Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme einer Vermietungsgarantie
Leitsatz (NV)
Die Übernahme einer Vermietungsgarantie gegen Entgelt ist eine steuerfreie sonstige Leistung.
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 8 Buchst. g
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die fremden Grundbesitz verwaltet, verpflichtete sich gegenüber Bauherrengemeinschaften, in deren Namen Wohnungen zu vermieten, und garantierte ihnen gegen Zahlungen von insgesamt 125600 DM im Streitjahr, sie wirtschaftlich so zu stellen, ,,als wenn sämtliche Wohnungen (einschließlich Hobbyraumflächen) und Garagenplätze zu den hierfür an gesetzten Mietzinsen vermietet wären". Sie verpflichtete sich, ,,als Garant für die Dauer der Garantieübernahme jährlich nachträglich den Betrag durch Zahlung auszugleichen, um den die vertraglich vereinbarten Mieten" den für alle Wohnungen errechneten - näher bezeichneten - monatlichen Rohertrag unterschritten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) besteuerte diese Leistungen der Klägerin in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 1982, während die Klägerin sich - auch im Einspruchsverfahren erfolglos - auf die Steuerbefreiung für diese Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. g des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG 1980) berief.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte zur Begründung u. a. aus, die von der Klägerin begehrte Steuerbefreiung setze voraus, daß die Garantie nicht nur einen Garantienehmer sichere, sondern daß sich der Garantiegeber auch einem dritten Gläubiger gegenüber - wie bei einer Schuldübernahme oder Bürgschaft - verpflichte.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung von § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG 1980. Für die Steuerbefreiung des Umsatzes sei, führt die Klägerin u. a. aus, das Einstehen für ein wirtschaftliches Risiko aus einem Rechtsverhältnis mit einem Dritten wesentlich. Wenn das FG für die Steuerbefreiung von Garantievereinbarungen die Einhaltung der förmlichen und strukturellen Kriterien einer Bürgschaft fordere, enge es den Gesetzestext faktisch auf Bürgschaften ein.
Die Klägerin begehrt die Aufhebung der Vorentscheidung und die Berücksichtigung der Umsätze aus der Übernahme von Garantieleistungen von 125600 DM als steuerfrei durch Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 1982 vom 17. Januar 1985 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 1987.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), weil die vorhandenen Feststellungen dem Senat keine abschließende Entscheidung ermöglichen.
1. Das FG hat § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG 1980 unzutreffend angewendet. Die Leistungen der Klägerin durch Übernahme der Vermietungsgarantie sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG 1980 steuerfrei.
Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, daß die Abgabe selbständiger Garantieversprechen als Übernahme einer der Bürgschaft ähnlichen Sicherheit zu beurteilen ist und daß dafür nicht vorausgesetzt wird, daß sich der Garantiegeber auch einem anderen Gläubiger als dem Garantienehmer gegenüber verpflichtet (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. Dezember 1989 V R 125/84, BFHE 159, 277, BStBl II 1990, 401; vom 24. Januar 1991 V R 19/87, BFHE 164, 137, BStBl II 1991, 539). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen der Begründung auf die bezeichneten Entscheidungen Bezug genommen.
2. Das von der Klägerin abgegebene Versprechen, den jeweiligen Garantienehmer so zu stellen, als wenn sämtliche Wohnungen zu den hierfür vorgesehenen Mieten (die nach der Bewilligung der öffentlichen Förderung im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit vom Mieter zu zahlen sind) vermietet worden wären, enthält ein selbständiges Garantieversprechen (Vermietungsgarantie). Die Klägerin hat es übernommen, dafür einzustehen, daß sich für den jeweiligen Garantienehmer die Gefahr nicht verwirklichen kann, daß die Wohnungen nicht, nicht rechtzeitig oder nicht zu den bewilligten Mieten vermietet werden können. Inhalt des Garantieversprechens der Klägerin war somit die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos aus dem ungewissen Ausgang ihrer Vermietungstätigkeit. Die Klägerin übernahm durch die Garantie nichts, was sie den Garantienehmern nicht bereits wegen ihrer Verpflichtung zur Vermietung der Wohnungen schuldete (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 159, 277, BStBl II 1990, 401 unter II. 2. c bb). Für eine schuldhafte Verletzung ihrer Tätigkeit, die Wohnungen im Namen der Garantienehmer zu vermieten, hätte sie aus diesem entgeltlichen Geschäftsbesorgungsverhältnis eintreten müssen. Für die Folgen aus schuldhafter Verletzung der Geschäftsbesorgung galt die Garantie aber nicht.
Die Garantie deckte - wie sich aus dem Zusammenhang der vom FG festgestellten Vertragsbestimmungen ergibt - vielmehr das wirtschaftliche Risiko der Garantienehmer ab, daß ihre Wohnungen trotz vertragsgemäßer Vermietungsbemühungen der Klägerin nicht, nicht rechtzeitig oder nicht zu den vorausberechneten Mieten vermietet werden konnten. Sie schuldete für diesen Fall aus der Garantie die Zahlung eines Ausgleichsbetrages, der den jeweiligen Garantienehmer so stellte, als wäre das abgesicherte Ereignis nicht eingetreten. Wirtschaftlich sicherte die Klägerin den jeweiligen Garantienehmer ähnlich wie durch Eingehung einer Bürgschaft. Die Steuerbefreiung der Garantieleistung als Übernahme einer der Bürgschaft ähnlichen Sicherheit ist nach dem wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs unabhängig davon, ob ein Dritter in die Vertragsbeziehungen einbezogen wird oder nicht (vgl. dazu auch Philipowski, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1990, 183).
3. Die Vorentscheidung, die diesen Grundsätzen nicht entspricht, ist aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die angefochtene Umsatzsteuerfestsetzung für 1982 ist rechtswidrig, soweit Garantieleistungen der Klägerin im Umfang von 125600 DM besteuert worden sind. Die vorhandenen Feststellungen lassen keine Beurteilung zu, welche der von der Klägerin abgezogenen Vorsteuerbeträge mit diesen steuerfreien Garantieleistungen zusammenhängen und gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind. Das FG muß diese Entscheidung nachholen.
Fundstellen