Leitsatz (amtlich)
Ist ein privat genutzter Grundstücksteil bei Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) zulässigerweise zum gewillkürten Betriebsvermögen gezogen worden, so führt der Übergang zur Gewinnermittlung durch Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG), bei der gewillkürtes Betriebsvermögen nicht in Betracht kommt, zur Entnahme des Grundstücksteils aus dem Betriebsvermögen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 3, § 6 Abs. 1 Nr. 4
Tatbestand
Zu entscheiden ist im zweiten Rechtsgang, wie sich
1. der Wegfall einer Rentenverpflichtung, die beim Erwerb eines Grundstücks eingegangen wurde, bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Überschußrechnung) und
2. der Übergang zur Überschußrechnung hinsichtlich dieses Grundstücks gewinnmäßig auswirken.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein praktischer Arzt, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelte, erwarb 1955 von einer damals im 66. Lebensjahr stehenden Witwe ein Hausgrundstück, das er zu Wohnzwecken, überwiegend für seine ärztliche Praxis und zeitweise als Fremdenpension nutzte. Den Kaufpreis entrichtete er durch eine Barzahlung von 10 000 DM und durch Gewährung einer Leibrente von zunächst 3 000 DM, dann 3 900 DM jährlich. In der Bilanz zum 31. Dezember 1955 wurde das Hausgrundstück unter Berücksichtigung von Barzahlung, Leibrente, weiterer Erwerbskosten und von 10 126 DM Umbaukosten mit 80 275 DM (davon für Grund und Boden laut Betriebsprüfung 7 000 DM) aktiviert, die Rentenschuld mit 41 824 DM passiviert. Dieser Betrag wurde in den folgenden Jahresbilanzen entsprechend der Verkürzung der Laufzeit der Leibrente gewinnerhöhend aufgelöst, die laufenden Rentenzahlungen wurden als Betriebsausgaben behandelt. Zum 31. Dezember 1960 betrug die passivierte Rentenschuld noch 33 672 DM. Im Mai 1961 verstarb die Rentenberechtigte. Die Rentenschuld, die zu diesem Zeitpunkt nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) noch 33 005 DM betrug, erlosch.
Für das Streitjahr 1961, für das der Kläger erstmalig die Hilfe seiner jetzigen Prozeßbevollmächtigten in Anspruch nahm, reichte der Kläger nur eine Überschußrechnung ein, in der der Fortfall der Rentenschuld keine Berücksichtigung fand. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erhöhte den Gewinn bei der Veranlagung wegen des Wegfalls der Rente um den Betrag der noch bestehenden Rentenverpflichtung.
Einspruch und Klage, mit denen der Kläger die entsprechende Herabsetzung der Einkommensteuer mit der Begründung verfolgte, nach der Einnahme-Überschußrechnung sei die Hinzurechnung eines Gewinns in Höhe der erloschenen Rentenverpflichtung nicht mehr zulässig, hatten keinen Erfolg. Die Revision führte im ersten Rechtsgang zur Aufhebung der Vorentscheidung. Der erkennende Senat entschied in dem Urteil vom 31. August 1972 IV R 93/67 (BFHE 107, 205, BStBl II 1973, 51), daß die zum 31. Dezember 1960 passivierte Rentenverpflichtung nicht bereits wegen des Wechsels der Gewinnermittlungsart zum 1. Januar 1961 dem Gewinn des Streitjahres 1961 hinzugerechnet werden durfte und daß erst der Wegfall der Rentenverpflichtung wegen des Todes der Rentenberechtigten bei der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung nicht anders als bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich als gewinnerhöhende Betriebseinnahme zu erfassen ist. Der Senat konnte im ersten Rechtsgang nicht selbst entscheiden. Da der Wegfall der Rentenverpflichtung nur insoweit gewinnerhöhend zu berücksichtigen ist, als sich die Rentenverpflichtung auf Betriebsvermögen bezieht, das FG aber keine Feststellungen darüber getroffen hatte, ob die Voraussetzungen der Zugehörigkeit des ganzen Grundstücks zum Betriebsvermögen erfüllt waren, war die Sache an das FG zurückzuverweisen. Insbesondere bedurfte es noch der Feststellung, ob und in welchem Umfang das Grundstück auch nach dem Übergang zur Überschußrechnung angesichts des Umstandes, daß gewillkürtes Betriebsvermögen im Rahmen dieser Gewinnermittlungsart nicht in Betracht kommt, noch zum Betriebsvermögen zu rechnen war und ob und zu welchem Zeitpunkt der Steuerpflichtige gegebenenfalls Grundstücksteile entnommen hatte.
Bei der Entscheidung im zweiten Rechtsgang ging das FG davon aus, daß nach der vom FA übernommenen Berechnung des Klägers das Grundstück am 31. Dezember 1960 und im Jahr des Fortfalls der Rentenverpflichtung für die Praxis des Klägers (26 v. H.) und den ruhenden Pensionsbetrieb (27 v. H.) zu 53 v. H. der Nutzfläche und für die Wohnung des Klägers (19 v. H.) und die der Rentenberechtigten (28 v. H.) zu 47 v. H. genutzt wurde. Das FG ließ es dahingestellt, ob die Aktivierung des ganzen Hausgrundstücks im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG in den Jahren 1955 bis 1960 zulässig gewesen sei und ob insoweit, als dies hätte unterbleiben müssen, eine Bilanzberichtigung erforderlich und möglich wäre. Wenn das FA vortrage, der Kläger habe hinsichtlich der Aktivierung der Wohnzwecke dienenden Grundstücksteile sein Gestaltungsrecht ausgeübt, räume es offenbar selbst ein, daß insoweit gewillkürtes, nicht aber notwendiges Betriebsvermögen vorliege. Handle es sich aber bei dem Wohnzwecken dienenden Grundstücksteil allenfalls um gewillkürtes, keinesfalls um notwendiges Betriebsvermögen, so könne dieser Teil nach dem Übergang zur Überschußrechnung im Streitjahr 1961 nicht mehr als Betriebsvermögen gelten, da im Rahmen dieser Gewinnermittlungsart gewillkürtes Betriebsvermögen nicht in Betracht komme. Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens blieben aber weiterhin notwendiges Betriebsvermögen des die Gewinne fortan nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelnden Steuerpflichtigen, da der Wechsel der Gewinnermittlungsart für sich genommen keine Entnahme darstelle (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Dezember 1973 VIII R 15/70, BFHE 111, 404, BStBl II 1974, 315). Dies treffe für denjenigen Teil des Hausgrundstücks zu, in dem der Kläger seine Arztpraxis und den, wenn auch im Streitjahr ruhenden, Pensionsbetrieb unterhalten und der deshalb zum notwendigen Betriebsvermögen gehört habe. Da 53 v. H. der Nutzfläche auf die Praxis- und Pensionsräume entfielen und der Wegfall der Rentenverpflichtung nur insoweit gewinnerhöhend zu berücksichtigen sei, als die Rentenverpflichtung sich im Streitjahr noch auf Betriebsvermögen bezogen habe, erhöhe sich der Gewinn des Streitjahres um 53 v. H. des Betrages der Rentenschuld nach dem Stand vom Mai 1961, mithin um 53 v. H. von 33 005 DM = 17 492 DM.
Mit der Revision rügt das FA einen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Der Auffassung des FG, daß der zum gewillkürten Betriebsvermögen rechnende Teil des Hausgrundstücks (47 v. H.) nach dem Übergang zur Überschußrechnung im Streitjahr 1961 nicht mehr als Betriebsvermögen anzusehen und deshalb der Wegfall der Rentenverpflichtung nur mit 53 v. H. gewinnerhöhend zu berücksichtigen sei, könne nicht gefolgt werden. Grundstücke oder Grundstücksteile, die zur Zeit der Aufnahme in das Betriebsvermögen zulässigerweise zum Betriebsvermögen gerechnet worden seien, blieben solange Betriebsvermögen, bis sie durch eine eindeutige Entnahmehandlung des Steuerpflichtigen zum Privatvermögen würden. Sie schieden nicht bereits deshalb aus, weil der Gewinn nicht aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt werde oder weil sich ihre tatsächlichen Beziehungen zum Betrieb so veränderten, daß sie nicht mehr zum gewillkürten Betriebsvermögen würden gemacht werden können. Da im vorliegenden Fall eine Entnahme weder vom Kläger behauptet noch vom FG festgestellt worden sei, gehöre das gesamte Grundstück auch nach dem Wechsel der Gewinnermittlungsart weiter zum Betriebsvermögen, so daß sich zwangsläufig der Wegfall der Rentenverpflichtung in vollem Umfang gewinnerhöhend auswirken müsse. - Folge man der Ansicht des FG, daß der zum gewillkürten Betriebsvermögen rechnende Teil des Hausgrundstücks nach dem Übergang zur Überschußrechnung nicht mehr als Betriebsvermögen würde angesehen werden können, dann würde auch das anteilige Grundstück mit dem Teilwert entnommen werden müssen (BFH-Urteil vom 11. März 1965 IV 78/64, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965 S. 217 - HFR 1965, 217 -). Um den Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen Buchwert und dem anteiligen Teilwert des Gebäudes - die anteilige Entnahme des Grund und Bodens wirke sich auf den Gewinn nicht aus (vgl. § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1960) - würde der Gewinn des Jahres 1961 zu erhöhen sein.
Das FA beantragt, die Einkommensteuer entsprechend höher festzusetzen, hilfsweise, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das FG zur Feststellung des Entnahmewerts des Wohnzwecken dienenden Gebäudeteils im Zeitpunkt des Übergangs zur Überschußrechnung am 1. Januar 1961, da dieser Betrag abzüglich des entsprechenden Buchwerts dem Gewinn des Streitjahres 1961 hinzuzurechnen ist.
Das FG ist zutreffend mit dem BFH-Urteil des ersten Rechtsgangs davon ausgegangen, daß im Rahmen der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG gewillkürtes Betriebsvermögen nicht in Betracht kommt und nur derjenige Teil des Grundstücks des Klägers bei Wegfall der Rentenverpflichtung nach dem Übergang zur Überschußrechnung noch zum Betriebsvermögen zu rechnen war, der der Arztpraxis und dem Pensionsbetrieb des Klägers, zusammen mit 53 v. H., diente; dies mit der Folge, daß 53 v. H. der beim Tod der Rentenberechtigten noch bestehenden Rentenverpflichtung als gewinnerhöhende Betriebseinnahme zu erfassen ist.
Die Vorinstanz durfte aber nicht offenlassen, ob es sich bei dem Wohnzwecken dienenden Teil des Grundstücks vor dem Übergang zur Überschußrechnung während der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG um - gewillkürtes - Betriebsvermögen gehandelt hatte. Da der Kläger während der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich das gesamte Hausgrundstück - ebenso wie die gesamte Rentenverpflichtung - in seinen Bilanzen ausgewiesen hatte, war zu klären, ob der Wohnteil zum Betriebsvermögen gehört hatte und welche Folgerungen sich gegebenenfalls daraus für den im Streitjahr anzusetzenden Gewinn des Klägers ergaben, wenn dieser Wohnteil bei Wegfall der Rentenverpflichtung nicht mehr zum Betriebsvermögen gerechnet werden durfte.
Die Feststellungen des FG reichen aus, um zu dem Ergebnis zu gelangen, daß das von dem Kläger gegen die Leibrentenverpflichtung erworbene Hausgrundstück in vollem Umfang zum Betriebsvermögen gehörte. Der Kläger hatte das Hausgrundstück in der Bilanz zum 31. Dezember 1955 unter Berücksichtigung von Barzahlung, Leibrente, weiterer Erwerbskosten und von 10 126 DM Umbaukosten mit 80 275 DM aktiviert, die Rentenschuld mit 41 824 DM passiviert. Er nutzte das Grundstück überwiegend für seine Praxis und zeitweise als Fremdenpension (zusammen zu 53 v. H.), der geringere Teil diente eigenen Wohnzwecken und der Wohnung der Rentenberechtigten (zusammen 47 v. H.). Bis zum 31. Dezember 1960 wurde das gesamte Grundstück als Betriebsvermögen behandelt.
Der Kläger war auch rechtlich in der Lage, das ganze Hausgrundstück zu seinem Betriebsvermögen zu ziehen. Wie der BFH wiederholt entschieden hat (vgl. Urteile vom 15. Juli 1960 VI 10/60 S, BFHE 71, 625, BStBl III 1960, 484; vom 19. Juli 1960 I 185/59 S, BFHE 71, 629, BStBl III 1960, 485, und vom 1. Dezember 1960 IV 305/59 U, BFHE 72, 419, BStBl III 1961, 154), können auch Angehörige der freien Berufe gewillkürtes Betriebsvermögen haben. Dafür kommen Gegenstände in Betracht, die in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind. Bei Grundstücksteilen ist Voraussetzung, daß das Grundstück zu einem wesentlichen Teil eigenbetrieblich genutzt wird. Von untergeordneter Bedeutung ist ein Grundstücksteil, dessen Wert weder mehr als 1/5 noch mehr als 20 000 DM des Wertes des ganzen Grundstücks beträgt (BFH-Urteil vom 12. November 1964 IV 99/63 S, BFHE 81, 128, BStBl III 1965, 46). Die Ausführungen in Abschn. 14 Abs. 5 EStR 1961 und der Folgejahre, wonach das ganze Grundstück als Betriebsvermögen behandelt werden kann, wenn das Grundstück mehr als zur Hälfte betrieblich genutzt wird, selbst wenn der übrige Grundstücksteil eigenen Wohnzwecken dient, entsprechen den Grundsätzen der genannten BFH-Urteile. Weitere Voraussetzung für die Annahme gewillkürten Betriebsvermögens ist die Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich, damit nachhaltig ein eindeutiger Nachweis der Entschließung des Steuerpflichtigen, bestimmte Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen zu ziehen, und ein Nachweis der Vermögensentwicklung ermöglicht wird. Ferner müssen alle steuerlichen Folgen aus der Entscheidung des Unternehmers gezogen werden.
Die erörterten Voraussetzungen für die Zugehörigkeit des Hausgrundstücks des Klägers zu seinem Betriebsvermögen waren gegeben. Insbesondere kann der gewisse objektive Zusammenhang zwischen dem Wohnzwecken dienenden Teil und dem betrieblich genutzten Teil des Grundstücks schon deshalb nicht in Zweifel gezogen werden, weil die Wohnzwecken dienenden Räume (47 v. H. der Nutzfläche) und die für Praxis und Pensionsbetrieb betrieblich genutzten Räume (53 v. H. der Nutzfläche) in einem Hausgrundstück lagen. Ferner wurde bei der steuerlichen Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich die Zugehörigkeit des gesamten Grundstücks zum Betriebsvermögen - ebenso wie die der gesamten Rentenverpflichtung - berücksichtigt.
Wie der BFH in seinem Urteil IV 305/59 U unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 18. November 1937 VI 620/37 (RStBl 1938, 133) klargestellt hat, können Gegenstände des gewillkürten Betriebsvermögens nur im Wege der - gewinnrealisierenden - Entnahme aus dem Betriebsvermögen wieder herausgenommen werden. Dementsprechend hatte der erkennende Senat in dem Revisionsurteil des ersten Rechtsgangs IV R 93/67 dem FG aufgetragen, Feststellungen darüber zu treffen, ob und zu welchem Zeitpunkt der Kläger gegebenenfalls Grundstücksteile entnommen hatte. Das FG hat zwar festgestellt, daß der Kläger zum 1. Januar 1961, also zu Beginn des Streitjahres, von der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich zur Gewinnermittlung durch Überschußrechnung übergegangen ist; es hat aber die Folgerungen daraus für die Frage der weiteren Zugehörigkeit des Wohnzwecken dienenden Grundstücksteils zum gewillkürten Betriebsvermögen nicht untersucht. Die Überprüfung dieser Frage ergibt, daß der Übergang zur Überschußrechnung am 1. Januar 1961 als Entnahme dieses Grundstücksteils zu behandeln ist.
Eine Entnahme i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG ist nach der Rechtsprechung des BFH gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Bereich in den privaten Bereich übergeht. Voraussetzung einer Entnahme ist grundsätzlich, daß eine Entnahmehandlung vorliegt; dazu reicht ein schlüssiges Verhalten des Steuerpflichtigen aus, durch das die Verknüpfung des Wirtschaftsguts mit dem Betriebsvermögen gelöst wird. In besonders gelagerten Fällen kann auch ein Rechtsvorgang genügen, der das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheiden läßt (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168, mit den Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Die Veränderung der Beziehungen eines zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgutes zum Betrieb in der Weise, daß das Wirtschaftsgut jetzt nicht mehr als Betriebsvermögen behandelt werden dürfe, sollte nach der früheren Rechtsprechung des BFH, worauf das FA hinweist, allerdings noch nicht zum Ausscheiden des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen und damit zur Entnahme führen; dies sollte jedenfalls dann gelten, wenn die private Lebensführung des Unternehmers, besonders die Befriedigung seiner eigenen Wohnbedürfnisse, keine entscheidende Rolle spiele (BFH-Urteil vom 7. November 1961 I 15/61, HFR 1962, 29 und IV 78/64).
Dazu ist indessen folgendes hervorzuheben: In dem Fall des Urteils I 15/61 hatte es der BFH für die Entscheidung, daß ein früher zum Betriebsvermögen gezogenes Grundstück noch zum Betriebsvermögen gehöre, offengelassen, ob der Betrieb zu dem eines Minderkaufmanns geworden sei, ob der Gewinn aufgrund einer ordnungsmäßigen Buchführung ermittelt worden sei und ob das Grundstück noch überwiegend betrieblich genutzt werde, da jedenfalls eine vom Willen des Kaufmanns abhängige eindeutige Entnahmehandlung nicht vorgelegen habe. Nach diesem Urteil sollten offensichtlich weder in der Änderung der Nutzung des Grundstücks, noch in einer Änderung der Gewinnermittlungsart die Voraussetzungen einer Entnahme gesehen werden können. Auch in dem Urteil vom 9. Januar 1964 IV 274/63 U (BFHE 78, 243, BStBl III 1964, 97) entschied der BFH, ein früher zum notwendigen Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut scheide nicht dadurch ohne eine Entnahmehandlung der Steuerpflichtigen aus dem Betriebsvermögen aus, daß sich die tatsächlichen Beziehungen des Wirtschaftsguts zum Betrieb so veränderten, daß das Wirtschaftsgut nach dieser Veränderung nicht mehr zum gewillkürten Betriebsvermögen gemacht werden könnte.
In dem S-Urteil IV 99/63 stellte der BFH hingegen heraus, daß die Benutzung eines Betriebsgrundstücks für eigene Wohnzwecke des Kaufmanns eine Entnahme darstellt und daß deshalb auch die Änderung der Gebäudenutzung in der Weise, daß die bisher nicht überwiegende Benutzung zu eigenen Wohnzwecken nunmehr überwiegt, in der Regel zu einer Entnahme des den eigenen Wohnzwecken dienenden Teils des Gebäudes oder, wenn der betrieblich genutzte Teil des Gebäudes nunmehr von untergeordneter Bedeutung ist, des ganzen Gebäudes in das Privatvermögen führt. In der von dem Steuerpflichtigen durchgeführten Änderung der Nutzung des Grundstücks liegt die zur Gewinnrealisierung führende Entnahmehandlung. In gleicher Weise mußte auch in anderen Fällen die Lösung eines Grundstücks aus dem Betriebsvermögen zur Aufdeckung der in dem Grundstück enthaltenen stillen Reserven führen. Dies gilt vor allem für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft, wenn sein Grundstück weiterhin von der Gesellschaft betrieblich genutzt wird, aber wegen des Ausscheidens des Gesellschafters nicht mehr Betriebsvermögen bleiben kann (BFH-Urteil vom 13. Juli 1967 IV R 174/66, BFHE 89, 566, BStBl III 1967, 751) oder in anderen Fällen der Betriebsaufgabe, die nach dem Beschluß des Großen Senats (GrS 1/73) als Entnahmevorgang eigener Art (Totalentnahme) zu verstehen ist, wenn z. B. ein Unternehmen aufgegeben, das Betriebsvermögen bis auf das bisherige Betriebsgrundstück veräußert wird und das Betriebsgrundstück deshalb notwendiger Teil des Privatvermögens des bisherigen Unternehmers wird (BFH-Urteil vom 12. April 1967 VI R 240/66, BFHE 88, 417, BStBl III 1967, 420).
Diese Überlegung, einen Vorgang, durch den ein Grundstück oder Grundstücksteil die Verknüpfung mit dem Betriebsvermögen eindeutig verliert und notwendiges Privatvermögen wird, als Entnahme einzuordnen mit der Folge einer Aufdeckung der stillen Reserven, gilt auch für den Übergang von der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich zur Gewinnermittlung durch Überschußrechnung, wenn mit diesem Übergang die Voraussetzung für die Zuziehung eines Wohnzwecken dienenden Grundstückteils zum gewillkürten Betriebsvermögen beseitigt und der Grundstücksteil damit zwangsläufig notwendiges Privatvermögen wird. Der Steuerpflichtige kann einen privatgenutzten Grundstücksteil unter Beachtung der oben erörterten Voraussetzungen durch Aufnahme in Buchführung und Bilanz zum Betriebsvermögen ziehen, also eine Einlage in das Betriebsvermögen vornehmen. Dem entspricht es, die Beseitigung der genannten Voraussetzungen durch bewußte und gewollte Beendigung der Bilanzierung, nämlich durch Übergang zur Überschußrechnung, als Entnahme zu behandeln. Das ist im Streitfall gegeben. Wie das FG festgestellt hat, ist der Kläger zum 1. Januar 1961, also zu Beginn des Streitjahres, für das er erstmalig die Hilfe seiner jetzigen Prozeßbevollmächtigten in Anspruch nahm, von der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich zur Gewinnermittlung durch Überschußrechnung übergegangen. Das führt zur Entnahme des nicht betrieblich genutzten Grundstücksteils.
Die Entscheidung des Senats widerspricht nicht den BFH-Urteilen vom 21. November 1973 I R 252/71 (BFHE 111, 83, BStBl II 1974, 314) und VIII R 15/70, wonach der Übergang von der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich zur Gewinnermittlung durch Überschußrechnung unter der Geltung des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG a. F. nicht zu einer Aufdeckung der im Grund und Boden enthaltenen stillen Reserven führt. In beiden Urteilen ist entscheidend darauf abgestellt, daß der Grund und Boden notwendiges Betriebsvermögen bleibt und die betriebliche Verknüpfung des Wirtschaftsgutes Grund und Boden im Betrieb nicht beeinträchtigt wird. Der Senat versteht deshalb die Leitsätze in dem Sinn, daß beim Übergang von der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich zu der durch Überschußrechnung die im Grund und Boden enthaltenen stillen Reserven nicht im Jahr des Übergangs erfaßt werden, sofern sich die Betriebsvermögenseigenschaft des Grund und Bodens durch den Übergang zur Überschußrechnung nicht ändert.
Im vorliegenden Fall hat der Wohnzwecken dienende Teil des Grundstücks des Klägers seine Eigenschaft als gewillkürtes Betriebsvermögen durch den Übergang zur Überschußrechnung am 1. Januar 1961 verloren und ist notwendiges Privatvermögen geworden; deshalb sind die durch diese Entnahme aufgedeckten stillen Reserven zu erfassen, während der weiterhin betrieblich genutzte Teil (53 v. H. der Nutzfläche) Betriebsvermögen blieb. Der Gewinn des Streitjahres ist dabei nur um den Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen Buchwert und dem anteiligen Teilwert des Gebäudes zu erhöhen, da die anteilige Entnahme des Grund und Bodens sich auf den Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG 1960 nicht auswirkt.
Der Senat kann nicht selbst entscheiden. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur Feststellung der Höhe der durch die Entnahme des Gebäudeteils aufgedeckten stillen Reserven an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 71953 |
BStBl II 1976, 663 |
BFHE 1976, 212 |