Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Deutsche Bundesbahn unterliegt mit den Einkünften aus den Verpachtungen ihrer Bahnhofshotels und Bahnhofsgastwirtschaften nicht der Körperschaftsteuer.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Ziff. 6, § 4 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
I. Sachverhalt
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.), die Deutsche Bundesbahn (DBB), Bundesbahndirektion Z., hat das Bahnhofshotel im Hauptbahnhof Z. verpachtet. Der Pachtzins besteht in Vomhundertsätzen der Umsätze; mindestens beträgt er ..... DM. Die Bgin. stellt die Möbel für die Gastzimmer und die Matratzen für die Hotelbetten, die Fernsprechapparate und die Uhren, ferner die großen Ausstellungsgegenstände für den Empfangsraum, den Frühstücksraum und den Kochherd für die Küche. Die Schönheitsreparaturen (Tapeten, Anstrich) obliegen vorläufig der Bgin. Die anderen Einrichtungsgegenstände hat der Pächter zu beschaffen; sie bleiben sein Eigentum.
Die Bgin. erzielte aus Pachteinnahmen einen überschuß von ..... DM. Das Finanzamt zog unter Berufung auf § 1 Abs. 1 Ziff. 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1953, § 1 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KStDV) 1953 die Bgin. mit diesem Betrag zur Körperschaftsteuer heran.
Auf die Sprungberufung stellte das Finanzgericht unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG die Bgin. von der Körperschaftsteuer frei. Seine Entscheidung ist in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" 1957 S. 416 veröffentlicht. Es führte im wesentlichen aus: Nach § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG sei die DBB grundsätzlich von der Körperschaftsteuer befreit; steuerpflichtig sei sie nur mit inländischen Einkünften, die dem Steuerabzug unterlägen (§ 4 Abs. 2 KStG). Der Wortlaut des Gesetzes lasse erkennen, daß die DBB im vollen Umfang steuerfrei sein solle. In der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Urteil I 258/39 vom 23. April 1940, Reichssteuerblatt - RStBl - 1940 S. 747, Slg. Bd. 48 S. 293) und im Schrifttum (Blümich-Klein- Steinbring, 3. Aufl., Anm. 7 Abs. 3 zu § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG) werde die Auffassung vertreten, daß die persönliche Steuerbefreiung nicht weiter ausgedehnt werden könne als die Steuerfreiheit der übrigen Körperschaften des öffentlichen Rechts. Diese Auffassung sei mit dem Wortlaut und dem Sinn des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG nicht zu vereinbaren. Im Urteil des Reichsfinanzhofs I 258/39, das sich mit der Steuerpflicht der von der Reichspost geführten Kantinen befasse, sei auch der Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung betont. Für diese Beurteilung biete aber das Gesetz keinen Anhalt. Das Urteil stelle die Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG in den Vordergrund. Das sei nach den heutigen Auslegungsgrundsätzen nicht zulässig (vgl. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2 BvH 2/52 vom 21. Mai 1952, Slg. Bd. 1 S. 299 ff.). Hätte das Gesetz die DBB - abgesehen von § 4 Abs. 2 KStG - nicht in vollem Umfang von der Körperschaftsteuer befreien wollen, so hätte es Einschränkungen machen müssen, wie das z. B. in § 4 Abs. 1 Ziff. 3 und 4 KStG auch geschehen sei. § 4 Abs. 1 Ziff. 1 enthalte eine Sonderregelung für die Bundesbahn. Die Steuerbefreiung sei vollständig; die Art der Einkünfte spiele dabei keine Rolle. Da die Bgin. persönlich steuerbefreit sei, könne sie nicht teilweise persönlich steuerpflichtig sein; die persönliche Steuerbefreiung sei unteilbar (Mirre-Dreutter, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., S. 113/4). § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG sei gegenüber der allgemeinen Bestimmung des § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG die Spezialbestimmung und gehe ihr vor. Ob der Betrieb eines Hotels ein Haupt- oder Nebenbetrieb der Bundesbahn sei, spiele keine Rolle.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Anwendung von § 1 Abs. 1 Ziff. 6, § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG. Er ist der Auffassung, daß sich die Steuerbefreiung der Bundesbahn nur auf den Verkehrsbetrieb beziehe und daß ihre Nebenbetriebe, soweit die in § 1 KStDV bezeichneten Voraussetzungen erfüllt seien, als Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts selbständige Steuersubjekte und als solche zur Körperschaftsteuer heranzuziehen seien.
II. Stellungnahme des Bundesministers DER Finanzen
Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten und hat im wesentlichen ausgeführt: "1. Es fragt sich, was unter "Deutsche Bundesbahn" - DBB - i. S. des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG zu verstehen ist, insbesondere ob der Begriff identisch ist mit dem, der sich aus dem Bundesbahngesetz vom 13. Dezember 1951 (BGBl I S. 955) - BBG - ergibt. Das FG geht davon aus, daß Identität bestehe und daß sich die Steuerbefreiung nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG auf den gesamten Tätigkeitsbereich der DBB beziehe und im Wege der Auslegung nicht auf den reinen Verkehrsbetrieb beschränkt werden könne. Der Tätigkeitsbereich der DBB ergibt sich aus dem ihr nach §§ 1 und 3 BBG i. V. mit dem Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der DBB vom 2. März 1951 (BGBl I S. 155) zugewiesenen Vermögen und aus den ihr nach § 4 BBG zugewiesenen Aufgaben. Auch die Hotelbetriebe sind, soweit sie zum Sondervermögen "Deutsche Reichsbahn" gehörten, Teile des Sondervermögens "Deutsche Bundesbahn" geworden; nach dem Willen des Gesetzgebers gehört ihre Verwaltung und Nutzung zum Aufgabenbereich der DBB. Die Errichtung der Hotels kann nur im Rahmen der der DBB zugewiesenen Aufgaben erfolgt sein. Es darf als ausgeschlossen gelten, daß die DBB Tätigkeiten aufnimmt, die ihr wesensfremd sind. Unter diesen Voraussetzungen erscheint der Schluß zulässig, daß sich die Steuerbefreiung der DBB auf ihre gesamte Tätigkeit, also einschließlich der Verpachtung ihrer Nebenbetriebe bezieht. 2. Für das gleiche Ergebnis spricht auch die folgende überlegung: Die Freistellung der DBB in § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG geht auf § 14 des Reichsbahngesetzes - RBG - vom 30. August 1924 (RGBl II S. 272) zurück. Danach war die Gesellschaft von jeder neuen direkten Steuer auf ihre Rein- oder Roheinnahmen, auf ihr bewegliches und unbewegliches Eigentum oder auf ihr Personal befreit. Die Steuerfreiheit bezog sich damals auf die unter der Firma "Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft" (§ 1 Abs. 1 RBG) geführte Kapitalgesellschaft. Der Gesellschaft war vom Reich das ausschließliche Recht zum Betrieb der Reichseisenbahnen übertragen worden (§ 5 Abs. 1 RBG), wobei das Betriebsrecht außer den Reichseisenbahnen mit allem Zubehör auch die sonstigen Nebenbetriebe (§ 5 Abs. 4 RBG) umfaßte. Die unbeschränkt ausgesprochene persönliche Steuerbefreiung einer Kapitalgesellschaft bezieht sich auf deren gesamte Tätigkeit. Die Steuerbefreiung der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft umfaßte daher auch die Einkünfte aus den Nebenbetrieben. Nach Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 10. Februar 1937 (RGBl II S. 47) führte die "Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft" von nun ab den Namen "Deutsche Reichsbahn"; sie verwaltete das Vermögen der Deutschen Reichsbahn- Gesellschaft und das dem Betrieb der Reichseisenbahnen gewidmete Vermögen des Reichs nach den Vorschriften des Reichsbahngesetzes vom 13. März 1930 (RGBl II S. 369) als Sondervermögen des Reichs weiter. Die änderung betraf nur den rechtlichen Status des Trägers; in tatsächlicher Hinsicht blieb alles beim alten. Hierin hat sich auch durch das BBG vom 13. Dezember 1951 nichts geändert. Aus dieser Entwicklung ergibt sich, daß mit der änderung des rechtlichen Status nicht auch eine änderung der steuerrechtlichen Behandlung beabsichtigt war. Die Tätigkeit der Deutschen Reichsbahn und später der DBB ist im gleichen Umfang steuerbefreit geblieben, wie es vorher auch die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft gewesen war. Die Entscheidung des FG könnte demnach begründet erscheinen. 3. Der RFH hat aber bereits in der Zeit der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft entschieden, daß die Steuerbefreiung nicht auf Betriebe der Gesellschaft erstreckt werden kann (RFH-Urteil I A 159/36 vom 1. Dezember 1936, RStBl 1937 S. 321). Später hat der RFH die Steuerbefreiung für Nebenbetriebe anerkannt, soweit diese unmittelbar an dem Hoheitscharakter des Hauptzwecks des Unternehmens teilhaben (RFH- Urteil I 198/42 vom 12. Januar 1943, RStBl 1943 S. 84). Demnach ist unter "Deutsche Bundesbahn" i. S. des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG nicht nur der reine Verkehrsbetrieb zu verstehen. Es gehören hierzu vielmehr auch die Nebenbetriebe, die den Bedürfnissen des Eisenbahn- und Schiffahrtsbetriebs und - verkehrs der Deutschen Bundesbahn zu dienen bestimmt sind (§ 41 BBG). Welche Betriebe im einzelnen diese Voraussetzungen erfüllen, kann zweifelhaft sein. Finger führt in seinem Kommentar zu den Eisenbahngesetzen (3. Aufl. S. 288) hierzu folgendes aus: "Nebenbetriebe sind Hilfsbetriebe des eigentlichen Eisenbahnbetriebs in der Hand Dritter, z. B. Schlaf- oder Speisewagenbetrieb der Deutschen Schlaf- oder Speisewagengesellschaft, Bahnhofs-Wechselstuben der Deutschen Verkehrs-Kredit-Bank AG, Verkaufsstände und Verkaufsläden auf Bahngebiet, soweit sie ausschließlich oder überwiegend Sachen des täglichen Reisebedarfs verkaufen, wobei nicht die Lage vor oder hinter der Sperre, sondern räumlicher Zusammenhang mit dem Personenbahnhof (RG EE 44, 183; RG EE 44, 295) entscheidet". Sarter-Knittel (Die Deutsche Bundesbahn S. 236) hält es für wesentlich, "daß diese Nebenbetriebe in einem so engen Sachzusammenhang mit dem eigentlichen Eisenbahnbetrieb stehen, daß sie von der Allgemeinheit auf Grund lang dauernder übung als Bestandteil des Eisenbahnbetriebs angesehen werden". Zwar werden für die Entscheidung, ob ein Hilfsbetrieb im Einzelfall gegeben ist, auch die Entwicklung der Verhältnisse, insbesondere die veränderten Ansprüche des reisenden Publikums von Bedeutung sein. Es würde aber zu weit führen, auch Hotelbetriebe, wie sie in mehreren Städten von der DBB unterhalten werden, noch als bloße Hilfsbetriebe anzusehen, weil der für eine solche Annahme notwendige unmittelbare Zusammenhang zwischen ihnen und dem eigentlichen Verkehrsbetrieb nicht mehr gegeben erscheint. Der Unterschied zwischen den Hotelbetrieben und den Bahnhofswirtschaften, die als Hilfsbetriebe anzuerkennen sein dürften, besteht darin, daß die Gastwirtschaften als Warte- und Erfrischungsräume, insbesondere für die unvermeidlichen kurzfristigen Fahrtunterbrechungen, erforderlich sind, während die Hotels in der Regel nur für Fahrgäste Bedeutung haben, die ihre Reise ohne Rücksicht auf die nächste Anschlußmöglichkeit unterbrechen wollen.
Bei einer solchen längeren Unterbrechung ist der Reisende aber auf den Hotelbetrieb der DBB nicht in demselben Masse angewiesen, wie auf einen Erfrischungs- und Warteraum für die kurzfristigen Fahrtunterbrechungen. Benutzt der Reisende das Bundesbahnhotel, so macht er in dieser Hinsicht nicht von der einzigen für ihn bestehenden Möglichkeit Gebrauch, und der für ihn damit verbundene, wegen der in der Nähe der Bahnhöfe gelegenen anderen Hotelbetriebe meist nur unbedeutende Vorteil beschränkt sich im wesentlichen auf die Vermeidung zusätzlicher Wege. Nach allem erscheint deshalb ein Zusammenhang zwischen dem Verkehrsbetrieb und dem Hotelbetrieb nicht gegeben. 4. Bei Abwägung der für und gegen die Einbeziehung der Hotelbetriebe in die Steuerbefreiung der DBB sprechenden Argumente verdient m. E. die vom RFH vertretene Auffassung den Vorzug, weil sie allein zu einem sachlich befriedigenden Ergebnis führt. Wohl hat die Entscheidung des FG den Wortlaut des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG für sich, trotzdem erscheint die gegebene Begründung als zu formal. Das FG hätte sich insbesondere mit dem für die Auffassung des RFH entscheidenden Gesichtspunkt auseinandersetzen müssen, nach dem die persönliche Steuerbefreiung der DBB nicht weiter ausgedehnt werden kann als die Steuerfreiheit des Bundes selbst, der überhaupt nicht zu den steuerpflichtigen Rechtspersonen des § 1 KStG gehört (RFH-Urteil I 258/39 vom 23. April 1940, RStBl 1940 S. 747, Slg. Bd. 48 S. 293). Es erscheint nicht sinnvoll, daß eine Tätigkeit als Betrieb gewerblicher Art zwar steuerpflichtig wäre, wenn sie vom Bund unmittelbar ausgeübt würde, daß die gleiche Tätigkeit aber steuerfrei bliebe, wenn sie im Rahmen eines der steuerbefreiten Sondervermögen des Bundes betrieben würde. Dies muß jedenfalls dann gelten, wenn es sich - wie im Streitfall - um Tätigkeiten handelt, die mit dem eigentlichen Zweck dieses Sondervermögens nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen. In der Verpachtung eines der DBB gehörenden Hotelbetriebs muß deshalb ein subjektiv steuerpflichtiger Betrieb i. S. des § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG gesehen werden".
Entscheidungsgründe
III. Entscheidung des Senats
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.
Zutreffend gehen alle Beteiligten davon aus, daß der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG dafür spricht, die DBB in vollem Umfang von der Körperschaftsteuer freizustellen. Hätte der Gesetzgeber die Steuerfreiheit einschränken wollen, so hätte es nahegelegen, das im Gesetz zum Ausdruck zu bringen, wie er es z. B. in den in § 4 Ziff. 4-9 KStG aufgeführten Fällen der persönlichen Steuerbefreiung getan hat. Dafür, daß die DBB mit ihrer gesamten Tätigkeit steuerfrei sein soll, spricht auch die vom Bundesminister der Finanzen dargestellte Rechtsentwicklung. Zu der Zeit, als die Deutsche Reichsbahn noch in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt wurde, war sie mit ihren Nebenbetrieben steuerfrei. Es liegt kein Anhalt dafür vor, daß, als im Jahre 1937 ihr rechtlicher Status geändert wurde, sich der Umfang der Steuerbefreiung des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG ändern sollte. Für die vollständige Steuerbefreiung der DBB sprechen auch gute innere Gründe. Die DBB ist ein wirtschaftliches Gebilde eigener Art mit gemeinwirtschaftlicher Zielsetzung. Sie darf ihren Betrieb nicht wie ein Privatunternehmen nach erwerbswirtschaftlichen Interessen betreiben. Dadurch ist die DBB im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft beschränkt und wesentlich belastet. Es wäre nicht sinnvoll, eine lohnende Tätigkeit zu besteuern, die oft unlohnende Tätigkeit aber nach § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG freizustellen. Die Erträge aus verpachteten eingerichteten Betrieben der DBB bleiben keineswegs voll steuerfrei. Die DBB läßt ihre Hotels und Gastwirtschaften ausschließlich durch Pächter betreiben. Die Pächter unterliegen mit ihren Gewinnen der Einkommensteuer (Körperschaftsteuer). Die an die DBB gezahlten Pachten sind allerdings Betriebsausgaben für die Pächter und mindern deren Gewinn. Die Steuerbefreiung wirkt sich also nur auf die Pachterträge der DBB aus.
Der Bundesminister der Finanzen und der Vorsteher des Finanzamts berufen sich darauf, daß nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs die Sondervermögen des Bundes, die in § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG genannt sind, nur insoweit steuerfrei seien, als sie im Rahmen des ihnen zugewiesenen Aufgabenkreises blieben. Die Finanzverwaltung will dabei die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG sinngemäß anwenden, wenn die Sondervermögen mit einer ausgeübten Tätigkeit den ihnen zugewiesenen Aufgabenkreis überschreiten. Nach § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG sind Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts körperschaftsteuerpflichtig; einem solchen Betrieb steht die Verpachtung eines Betriebs gewerblicher Art gleich. Es besteht keine Veranlassung, zu den vom Bundesminister der Finanzen angeführten Entscheidungen des Reichsfinanzhofs abschließend Stellung zu nehmen. Denn bei den Kantinen der Reichspost (Urteil des Reichsfinanzhofs I 258/39 vom 23. April 1940, RStBl 1940 S. 747, Slg. Bd. 48 S. 293) und der Reichsautobahnen (Urteil des Reichsfinanzhofs I 198/42 vom 12. Januar 1943, RStBl 1943 S. 84) für ihr Personal sowie bei der Kleiderkasse der Reichsbahn für ihre Beamten und Angestellten (Urteil des Reichsfinanzhofs I A 159/36 vom 1. Dezember 1936, RStBl 1937 S. 321) handelte es sich nicht um Tätigkeiten, die mit den Beförderungsaufgaben der Post und der Betreuung der Reisenden durch die Reichsbahn und die Reichsautobahnen unmittelbar zusammenhängen.
In der Sache I 117/58, die gleichzeitig entschieden wurde, ist der Senat dem Finanzgericht und dem Bundesminister der Finanzen darin beigetreten, daß die Verpachtung einer eingerichteten Gastwirtschaft durch die DBB unter die Steuerbefreiung des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG fällt. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Gastwirtschaft vor oder hinter der Sperre betrieben wird, sowie ob und in welchem Umfang sie von Nichtreisenden benutzt werden kann oder benutzt wird. Die Einrichtung und Unterhaltung von Gastwirtschaften hängt so eng mit dem Verkehrsbetrieb der DBB und der nach der Entwicklung der Verhältnisse ihr obliegenden Betreuung der Reisenden zusammen, daß die DBB, wenn sie Gastwirtschaften einrichtet und verpachtet, in dem ihr obliegenden Aufgabenkreis bleibt. Auch wenn man demnach mit dem Bundesminister der Finanzen die Steuerbefreiung des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG nur auf die Tätigkeiten, die die DBB innerhalb des ihr übertragenen Aufgabenkreises ausübt, beschränkt, so ist jedenfalls die Verpachtung von Gastwirtschaften steuerfrei.
Im Gegensatz zur Bgin. rechnet der Bundesminister der Finanzen die Verpachtung eingerichteter Bahnhofshotels dagegen nicht zu den der DBB obliegenden Aufgaben. Dieser Auffassung des Bundesministers der Finanzen wird nicht beigetreten. Die Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG erfaßt wohl nicht Vermögenswerte und ihre Erträge, die den Aufgaben der DBB vollkommen wesensfremd sind. Grundsätzlich spricht aber die Vermutung dafür, daß die DBB, die sich in der Hand des Bundes befindet, nur Tätigkeiten übernimmt, die sich im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags halten. Umfang und Art der Verkehrsaufgaben der DBB stehen nicht ein für allemal fest, sondern sind von den Zeitumständen, insbesondere von der Entwicklung der Technik und des Verkehrs, abhängig. Außer dem Bundesbahnhotel in A., das im Jahre 1928 errichtet wurde, hat die DBB ihre Hotels in den Jahren nach der Währungsumstellung gebaut. Nach den Erklärungen der Bgin. stehen die Hotels in engem räumlichen Zusammenhang mit den Bahnhöfen und auf Bahngelände. Die DBB kam mit der Errichtung der Hotels einem Wunsch vieler Reisender nach Bequemlichkeit nach. Sie beteiligte sich damit aber auch an der Beseitigung des Mangels an Hotelbetten, der durch die Kriegszerstörungen in vielen Städten, aber auch durch die Belebung des Reiseverkehrs entstanden war. Sie entsprach mit der Einrichtung der Hotels vielfach den Bitten der Kommunalbehörden, die darauf hinwiesen, daß die DBB, wenn sie Reisende in die Städte bringe, auch für deren Unterbringung mitsorgen müsse. Schließlich hat die DBB darauf hingewiesen, daß im internationalen Verkehr die Errichtung von Bahnhofshotels zunehme. Wenn auch zuzugeben ist, daß die Einrichtung und Verpachtung von Hotels weniger eindeutig zur Betreuung der Reisenden gehört als die Einrichtung von Bahnhofsgaststätten, so ist der Senat entgegen dem Bundesminister der Finanzen doch der Auffassung, daß unter Berücksichtigung der Entwicklung der Verhältnisse und der vorstehenden Ausführungen die DBB sich mit der Errichtung von Bahnhofshotels im Rahmen der ihr vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben, die auch eine zeitgemäße Betreuung der Reisenden umfaßt, gehalten hat. Die Vertreter der DBB erklärten in der mündlichen Verhandlung, in der die Frage Gegenstand eingehender Erörterungen war, daß für die Errichtung und den Betrieb der Bahnhofshotels die Betreuung der Reisenden der DBB der entscheidende Gesichtspunkt war.
Da die Steuerpflicht der DBB aus Verpachtungen von Bahnhofshotels und Bahnhofsgastwirtschaften grundsätzlich verneint wird, braucht nicht zu der Frage Stellung genommen zu werden, ob, wenn die Steuerpflicht bestünde, mit dem Finanzamt jede Verpachtung eines Hotels oder einer Gastwirtschaft für sich zu beurteilen wäre, oder ob nicht vielmehr die Verpachtung der Gastwirtschaften und Hotels der DBB als Einheit zu behandeln wäre. Es spricht jedenfalls manches dafür, alle Verpachtungen zusammenzufassen. Die Bgin. hat darauf hingewiesen, daß bei der nach ihrer Auffassung gebotenen Gesamtbeurteilung der Verpachtungen aller Hotels und Gastwirtschaften sich auf die Dauer kein überschuß ergeben würde, da sie viele unlohnende Gastwirtschaften an kleinen Bahnhöfen unterhalten müsse.
Fundstellen
Haufe-Index 409165 |
BStBl III 1958, 429 |
BFHE 1959, 409 |
BFHE 67, 409 |
BB 1958, 1162 |
DB 1958, 1203 |