Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Bildung von Rückstellungen für Versorgungszusagen an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GmbH.
Normenkette
KStG § 6; EStG §§ 5, 6/1/3
Tatbestand
Die beschwerdeführende GmbH betreibt eine Verlagsbuchhandlung. Das Geschäft besteht seit 1904. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (Bfin.) ist Dr. M., der seit 1935 bei der Bfin. tätig ist. 1949 verlegte die Bfin. ihren Sitz aus der Sowjetzone in das Bundesgebiet. Im Jahre 1951 hatte sie erstmalig wieder Einnahmen, insbesondere aus Lizenzen, die ihr auf Grund eines obsiegenden Urteils des Bundesgerichtshofs zuflossen. 1952 schloß sie einen günstigen Vertrag über die Verwertung und Sicherung der vor dem Krieg abgeschlossenen Verträge und Verlagsrechte, der ihr bis einschließlich 1954 Einnahmen von 247 033,83 DM brachte, davon 1954 allein 171 575,08 DM. Die Gesellschafterversammlung der Bfin. beschloß am 29. November 1954, M. eine Pensionszusage zu geben, nach der er ab vollendetem 65. Lebensjahr oder bei früher eintretender Dienstunfähigkeit eine monatliche Altersversorgung von 600 DM erhielt. Wegen dieser Zusage bildete die Bfin. in der Bilanz vom 31. Dezember 1954 eine Rückstellung von 57 188 DM. Das Finanzamt erkannte die Rückstellung nur mit dem auf das Jahr 1954 entfallenden Teil von 5891 DM an.
Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück. Es führte im wesentlichen aus: Die Pensionszusage an M. habe ebenso wie die Hingabe von 7c- und 7d-Darlehen von 20 000 DM das Ziel verfolgt, die Besteuerung des erheblichen Gewinns 1954 zu mildern. Auch bei einer Einmann-Gesellschaft seien an sich Pensionszusagen an den Gesellschafter-Geschäftsführer steuerlich zu beachten. Die Bfin. behaupte, sie habe mit der Pensionszusage frühere Dienste des M. abgelten wollen. Eine solche Feststellung habe sich aber nicht mit der erforderlichen Klarheit treffen lassen.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird unrichtige Rechtsanwendungen gerügt. Die Bfin. rügt insbesondere, daß die Vorinstanzen den Hinweis nicht gewürdigt hätten, daß der Gewinn, der auf der alleinigen erfolgreichen Tätigkeit des M. beruhe, zu einer unerträglichen Steuerbelastung führen müßte, weil die Tätigkeit des M. bisher nicht ausreichend bezahlt worden sei. Die Pensionszusage sei als Entgelt für in der Vergangenheit geleistete Dienste des M. aufzufassen. Das ergebe sich vor allem auch daraus, daß nach Ziff. 4 des Beschlusses vom 29. November 1954 das Gehalt des M. für die Zukunft neu geregelt worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Das Finanzgericht geht davon aus, daß auch bei Einmann-Kapitalgesellschaften Pensionsrückstellungen zulässig seien. Richtig ist, daß nach ständiger Rechtsprechung ernsthaft geschlossene und durchgeführte schuldrechtliche Verträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern grundsätzlich steuerlich auch anerkannt werden, wenn sich alle Anteile in der Hand nur eines Gesellschafters befinden, vorausgesetzt, daß Leistung und Gegenleistung in angemessenem Verhältnis zueinander stehen. Maßstab dafür ist, ob die Gesellschaft auch einem Dritten, der nicht ihr Gesellschafter ist, für die gleiche Leistung das gleiche Entgelt gewähren würde. In diesem Rahmen wird insbesondere auch ein Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers als Betriebsausgabe der Gesellschaft berücksichtigt. Ob diese Grundsätze auch dazu führen müssen, bei einer Einmann-Gesellschaft Pensionszusagen und Pensionsrückstellungen wie zwischen Fremden anzuerkennen, ist zweifelhaft. Bedeutsam könnte in diesem Zusammenhang sein, daß die Pensionszusage des Gesellschafter-Geschäftsführers an sich selbst in der Regel eine leere Form ohne wirtschaftlichen Gehalt ist, der keine ernsthafte Bedeutung zukommt, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer sie jederzeit, wenn es ihm bürgerlich-rechtlich oder steuerlich zweckmäßig erscheint, aufheben oder ändern kann. In der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 14/57 S vom 22. Januar 1958 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1958 III S. 186, Slg. Bd. 66 S. 481) hat der Senat bei der Zulassung von Rückstellungen für Pensionsanwartschaften auf die bürgerlich-rechtliche Seite der zugrunde liegenden Pensionszusage besonderes Gewicht gelegt und ausgesprochen, daß eine gegenwärtig rückstellungsfähige Last für Pensionsanwartschaften nicht vorliegt, wenn es im Belieben des Arbeitgebers steht, ob er später Pensionen zahlen will. Bei Einmann-Gesellschaften steht es wegen der vollständigen Gleichschaltung der Interessen aber rechtlich und tatsächlich im Belieben des Gesellschafters, ob ihm die Gesellschaft später Pensionen zahlt. Die Anerkennung von Pensionszusagen an den Einmann-Gesellschafter-Geschäftsführer bietet die Möglichkeit, den gegenwärtigen Gewinn der Gesellschaft erheblich zu mindern, ohne daß für die Gesellschafter daraus gleichzeitig eine Einkommensteuerbelastung entsteht. Der Gesellschafter kann den Gewinn dadurch beliebig beeinflussen, daß er in guten Jahren Rückstellungen bildet, die er in Verlustjahren ohne körperschaftsteuerliche Wirkung auflöst. Solche Manipulationen sind nur dadurch möglich, daß die wirtschaftlichen und steuerlichen Interessen des Gesellschafters und der Gesellschaft vollständig parallel laufen; zwischen Fremden kommen sie wegen des Widerstreits der Interessen in dieser Form nicht vor. Aus ähnlichen überlegungen hat auf Grund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise der VI. Senat des Bundesfinanzhofs ausgesprochen, daß Ausgaben einer Einmann-Gesellschaft zur Zukunftssicherung des Gesellschafter-Geschäftsführers in der Regel zugeflossener Arbeitslohn für den Gesellschafter-Geschäftsführer sind (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 3/56 U vom 12. Juli 1957, BStBl 1957 III S. 289, Slg. Bd. 65 S. 147). Siehe auch Entscheidungen des Bundesfinanzhofs I 91/54 U vom 28. September 1954 (BStBl 1954 III S. 343, Slg. Bd. 59 S. 341) und I 123/54 vom 15. Februar 1955 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, EinkStG § 6 Abs. 1 Ziff. 3 Rechtsspruch 13).
Im Streitfall braucht der Senat aber diese Frage nicht abschließend zu entscheiden, da die Rb. schon aus einem anderen Grund keinen Erfolg haben kann. Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Gesellschafter-Geschäftsführer der Gesellschaft seine Dienste unentgeltlich als Gesellschafter oder entgeltlich als Arbeitnehmer leisten. Es müssen insoweit klare Verhältnisse geschaffen werden. Hat ein Gesellschafter zunächst unentgeltlich gearbeitet, so kann nicht rückwirkend ein Gehalt vereinbart werden. Ebensowenig kann ein zunächst festgesetztes Gehalt rückwirkend erhöht werden (vgl. die Urteile des Bundesfinanzhofs I 47/55 U vom 11. Oktober 1955 - BStBl 1955 III S. 397, Slg. Bd. 61 S. 515 -, I 4-5/55 U vom 31. Juli 1956 - BStBl 1956 III S. 288, Slg. Bd. 63 S. 237 -). Nach dem eigenen Vortrag der Bfin. sollen im Streitfall aber mit der Pensionszusage die in der Vergangenheit bis zum 31. Dezember 1954 geleisteten Dienste des M. nachträglich abgegolten werden. Wirtschaftlich ist demnach die Pensionszusage, sofern sie überhaupt anerkannt wird, eine Erhöhung der Gehaltsbezüge des M. für die Vergangenheit, die mit steuerlicher Wirkung nicht vorgenommen werden konnte.
Da die Rb. aus diesem Grund keinen Erfolg haben kann, erübrigt sich, zu den weiteren Ausführungen des Finanzgerichts und der Rb. Stellung zu nehmen und insbesondere auch zu prüfen, ob der Höhe nach die Rückstellung gerechtfertigt wäre. Von der Prüfung der Frage, ob die vom Finanzamt zugelassene Rückstellung von 5891 DM nach den vorstehenden Rechtsgrundsätzen anzuerkennen wäre, nimmt der Senat Abstand, um nicht zu einer Verböserung zu kommen.
Fundstellen
Haufe-Index 409075 |
BStBl III 1958, 428 |
BFHE 1959, 407 |
BFHE 67, 104 |
BB 1958, 977 |
DB 1958, 1144 |