § 6, Anm. 36). Der Konkursverwalter kann sich wegen einer ungünstigen Grundstücksveräußerung, die ohne Nachteil für die Masse vermeidbar gewesen wäre, ebenso persönlich haftbar machen, wie durch das Versäumen einer günstigeren Verwertungsmöglichkeit (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Böhle/Stamschräder, a. a. O., § 82, Anm. 1). Es mag dem Beschwerdeführer eingeräumt werden, daß in vielen Fällen eine steuerbegünstigte Bebauung eines Grundstücks für den Konkursverwalter nicht in Betracht kommen wird. Das ändert aber nichts daran, daß die günstigste Verwendungsart sich erst nach sorgfältiger Prüfung im Laufe des Konkursverfahrens herausstellen kann. So kann es bei einem Bauvorhaben, das im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits entsprechend fortgeschritten war, durchaus Pflicht des Konkursverwalters sein, die Wohnungen nicht nur aus steuerlichen, sondern mehr noch aus Gründen besseren Erlöses selbst bezugsfertig herrichten zu lassen (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 3 GrESWG; BFH-Entscheidung II B 37/69 vom 18. November 1969, BFH 97, 260, BStBl II 1970, 103), statt das Grundstück im Rohbau zu veräußern. Es kommt hinzu, daß ein Konkursverfahren auf Beschwerde (§ 109 KO) aufgehoben werden kann und daß damit alle Folgen der Konkurseröffnung rückwirkend wegfallen (Mentzel/Kuhn, a. a. O., § 109, Anm. 7). Nach Aufhebung des Konkursverfahrens wegen Zwangsvergleichs (§§ 173 ff., 190 KO) erhält der Gemeinschuldner das Recht der freien Verfügung über die Masse zurück (§ 192 KO), ebenso (§ 206 KO) nach Einstellung des Konkursverfahrens bei Zustimmung aller Gläubiger (§ 202 KO).
Daraus ergibt sich, daß eine so schwerwiegende Folge wie die Entstehung der endgültigen Steuerschuld nicht bereits mit Konkurseröffnung allein eintreten kann, sondern daß hierfür das Schicksal des Grundstücks im weiteren Verlauf des Konkursverfahrens maßgebend sein muß.
b) Damit, daß der die erstmalige Entstehung der Steuerschuld (§ 3 Abs. 1 StAnpG; BFH-Entscheidung II B 7/70 vom 10. März 1970, a. a. O.) auslösende Nachversteuerungstatbestand des § 5 Abs. 1 Satz 2 GrESWG durch die Konkurseröffnung selbst noch nicht verwirklicht worden ist, ist aber noch nicht entschieden, daß die durch die spätere, mit der Weiterveräußerung des Grundstücks zum Ausdruck gekommene Aufgabe des begünstigten Zwecks durch den Konkursverwalter ausgelöste Steuerforderung nicht Konkursforderung, sondern Masseforderung sei, wie das FG bisher im Ergebnis meint.
Richtig ist, daß die Grunderwerbsteuer, die für die Veräußerung eines Grundstücks nach Konkurseröffnung durch den Konkursverwalter entsteht, nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur zu den Massekosten des § 58 Nr. 2 KO gerechnet wird (vgl. Entscheidung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts - OVG - VII C 238/15 vom 4. Februar 1916, Bd. 71 S. 54 - zur Zuwachssteuer -; Liebisch, Vierteljahrsschrift für Steuer- und Finanzrecht, 1929 S. 212 ff., 257; Böhle/Stamschräder, a. a. O., § 58, Anm. 3e; Lent bei Jaeger, a. a. O., § 6, Tz. 7, § 58, Tz. 5 a; Mentzel/Kuhn, a. a. O., § 58 Anm. 10; Becker/Riewald/Koch, a. a. O., nach § 381, Anm. 4 (4), (5); Tipke/Kruse, a. a. O., vor §§ 325 bis 381, Tz. 25; Hepp/Schwarz bei Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., vor § 325, Tz. 16 a). Dieser Sachverhalt unterscheidet sich von dem vorliegenden aber wesentlich dadurch, daß hier der eigentliche Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 GrEStG (vgl. § 1, Einleitungssatz GrESWG) bereits durch den Erwerb des Grundstücks durch die Gemeinschuldnerin selbst vor Konkurseröffnung gesetzt worden ist und daß durch die Weiterveräußerung des Grundstücks durch den Konkursverwalter lediglich eines der Tatbestandsmerkmale des Steueranspruchs - nur das letzte nach dem für sich allein unselbständigen Nachversteuerungstatbestand des § 5 GrESWG - verwirklicht worden ist.
Ohne daß diese Fragen im Aussetzungsverfahren endgültig zu klären sind, können gegen die Annahme einer Masseforderung folgende Erwägungen sprechen: Außer Konkurs- und Masseforderungen kommen im Konkursfall noch die nicht vom Konkurs erfaßten Forderungen gegen den Gemeinschuldner in Betracht. Das Bestehen einer Masseforderung kann also nicht allein damit dargetan werden, daß eine Konkursforderung nicht gegeben sei, sondern nur damit, daß die Voraussetzungen der abschließenden Regelung der §§ 58, 59 KO (Lent bei Jaeger, a. a. O., § 58, Tz. 2, § 59 Einleitung) vorliegen. Bei Erfüllung des Nachversteuerungstatbestandes des § 5 Abs. 1 Satz 1 GrESWG könnte kaum eine Masseforderung angenommen werden, da der bloße Zeitablauf nicht als Maßnahme der "Verwaltung, Verteilung oder Verwertung der Masse" (§ 58 Nr. 2 KO) angesprochen werden könnte. Auch ein Anspruch aus "Geschäften oder Handlungen des Konkursverwalters" (§ 59 Nr. 1 KO) könnte nicht bejaht werden, abgesehen davon, daß der Gesichtspunkt der Masseschuld ohnehin ausschiede (s. oben II, 2b Abs. 2). Bei der Gleichwertigkeit der beiden Nachversteuerungsmerkmale des § 5 Abs. 1 Satz 1 (Zeitablauf) und Satz 2 GrESWG (vorherige Aufgabe des begünstigten Zwecks) ließe sich eine unterschiedliche Behandlung nicht rechtfertigen. Außerdem wäre es ohnehin problematisch, in der Aufgabe des begünstigten Zwecks als solcher eine Verwaltungsmaßnahme im Sinne des § 58 Nr. 2 KO zu sehen.
Ein Blick auf das Saarländische GrESWG 1964 (Amtsblatt S. 594 - ABl 594 -) zeigt, daß dort zunächst lediglich von der Festsetzung der ursprünglich geschuldeten Steuer abgesehen wird (§ 7) und daß der Steuerbefreiungsanspruch erst mit Erfüllung des begünstigten Zwecks entsteht (§ 3). Die (aufschiebend oder auflösend) bedingte Steuerschuld ist also Konkursforderung (§ 3 Abs. 1 KO). Das Niedersächsische GrESWG sieht nur eine "Anwartschaft" auf künftige Entstehung einer Nachsteuer vor. Bei Bejahung einer Masseforderung wäre die konkursrechtliche Stellung des Steuergläubigers trotz materiell-rechtlich schwächerer Stellung stärker.
In Anknüpfung an den Rechtsgedanken der §§ 17 ff. KO ist ferner zu erwägen, daß der Gläubiger in allen Fällen, in denen dem Konkursverwalter die Erfüllung der Verpflichtungen des Gemeinschuldners freisteht, bei Ablehnung des Konkursverwalters lediglich eine Konkursforderung erhält (vgl. § 19 Satz 3, § 22 Abs. 2, §§ 26, 27, 28 KO). Die Gemeinschuldnerin war dem Beschwerdegegner gegenüber nicht zur Bebauung des Grundstücks verpflichtet. Die in ihrem freien Ermessen stehende Obliegenheit, das Grundstück zur endgültigen Vermeidung der Steuerpflicht zu bebauen, hatte sie - unabhängig vom Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld gemäß § 3 Abs. 1 StAnpG - im Sinne des § 3 Abs. 1 KO bereits "zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens begründet".
c) Gerade aus Letzterem kann gefolgert werden, daß die Auslösung der Steuerpflicht erst nach Konkurseröffnung für sich allein es nicht ausschließt, daß es sich bei der vorliegenden Steuerforderung entweder um eine nicht vom Konkurs erfaßte Forderung gegen die Gemeinschuldnerin selbst handelt, die - ohne Wirkung gegen die Konkursmasse - auch gegen die Gemeinschuldnerin persönlich (nicht aber gegen den Konkursverwalter) festzusetzen wäre oder daß eine Konkursforderung gegeben wäre.
Zu den erstgenannten Forderungen, die weder Massenoch Konkursforderungen sind (und die deshalb weder unter § 12 noch unter § 14 Abs. 1 KO fallen), zählen u. a. (vgl. Böhle/Stamschräder, a. a. O., § 3, Anm. 2) auch gewisse Ansprüche, die ihren Rechtsgrund im Verhalten des Gemeinschuldners teils vor, teils nach Konkurseröffnung haben, wie z. B. der Anspruch auf eine Vertragsstrafe aus einem Konkurrenzverbot, das der Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung eingegangen ist, aber nach Konkurseröffnung verletzt hat (RGZ 59, 53, 56).
Da es sich im Streitfall aber nach Konkurseröffnung nicht um Handlungen dreht, die nur vom Gemeinschuldner persönlich vorgenommen werden können (vgl. § 7 KO), sondern um solche des Konkursverwalters, liegt die Annahme einer Konkursforderung näher. "Begründet" im Sinne des § 3 Abs. 1 KO ist ein Anspruch bereits, wenn bei Konkurseröffnung bloß der "Schuldrechtsorganismus", der die Grundlage des Anspruchs bildet, gegeben ist, während die sich daraus ergebende Forderung selbst noch nicht entstanden zu sein braucht (Mentzel/Kuhn, a. a. O., § 3, Anm. 11 mit weiteren Nachweisen auch der Rechtsprechung; Böhle/Stamschräder, a. a. O., § 3, Anm. 4; Lent bei Jaeger, a. a. O., § 3 Tz. 15, 16). Dementsprechend zählen zu den Konkursforderungen u. a. auch gewisse Forderungen, die zwar aus einem vor Konkurseröffnung begründeten Rechtsverhältnis abgeleitet sind, aber als solche erst durch konkursrechtliche Handlungen des Konkursgläubigers oder des Konkursverwalters entstehen (vgl. § 19 Satz 3, § 22 Abs. 2, §§ 27, 28, 38 Satz 2 KO).
Bei der Maßgeblichkeit des Konkursrechts in diesem Punkt für das Steuerrecht ist davon auszugehen, daß auch Steuerforderungen im Sinne des § 3 Abs. 1 KO bereits "zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens begründet" sein können, auch wenn sie im Sinne des § 3 StAnpG noch nicht entstanden sind (vgl. auch Becker/Riewald/Koch, a. a. O., nach § 381, Anm. 2 (1), (2); Hepp/Schwarz bei Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., vor § 325, Tz. 12; Tipke/Kruse, a. a. O., vor §§ 325 bis 381, Tz. 18). Unter Berücksichtigung der oben zu 2b dargelegten Gesichtspunkte kann in Grunderwerbsteuerfällen der vorliegenden Art ein Übergangsfall mit der Folge gegeben sein, daß eine Masseforderung und damit die Zulässigkeit eines Steuerbescheids gegen den Beschwerdeführer als Konkursverwalter zu verneinen wäre. Da der Beschwerdegegner nicht gemäß § 139 KO, § 226a AO gehandelt hat, wird das FG zwar zur Frage, ob es sich um eine Konkursforderung handelt, positiv nicht zu entscheiden haben. Es wird aber zur Hauptsache prüfen müssen, ob der Steuerbescheid gegen den Beschwerdeführer zulässig und damit rechtmäßig war. Angesichts der sich aus den vorstehenden Erwägungen ergebenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids war die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids in der Fassung der Einspruchsentscheidung (§ 44 Abs. 2 FGO) unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des FG (§ 132 FGO) bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Entscheidung über die im ersten Rechtszug beim FG anhängige Anfechtungsklage auszusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 68793 |
BStBl II 1970, 830 |
BFHE 1971, 140 |