Entscheidungsstichwort (Thema)
Incentive-Reise aufgrund eines Verkaufswettbewerbs - Preisnachlaß durch den Lieferanten
Leitsatz (amtlich)
Die Teilnahme eines Händlers an einem Verkaufswettbewerb seines Lieferanten, dessen Gegenstand die vertriebenen Produkte sind, begründet regelmäßig keinen besonderen Leistungsaustausch. Die Zuwendung des Preises kann jedoch als Preisnachlaß durch den Lieferanten zu behandeln sein.
Orientierungssatz
Für einen Preisnachlaß durch den Lieferanten ist ein unmittelbarer Bezug zu einzelnen gelieferten Waren nicht erforderlich. Vielmehr ist eine Änderung der Bemessungsgrundlage auch in Form eines Gesamtpreisnachlasses möglich, der auf alle Lieferungen eines bestimmten Artikels während einer bestimmten Zeit oder nach Erreichung einer bestimmten Absatzmenge abstellt und sich nach allen für diesen Artikel gezahlten Entgelten errechnet (vgl. BFH-Urteil vom 28.1.1971 V R 97/66). Der Preisnachlaß braucht nicht in der Erstattung eines Geldbetrages zu bestehen, ausreichend ist die Vergütung in Form der Zuwendung eines geldwerten Vorteils; dies gilt auch, wenn eine Erstattung in Geld bei Verzicht auf die Inanspruchnahme der Zuwendung nicht vorgesehen ist.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
FG Münster (Entscheidung vom 10.09.1991; Aktenzeichen 15 K 1338/91 U) |
Tatbestand
I. Nach den (den Senat bindenden) Feststellungen des Finanzgerichts (FG) vertrieb der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) Mineralölprodukte, die er von der S-AG (AG) bezogen hatte. Im Streitjahr führte die AG einen Autoschmierstoff-Verkaufswettbewerb mit dem Ziel durch, den Absatz von Schmierstoffen gegenüber dem Vorjahr zu steigern und insbesondere den Absatz von hochpreisigen Schmierstoffen auszuweiten. Im Rahmen dieses Wettbewerbs gewann der Kläger eine Afrika-Reise für zwei Personen und nahm an ihr mit seiner Ehefrau im Streitjahr auf Kosten der AG teil. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erfaßte den Wert der zugewandten Reise als steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz.
Die Klage hatte Erfolg. Das FG entschied, weder stelle die Teilnahme des Klägers am Verkaufswettbewerb eine steuerbare Leistung dar, noch läge der Umsatzsteuer unterliegender Eigenverbrauch infolge der Inanspruchnahme der Reise vor. Auf die in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1992, 222 veröffentlichten Urteilsgründe wird verwiesen.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980.
Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Er macht geltend, die Produkte der AG lediglich in deren Namen als Vermittler gegen Provision vertrieben zu haben.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist im Ergebnis begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Zwar hat das FG aufgrund seiner Feststellungen zutreffend entschieden, daß der Kläger durch die Teilnahme am Verkaufswettbewerb keine besondere Leistung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 9 UStG 1980 gegenüber der AG erbracht hat. Dies würde voraussetzen, daß der Leistende im Austausch gegen die erbrachte Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung abzielte und damit die erwartete Vergütung auslöste, die wechselseitig erbrachten Leistungen also miteinander verbunden waren (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495). Dagegen vertrieb der Kläger im Streitfall die Produkte der AG nicht in erster Linie, um als Gegenleistung --bei Erfüllung der Auslobungsbedingungen-- die Reise zu gewinnen, sondern im eigenen Interesse an einer Umsatz- und Gewinnverbesserung im eigenen Tankstellenbetrieb. Seine Leistung bestand in der Abnahme der Markenprodukte der AG gegen Entrichtung des Kaufpreises. Im Rahmen eines derartigen Vertriebsverhältnisses begründet die Teilnahme an einem Verkaufswettbewerb, wie auch die Durchführung sonstiger Werbemaßnahmen keinen zusätzlichen Leistungsaustausch, wenn der Abnehmer sich zur Werbung nicht verpflichtet hat, er im eigenen Interesse tätig wird und die Gewährung einer Prämie nicht losgelöst von den Warenlieferungen erfolgt, sondern eng mit ihr verknüpft ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Januar 1972 V R 137/68, BFHE 104, 389, BStBl II 1972, 367). Die Erhöhung der Abnahmemenge bestimmter Produkte ist keine eigenständige, vom bisherigen Vertriebsverhältnis nicht umfaßte Leistung des Klägers gegenüber der AG.
2. Abweichend von der Vorentscheidung ist die Zuwendung der Reise aber als Minderung des Entgelts für die Lieferungen der AG an den Kläger zu werten, die als Änderung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG 1980 zu einer Kürzung seines Vorsteueranspruchs führt (BFH-Urteil vom 5. August 1965 V 144/62 U, BFHE 83, 362, BStBl III 1965, 630). Gegenstand der Auslobung war die Steigerung des Absatzes bestimmter Produkte der AG im Rahmen des bestehenden Vertriebsverhältnisses. Wegen der inneren Verknüpfung der --erhöhten-- Warenlieferungen und der Zuwendung der Reise ist diese als Gewährung eines Preisnachlasses durch die AG zu beurteilen (vgl. BFH-Beschluß vom 17. September 1981 V B 43/80, BFHE 134, 65, BStBl II 1981, 775). Ein unmittelbarer Bezug zu einzelnen gelieferten Waren ist dabei nicht erforderlich. Vielmehr ist eine Änderung der Bemessungsgrundlage auch in Form eines Gesamtpreisnachlasses möglich, der auf alle Lieferungen eines bestimmten Artikels während einer bestimmten Zeit oder nach Erreichung einer bestimmten Absatzmenge abstellt und sich nach allen für diesen Artikel gezahlten Entgelten errechnet (BFH-Urteil vom 28. Januar 1971 V R 97/66, BFHE 101, 327, BStBl II 1971, 215). Dem steht nicht entgegen, wenn der Vorteil ohne weitere Differenzierung allen Händlern gewährt wird, deren Absatz die vorgegebene Mindestmenge überschritten hat. Der Preisnachlaß braucht auch nicht in der Erstattung eines Geldbetrages zu bestehen, ausreichend ist die Vergütung in Form der Zuwendung eines geldwerten Vorteils. Dies gilt auch, wenn eine Erstattung in Geld bei Verzicht auf die Inanspruchnahme der Zuwendung nicht vorgesehen ist.
3. Hätte der Kläger, wie er ausführt, entgegen den Feststellungen des FG die Produkte der AG in deren Namen als Vermittler gegen Provision vertrieben, wäre die Revision dennoch begründet. Denn dann wäre der Wert der zugewandten Reise als zusätzliches Entgelt für seine Vermittlungsleistungen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 28. Juli 1994 V R 16/92, BFHE 175, 291).
4. Die Frage des Eigenverbrauchs ist aufgrund der Ausführungen zu 2. gegenstandslos geworden.
5. Die Sache ist spruchreif. Über die Höhe der Zuwendung an den Kläger besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Die Kürzung des Vorsteueranspruchs des Klägers führt im Ergebnis zu der vom FA für das Streitjahr festgesetzten Umsatzsteuer. Die Klage war daher abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 65360 |
BFH/NV 1995, 37 |
BStBl II 1995, 277 |
BFHE 176, 283 |
BFHE 1995, 283 |
BB 1995, 968 |
BB 1995, 968-969 (ST) |
DB 1995, 760 (LT) |
DStZ 1995, 347 (KT) |
HFR 1995, 272 (LT) |
StE 1995, 204-205 (K) |