Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichterhebung von Kosten wegen Überlänge des Verfahrens
Leitsatz (NV)
Der Umstand, daß das FG erst 13 Jahre nach Klageerhebung entschieden hat, kann grundsätzlich nicht dazu führen, Kosten eines anschließenden Beschwerdeverfahrens wegen Nichtzulassung der Revision nicht zu erheben. Das gilt jedenfalls dann, wenn in diesem Verfahren nicht über die Verzögerung des finanzgerichtlichen Verfahrens zu entscheiden war.
Normenkette
GKG §§ 8, 5
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Erlös aus der Veräußerung von Grundbesitz im Rahmen der Liquidation der R-GmbH § Co. KG der Besteuerung nach den §§ 16 und 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegt oder dem laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb zuzurechnen ist.
Das Finanzgericht (FG) hat die 1976 erhobene Klage durch Urteil vom 13. März 1989 abgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision haben die Kläger, Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kläger) am 2. Mai 1989 Beschwerde eingelegt, die der erkennende Senat durch Beschluß vom 3. Oktober 1989 als unbegründet zurückgewiesen hat. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden den Klägern auferlegt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) - Kostenstelle - hat durch Kostenrechnung vom 3. November 1989 Gerichtskosten in Höhe von . . . DM angesetzt.
Mit Schreiben vom 17. November 1989 beantragten die Kläger, die festgesetzten Gerichtskosten in Höhe von . . . DM gemäß § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) niederzuschlagen.
Ihren Antrag begründen sie wie folgt:
Wegen der überlangen Dauer der Rechtssache sei es rechtswidrig, dem Steuerpflichtigen die Kosten aufzuerlegen (Hinweis auf Stöcker in Carlé/Korn/Stahl - Herausgeber -, Herausforderungen - Festgabe für G. Felix 1989, 470; Zöller, Zivilprozeßordnung, 15. Aufl., § 540 Anm. 31).
Auch der BFH habe das Recht auf Kostenerhebung verwirkt, wenn er am Schluß einer Kette von Grundrechts- und Menschenrechtsverletzungen tätig werde. Dabei spiele eine Rolle, daß die Kläger nach 14 Jahren Rechtsstreit mit einer begründungslosen Ablehnung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde beschieden wurden.
Der Kostengläubiger und Erinnerungsgegner (der Vertreter der Staatskasse beim BFH) hat von einer Stellungnahme abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist unbegründet.
Da die Kostenrechnung den Kostenschuldnern bereits zugegangen ist, stellt der Antrag auf Nichterhebung der Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung (§ 8 GKG) eine Erinnerung gemäß § 5 GKG gegen den Kostenansatz dar (vgl. BFH-Beschluß vom 2. Oktober 1985 III E 3-4/85, BFH/NV 1986, 352).
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären, nicht erhoben. Im Streitfall ist die Sache nicht unrichtig behandelt worden.
Dabei ist Sache i. S. des § 8 GKG hier nur das Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des FG. Nur für dieses Verfahren war eine Kostenentscheidung zu treffen (§ 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) und waren entsprechend Gerichtskosten anzusetzen (§ 4 GKG).
Das Beschwerdeverfahren ist nicht unrichtig behandelt worden, insbesondere ist über die Beschwerde nicht so spät entschieden worden, daß Rechte der Kläger verletzt worden wären.
Der Umstand, daß das FG erst 13 Jahre nach Klageerhebung entschieden hat, kann grundsätzlich nicht dazu führen, Kosten eines anschließenden Beschwerde- oder Revisionsverfahrens nicht zu erheben, jedenfalls dann, wenn in diesem Verfahren nicht über die Verzögerung des finanzgerichtlichen Verfahrens zu entscheiden ist. So war es hier. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wurde einmal die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wegen materiell-rechtlicher Fragen geltend gemacht, zum anderen Verfahrensverstöße im Rahmen der Beweiswürdigung. Beides hat mit der Verzögerung des Verfahrens nichts zu tun.
Es ist zwar richtig, daß sich der Abschluß des Rechtsstreits insgesamt durch die Nichtzulassungsbeschwerde und eine evtl. Revision weiter verzögert. Aber diese Verfahren gehören nicht notwendigerweise zum finanzgerichtlichen Verfahren. Die Beteiligten machen von der Möglichkeit des Rechtsmittels freiwillig Gebrauch. Solange es nur um die Kosten dieses Rechtsmittels geht, erscheint es nicht unbillig, bei dem Grundsatz zu bleiben, daß derjenige die Kosten trägt, der erfolglos geblieben ist (§ 135 Abs. 2 FGO). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst sind nicht durch die Überlänge des Verfahrens entstanden. Das wäre nach Ansicht des Senats aber die Voraussetzung, unter der Stöcker (a. a. O.) für die Nichterhebung der Gerichtskosten eintritt.
Damit setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Januar 1987 1 BvR 103/85 (Der Betrieb 1987, 1722). Die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde hat hier auf den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluß gehabt.
Schließlich ist nicht erkennbar, inwieweit der Verzicht auf die Begründung des Beschlusses vom 3. Oktober 1989 VIII B 59/89 gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs Anlaß geben könnte, von der Erhebung der Gerichtskosten abzusehen.
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 5 Abs. 4 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 416922 |
BFH/NV 1990, 520 |