Leitsatz (amtlich)
Für die Anschaffung eines zum Anlagevermögen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG) einer Personengesellschaft gehörenden Geschirrspülautomaten, der nur zum Teil betrieblichen Zwecken der Gesellschaft dient, im übrigen aber einem der Gesellschafter zur privaten Nutzung überlassen ist, kann eine Investitionszulage nicht gewährt werden.
Normenkette
BerlinFG § 19
Tatbestand
Die beiden Kläger und Revisionsbeklagten, der Steuerberater A und der Steuerbevollmächtigte B (Kläger), sind Gesellschafter einer Steuerberatungsgemeinschaft. Ihre berufliche Niederlassung haben beide in dem von dem Gesellschafter A und seiner Ehefrau bewohnten Einfamilienhaus. Sie ermitteln ihren Gewinn durch Vermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG.
Im Jahre 1970 schafften die Kläger einen Geschirrspülautomaten an, der seitdem sowohl betrieblich von ihren Angestellten als auch privat von dem Gesellschafter A und dessen Ehefrau benutzt wird. Das Gerät befindet sich in der Küche des Einfamilienhauses. Ausweislich der Bilanz auf den 31. Dezember 1970 ist der Geschirrspülautomat in das Anlagevermögen der Steuerberatungsgemeinschaft aufgenommen.
Den Antrag der Kläger auf Gewährung einer Investitionszulage für die Anschaffung des Geschirrspülautomaten lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das FA) ab. Zur Begründung führte er aus, daß sich die private und betriebliche Nutzung des Gerätes nicht voneinander abgrenzen ließen und es daher nicht zum Betriebsvermögen gehöre.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FG gab der Klage statt. Seiner Ansicht nach gehörte der Geschirrspülautomat zum Anlagevermögen des Betriebs der Kläger. Da das Gerät aufgrund seiner Benutzung durch die Angestellten der Kläger im objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehe, gehöre es nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen zum gewillkürten Betriebsvermögen. Entgegen der Ansicht des FA sei eine objektive und nachprüfbare Aufteilung der privaten und der betrieblichen Nutzung möglich. Die Feststellung der genauen Höhe der betrieblichen Nutzung sei nicht notwendig, weil diese zweifelsfrei nicht von untergeordneter Bedeutung sei. Ein Überwiegen der betrieblichen Nutzung brauche nicht festgestellt zu werden.
Hiergegen richtet sich die vom BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision des FA, das Verletzung des § 19 BerlinFG rügt. Nach Ansicht des FA ist der in dieser Vorschrift enthaltene Begriff des Anlagevermögens im Streitfall nicht nach einkommensteuerlichen Grundsätzen auszulegen. Danach könne ein Wirtschaftsgut auch dann zum Betriebsvermögen gezogen werden, wenn der private Nutzungsanteil weit überwiege. Dieses Ergebnis könne zwar aus einkommensteuerlicher Sicht hingenommen werden. Sinn und Zweck des § 19 BerlinFG erfordere aber, daß das fragliche Wirtschaftsgut zumindest überwiegend betrieblich genutzt werde. Es entspreche nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers, für ein überwiegend privat genutztes Wirtschaftsgut die Investitionszulage zu gewähren. Ob die Behauptung der Kläger zutreffe, der Geschirrspülautomat werde zu rd. 63 v. H. betrieblich genutzt, habe das FG aber nicht festgestellt.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Die beantragte Investitionszulage kann wegen der privaten Nutzung des Geschirrspülautomaten nicht gewährt werden.
1. Nach dem für den Streitfall maßgeblichen § 19 Abs. 1 BerlinFG i. d. F. vom 29. Oktober 1970 (BGBl I 1970, 1482, BStBl I 1970, 1016) können Unternehmer i. S. des § 2 UStG 1967, die in Berlin (West) einen Betrieb (eine Betriebstätte) haben, für neue abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens eine Investitionszulage erhalten. Der Begriff "Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" (§ 19 BerlinFG) ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich in der gleichen Weise auszulegen wie im Einkommensteuerrecht (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 1966 IV 231/65, BFHE 87, 178, BStBl III 1967, 58; vom 21. Juli 1966 IV 289/65, BFHE 87, 180, BStBl III 1967, 59; vom 14. Oktober 1977 III R 9/76, BStBl II 1978, 163).
2. Das FG hat im Ergebnis zutreffend den Geschirrspülautomaten als Anlagevermögen der Steuerberatungsgemeinschaft angesehen. Diese kann als Personengesellschaft eigenes Betriebsvermögen aufweisen (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juni 1973 I R 194/71, BFHE 109, 519, BStBl II 1973, 705). Ein im Gesamthandseigentum der Gesellschafter befindliches Wirtschaftsgut stellt jedenfalls dann Betriebsvermögen der Gesellschaft dar, wenn es - wie im Streitfall - in die Bilanz der Gesellschaft aufgenommen, zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt ist und in einem objektiven Zusammenhang zu dem Betrieb der Gesellschaft steht (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 1975 I R 111/73, BFHE 115, 500, BStBl II 1975, 582; Keuk-Knobbe, StuW 1976, 211; Woerner, BB 1976, 220 [222], sowie Paulick in Westermann, Scherpf, Paulick, Bulla, Hackbeil, Handbuch der Personengesellschaften, 1. und 2. Aufl., III. Teil Steuerrecht, Randnote 54). Wird das Wirtschaftsgut teilweise privat genutzt, so bleibt es gleichwohl grundsätzlich in vollem Umfang Betriebsvermögen. Darauf, ob objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung zwischen betrieblicher und privater Nutzung ermöglichen (vgl. BFH-Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309 [317], BStBl II 1971, 17), kommt es für die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen einer Gesellschaft nicht an.
Dementsprechend gehört der Geschirrspülautomat zum Betriebsvermögen der Steuerberatungsgemeinschaft. Darüber, daß er dem Anlage vermögen zuzuordnen ist, besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
3. Die beantragte Investitionszulage kann entgegen der Ansicht des FG gleichwohl nicht gewährt werden, weil die Steuerberatungsgemeinschaft den Geschirrspülautomaten dem Gesellschafter A zum privaten und damit betriebsfremden Gebrauch überlassen hat.
§ 19 Abs. 1 BerlinFG enthält keine allgemeine Regelung, wie zu verfahren ist, wenn das zum Anlagevermögen gehörende Wirtschaftsgut auch teilweise privat genutzt wird. § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BerlinFG schreibt zwar vor, daß eine Investitionszulage von 30 v. H. nur für Wirtschaftsgüter gewährt werden kann, die "ausschließlich" der betrieblichen Forschung und Entwicklung dienen. Insoweit ist eine andere Nutzung immer schädlich. Ferner setzt nach der Rechtsprechung (vgl. insbesondere BFH-Urteil vom 29. März 1976 III R 171/72, BFHE 118, 514, BStBl II 1976, 409) die Gewährung der erhöhten Investitionszulage von 25 v. H. voraus, daß das Wirtschaftsgut zumindest überwiegend im Fertigungsbereich eingesetzt wird. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, daß der Gesetzgeber eine teilweise private Nutzung des zum Anlagevermögen gehörenden Wirtschaftsguts als zulageunschädlich angesehen hätte. Die genannten Regelungen betreffen Abgrenzungen innerhalb des betrieblichen, mithin also des eindeutig begünstigten Bereichs. Aus ihnen kann für die logisch vorrangige Entscheidung, ob überhaupt eine begünstigte Investition vorliegt, jedoch nichts entnommen werden.
4. Der Senat ist vielmehr der Auffassung, daß eine sogenannte verdeckte Regelungslücke vorliegt, die entsprechend der sich aus dem Gesetz ergebenden Regelungsabsicht des Gesetzgebers auszufüllen ist.
Bei der Ausfüllung der bestehenden Gesetzeslücke ist zunächst zu berücksichtigen, daß das Einkommensteuergesetz selbst steuerlich relevante Abgrenzungen zwischen dem betrieblichen und dem privaten Bereich vornimmt. So dürfen z. B. nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Ferner bleiben nach § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG 1969 Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, in bestimmtem Umfang bei der Gewinnermittlung außer Betracht. In diesen Vorschriften ist der Rechtsgedanke enthalten, daß Vorgänge, welche den privaten Lebensbereich des Steuerpflichtigen oder anderer Personen betreffen, nicht in den einkommensteuerlich relevanten Bereich übertragen werden können. Durch das BFH-Urteil vom 19. Juni 1975 VIII R 225/72 (BFHE 117, 195, BStBl II 1976, 97) ist bereits in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG entschieden, daß für Wirtschaftsgüter, welche die private Lebensführung des Investors berühren, eine Investitionszulage insoweit nicht gewährt werden kann, als die Anschaffungskosten nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind. § 4 Abs. 5 Satz 2 und § 12 Nr. 1 EStG enthalten aber den gleichen Rechtsgedanken, so daß es gerechtfertigt ist, auch diese Vorschrift bei der Auslegung des § 19 BerlinFG mit heranzuziehen. Eine sinngemäße Übertragung des in § 12 EStG enthaltenen Rechtsgedankens auf das Investitionszulagerecht bedeutet, daß für Wirtschaftsgüter Investitionszulagen nicht gewährt werden können, die nicht nur betrieblich, sondern auch privat genutzt werden, es sei denn, daß die private Nutzung nur von ganz untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BFH-Beschluß GrS 2/70). Der Senat sieht seine Ansicht durch die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 BerlinFG bestätigt. Danach wird für Personenkraftfahrzeuge eine Investitionszulage nur gewährt, wenn sie im eigenen gewerblichen Betrieb ausschließlich der Beförderung von Personen gegen Entgelt dienen oder an Selbstfahrer vermietet oder für Fahrschulzwecke verwendet werden. Demnach wird für die üblichen Geschäftswagen, insbesondere für die Personenkraftfahrzeuge, die der Beförderung des Unternehmers selbst oder seiner Betriebsangehörigen dienen, keine Investitionszulage gewährt (vgl. Deutscher Bundestag z u Drucksache IV/538 S. 5; Bundesrats-Drucksache 183/64 S. 7, 8). Der Umstand, daß derartige betriebliche Investitionen von der Begünstigung ausgenommen sind, ist nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 23. August 1966 I 134/64, BFHE 87, 198, BStBl III 1967, 66) vornehmlich darin begründet, daß die Personenkraftfahrzeuge im allgemeinen nicht ausschließlich betrieblich, sondern auch privat genutzt werden. Der Senat ist der Ansicht, daß diese Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 BerlinFG den Willen des Gesetzgebers erkennen läßt, daß für (teilweise) privat genutzte Wirtschaftsgüter eine Investitionszulage nicht zu gewähren ist.
Die Investitionszulagen dienen überdies der Förderung der Investitionstätigkeit und damit der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in Berlin-West (vgl. Deutscher Bundestag a. a. O.). Sie sollen dazu beitragen, die West-Berliner Wirtschaft zu modernisieren und damit in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Dieser Zweck wird nicht dadurch erreicht, daß Investitionen im privaten Lebensbereich des Steuerpflichtigen oder dessen Angehörigen genutzt werden.
Dementsprechend war die beantragte Investitionszulage in vollem Umfang zu versagen. Sie kann auch insoweit nicht gewährt werden, als die Geschirrspülmaschine von der Steuerberatungsgemeinschaft betrieblich genutzt wird. Eine Aufteilung des Gerätes in ein zulagebegünstigtes und ein nichtzulagebegünstigtes Wirtschaftsgut (vgl. BFH-Urteil vom 20. Mai 1977 III R 135/74, BFHE 122, 382, BStBl II 1977, 734) ist nicht möglich. Die private Nutzung ist im Streitfall auch nicht von ganz untergeordneter Bedeutung, da sie selbst nach dem Vorbringen der Kläger rd. 37 v. H. beträgt.
Das FG ist von einer anderen Auffassung ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif; die-Klage war nach den obigen Darlegungen abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 72737 |
BStBl II 1978, 353 |
BFHE 1978, 470 |