Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Ein eingeschriebener Brief gilt auch dann erst mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn auf Grund der Quittung des Empfängers auf einem sog. Rückschein feststeht, daß der Brief dem Empfänger schon vor diesem Zeitpunkt zugegangen ist.
Normenkette
AO §§ 245, 246/1, § 237 a. F, § 249/3, § 239 Abs. 1 Nr. 1; VwZG §§ 3, 4 Abs. 1
Tatbestand
Die Vorentscheidung wurde am 9. Dezember 1965 als Einschreibebrief mit sog. Rückschein zur Post gegeben. Der Postbeamte übergab am 10. Dezember 1965 die Sendung dem Bevollmächtigten des Steuerpflichtigen (Stpfl.) gegen Quittung auf dem Rückschein. Die Revision ging am 12. Januar 1966 beim Finanzgericht (FG) ein.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig. Bei der Zustellung durch die Post mit eingeschriebenem Brief gilt ein Schriftstück mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, daß es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 4 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG -). Wegen der auf dem Gebiete des Zustellungswesens geltenden Formstrenge kann die Zustellung durch eingeschriebenen Brief auch bei Verwendung eines Rückscheins nicht einer Zustellung mit Zustellungsurkunde (§ 3 VwZG) gleichgesetzt werden. Der Empfangsquittung auf dem Rückschein kommt Bedeutung nur als Beweis des Zugangs des Schriftstückes und des Zeitpunkts des Zuganges zu. Vor allem ist der Rückschein geeignet, Beweis dafür zu erbringen, daß das zuzustellende Schriftstück nicht zu einem Zeitpunkt nach dem Ablauf der Dreitagesfrist des § 4 Abs. 1 VwZG zugegangen ist. Nur bei Zugang nach Ablauf der Dreitagesfrist ist dieser spätere Zeitpunkt für das Wirksamwerden der Zustellung maßgebend. Der Zugang vor Ablauf der Frist hat keine rechtliche Bedeutung. Der eingeschriebene Brief gilt auch dann erst mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn feststeht, daß er dem Empfänger vor diesem Zeitpunkt zugegangen ist (ebenso Urteil des Bundesverwaltungsgerichts VII C 170/64 vom 23. Juli 1965, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1966 S. 155). Das gilt auch, wenn der Empfänger über den Zugang vor diesem Zeitpunkt eine förmliche Quittung, z. B. auf einem sog. Rückschein, erteilt.
Daraus folgt für den Streitfall, daß die Vorentscheidung erst als am 12. Dezember 1965 zugestellt gilt, so daß die am 12. Januar 1966 beim FG eingegangene Revision rechtzeitig eingelegt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 424208 |
BStBl III 1967, 234 |
BFHE 1967, 542 |
BFHE 87, 542 |