Leitsatz (amtlich)
1. Leben Ehegatten im Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (§§ 1519 ff. BGB a. F.), so ist ein zunächst zum eingebrachten Gut des Ehemannes gehörendes Unternehmen jedenfalls nach einer gewissen Zelt mangels entsprechenden Gegenbeweises zum ehelichen Gesamtgut zu rechnen. Dies kann zur Folge haben, daß die Einkünfte aus dem Unternehmen beiden Ehegatten als Mitunternehmern zuzurechnen sind.
2. Die in Abschn. 14 Abs. 5 EStR 1969 (Abschn. 14 Abs. 4 EStR 1978) enthaltenen Verwaltungsvorschriften, nach denen unter gewissen Voraussetzungen auch der zu eigenen Wohnzwecken privat genutzte Teil eines Gebäudes als Betriebsvermögen behandelt werden kann, sind mit dem Gesetz vereinbar.
Normenkette
BGB a.F. § 1519 ff.; StAnpG § 11 Nr. 5; EStG §§ 15, 4-5
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Eltern der beiden Kläger, Revisionsbeklagten und Anschlußrevisionskläger (Kläger), K B und H B, vereinbarten mit notariellem Vertrag vom 12. Dezember 1949 den Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. K B brachte dabei sein seit 1921 von ihm allein betriebenes Einzelhandelsgeschäft mit ein. An dem Unternehmen waren seit 1948 die beiden Kläger als stille Gesellschafter beteiligt, im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung wurden sie als Mitunternehmer angesehen. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung an dem Unternehmen wurde durch schriftliche Vereinbarung vom 15. Mai 1968 neu geregelt; hiernach sollten die Eheleute K B und H B zusammen 33 1/3 v. H., die Klägerin sowie der Kläger je 33 1/3 v. H. des Gewinns erhalten.
Im Jahre 1950 erwarben K B und H B das Grundstück X-Straße 7 in Y und bebauten es in den Jahren 1950 und 1951 mit einem Wohn- und Geschäftsgebäude. Im Jahre 1953 erwarb die Klägerin das Grundstück X-Straße 8 in Y, das sie im Jahre 1956 an K B und H B veräußerte. Auf diesem Grundstück wurde in den Jahren 1958 und 1959 ebenfalls ein Wohn- und Geschäftsgebäude errichtet.
Ein Teil der in den beiden Gebäuden befindlichen Räume wurde für den Betrieb des Unternehmens genutzt. Die Grundstücke samt den darauf stehenden Gebäuden wurden in den Bilanzen des Unternehmens in vollem Umfang als Betriebsvermögen aktiviert.
Mit Vertrag vom 10. Oktober 1968 vereinbarten K B und H B mit dem Kläger und der Klägerin, daß das Grundstück X-Straße 7 an den Kläger und das Grundstück X- Straße 8 an die Klägerin unentgeltlich übergehen sollten; hierbei behielten sie sich den Nießbrauch an den Grundstücken vor. Kurz vor der Übertragung hatten K B und H B die Grundstücke mit einem Vorkaufsrecht zugunsten der Z-KG belastet. Die Übertragungen wurden am 29. November 1968 in das Grundbuch eingetragen. Zu dem Vertrag vom 10. Oktober 1968 vereinbarten die Vertragspartner am 1. Juli 1969 noch einen Nachtrag, mit dem der Vertrag vom 10. Oktober 1968 dahin berichtigt wurde, daß die Übergabe nicht - wie im Vertrag angenommen - bereits geschehen sei, sondern erst am 2. Januar 1969 erfolgen sollte und erfolgt ist.
Die Grundstücke wurden im Zeitpunkt der Übertragung wie folgt genutzt:
X-Straße 7
eigengewerblich genutzte Fläche 530 qm
Wohnfläche Kläger 153 qm
fremdvermietete Wohnfläche 309 qm
Gesamtfläche 992 qm
X-Straße 8
eigengewerblich genutzte Fläche 480 qm
Wohnfläche K B und H B 134 qm
Wohnfläche Klägerin 134 qm
fremdvermietete Wohnfläche 114 qm
Gesamtfläche 862 qm
Das Geschäft wurde am 28. Februar 1969 aufgegeben. Beide Grundstücke wurden in das Privatvermögen überführt.
K B verstarb am 24. Dezember 1969. Alleinige Erbin war seine Ehefrau H B. Diese verstarb am 19. März 1971. Die beiden Kläger waren je zur Hälfte ihre Vorerben.
In der Erklärung zur einheitlichen Gewinnfeststellung 1969 gaben die Kläger u. a. an, daß im Streitjahr ein Betriebsaufgabegewinn in Höhe von 203310 DM entstanden sei; dieser sei zu je 1/3 auf K B und die beiden Kläger zu verteilen. Zur Höhe des Betriebsaufgabegewinns führten die Kläger aus, der Gewinn sei im wesentlichen durch die Überführung der Grundstücke in das Privatvermögen entstanden. Dabei müsse allerdings berücksichtigt werden, daß die Grundstücke bei der Gewinnermittlung nur zur Hälfte als Betriebsvermögen hätten angesetzt werden dürfen. Denn die auf H B entfallenden Hälften hätten nicht zum Betriebsvermögen gehört; sie hätten deshalb von Anfang an nicht bilanziert werden dürfen.
Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dieser Auffassung nicht. Im Bescheid über die einheitliche Gewinnfeststellung für 1969 vom 6. August 1974 stellte das FA
unter Einbeziehung der vollständigen Grundstückswerte in die Gewinnermittlung einen Aufgabegewinn von
722022 DM und einen laufenden Verlust von 113270 DM
fest; Aufgabegewinn und laufenden Verlust verteilte das FA auf K B und die beiden Kläger zu je einem Drittel.
Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klage hatte teilweise Erfolg.
Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1979 S. 322 (EFG 1979, 322) veröffentlicht.
Gegen das Urteil des FG haben das FA Revision und die Kläger Anschlußrevision eingelegt.
Das FA rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision des FA zurückzuweisen. Sie begehren außerdem sinngemäß, auf ihre Anschlußrevision das FG-Urteil aufzuheben und unter Abänderung des Gewinnfeststellungsbescheids sowie der Einspruchsentscheidung den auf die Grundstücke entfallenden Aufgabegewinn in Höhe von 196048 DM festzustellen, hilfsweise, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
Die Anschlußrevision der Kläger ist nicht begründet.
Auf die Revision des FA ist das Urteil des FG aufzuheben, da die Auffassung des FG zu dem Umfang des bei der Ermittlung des Aufgabegewinns zugrunde zu legenden Betriebsvermögens unzutreffend ist.
Der bei der Aufgabe eines Gewerbebetriebs erzielte Gewinn wird nach den Vorschriften des § 16 Abs. 2 und 3
des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. Hiernach ist von dem nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG ermittelten ,,Wert des Betriebsvermögens" im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe auszugehen. Aufgabegewinn ist der Betrag, um den die Veräußerungspreise ,,für die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter" zuzüglich des gemeinen Werts der nicht veräußerten Wirtschaftsgüter den (Buch-) Wert des Betriebsvermögens übersteigen.
1. Das FG hat den Umfang des bei der Betriebsaufgabe vorhandenen Betriebsvermögens unrichtig abgegrenzt; es hat insbesondere den steuerrechtlichen Einfluß den die güterrechtlichen Vereinbarungen zwischen K B und H B auf den Umfang des Betriebsvermögens hatten, nicht zutreffend gewürdigt.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. insbesondere Gutachten vom 18. Februar 1959 VI D 1/58 S, BFHE 69, 5, BStBl III 1959, 263) hat zwar die Vereinbarung eines Güterstandes keine unmittelbare Auswirkung auf das Einkommensteuerrecht. Dennoch kann eine solche Vereinbarung im Einzelfall dazu führen, daß die Eheleute gemeinsam die gesetzlichen Voraussetzungen einer Einkunftsart (§ 2 Abs. 3 EStG 1965; nunmehr: § 2 Abs. 1 EStG 1977 i. V. m. §§ 13 bis 24 EStG) erfüllen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Eheleute im Güterstand der Gütergemeinschaft leben. Hier gehört das eheliche Gesamtgut beiden Ehegatten zur gesamten Hand (§ 1442 BGB a. F.); es wird ihnen deshalb steuerrechtlich gemäß § 11 Nr. 5 StAnpG (nunmehr: § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung - AO 1977-) je zur Hälfte zugerechnet. Diese Zurechnung kann zur Folge haben, daß auch die Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb, der zum Gesamtgut einer Gütergemeinschaft gehört, beiden Ehegatten als Mitunternehmern zuzurechnen sind (BFH-Gutachten in BFHE 69, 5, BStBl III 1959, 263; Urteil vom 22. Juni 1977 I R 185/75, BFHE 123, 136, BStBl II 1977, 836).
b) Ob Gleiches auch zu gelten hat, wenn die Eheleute - wie im Streitfall - den Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (§§ 1519 bis 1548 BGB a. F.) vereinbart haben, war bisher nicht abschließend geklärt (vgl. hierzu im einzelnen BFH-Urteil vom 7. Oktober 1976 IV R 50/72, BFHE 121, 21, BStBl II 1977, 201).
Die Frage ist auch heute noch von Bedeutung. Die Vorschriften über die Errungenschaftsgemeinschaft sind zwar durch Art. 1 Nr. 15 des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 - GleichberG - (BGBl I 1957, 609) aufgehoben worden; sie gelten jedoch für Ehegatten, die bei Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes am 1. Juli 1958 im vertraglichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft gelebt haben, weiter.
Zu den einkommensteuerrechtlichen Folgen, die die Vereinbarung der Errungenschaftsgemeinschaft möglicherweise haben kann, hatte der erkennende Senat zunächst entschieden, daß wegen der rechtlichen Ähnlichkeit zwischen der allgemeinen Gütergemeinschaft und der Errungenschaftsgemeinschaft auch über die Zurechnung der Einkünfte weitgehend wie bei der allgemeinen Gütergemeinschaft zu befinden sei, wobei sich jedoch hinsichtlich der kapitalmäßigen Beteiligung der Ehegatten bei der Errungenschaftsgemeinschaft gegenüber der allgemeinen Gütergemeinschaft Unterschiede ergeben könnten (Urteil vom 6. August 1959 IV 127/58 U, BFHE 69, 395, BStBl III 1959, 408). Diese Unterschiede beruhen vor allem darauf, daß es bei der Errungenschaftsgemeinschaft neben dem Gesamtgut noch eingebrachtes Gut der Ehegatten gibt. Nach § 1519 BGB a. F. wird zwar - ebenso wie bei der allgemeinen - Gütergemeinschaft dasjenige, was der Mann oder die Frau während der Errungenschaftsgemeinschaft erworben hat, gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesamtgut), auf das die für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften (teilweise) Anwendung finden; dagegen ist das, was einem Ehegatten beim Eintritt in die Errungenschaftsgemeinschaft gehört, eingebrachtes Gut dieses Ehegatten (§ 1520 BGB a. F.) und bleibt damit sein Alleineigentum.
Streitig war bisher, ob ein bei Abschluß des Güterrechtsvertrags zum eingebrachten Gut des Ehemannes gehörender Gewerbebetrieb auch weiterhin sein eingebrachtes Gut bleibt oder ob (und ggf. in welchem Umfang) er sich als Folge der güterrechtlichen Vorschriften allmählich in Gesamtgut verwandelt. Maßgebend für die Beurteilung dieser Frage ist § 1524 BGB a. F. Nach dieser Vorschrift ist eingebrachtes Gut eines Ehegatten auch, was er aufgrund eines zu seinem eingebrachten Gut gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zum eingebrachten Gut gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das eingebrachte Gut bezieht. Diese Regelung gilt jedoch gemäß § 1524 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. nicht für den "Erwerb aus dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts"; ein solcher Erwerb wird nach § 1519 Abs. 1 BGB a. F. Gesamtgut. In welchem Umfang sich auf diese Weise Geschäftsvermögen bildet, das zum Gesamtgut gehört, ist bisher nicht hinreichend geklärt. Im früheren zivilrechtlichen Schrifttum wurde als ,,Erwerb aus dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" ,,der Reingewinn" und ,,alle einzelnen im Geschäftsbetrieb erworbenen Vermögensstücke" verstanden, nicht dagegen hinzuerworbene Gegenstände der Geschäftseinrichtung; diese sollten nach dem Surrogationsprinzip als eingebrachtes Gut behandelt und damit alleiniges Eigentum des das Geschäft betreibenden Ehegatten werden (Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 9. Aufl. 1926, § 1524 Anm. 3 a; Kommentar von Reichsgerichtsräten zum BGB - BGB - RGRK -, 5. Aufl. 1923, § 1524 Anm. 6). Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, daß der Reingewinn als eine für die Gewinnermittlung maßgebende Rechengröße keine Bedeutung für die güterrechtliche Zuordnung von Vermögensgegenständen haben kann. Folgt man aber der Ansicht im übrigen, so wird man sie dahin zu verstehen haben, daß jedenfalls alle für das Geschäft gemachten Erwerbungen, die auf eine Vergrößerung des Betriebs hinauslaufen (z. B. Kauf eines Grundstücks und dgl.), nicht mehr als Surrogat von Geschäftseinrichtungen und deshalb auch nicht als eingebrachtes Gut angesehen werden können. Denn es entspricht nicht dem Sinn der Vorschriften über die Errungenschaftsgemeinschaft, beim Neuerwerb von Vermögensgegenständen insbesondere im Rahmen erheblicher Erweiterungsinvestitionen - das eingebrachte Gut des gewerbetreibenden Ehegatten zu Lasten des ehelichen Gesamtguts zu vergrößern. Die Errungenschaftsgemeinschaft ist vielmehr ein Güterrechtssystem, bei dem grundsätzlich alles, was die Ehegatten während der Ehe durch ihre Tätigkeit oder als Ertrag ihres eingebrachten Vermögens erwerben, gemeinsam sein soll (Staudinger, a. a. O., Vorbemerkungen vor § 1519 Anm. 1). Hiernach richtet sich auch die gesetzliche Regelung, die bei Zweifeln über die Zugehörigkeit einzelner Vermögensgegenstände zu den Gütermassen eingreift. Nach § 1527 BGB a. F. "wird vermutet, daß das vorhandene Vermögen Gesamtgut sei". Als Gesamtgut ist sonach alles Vermögen anzusehen, von dem sich nicht erweisen läßt, daß es nach den §§ 1520 bis 1524 BGB a. F. eingebrachtes Gut eines Ehegatten (oder nach § 1526 BGB a. F. Vorbehaltsgut der Frau) ist (Urteil des Reichsgerichts - RG - vom 14. Mai 1907 V 995/06, RGSt 40, 171, 175; Staudinger, a.a.O., § 1527 Anm. 1).
Für die steuerrechtliche Würdigung ergibt sich daraus, daß ein zunächst zum eingebrachten Gut des Ehemannes gehörendes Unternehmen - jedenfalls nach einer gewissen Zeit - mangels eines entsprechenden Gegenbeweises als zum Gesamtgut gehörig anzusehen ist und deshalb nach § 11 Nr. 5 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG - (nunmehr: § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977) den Ehegatten genauso je zur Hälfte zuzurechnen ist wie ein zum Gesamtgut der (allgemeinen) Gütergemeinschaft gehörendes Unternehmen.
Um beiden Ehegatten den Gewinn aus dem zum Gesamtgut gehörenden Unternehmen als gemeinschaftlich erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb zurechnen zu können, müssen die Ehegatten allerdings Mitunternehmer dieses Gewerbebetriebs sein. Mitunternehmer ist, wer eine Unternehmerinitiative entfalten kann und ein Unternehmerrisiko trägt (BFH-Urteile vom 9. Dezember 1976 IV R 47/72, BFHE 120, 534, BStBl II 1977, 155; vom 5. Juli 1978 l R 22/75, BFHE 125, 545, BStBl II 1978, 644). Ob diese Merkmale vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände zu würdigen, die die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmen. Gewöhnlich ist der Mitunternehmer am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Unternehmens (einschließlich des Geschäftswerts) beteiligt. Es können jedoch auch andere Merkmale in den Vordergrund treten (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 1971 IV 127/64, BFHE 102, 362, BStBl II 1971, 662).
Geht man davon aus, daß die zu einem gewerblichen Unternehmen gehörenden Wirtschaftsgüter Gesamtgut einer Errungenschaftsgemeinschaft sind, so spricht dies in der Regel dafür, daß zwischen den Eheleuten eine Mitunternehmerschaft besteht. Da den Eheleuten das Gesamtgut steuerrechtlich je zur Hälfte zugerechnet wird (§ 11 Nr. 5 StAnpG; nunmehr: § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977), sind sie notwendigerweise beide an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt. Die Zurechnung des Gesamtguts auf beide Ehegatten muß zwar nicht in jedem Fall eine Mitunternehmerschaft begründen. Es gibt Arten von Gewerbebetrieben, in denen die persönliche Arbeitsleistung des - das Gewerbe handelsrechtlich allein betreibenden - Ehegatten so entscheidend in den Vordergrund tritt, daß der vermögensmäßigen Beteiligung des anderen Ehegatten an dem Unternehmen keine ins Gewicht fallende Bedeutung zukommt. So liegt es im allgemeinen bei den selbständigen Handelsvertretern
(Urteil in BFHE 121, 21, BStBl II 1977,201; BFH-Urteil vom 20. März 1980 IV R 53/76, BFHE 131, 26, BStBl II 1980, 634) und unter bestimmten Voraussetzungen auch bei einzelnen Handwerkern (Urteil in BFHE 123, 136, BStBl II 1977, 836). Handelt es sich dagegen - wie im Streitfall um ein Einzelhandelsunternehmen mit erheblichem Anlage- und Umlaufvermögen, so kommt dem Einsatz von Vermögen für den Betrieb eine entscheidende Bedeutung zu. In diesen Fällen ist eine Mitunternehmerschaft zwischen den Ehegatten regelmäßig zu bejahen (vgl. Gutachten in BFHE 69, 5, BStBl III 1959, 263).
Der Auffassung des FG, nach der die Ehefrau trotz ihrer vermögensmäßigen Beteiligung im Rahmen der Errungenschaftsgemeinschaft nicht Mitunternehmerin des von ihrem Ehemann geführten Gewerbebetriebs sein kann, weil ihre Rechtsstellung wesentlich hinter der Rechtsstellung eines Kommanditisten zurückbleibt (BFH-Urteil vom 29. Januar 1976 IV R 102/73, BFHE 118, 181, BStBl II 1976, 328), vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar hat der Ehemann nach den Vorschriften über die Errungenschaftsgemeinschaft (§ 1519 Abs. 2 i. V. m. § 1443 BGB a. F.) das Gesamtgut - und damit auch das zum Gesamtgut gehörende Betriebsvermögen - in Besitz; er verwaltet es und verfügt grundsätzlich allein über die einzelnen zum Gesamtgut gehörenden Gegenstände, ohne daß die Ehefrau Widerspruchs-, Kontroll- oder Auskunftsrechte hat (§ 1519 Abs. 2 i. V. m. § 1456 BGB a. F.) und ohne daß ihr ein Recht auf Gewinnentnahme zusteht. Dafür weisen jedoch die Rechtsnormen über die Rechtsstellung der Ehefrau im Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft Eigenheiten auf, die die Ehefrau bei Unternehmen mit erheblichem Betriebsvermögen trotz fehlender Entnahme- und Kontrollrechte zur Mitunternehmerin machen. So bedarf z. B. der Mann zur Verfügung über ein zum Gesamtgut gehörendes Grundstück der Einwilligung der Frau (§ 1519 Abs. 2 i. V. m. § 1445 BGB a. F.). So findet ferner bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft die Auseinandersetzung in der Weise statt, daß nach Begleichung der Verbindlichkeiten jeder Ehegatte die Hälfte des aus der Verteilungsmasse des Gesamtguts verbleibenden Überschusses erhält (§ 1546 Abs. 2 i. V. m. § 1476 BGB a. F.). Von erheblicher Bedeutung ist außerdem die - oben schon erwähnte - Regelung, nach der der Erwerb" aus einem zum Gesamtgut gehörenden Gewerbebetrieb zum Gesamtgut gehört 1519 BGB a. F.). Gewinnchancen bestehen also für beide Ehegatten. Von Bedeutung ist aber auch die - die rechtliche und wirtschaftliche Position beider Ehegatten entscheidend beeinflussende - Haftung des Gesamtguts für Verbindlichkeiten, die in dem zum Gesamtgut gehörenden Gewerbebetrieb begründet wurden (§ 1530 BGB a. F.); diese Haftung schließt entsprechende Unternehmerrisiken mit ein.
c) Im Streitfall haben K B und seine Ehefrau H B im Güterstand der
Errungenschaftsgemeinschaft gelebt.
Es konnte davon ausgegangen werden, daß der von K B unterhaltene gewerbliche Betrieb im Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrags sein ein gebrachtes Gut 1520 BGB a. F.) gewesen ist. Der Umstand, daß an dem Unternehmen auch noch die Kläger als stille Gesellschafter (§§ 335 ff. HGB) beteiligt waren, bedeutet nicht, daß sie - wie etwa im Fall einer BGB-Gesellschaft, einer OHG oder KG - zivilrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligt waren. Nach den obigen Ausführungen sind die zum Betrieb gehörenden Gegenstände mangels Beweises des Gegenteils vielmehr ausschließlich Gesamtgut gewesen (§ 1527 BGB a. F.).
Bei Würdigung der gesamten Umstände des Streitfalles ergibt sich weiter, daß K B und seine Ehefrau H B im Streitjahr Mitunternehmer waren. Die güterrechtliche Vermögensbeteiligung begründete für beide Ehegatten entsprechende Gewinnchancen und -risiken (Gutachten in BFHE 69, 5, BStBl III 1959, 263).
2. Entgegen der Auffassung des FG ist davon auszugehen, daß die beiden Grundstücke X-Straße 7 und 8 im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe in vollem Umfang Betriebsvermögen gewesen sind.
a) Die Grundstücke gehörten - ebenso wie die anderen dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter - zum ehelichen Gesamtgut (§ 1527 BGB a. F.). Sie wurden samt den auf ihnen stehenden Gebäuden in den Bilanzen des Unternehmens stets in vollem Umfang als Betriebsvermögen bilanziert. Diese bilanzielle Behandlung ist nicht zu beanstanden. Das gilt auch hinsichtlich der Bilanzierung der Grundstücksteile, die zu privaten Wohnzwecken der Betriebsinhaber und ihrer Familien dienten.
Bei Grundstücken, die teilweise betrieblich und teilweise zu eigenen Wohnzwecken privat genutzt werden, besteht nach einer jahrzehntelangen Übung (vgl. schon Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1948/1949 Abschn. 17) die Möglichkeit, auch den eigenen Wohnzwecken dienenden Teil, der seiner Funktion nach an sich dem notwendigen Privatvermögen zuzurechnen wäre, als Betriebsvermögen zu behandeln. Diese Bilanzierungsmöglichkeit setzt nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften lediglich voraus, daß das Grundstück ,,mehr als zur Hälfte die Voraussetzungen für die Behandlung als Betriebsvermögen ... erfüllt (Abschn. 14 Abs. 5 EStR 1969).
Die in Abschn. 14 Abs. 5 EStR 1969 enthaltenen Verwaltungsvorschriften sind durch den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, 252/253, BStBl II 1974, 132, 136) nicht in Frage gestellt worden. Der Große Senat hat zwar ausgeführt, daß in den Fällen, in denen ein Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu Wohnzwecken durch Vermietung oder Eigengebrauch genutzt wird, die einzelnen Gebäudeteile gesondert zu behandeln sind, sei es als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen, sei es als notwendiges Privatvermögen; da diese Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stünden, sei es gerechtfertigt, ebenso viele Wirtschaftsgüter anzunehmen. Dabei hat der Große Senat jedoch durch den in diesem Zusammenhang gegebenen Hinweis auf Abschn. 14 Abs. 1 bis 5 EStR 1972 und die dort angeführten BFH-Entscheidungen deutlich gemacht, daß die bisherige Verwaltungspraxis nicht beanstandet wird. In diesem Sinn hat der BFH auch später entschieden (vgl. Urteile vom 12. Februar 1976 IV R 188/74, BFHE 118, 212, BStBl II 1976, 663; vom 1. Dezember 1976 I R 73/74, BFHE 121, 135, 140, BStBl II 1977, 315; vom 20. Mai 1977 III R 135/74, BFHE 122, 382, BStBl II 1977, 734; vom 28. Januar 1975 VIII R 171/73, nicht veröffentlicht). Der erkennende Senat hält nach erneuter Überprüfung an dieser Rechtsprechung fest.
Die bisherige Übung verstößt nicht gegen die nach § 5 EStG zu beachtenden handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Nach den handelsrechtlichen Vorschriften (§ 39 HGB) hat der Kaufmann in der Handelsbilanz sein gesamtes Vermögen anzugeben. Dabei ist streitig, ob in der Bilanz auch das Privatvermögen erscheinen muß. Das RG hat in einer älteren Entscheidung (Urteil vom 10. Januar 1908 II 841/07, RGSt 41, 41) eine Verpflichtung des Kaufmannes zur Anführung seines Privatvermögens in der Bilanz bejaht in der neueren Literatur (vgl. hierzu eingehend Brüggemann in Großkommentar zum HGB, 3. Aufl., Anm. 13 zu § 38) wird eine solche Verpflichtung dagegen bestritten. In der Praxis ist die Aufnahme von Privatvermögen in die Handelsbilanz heute nicht mehr üblich (Knobbe/Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 2. Aufl., S. 37). Ein Verbot für den Ansatz von Privatvermögen besteht allerdings lediglich für Personenunternehmen, die dem Publizitätsgesetz vom 15. August 1969- PublG - (BGBl I, 1189) unterliegen (§ 5 Abs. 3). - In der Steuerbilanz darf Privatvermögen dagegen grundsätzlich nicht erscheinen. Das ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 4 und 5 EStG. Hiernach darf der steuerrechtlichen Gewinnermittlung nur der Vergleich des zu den jeweiligen Jahresabschlüssen anzusetzenden Betriebsvermögens zugrunde gelegt werden; das Privatvermögen darf in diesen Vermögensvergleich nicht einbezogen werden. Das schließt indessen nicht aus, daß in gewissen Fällen aus Vereinfachungsgründen privat genutzte Teile eines im übrigen zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks ebenfalls zum Betriebsvermögen gerechnet werden, auch wenn ihnen - nach den im Beschluß des Großen Senats in BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132 enthaltenen Grundsätzen - der Charakter eines eigenständigen Wirtschaftsguts zugemessen werden könnte. Das Gesetz schließt solche der Vereinfachung dienenden Bilanzierungspraktiken nicht aus (wohl herrschende Meinung; vgl. Seithel, Finanz-Rundschau 1980 S. 129 - FR 1980, 129-; Söffing, FR 1979, 25; Blümich/Falk/Uelner/Haas, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., 1980, § 4 II 4 b). Für die Steuerpflichtigen können sich hieraus gegen ihren Willen keine Benachteiligungen ergeben. Sie haben es durch Ausübung des ihnen aufgrund der Richtlinien gewährten Wahlrechts in der Hand, ob sie den von ihnen privat genutzten Teil eines Grundstücks (Gebäudes) in die Bilanz aufnehmen wollen. Wenn sie sich hierfür entscheiden, können sie einerseits die mit diesem Grundstücksteil zusammenhängenden Aufwendungen (Absetzung für Abnutzung, Grundsteuer, Gebäudereparaturkosten) als Betriebsausgaben abziehen; sie müssen dann aber auch andererseits im Fall der Veräußerung den auf diesen Teil entfallenden Veräußerungsgewinn versteuern.
Aufgrund dieser Erwägungen mußten auch im Streitfall die privaten Wohnzwecken dienenden Teile der Gebäude X-Straße 7 und 8 zum Betriebsvermögen gerechnet werden. Die - erstmals mit der Revision vorgebrachte Behauptung der Kläger, die Aktivierung dieser Grundstücksteile sei im Anschluß an eine Betriebsprüfung erfolgt, kann an dieser Erkenntnis nichts ändern. Die Kläger wollen mit ihrer Behauptung offenbar geltend machen, K B sei anläßlich einer früheren Betriebsprüfung zu einer entsprechenden Aktivierung gezwungen worden. Aus den Akten sind hierfür indessen keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Abgesehen hiervon handelt es sich insoweit auch um neues tatsächliches Vorbringen, mit dem die Kläger in der Revisionsinstanz nicht mehr gehört werden können (§ 118 Abs. 2 FGO).
b) Die beiden Grundstücke sind auch noch im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe (28. Februar 1969) Bestandteil des Betriebsvermögens gewesen. Der Umstand, daß K B und H B die Grundstücke mit Vertrag vom 10. Oktober 1968 auf die Kläger übertragen hatten, hat nicht zur Folge, daß die Grundstücke aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind.
Der Senat läßt dabei dahinstehen, ob er der vom VIII. Senat des BFH (Urteile vom 8. März 1977 VIII R 1801 74, BFHE 122, 64, BStBl 111977, 629; vom 21. Juni 1977 VIII R 18/75, BFHE 124, 313, BStBl II 1978, 303) vertretenen Auffassung folgen kann, nach der unter gewissen Voraussetzungen trotz Übertragung des Grundstückseigentums im Wege der vorweggenommenen Erbfolge der Übertragende wirtschaftlicher Eigentümer bleibt, wenn ihm der Nießbrauch an dem Grundstück eingeräumt wird. Im Streitfall ist den übertragenden Eheleuten K B und H B das wirtschaftliche Eigentum an den Grundstücken schon deshalb nicht geblieben, weil sie - im Unterschied zu den vom VIII. Senat entschiedenen Fällen den Grundbesitz wegen der in Aussicht genommenen Aufgabe des Betriebs und einer nachfolgenden Veräußerung der Grundstücke nicht ,,wirtschaftlich unverändert" nutzen wollten. Im Streitfall hat vielmehr ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an die Kläger stattgefunden.
Dieser Eigentumsübergang hat indessen nicht dazu geführt, daß die Grundstücke aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind. Zwar muß die unentgeltliche Übertragung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks an eine Person, die an dem Betrieb nicht als Mitunternehmer (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) beteiligt ist, als Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen gewertet werden (BFH-Urteil vom 28. Februar 1974 IV R 60/69, BFHE 112, 257, BStBl 1974, 481). Überträgt dagegen ein Mitunternehmer das Eigentum an einem zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstück unentgeltlich an einen anderen Mitunternehmer und wird das Grundstück auch nach dem Eigentumsübergang betrieblich genutzt, so liegt keine Entnahme vor (BFH-Urteil vom 28. August 1974 I R 18/73, BFHE 114, 180, BStBl II 1975, 166; Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 20. Dezember 1977, BStBl I 1978, 8, Tz. 38; Blümich/Falk/Uelner/Haas, a. a. O., § 15 IX 3 c); das Grundstück bleibt in diesem Fall weiterhin dem Betriebsvermögen verhaftet.
Im Streitfall hat der Eigentumswechsel an den Grundstücken X-Straße 7 und 8 ausschließlich unter Mitunternehmern stattgefunden; die Grundstücke sind auch nach ihrer unentgeltlichen Übertragung auf die Kläger weiterhin in der bisherigen Weise genutzt worden. Sie sind daher zunächst Betriebsvermögen geblieben. Die Verbindung zum Betriebsvermögen wurde erst mit der Aufgabe des Unternehmens und der Übernahme der Grundstücke in das Privatvermögen der Kläger gelöst...
Fundstellen
Haufe-Index 413442 |
BStBl II 1981, 63 |
BFHE 1981, 497 |