Leitsatz (amtlich)
1. Richtet sich die Nachlaßfolge nach ausländischem Recht, so ist, sofern die Institutionen des ausländischen Erbrechts denen des deutschen Rechts nicht entsprechen, für die Erbschaftsbesteuerung nicht die formale Gestaltung des ausländischen Rechts maßgebend, sondern die wirtschaftliche Bedeutung dessen, was das ausländische Recht für den Einzelfall vorschreibt.
2. Sieht das deutsche bürgerliche Recht zwei Strukturen vor, die dem nach dem ausländischen Recht verwirklichten Sachverhalt in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis gleichkommen, kann höchstens die Steuer aus dem für den Steuerpflichtigen günstigeren Tatbestand des deutschen Rechts festgesetzt werden. Beim Vergleich mehrerer Gestaltungsmöglichkeiten des deutschen Rechts muß sich aber ein Steuerpflichtiger, der eine bestimmte bürgerlich-rechtliche Struktur als die ihm günstigere bezeichnet, diejenigen Steuerbeträge entgegenhalten lassen, die nach dieser Struktur zwar ein Dritter zu bezahlen gehabt hätte, deren Zahlung im Ergebnis aber zu seinen Lasten gegangen wäre.
3. Steht der Nachlaß "in trust" nach dem Rechte des Staates New York derart, daß dessen Einkünfte zunächst einem Erstbegünstigten und nach dessen Tode einem Zweitbegünstigten zufließen, und daß der Nachlaß nach dem Tode des Zweitbegünstigten erst an Drittbegünstigte ausgefolgt wird, so findet die gegen diese aus Ersterwerb vom Erblasser festzusetzende Erbschaftsteuer ihre obere Grenze an der Belastung mit deutscher Erbschaftsteuer, welche bei Annahme einer Folge von Vor- und Nacherbschaften auf diese drei Anfälle zu entrichten und von den Drittbegünstigten zu übernehmen gewesen wäre.
Normenkette
ErbStG § 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 8-10, 14; AO § 1 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Im Jahr 1946 verstarb in New York der dort wohnhaft gewesene amerikanische Staatsangehörige E. L. Er hinterließ ein in New York vor Zeugen errichtetes Testament. In diesem war E. T. zum "Excecutor and Trustee" mit umfassenden Verwaltungs- und Verfügungsbefugnissen eingesetzt; er war beauftragt, den Begünstigten ihre Anteile auszufolgen (to pay over the shares to the distributees). Von dem "in trust" gegebenen Vermögen sollten die näher umschriebenen Nettoeinkünfte zunächst dem Bruder des Erblassers, B. L., und nach dessen Tod dessen Tochter T. B. zufließen. Nach deren Tod sollte der trustee das Kapital des trust (nach Abzug der Unkosten und Provisionen) samt Zinsen, Erträgen und Einkünften an deren überlebende Abkömmlinge nach Stämmen auszahlen.
B. L. ist im Jahre 1952, seine Tochter T. B. im Jahr 1957 verstorben. Sie hinterließ vier Töchter, die Klägerinnen, von denen zwei vor dem Tode des Erblassers und zwei nach dessen Tode geboren sind. Alle diese Personen leben oder lebten in der Bundesrepublik.
Nach Schlußabrechnung wurde der trustee im September 1959 vom zuständigen Nachlaßgericht des Staates New York entlastet; er folgte daraufhin den Klägerinnen die Nachlaßwerte aus. Die Erbanfallsteuer des Staates New York und die Nachlaßsteuer des Bundes waren bereits nach dem Tode des Erblassers entrichtet worden.
Das FA - Beklagter - hat die Erbschaftsteuer gegen die Klägerinnen unter Anrechnung der in den Vereinigten Staaten gezahlten Steuern aus Steuerklasse V festgesetzt. Die Festsetzung war dem gemeinsamen gesetzlichen Vertreter der Klägerinnen in dieser Eigenschaft zugestellt worden. Die Klägerinnen sind der Ansicht, maßgebend müsse Steuerklasse I sein, weil ihre Mutter als Vorerbin anzusehen sei. Das FA hat ihren Einspruch zurückgewiesen. Das FG hat wegen einiger Nebenpunkte der Nachlaßberechnung die Steuer um ein geringes niedriger festgesetzt, im wesentlichen Streitpunkte aber die Berufung als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision der Klägerinnen ist, wenn auch nicht im vollen Umfang ihres Begehrens, begründet.
Der Vermögensanfall (§ 24 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) der Klägerinnen unterliegt der Erbschaftsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG unter Anrechnung der ausländischen Erbschaft- und Nachlaßsteuern (§ 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 ErbStG). Die Steuerschuld ist entstanden (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG).
Die unter den Parteien allein noch streitige Steuerklasse hängt davon ab, wie die Rechtsstellung der Mutter der Klägerinnen zu würdigen war. War ihre Rechtsstellung der eines Vorerben zu vergleichen, so greift § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG ein und ist für die Besteuerung der Klägerinnen das für sie günstige Verhältnis zu ihrer Mutter (§ 10 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 Buchst. a ErbStG) maßgebend. Andernfalls kommt es auf das Verhältnis der Klägerinnen zum Erblasser an und greift, da zu diesem keines der in § 10 Abs. 1 ErbStG bezeichneten Verwandtschafts- oder Schwägerschaftsverhältnisse besteht, die Steuerklasse V Platz. Für diese Vorfrage ist entscheidend, wie die im Einzelfall eingreifenden Strukturen des Erbrechts des Staates New York auf das deutsche Recht zu übertragen sind.
Die Tatbestände des ErbStG sind auf die Rechtsfiguren des deutschen Erbrechts zugeschnitten. Richtet sich, wie hier (arg. Art. 25 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum BGB), die Nachlaßfolge nach ausländischem Recht, so ist, sofern die deutsche Erbschaftsteuer überhaupt Platz greift (§ 8 ErbStG), die Besteuerung unproblematisch, soweit im Einzelfall die Institutionen des ausländischen Erbrechts denen des deutschen Erbrechts entsprechen. Trifft das nicht zu, muß der Versuch scheitern, die Begriffe des ausländischen den Begriffen des deutschen bürgerlichen Rechts gleichzusetzen (vgl. Urteil des RFH V e A 62/28 vom 9. Oktober 1929, StuW 1929, Nr. 996, Sp. 1739). In diesem Falle kann nicht die formale Gestaltung des ausländischen Rechts maßgebend sein, weil dessen Konsequenzen im Einzelfall andere sein können, als sie die ungefähr vergleichbare Rechtsfigur des deutschen Rechts vorsieht; maßgebend ist in diesem Falle die wirtschaftliche Bedeutung dessen, was das ausländische Recht für den Einzelfall vorschreibt (vgl. Urteile des BFH III 128/55 U vom 19. Oktober 1956, BFH 63, 431, BStBl III 1956, 363; II 177/61 U vom 15. Mai 1964, BFH 79, 481 [485], BStBl III 1964, 408). Nur insoweit, als der Vermögensanfall (§ 24 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) in seiner wirtschaftlichen Bedeutung (§ 1 Abs. 2 und 3 StAnpG) einem durch das deutsche ErbStG erfaßten Erwerb gleichkommt, verwirklicht die demnach einschlägige Vorschrift die Voraussetzung eines Tatbestandes, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AO). Sieht das deutsche bürgerliche Recht mehrere Strukturen vor, die dem nach ausländischem Recht verwirklichten Sachverhalt in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis gleichkommen, und sind deshalb mehrere Zuordnungen der sich nach ausländischem Recht bestimmenden Nachlaßfolge gleichermaßen möglich, muß folglich die jeweils mildere Besteuerung Platz greifen. Denn nur in bezug auf diesen Mindestsatz hat das deutsche Recht die Besteuerung eindeutig vorgeschrieben.
Wenn und soweit das ausländische - im besonderen das angelsächsische - Recht die in § 1942 Abs. 1 BGB vorgesehene Gesamtnachfolge der Erben ausschließt (sei es, daß der Nachlaß weiterhin dem Verstorbenen, sei es, daß er einem Verwalter zugerechnet wird), versagt die Parallele zur Stellung des deutschrechtlichen Erben. Das ist aber für das Erbschaftsteuerrecht unerheblich. Denn § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt den Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis und auf Grund eines Pflichtteilsanspruchs - diesen allerdings nur, sofern er geltend gemacht ist - gleich. Damit sind sämtliche Nachlaßerwerbe des deutschen Rechts erfaßt. Der nur mittelbare Erwerb eines Erben angelsächsischen Rechts steht also zumindest einem Vermächtnis gleich, auch soweit gesetzliche Erbfolge stattfindet.
Wenn und soweit eine Gesamtrechtsnachfolge fehlt, muß der Erbfall selbst nicht schon einen Vorgang enthalten, welcher der deutschen Erbfolge entspricht und unter den Voraussetzungen des § 8 ErbStG der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt (vgl. BFH-Urteile II 84/58 U vom 31. Mai 1961, BFH 73, 120, BStBl III 1961, 312; II 177/61 U vom 15. Mai 1964, BFH 79, 481, BStBl III 1964, 408). Denn der Verwalter des Nachlasses - im besonderen der executor oder trustee - kann zwar auf Grund des ausländischen Rechts Eigentümer (legal owner) der Nachlaßgegenstände werden; er wird aber, da ihm dieses Recht nur treuhänderisch zusteht (vgl. § 11 Nrn. 1 bis 4 StAnpG), nicht bereichert. Vielmehr findet die Rechtsfigur des "Eigentums" in dieser Gestaltung eher eine Parallele in der Amtsträgerstellung ("Partei kraft Amtes"), wie sie im deutschen Recht dem Testamentsvollstrecker oder dem Nachlaßverwalter (sowie dem Konkursverwalter) zuerkannt wird.
Andererseits kann der Nachlaß in einem solchen Falle noch nicht dem "Erben" zugerechnet werden, da er die Gegenstände des Nachlasses noch nicht erworben hat, wie es § 1942 Abs. 1 BGB selbst für den Fall annimmt, daß dem Erben gemäß §§ 2205, 2211 BGB alle wesentlichen Befugnisse über den Nachlaß (Verwaltung und Verfügung) genommen sind. Das gilt um so mehr, als die materielle Nachfolge in die Erbschaft bis zum Ende der Verwaltung - im besonderen eines trust - offenbleiben und erst nach dem Erbfall erzeugten Personen ohne Zwischenberechtigung anderer anfallen kann, was eine Rückbeziehung des späteren Erwerbs der hereditas iacens auf den Erbfall ausschließt.
Wird jedoch, wie zufolge der Gleichsetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ohne weiteres zulässig, die Parallele bei den Vermächtnissen gesehen, auf deren Erfüllung der Begünstigte allein einen Anspruch hat (§ 2174 BGB; vgl. für den Pflichtteil § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB), so offenbart sich der Erwerb unter diesen Voraussetzungen als Erwerb unter einer aufschiebenden Bedingung, Betagung oder Befristung (BFH-Urteil II 177/61 U vom 15. Mai 1964, BFH 79, 481 [485, 487], BStBl III 1964, 408) im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (vgl. § 2177 BGB); die Erbschaftsteuerschuld entsteht erst mit dem Ereignis, das dem Begünstigten Rechte verschafft, die zumindest denjenigen eines Vermächtnisnehmers entsprechen, der die unverzügliche Erfüllung des Vermächtnisses verlangen kann.
Demzufolge läßt sich für die Revision nichts daraus gewinnen, daß zwei der Klägerinnen nach deutschem Recht nicht Ersterbinnen, sondern nur Nacherbinnen hätten sein können. Auch würde eine "Vorerbschaft" der Mutter der Klägerinnen noch nicht schon dann anzunehmen sein, wenn der executor and trustee befugt gewesen wäre, ihr den Nachlaß auszufolgen.
Ob dies überhaupt zutrifft, ist nach dem Wortlaut des Testaments zu bezweifeln; die Frage, ob die weiteren Umstände der Testamentserrichtung eine solche Auslegung zulassen, wäre nach amerikanischem Recht zu beantworten. Doch kann das dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls hat sich an der Rechtsstellung des executor and trustee zu Lebzeiten der Mutter der Klägerinnen nichts geändert; ihm verblieben als legal owner des Nachlasses die Verwaltung und die Verfügungsbefugnis; die Schlußrechnung hat er erst nach deren Tod gelegt.
Daraus folgt zwar, daß die Mutter der Klägerinnen nur hinsichtlich der Nutzungen, nicht aber hinsichtlich der Substanz des Nachlasses hätte zur Erbschaftsteuer herangezogen werden können; sie war hinsichtlich ihrer eigenen Rechtsstellung allenfalls Leistungsberechtigte im Sinne des § 16 des BewG in der vor dem BewG 1965 geltenden Fassung - im folgenden: BewG - (nicht einmal Nießbraucherin; §§ 1089, 1085, 1032, 1068 BGB). In Ansehung der Rechtsstellung der Klägerinnen ergibt sich daraus aber nicht eindeutig, daß die Rechtsstellung ihrer Mutter einem Nießbrauch und nicht einer Vorerbschaft gleichsteht, und daß sie somit nur Ersterben und nicht Nacherben ihrer Mutter sein könnten. Vielmehr ist die Zuordnung der dem Recht des Staates New York folgenden Struktur auf das deutsche Recht des BGB zweideutig.
Wirtschaftlich läuft es bei den deutschem Recht unterliegenden Verhältnissen im wesentlichen auf das gleiche hinaus, ob bei angeordneter befreiter (§ 2207 BGB) Testamentsvollstreckung (§§ 2197 ff. BGB) einem Begünstigten lediglich der Anspruch auf Auskehrung des Werts der vom Testamentsvollstrecker (§ 2205 BGB) gezogenen Früchte (§ 99 BGB) vermacht wird (§§ 2147, 2174 BGB) oder ob er zwar als nicht befreiter (§ 2136 BGB) Vorerbe (§§ 1942, 2100, 2139 BGB) eingesetzt wird, ihm aber die Verwaltung des Nachlasses (§ 2205 BGB) und folglich auch die Verfügung über die Nachlaßgegenstände (§ 2211 BGB) zeitlebens entzogen sind, und er deshalb auf den Genuß der vom Testamentsvollstrecker gezogenen Früchte beschränkt ist.
Demzufolge können die Klägerinnen nicht allein deshalb ohne jede Beschränkung als Ersterwerber nach dem Erblasser statt wie Nacherben (§ 2100 BGB; § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG) oder Nachvermächtnisnehmer (§ 2191 BGB; § 7 Abs. 4, Abs. 2 Satz 1 ErbStG) nach ihrer Mutter behandelt werden, weil diese zeitlebens nur in den Genuß der Früchte des Nachlasses gekommen war. Da der wirtschaftliche Gehalt der Stellung, in welche die Klägerinnen auf Grund des Rechts des Staates New York gelangt sind, im deutschen Recht in zwei verschiedenen Formen repräsentiert werden könnte, kann die Besteuerung der Klägerinnen im Grundsatz nicht weiterreichen als nach dem günstigeren der beiden Modelle.
Daraus folgt jedoch nicht, daß die Klägerinnen schlechthin nur der Besteuerung aus der ihnen günstigeren Steuerklasse I unterlägen. Allerdings hätte nach den eingangs dargestellten Grundsätzen die Mutter der Klägerinnen keinesfalls als Vorerbin (§ 7 Abs. 1 ErbStG) zur Steuer herangezogen werden können; insofern würden die Klägerinnen wegen § 7 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 ErbStG besserstehen, wenn trotzdem bei ihrer Besteuerung eine Vorerbschaft unterstellt würde. Ferner ist den Klägerinnen zuzugestehen, daß jeder einzelne Steuerfall für sich betrachtet werden muß, und daß deshalb bei mehrdeutigen Entsprechungen des ausländischen Rechts die Summe der von allen Pflichtigen zu zahlenden Steuern nicht den Betrag zu erreichen braucht, den der Steuergläubiger erhielte, wenn der Anfall dem deutschen bürgerlichen Recht unterläge. Beim Vergleich mehrerer Gestaltungsmöglichkeiten des deutschen bürgerlichen Rechts muß sich jedoch ein Steuerpflichtiger, der eine bestimmte bürgerlich-rechtliche Struktur als die ihm günstigere bezeichnet, diejenigen Steuerbeträge entgegenhalten lassen, die nach dieser Struktur zwar ein Dritter zu bezahlen gehabt hätte, deren Zahlung im Ergebnis aber zu seinen Lasten gegangen wäre.
Da die Mutter der Klägerinnen eine Steuer nicht als Vorerbin des Nachlasses schuldete, andererseits die Klägerinnen unter der Konstruktion einer Nacherbschaft nicht besser gestellt sein können, als sie bei Eintreten einer Nacherbschaft deutschen Rechts stehen würden, bleibt folglich nur eine Besteuerung nach den Grundsätzen eines Ersterwerbs, welche aber ihre obere Grenze in der wirtschaftlichen Steuerbelastung findet, welche die Klägerinnen im Falle einer Vor- und Nacherbschaft getroffen hätte.
Dabei darf nicht außer Betracht bleiben, welche Steuer ihre Mutter nach dieser Konstruktion - wenn auch nur hypothetisch - zu zahlen gehabt hätte. Denn als Vorerbin (§ 7 Abs. 1 ErbStG) hätte diese die Steuer aus dem ganzen Erwerb (§ 24 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) zwar selbst geschuldet (§ 15 Abs. 1 ErbStG); die Zahlung wäre aber zu Lasten des Nachlasses gegangen und hätte somit das, was die Klägerinnen als Nacherbschaft anzusprechen gehabt hätten, entsprechend verkürzt.
Gemäß § 15 Abs. 4 ErbStG hat der Vorerbe die durch die Vorerbschaft veranlaßte Steuer aus den Mitteln der Vorerbschaft zu entrichten. Diese Vorschrift ist, obschon im ErbStG enthalten, keine steuerrechtliche. Denn es besteht kein steuerrechtlicher Grund, anzuordnen, daß der Vorerbe die Steuer aus Mitteln der Vorerbschaft entrichten müsse, ihm also zu verbieten, sie aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Sinn hat diese Vorschrift nur unter dem bürgerlich-rechtlichen Gesichtspunkt, daß der Vorerbe befugt ist, die Steuerleistung dem Nachlaß zu entnehmen (vgl. § 2126 BGB), und daß, wenn der Vorerbe sie aus seinem Vermögen bewirkt, der Nacherbe bei Eintritt der Nacherbfolge dem Vorerben (oder dessen Erben; vgl. dazu § 24 Abs. 2 ErbStG) zum Ersatze verpflichtet ist (§ 2124 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Die letztgenannte Vorschrift würde als Folgevorschrift des hier eingreifenden (§ 8 ErbStG) Steuergesetzes auch auf den vorliegenden Fall wirken, obwohl die Erbfolge selbst dem Rechte des Staates New York folgt und der amerikanische executer and trustee bezüglich seiner Vermögensverwaltung von den deutschen Gesetzen nicht angesprochen wird. Die Klägerinnen hätten also als Nacherben nach ihrer Mutter die von dieser bezahlte Steuer deren Erben erstatten müssen (vgl. § 24 Abs. 2 ErbStG). Diese hypothetische Steuer muß folglich in den Vergleich einbezogen werden.
Demnach muß der wegen Ersterwerbs vom Erblasser aus Steuerklasse V errechneten Steuer die Gesamtsteuerbelastung gegenübergestellt werden, welche teils gemäß § 15 Abs. 1, § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG, teils gemäß § 15 Abs. 4, § 7 Abs. 1 ErbStG auf die Klägerinnen entfallen wäre, wenn die Nachlaßfolge nach dem Erblasser entsprechend den Grundsätzen der Vor- und Nacherbfolge versteuert worden wäre. Dabei ist aber nicht nur die Steuer zu berücksichtigen, welche hypothetisch von ihrer Mutter als Vorerbin zu zahlen gewesen wäre, sondern auch die hypothetische Steuer ihres ebenfalls gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG persönlich steuerpflichtigen Großvaters. Denn das Testament enthält in bezug auf die Rechtsstellung ihrer Mutter und auf die ihres Großvaters die gleiche Aussage. Wäre ihre Mutter als Vorerbin anzusehen, so müßte sie folglich zugleich Nacherbin nach ihrem Vater geworden und dieser der erste Vorerbe gewesen sein. Auch dessen Steuer wäre aus dem Nachlaß zu entrichten gewesen (§ 15 Abs. 4 ErbStG) und hätte infolgedessen die Klägerinnen als Nach-Nacherben im Ergebnis getroffen.
Es ist nicht auszuschließen, daß die Klägerinnen bei dieser Berechnung besserstehen würden als bei der aus dem einmaligen Anfall aus Klasse V festgesetzten Steuer. Den Großvater der Klägerinnen hätte allerdings unter den im Jahr 1946 geltenden hohen Steuersätzen eine sehr hohe Steuer getroffen. Sie wäre aber in Reichsmark festzusetzen gewesen und hätte infolgedessen den Nachlaß nicht wesentlich belastet; der Verrechnungsanspruch gemäß § 15 Abs. 4 ErbStG (vgl. § 2124 Abs. 2 Satz 2, § 2125 Abs. 1 BGB) fiele nicht unter § 18 Nr. 3 des Umstellungsgesetzes, zumal er erst mit dem Eintritt der ersten (fiktiven) Nacherbfolge im Jahr 1952 entstanden wäre. Aus dem um diesen Betrag geminderten Nachlaß hätte in Fortführung dieser Fiktion die Mutter der Klägerinnen die Steuer nur aus Klasse I entrichten müssen (§ 7 Abs. 2 Satz 1, §§ 9, 10 ErbStG 1951). Dabei wäre ihr der Freibetrag des § 17b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1951 zustatten gekommen, sofern er nicht auf einen (überdies progressionsfördernden; § 7 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 ErbStG 1951) Anfall aus dem freien Vermögen ihres Vaters (Großvaters der Klägerinnen) zu verrechnen war (zur Aufteilung vgl. den Rechtsgedanken des § 21 Abs. 2 Satz 1 ErbStG 1959). Das gleiche gilt für die weitere Nacherbfolge von der Mutter der Klägerinnen an die Klägerinnen. Hier wirkt sich aber entscheidend aus, daß der Anfall (§ 24 Abs. 1 ErbStG 1959) an die Klägerinnen bereits um die hypothetischen Steuern ihres Großvaters und ihrer Mutter gemindert wäre und daß jeder der Klägerinnen außer dem Freibetrag des § 17 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1959 noch die Vergünstigung des § 21 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1959 zustatten gekommen wäre.
Sollte die Summe der hypothetischen Vorbelastung der Nacherbmasse durch die hypothetischen, auf die Vorerbschaften entfallenden Steuern des Großvaters und der Mutter der Klägerinnen und der von den Klägerinnen selbst unter diesen Prämissen zu zahlenden Steuer niederer sein als die nach Steuerklasse V für die Klägerinnen errechnete Steuer, so darf diese nur in der geringeren Höhe dieser Summe festgesetzt werden. Denn der dem ausländischen Recht unterworfene Besteuerungssachverhalt verwirklicht nur in dem Umfang einen Tatbestand, an den das deutsche ErbStG eine Leistungspflicht knüpft (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AO), in dem die Steuer auf einen entsprechenden, dem deutschen bürgerlichen Recht unterliegenden Besteuerungssachverhalt in jedem Fall - wenn auch nur im Ergebnis - die Klägerinnen treffen würde.
Fundstellen
Haufe-Index 412945 |
BStBl II 1972, 462 |
BFHE 1972, 44 |