Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigung i. S. von § 24 Nr. 1 a EStG an GmbH-GesellschafterGeschäftsführer
Leitsatz (NV)
Zuwendungen einer GmbH an ihren Geschäftsführer und alleinigen Gesellschafter zur Ablösung einer Pensionszusage sind jedenfalls dann keine steuerbegünstigte Entschädigung i. S. von § 34 Abs. 2 i. V. mit § 24 Nr. 1 a EStG, wenn nichts dafür spricht, daß die GmbH nicht in der Lage sein würde, den Verpflichtungen aus der Pensionszusage nachzukommen.
Normenkette
EStG 1979 § 24 Nr. 1a; EStG § 34 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bis zum 3. Oktober 1979 zu 50 v. H. und danach alleiniger Gesellschafter sowie alleiniger Geschäftsführer der A-GmbH in B. Er faßte im Oktober 1979 den Beschluß, eine ihm gewährte Pensionszusage aufzuheben und den hierfür bis zu diesem Zeitpunkt zurückgestellten Betrag in Höhe von 140 000 DM an sich als Abfindung zu gewähren. Dies sei, wie er vortrug, aus folgenden Gründen geschehen: Die bestehende Pensionszusage sei von einem niedrigeren Pensionsalter ausgegangen, als es die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Anerkennung von Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter bis dahin verlangt habe. Seit Erwerb seiner Stellung als alleiniger Gesellschafter sei das Aufrechterhalten der Pensionszusage zwar zivilrechtlich möglich gewesen. Weitere Zuführungen zu der Pensionsrückstellung wären aber als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt worden und ein Verzicht auf weitere Zuweisungen hätte nicht in Einklang mit dem bestehenden Pensionsvertrag gestanden. Zur Vermeidung unzumutbarer Nachteile und zur Abwendung eines Schadens habe für die bestehende Zwangslage wie geschehen eine Lösung gefunden werden müssen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) verteilte zwar den fraglichen Betrag gemäß § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), lehnte es aber ab, die Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz (§ 34 Abs. 1 EStG) zu bemessen.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Mit der Revision trägt der Kläger vor, die Abfindung sei eine begünstigte Entschädigung gewesen, da sie einen Ausgleich für künftig wegfallende Einnahmen dargestellt habe. Die Mitwirkung am Zustandekommen der Entschädigung stehe dem nicht entgegen, weil er, der Kläger, hierbei unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gestanden habe. Da sich der Aufwand der GmbH als Arbeitgeberin bei Aufrechterhaltung der Pensionszusage infolge der anzunehmenden verdeckten Gewinnausschüttung auf das 2‹fache erhöht hätte, habe die GmbH und damit indirekt er als Alleingesellschafter unter wirtschaftlichem Druck gestanden. Der GmbH wäre die Erfüllung der Zusage bei wesentlich erhöhten Aufwendungen rechtlich wahrscheinlich nicht zumutbar und wirtschaftlich untragbar geworden, weshalb die Grundlage für die Altersversorgung unsicher geworden wäre. Als Arbeitnehmer habe er unter dem rechtlichen Druck gestanden, daß die Pensionszusage nicht - wie vorgesehen - sein Einkommen nach Eintritt des Versorgungsfalles, sondern sein laufendes Einkommen erhöht haben würde. Für die laufende Erhöhung des Wertes der Pensionsanwartschaft hätte er Steuern aufbringen müssen, ohne daß hierfür Mittel zugeflossen wären. Diese erhöhte Steuerbelastung hätte den Aufbau einer alternativen Altersversorgung nicht zugelassen.
Entgegen der Ansicht des Finanzgerichts (FG) sei ein Gesellschafterbeschluß über die Abfindung nicht schon deswegen eine einvernehmliche, die Annahme von Zwang ausschließende Regelung, weil die GmbH und ihr beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer als Einheit angesehen werden müßten. Andernfalls müßte die Steuervergünstigung für Entschädigungen im Sinne von § 24 Nr. 1 a EstG beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern generell versagt werden, was gleichheitswidrig (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) wäre. Mit der These, es habe kein Zwang bestanden, weil mehrere alternative Möglichkeiten zur Neuregelung der Verhältnisse offengestanden hätten, verwechsle das FG Ursache und Wirkung. Ob eine Zwangslage bestanden habe, beurteile sich nicht nach den Möglichkeiten ihrer Beseitigung, sondern danach, ob die Ursachen, die zu einer Veränderung geführt haben, ,,freiwillig" oder ,,zwangsläufig" entstanden seien. Ebenfalls unzutreffend sei die Annahme des FG, die Abfindung stelle eine Vergütung für die bisherige Tätigkeit dar. Tatsächlich sei die Entschädigung für den Wegfall künftiger Einnahmen, nämlich aus der Versorgungszusage, geleistet worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Einkommensteuer unter Abänderung der Vorentscheidungen auf . . . DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Gemäß § 34 Abs. 1 EStG werden außerordentliche Einkünfte auf Antrag einem ermäßigten Steuersatz unterworfen. Als außerordentlich in diesem Sinne sind nur die in § 34 Abs. 2 EStG aufgeführten Einkünfte anzusehen. Von diesen kommen im Streitfall lediglich Entschädigungen in Betracht, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind (§ 24 Nr. 1 a EStG).
Derartige Entschädigungen sind nur solche Zahlungen, die als Ersatz für Einnahmen geleistet werden, die entweder entgangen sind oder noch entgehen, und die nunmehr an deren Stelle treten. Zwar kann eine Entschädigung auch dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige bei dem zum Einnahmeausfall führenden Ereignis mitgewirkt hat. Jedoch muß nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung der Steuerpflichtige zumindest unter einem von einem anderen ausgeübten, nicht unerheblichen tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Druck gehandelt haben (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. Juli 1978 IV R 43 /74, BFHE 125, 271, BStBl II 1979, 9; vom 5. Februar 1987 IV R 121/83, BFH / NV 1987, 571; vom 22. Januar 1988 VI R 135/84, BFHE 152, 461, BStBl II 1988, 525 unter 5.; sowie Beschluß vom 2. September 1988 X B 25 /88, nicht veröffentlicht - NV -).
2. Im Streitfall haben FA und FG einen solchen Druck zu Recht verneint.
Der Senat braucht nicht abschließend zu entscheiden, ob bei Zuwendungen einer GmbH an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, wenn er der einzige Gesellschafter der GmbH ist, wegen der wirtschaftlichen Identität von Gesellschaft und Gesellschafter begünstigte Entschädigungen im Sinne von § 24 Nr. 1 a EStG generell zu verneinen sind. Jedenfalls ist im Streitfall nicht festzustellen, daß der Kläger den Verzicht auf künftige Versorgungsansprüche gegen Gewährung einer einmaligen Abfindung infolge eines nicht unerheblichen tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Drucks vereinbart hat. Es mag allenfalls wirtschaftlich sinnvoll gewesen sein, durch einvernehmliche Änderung des Pensionierungsalters (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28. April 1982 I R 51/76, BFHE 135, 519, BStBl II 1982, 612 unter II.) die Voraussetzungen für weitere Zuführungen zu der von der GmbH gebildeten Rückstellung zu schaffen. Dagegen ist nicht ersichtlich, welche Druckmittel der GmbH zur Verfügung gestanden haben sollen, den Kläger generell zu einem Verzicht auf Versorgungsleistungen zu bewegen. Insbesondere sind keine Gründe dafür vorgetragen worden, daß die GmbH bei unveränderter Rückstellung ihren Verpflichtungen aus der Pensionsvereinbarung nicht würde nachkommen können und der Kläger wegen der Gefährdung seiner Versorgungsansprüche gezwungen gewesen sei, diese sich abfinden zu lassen.
Fundstellen
Haufe-Index 416838 |
BFH/NV 1990, 429 |