Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerbefreiung für den Denkmalschutz
Leitsatz (NV)
1. Zu den Anforderungen einer ,,Widmung zur Denkmalpflege"
2. Die Widmungsabsicht muß bereits im Erbwerbszeitpunkt vorliegen. Sie muß durch erkennbare Handlungen manifestiert und bestätigt werden. Sie ist planmäßig in die Tat umzusetzen.
Normenkette
GrEStG NW § 4 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger hat mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 16. Januar 1981 ein bebautes Grundstück erworben. Der Kaufpreis betrug X DM. Im Kaufvertrag beantragte der Kläger Befreiung von der Grunderwerbsteuer wegen Denkmalpflege. Das erworbene Gebäude ist nach einer Bescheinigung der Stadt vom 23. Dezember 1980 in die vorläufige Liste des Landeskonservators über Baudenkmäler im Stadtgebiet eingetragen. Die Anordnung der vorläufigen Unterschutzstellung gemäß § 4 des Denkmalschutzgesetzes ist nach der Bescheinigung beabsichtigt.
Durch Vertrag vom 27. April 1983 hat der Kläger das Grundstück weiter veräußert, ohne auf diesem eine Investition getätigt zu haben.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 1985 setzte das beklagte Finanzamt (FA) für den Erwerb des Klägers Grunderwerbsteuer fest.
Mit der hiergegen erhobenen Klage beanspruchte der Kläger die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des nordrheinwestfälischen Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG (NW) -. Er habe das Objekt in Kenntnis von dessen Eigenschaft als Baudenkmal erworben. Die Steuerbefreiung für Denkmalschutz sei ihm bekannt gewesen. Planungsvorbereitungen hätten vorgelegen. Vor dem Verwaltungsgericht habe er eine Klage angestrengt auf Erteilung der Bescheinigung, daß der Kauf des Grundstücks durch ihn in der Absicht erfolgt sei, es mit Zustimmung der Stadt der Denkmalpflege zu widmen. Der Weiterverkauf sei aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten erfolgt.
Das FA vertrat die Auffassung, nach dem Erlaß des Finanzministers Nordrhein-Westfalen vom 27. November 1980 S 4505-2 VA 2 hätten die Voraussetzugen für die begehrte Steuerbefreiung nicht vorgelegen. Insbesondere die danach notwendige Investition hätte der Kläger nicht getätigt.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und die Steuerbescheide aufgehoben, da Grunderwerbsteuerfreiheit nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (NW) gegeben sei. Das Gesetz verlange kein besonderes Engagement für bestimmte denkmalpflegerische Zwecke, das erst durch das Eintraguns- und Investitionserfordernis des Erlasses des Finanzministers Nordrhein-Westfalen vom 27. November 1980 erfüllt werde. Die vom Kläger im Kaufvertrag bekundete Widmungsabsicht, seine Kenntnis von den Voraussetzungen der Steuerbefreiung sowie die Erklärung des Bevollmächtigten, der Kläger werde ebenfalls Denkmalpflege übernehmen, reichten aus. Das FG-Urteil ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 135.
Mit der Revision macht das FA geltend, das FG habe § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (NW) unrichtig angewendet. Es beantragt Aufhebung des FG-Urteils und Abweisung der Klage, hilfsweise Zurückverweisung an das FG.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Das FG hat § 4 Abs. 1 Nr. 4 des inzwischen aufgehobenen GrEStG (NW) unrichtig angewendet.
Nach dieser Vorschrift war u. a. befreit der Erwerb eines Grundstücks, um es mit Zustimmung der zuständigen Denkmalschutzbehörde der Denkmalpflege zu widmen.
Das Tatbestandsmerkmal ,,der Denkmalpflege . . . zu widmen" macht deutlich, daß vom Gesetzgeber eine der Denkmalpflege dienende und förderliche Nutzung oder Behandlung des Baudenkmals verlangt wird, die über den bloßen Erwerb desselben hinausgeht. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung sind also keineswegs schon dann erfüllt, wenn ein geschütztes oder schützenswertes Baudenkmal lediglich erworben wird. Andererseits enthält das Gesetz keine Einschränkung auf bestimmte denkmalpflegerische Maßnahmen. Auch an diese zu stellende Mindestanforderungen sind nicht festgelegt. Konservierende oder den schutzwürdigen Zustand wiederherstellende Baumaßnahmen mögen zwar häufig dem Denkmalschutz in besonders geeigneter Weise dienen, die Grunderwerbsteuerbefreiung ist jedoch nicht auf derartige Maßnahmen beschränkt.
Eine Widmung zur Denkmalpflege im Sinne der Befreiungsvorschrift kann vielmehr durch jede den Zielen der Denkmalspflege besonders förderliche Nutzung oder Behandlung des Baudenkmals erreicht werden, sofern diese über die bloße Einhaltung ohnehin bestehender gesetzlicher Nutzungsbeschränkungen oder Auflagen hinausgeht, nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung ist und auf langfristige Erhaltung angelegt ist. Diese Widmung muß die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde gefunden haben. Das erfordert zumindest, daß unter Mitwirkung und in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde eine fachlich sinnvolle denkmalpflegerische Konzeption entwickelt wurde, die über den bloßen Erwerb und die Einhaltung bestehender Vorschriften hinausgeht. Die Widmungsabsicht muß bereits im Erwerbszeitpunkt vorliegen. Zwischen Erwerb und Widmungsabsicht muß ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestehen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Okober 1984 II R 28/84, BFHE 142, 173, BStBl II 1985, 101). Das Vorliegen dieser Widmungsabsicht muß durch äußerlich erkennbare Handlungen manifestiert und bestätigt werden. Die Widmungsabsicht ist planmäßig in die Tat umzusetzen.
Diese Voraussetzungen werden im Streitfall nicht erfüllt. Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt, an den der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, hat der Kläger zwar ein unter Schutz gestelltes Objekt erworben. Eine den geschilderten Anforderungen entsprechende beabsichtigte Widmung zur Denkmalpflege, die die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde gefunden hätte, liegt jedoch nicht vor. Konkrete und reale (geplante) Maßnahmen, die als Widmung zur Denkmalpflege im dargelegten Sinne gewertet werden könnten, sind jedenfalls nicht festgestellt. Das FG hat vielmehr rechtsirrig die bloße, nicht einmal näher erläuterte Behauptung der Absicht zur Denkmalpflege durch den Kläger selbst als ausreichend betrachtet.
Die konkrete Absicht zu einer Widmung im geschilderten Sinne hätte bereits zum Erwerbszeitpunkt vorliegen müssen. Da dies nicht der Fall war, ist die Steuerbefreiung schon deswegen zu versagen.
2. Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da sie der Rechtsauffassung des Senat nicht entspricht. Die Sache ist spruchreif. Da die Voraussetzungen für die beanspruchte Steuerbefreiung nicht vorliegen, ist die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 416566 |
BFH/NV 1990, 593 |