Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbehelf gegen Abrechnungsbescheid; Zulässigkeit der Klage bei falschem Vorverfahren; Zulässigkeit eines Verrechnungsvertrags
Leitsatz (NV)
1. Wird ein Abrechnungsbescheid aufgrund einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung mit der Beschwerde angefochten und das Beschwerdeverfahren durchgeführt, so steht das unzutreffende Vorverfahren der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage nicht entgegen, denn das FA hat bei der Prüfung, ob es der Beschwerde abhelfen will, die Einwendungen des Rechtsbehelfsführers überprüft und sie für unbegründet gehalten. Somit wäre auch ein Vorverfahren mit dem richtigen Rechtsbehelf (Einspruch) ,,erfolglos" i. S. v. § 44 FGO geblieben.
2. Grundsätze des Steuerrechts stehen einer Anerkennung eines Verrechnungsvertrags nicht entgegen, weil der Staat als Steuergläubiger nicht auf seinen Steueranspruch verzichtet und der Steuerpflichtige bis zur Tilgung seiner Steuerschuld Steuerschuldner bleibt.
Normenkette
AO 1977 § 218 Abs. 2, § 348 Abs. 1 Nr. 9; FGO § 44; BGB §§ 133, 157, 164 Abs. 1, § 242
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), Ehefrau des Gesellschafters R der R-GmbH und Kommanditisten der R-GmbH & Co. KG (KG), beantragte 1982 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -), ihr das Steuerguthaben aus der Einkommensteuerveranlagung 1980 in Höhe von ursprünglich 11 286 DM - im Klageverfahren reduziert auf 10 771,20 DM - auszuzahlen. Das FA lehnte diesen Antrag ab, weil die KG am 31. Juli 1981 durch ihre steuerliche Beraterin, die früher auch die Eheleute R vertrat, unter Hinweis auf das Einkommensteuerguthaben 1980 der Eheleute R (anzurechnende Lohnsteuer und Kirchensteuer der Klägerin) einen Stundungsantrag für die Umsatzsteuervorauszahlung April 1981 gestellt hatte, das FA die Stundung gewährt und später das sich ergebende Einkommensteuerguthaben auf diese Umsatzsteuerrückstände der KG umgebucht hatte.
Im Ablehnungsbescheid bezeichnete das FA in der Rechtsbehelfsbelehrung die Beschwerde gemäß § 349 der Abgabenordnung (AO 1977) als den möglichen Rechtsbehelf. Die daraufhin von der Klägerin eingelegte Beschwerde wies die Oberfinanzdirektion (OFD) im wesentlichen mit der Begründung zurück, der Stundungsantrag der KG habe das Angebot der Klägerin zum Abschluß eines Verrechnungsvertrags enthalten. Dieses Angebot habe das FA durch die Stundung der Umsatzsteuer angenommen.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Ablehnungsbescheid des FA sei kein Abrechnungsbescheid im Sinne des § 218 Abs. 2 AO 1977, sondern lediglich die Wiederholung einer Aufrechnungserklärung des FA. Dagegen aber sei die Beschwerde und nicht der Einspruch der richtige Rechtsbehelf gewesen.
Der Erstattungsanspruch der Klägerin sei durch Aufrechnung seitens des FA mit der Umsatzsteuerschuld der KG erloschen. Die fehlende Gegenseitigkeit beider Forderungen sei durch einen Verrechnungsvertrag zwischen der Klägerin und dem FA überbrückt worden.
In dem Stundungsantrag der KG sei ein Angebot der Klägerin, vertreten durch ihre steuerliche Beraterin, auf Verrechnung des Einkommensteuerguthabens mit der Umsatzsteuerschuld der KG zu sehen. Das Stundungsschreiben sei wegen des ausdrücklichen Hinweises auf das Einkommensteuerguthaben 1980 der Eheleute R nur so zu verstehen, daß die Klägerin sich damit einverstanden erklärt habe, daß ihr Steuerguthaben der KG zukommen sollte.
Dem im Stundungsschreiben der KG dokumentierten Verrechnungswillen der Klägerin stehe nicht entgegen, daß die Klägerin ein ihr vom FA übersandtes Abtretungsformular nicht unterschrieben und zurückgesandt habe, denn das Angebot des FA zum Abschluß eines Abtretungsvertrags liege zeitlich später als das Verrechnungsangebot der Klägerin. Das Angebot der Klägerin habe das FA durch die Stundungsverfügung hinsichtlich der Umsatzsteuerschuld gegenüber der Klägerin angenommen. Zwar sei die Stundungsverfügung nur an den Ehemann der Klägerin gerichtet gewesen, doch habe die Klägerin - wiederum vertreten durch ihre steuerliche Beraterin - gemäß § 151 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf den Zugang einer Annahmeerklärung durch das FA verzichtet. Die Verfügung der Stundung gegenüber der KG habe ihr ausgereicht.
Auch § 46 AO 1977 stehe dem Erlöschen des Erstattungsanspruchs nicht entgegen, denn diese Vorschrift schütze den Steuerpflichtigen nicht davor, Aufrechnungshindernisse vertraglich zu beseitigen.
Das FG ließ offen, ob die Aufrechnungserklärung des FA bereits in der Stundungsverfügung (28. August 1981), in der Umbuchungsmitteilung des FA auf dem Einkommensteuerbescheid 1980 (18. Dezember 1981) oder in der angefochtenen Ablehnungsverfügung gegenüber der Klägerin (26. April 1982) zu sehen sei, denn der Erstattungsanspruch der Klägerin sei in jedem Fall erloschen.
Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Vorentscheidung sei bereits insoweit fehlerhaft, als sie das Beschwerdeverfahren als zutreffendes Rechtsbehelfsverfahren angesehen habe. Die angefochtene Ablehnungsverfügung des FA sei ein Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO 1977. Daher wäre der Einspruch und nicht die Beschwerde der richtige Rechtsbehelf gewesen.
Der Stundungsantrag der KG, verfaßt von deren steuerlichen Beraterin unter der Steuernummer der KG, beinhalte kein Angebot der Klägerin auf Abschluß eines Verrechnungsvertrags. Er enthalte keinen Hinweis darauf, daß die steuerliche Beraterin in Vollmacht und mit Wissen und Wollen der Klägerin gehandelt habe und die Klägerin mit dem Handeln der steuerlichen Beraterin einverstanden gewesen sei. Die Beraterin habe keinerlei Vollmacht zum Abschluß eines solchen Vertrags gehabt. Die entsprechenden Ausführungen des FG seien Unterstellungen, die durch Vernehmung der Beraterin und des Ehemannes der Klägerin als Zeugen hätten aufgeklärt werden müssen.
Das FG hätte weiterhin aufklären müssen, warum eine Verrechnung mit dem Guthaben der Klägerin auf dem Konto der KG erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens über deren Vermögen erfolgt sei und warum das FA trotz des angeblichen Verrechnungsvertrags noch eine Abtretungserklärung der Klägerin verlangt habe. Dieses widersprüchliche Verhalten des FA sei diesem vom FG weder vorgehalten worden noch habe das FG auf einer entsprechenden Klärung bestanden.
In materiell-rechtlicher Hinsicht habe das FG § 181 BGB nicht beachtet, denn die steuerliche Beraterin der Klägerin habe nach Ansicht des FG als Vertreterin der Klägerin und gleichzeitig als Vertreterin der KG gehandelt. Die Klägerin habe zu dieser Doppelvertretung weder ihre Einwilligung erteilt noch die entsprechenden Handlungen später genehmigt.
Die Schlußfolgerung, die Klägerin habe auf einen Zugang der Annahmeerklärung des FA im Sinne des § 151 BGB verzichtet, sei durch nichts gerechtfertigt. Weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten habe die Klägerin einen solchen Verzicht erklärt. Die Zustellung der Stundungsverfügung an den Ehemann reiche als Zugang einer die Klägerin betreffenden Willenserklärung des FA nicht aus.
Die Auslegung der Stundungsverfügung durch das FG sei fehlerhaft. Diese Verfügung sei nur an den Ehemann der Klägerin als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gerichtet, nenne im Betreff den Stundungsantrag der KG vom 31. Juli 1981 und spreche inhaltlich die begehrte Stundung der Umsatzsteuervorauszahlung April 1981 aus. Für eine Auslegung dieser Erklärung im Sinne des FG bestehe keine Möglichkeit. Willenserklärungen seien vom Empfängerhorizont her auszulegen. Unterstellt, die Klägerin habe die Erklärung empfangen, so hätte sie unter keinen Umständen in der Stundungsverfügung eine Annahmeerklärung des FA hinsichtlich eines Verrechnungsangebots sehen können.
Weiter unterstellt, die Klägerin habe ein Verrechnungsangbot abgegeben, so hätte sie angesichts der Höhe des Betrags gemäß § 147 Abs. 2 BGB innerhalb von 14 Tagen mit einer Antwort des FA rechnen können. Tatsächlich habe das FA aber erst vier Wochen nach Eingang des Stundungsantrags die Stundungsverfügung ausgesprochen. Diese Annahmeerklärung wäre daher nicht fristgerecht.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und - sinngemäß - einen Erstattungsbetrag von 10 771,20 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß der Klägerin kein Erstattungsanspruch gegen das FA aus der Einkommensteuerveranlagung 1980 mehr zusteht.
1. Das FG ist - zumindest im Ergebnis - zu Recht von der Zulässigkeit der Klage gemäß § 44 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgegangen, obwohl im Vorverfahren die Finanzbehörde über den Rechtsbehelf der Klägerin durch Beschwerdeentscheidung und nicht durch einen Einspruchsbescheid entschieden hat.
Entgegen der Auffassung des FG ist die Ablehnungsverfügung des FA ein Abrechnungsbescheid im Sinne von § 218 Abs. 2 AO 1977. Nach dieser Vorschrift entscheidet die Finanzbehörde über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, durch Verwaltungsakt. Mit einem solchen Abrechnungsbescheid wird u. a. darüber entschieden, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung erloschen ist, d. h., ob schon gezahlt, aufgerechnet, verrechnet, erlassen wurde oder ob Verjährung eingetreten ist (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. Februar 1970 IV R 244/67, BFHE 98, 400, BStBl II 1970, 444; vom 21. Januar 1977 III R 125/73, BFHE 121, 284, BStBl II 1977, 396).
Im Streitfall stützt die Klägerin ihren Anspruch darauf, daß ihr gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein Überschuß aus der Einkommensteuerveranlagung 1980 auszuzahlen ist. Das FA verweigert die Auszahlung dieses Überschusses mit der Begründung, der Anspruch der Klägerin sei durch Verrechnung des Erstattungsbetrags mit der rückständigen Umsatzsteuerschuld der KG erloschen. Über diese Streitigkeit kann nur im Wege des Abrechnungsbescheids im Sinne von § 218 Abs. 2 AO 1977 entschieden werden.
Gegen den Abrechnungsbescheid ist nach § 348 Abs. 1 Nr. 9 AO 1977 der Einspruch gegeben. Das von der Klägerin aufgrund der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung durchgeführte, unzutreffende außergerichtliche Vorverfahren stand der Zulässigkeit der Klage gemäß § 44 Abs. 1 FGO dennoch nicht entgegen, denn das FA hat bei der Prüfung, ob es der Beschwerde abhelfen will, die Einwendungen der Klägerin überprüft und für unbegründet gehalten, so daß auch ein Vorverfahren über den richtigen Rechtsbehelf ,,erfolglos geblieben" wäre. Dem Zweck des § 44 FGO ist danach Genüge getan (BFH-Urteile vom 18. Juni 1986 II R 38/84, BFHE 146, 519, 523, BStBl II 1986, 704; vom 18. März 1970 I R 176/69, BFHE 99, 14, BStBl II 1970, 556).
2. Das FG ist weiterhin zu Recht der Auffassung des FA gefolgt, daß der Erstattungsanspruch der Klägerin durch die Umbuchung (Verrechnung) ihres Einkommensteuerüberschusses 1980 auf die Umsatzsteuerschuld der KG erloschen ist.
Das FA nahm diese Umbuchung vor, nachdem die gemeinsame Steuerbevollmächtigte der Eheleute R und der KG im Juli 1981 einen Stundungsantrag für die KG wegen der Umsatzsteuerschuld April 1981 stellte und in diesem Stundungsantrag ausdrücklich darauf hinwies, daß das zu versteuernde Einkommen ihres Mandanten R für 1980 0 DM betragen werde und daher von der Klägerin, die mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werde, geleistete Lohn- und Kirchensteuer 1980 somit zu erstatten wäre. Die in diesem Stundungsschreiben enthaltenen Erklärungen der Steuerbevollmächtigten, die aufgrund ihrer Vertretungsbefugnis auch der Klägerin zuzurechnen sind, waren vom FG unter Beachtung der Vorschriften auszulegen, die für die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen gelten. Das FG hatte mithin bei der Auslegung der Erklärung der Steuerbevollmächtigten den wirklichen Willen der von ihr Vertretenen zu erforschen und durfte nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften (§ 133 BGB). Beim Vorliegen eines Vertrages war dieser so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§§ 157, 242 BGB). Das FG ist im Wege der Auslegung der in dem Stundungsantrag enthaltenen Erklärungen zu dem Ergebnis gelangt, daß in dem Stundungsantrag der Beraterin ein Angebot der Klägerin an das FA zum Abschluß eines Verrechnungsvertrags zu sehen ist. Diese Auslegung läßt keinen Verstoß gegen die genannten gesetzlichen Auslegungsregeln erkennen.
Das Stundungsschreiben vom 31. Juli 1981 war von der steuerlichen Beraterin der KG verfaßt. Diese Beraterin vertrat - wie dem FA bekannt war - auch die Klägerin und ihren Ehemann in steuerlichen Angelegenheiten gegenüber dem FA. Der Beraterin mußte bekannt sein, daß ihr Stundungsantrag für die KG nur dann Erfolg haben konnte, wenn sie dem FA eine Verrechnung oder Abtretung von Erstattungsansprüchen der KG oder eines anderen Steuerpflichtigen offerieren konnte. Der Hinweis in dem Stundungsschreiben auf einen Erstattungsanspruch der Klägerin aus der Einkommensteuerveranlagung 1980 konnte daher nur in der vom FA und FG angenommenen Art und Weise verstanden werden.
Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerin eine derartige Verrechnung nicht wollte und dies später durch die Weigerung, eine Abtretungsanzeige abzugeben, dokumentierte. Die Beraterin war als Bevollmächtigte im Sinne des § 80 Abs. 1 AO 1977 i. V. m. § 164 Abs. 1 BGB berechtigt, die Klägerin gegenüber dem FA zu vertreten. Die Vollmacht ermächtigte zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, da sie nicht ausdrücklich inhaltlich beschränkt war (§ 80 Abs. 1 Satz 2 AO 1977). Sollte die Beraterin zweck- und pflichtwidrig den Erstattungsanspruch der Klägerin zur Verrechnung mit den Steuerschulden der KG angeboten haben, so berührt dies das Verhältnis zum FA (Außenverhältnis) grundsätzlich nicht. Aus einem pflichtwidrigen Verhalten der Beraterin könnten lediglich zivilrechtliche Folgerungen im Verhältnis der Kläger zu ihrer Beraterin (Innenverhältnis) gezogen werden. Aus diesem Grund geht auch die Aufklärungsrüge der Revision ins Leere. Eine Vernehmung der Beraterin oder des Ehemannes der Klägerin als Zeugen bedurfte es nicht.
Der Wirksamkeit des vom FG angenommenen Verrechnungsangebots steht auch § 181 BGB nicht entgegen, denn die Beraterin hat weder ein sog. Insichgeschäft abgeschlossen noch als doppelte Vertreterin im Sinne dieser Vorschrift gehandelt. Sie hat lediglich in einem Schriftsatz Willenserklärungen für zwei von ihr vertretene Steuerpflichtige - Klägerin und KG - abgegeben. Darin liegt keiner der von § 181 BGB erfaßten Tatbestände.
Das Ergebnis der vom FG als Tatsacheninstanz vorzunehmenden Auslegung verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze.
Das FG ist rechtsfehlerfrei zu der Auffassung gelangt, daß zwischen dem FA und der Klägerin ein Verrechnungsvertrag zustande gekommen ist. Das Stundungsschreiben der steuerlichen Beraterin beinhaltete ein Angebot der Klägerin an das FA zum Abschluß eines Verrechnungsvertrages. Das FA hat dieses Angebot durch den Erlaß der Stundungsverfügung am 28. August 1981 konkludent angenommen, denn die Verschaffung einer Verrechnungsmöglichkeit war u. a. Voraussetzung für die Stundung (§ 222 AO 1977). Die Annahmeerklärung des FA war auch fristgerecht im Sinne von § 147 BGB, da sie innerhalb einer dem FA zuzugestehenden Bearbeitungszeit - hier ca. vier Wochen - abgegeben wurde. Die Annahmeerklärung brauchte auch nicht der Klägerin persönlich zugehen (§ 151 BGB), da derartige Stundungs- und Verrechnungsanträge im allgemeinen nur durch die Gewährung oder Ablehnung der Stundung selbst vom FA beantwortet werden. Das beklagte FA konnte daher auch im Streitfall davon ausgehen, daß die Klägerin auf den Zugang einer ausdrücklichen Annahmeerklärung ihres Verrechnungsangebots verzichtet hatte.
Gegen die Wirksamkeit des Verrechnungsvertrags bestehen keine rechtlichen Bedenken. Ein Verrechnungsvertrag kann abgeschlossen werden, wenn die Voraussetzungen für die (einseitige) Aufrechnung nicht gegeben sind, etwa wenn es - wie im Streitfall - an der Gegenseitigkeit der Forderungen und/oder deren Fälligkeit fehlt. Für die Aufrechnung öffentlich-rechtlicher Ansprüche ist die Zulässigkeit eines Aufrechnungs- bzw. Verrechnungsvertrages allgemein anerkannt (BFH-Urteil vom 13. Oktober 1972 III R 11/72, BFHE 107, 260, BStBl II 1973, 66, 68). Auch zum Zwecke der Aufrechnung trotz fehlender Gegenseitigkeit der Forderungen können die Beteiligten den in der AO 1977 nicht ausdrücklich geregelten Verrechnungsvertrag schließen. Die AO 1977 setzt es als selbstverständlich voraus, daß auch ein Dritter in sinngemäßer Anwendung des § 267 BGB durch Zahlung das Steuerschuldverhältnis zum Erlöschen bringen kann. Nichts anderes kann deshalb gelten, wenn mit Zustimmung des Gläubigers die Steuerschuld eines Dritten statt durch Zahlung durch Verrechnung mit Erstattungsansprüchen getilgt werden soll. Grundsätze des Steuerrechts stehen der Anerkennung eines Verrechnungsvertrages nicht entgegen, weil der Staat als Steuergläubiger nicht auf seinen Steueranspruch verzichtet und der Steuerpflichtige bis zur Tilgung der Steuerschuld Steuerschuldner bleibt (Senatsurteil vom 12. November 1985 VII R 119/81, BFH/NV 1986, 642, 643; BFH-Urteil vom 21. März 1978 VIII R 60/73, BFHE 125, 326, 329, 330, BStBl II 1978, 606).
3. Die von der Revision erhobenen Aufklärungsrügen über das Verhalten des FA und den Zeitpunkt der Verrechnung des Einkommensteuerguthabens der Klägerin genügen nicht den Anforderungen des § 120 Abs. 2 FGO. Danach ist es notwendig, daß der Revisionskläger schlüssig Tatsachen bezeichnet, aus denen sich ergibt, daß ein Verfahrensmangel vorliegt, und darlegt, daß das angefochtene Urteil auf ihm beruhen kann. Daran fehlt es, denn die Klägerin hat nicht dargelegt, wofür es für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein sollte, das Verhalten des FA und den Zeitpunkt der Verrechnung näher aufzuklären.
Fundstellen
Haufe-Index 416292 |
BFH/NV 1989, 762 |