Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die schlüssige Rüge des Verfahrensmangels der Verletzung rechtlichen Gehörs; verzichtbarer Verfahrensmangel; Mängel im Tatbestand
Normenkette
FGO §§ 155, 108; ZPO § 295; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war im Streitjahr (1987) als Kauffrau tätig. Bei ihrer Veranlagung zur Umsatzsteuer versagte ihr der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) mangels Buchnachweises die Steuerfreiheit für Ausfuhrlieferungen.
Die Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde. Die Klägerin trägt vor, das FA habe es nicht für nötig befunden, die ihm überlassenen Originalunterlagen zurückzusenden, so daß sie nicht in der Lage gewesen sei, sich zu verteidigen. Hierin sieht sie eine Verletzung rechtlichen Gehörs.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdeschrift muß der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Die Rüge einer Verletzung des Rechts der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO; Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) hat keinen Erfolg.
1. Gehör wird den Beteiligten dadurch gewährt, daß sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt zu äußern, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll. Inwieweit diese Gelegenheit wahrgenommen wird, ist Sache der Beteiligten (Beschluß des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 9. Dezember 1998 IV B 33/98, BFH/NV 1999, 916).
Zur schlüssigen Rüge eines Verfahrensmangels der Verletzung rechtlichen Gehörs ist es erforderlich, daß substantiiert dargelegt wird, wozu sich der Beteiligte nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte. Da es sich um einen verzichtbaren Verfahrensmangel handelt (vgl. § 295 der Zivilprozeßordnung i.V.m. § 155 FGO), ist die Rüge zudem nur dann schlüssig erhoben, wenn der Beschwerdeführer substantiiert vorträgt, daß er die Rechtsverletzung in der Vorinstanz gerügt habe oder weshalb ihm eine solche Rüge nicht möglich gewesen sei. Schließlich ist darzulegen, daß bei Gewährung des rechtlichen Gehörs eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluß vom 9. Juli 1996 VII S 16/95, BFH/NV 1997, 143).
2. Diesen Anforderungen an eine schlüssige Darlegung des behaupteten Verfahrensmangels der Verletzung des rechtlichen Gehörs wird die Beschwerdeschrift nicht gerecht.
Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich nicht, warum es der Klägerin oder ihrem Bevollmächtigten unmöglich gewesen sein soll, anhand der dem FG vorliegenden Unterlagen darzutun, daß die Klägerin die Voraussetzungen der in Anspruch genommen Steuerfreiheit buchmäßig nachgewiesen hatte; eine Rücksendung der Unterlagen an die Klägerin war hierzu nicht erforderlich; trotz Aufforderung zum Buchnachweis hatte sie auch nicht um Rücksendung der Unterlagen gebeten; jedenfalls hat sie hierzu nichts vorgetragen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat das FG dem bevollmächtigten Ehemann der Klägerin ausreichend Gelegenheit gegeben, Ausführungen zur Sach- und Rechtslage zu machen und die aus seiner Sicht erforderlichen Anträge zu stellen. Nach der Niederschrift wurden auch die "3 Blatt Buchnachweis" in dem von der Klägerin dem FA und von diesem dem FG überlassenen Ordner "erörtert". Die bloße Behauptung, nicht in der Lage gewesen zu sein, zu den beanstandeten Mängeln Stellung zu nehmen, ist deshalb kein ausreichender Vortrag zur Bezeichnung des gerügten Verfahrensmangels.
Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich auch nicht, inwiefern die Frage, ob der Kundenkreis "im wesentlichen aus polnischen Reisenden" bestand oder ob es "zum größten Teil" um Ausfuhren nach Holland und Belgien ging, entscheidungserheblich sein könnte. Im übrigen sind Mängel des Tatbestands ggf. mit dem Antrag auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 FGO) geltend zu machen (BFH in BFH/NV 1997, 143).
3. Von der Bekanntgabe einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen