Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung von Verträgen zwischen beherrschendem Gesellschafter und Kapitalgesellschaft; Höhe von Garantierückstellungen
Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Vertrag zwischen einem beherrschenden Gesellschafter und seiner Kapitalgesellschaft nicht klar und eindeutig, so ist dieser anhand der allgemein geltenden Auslegungsregeln auszulegen. Ggf. kann auch Beweis erhoben werden.
2. Sagt eine Kapitalgesellschaft ihrem beherrschenden Gesellschafter eine Pension zu, die aus einer genau bezifferten fiktiven Jahresnettoprämie zu errechnen ist, ist aber in der Zusage der zur Errechnung der Jahresrente notwendige Rechnungszinsfuß nicht angegeben und wird die Jahresrente von einem Versicherungsmathematiker (zeitnah) errechnet, so kann die Höhe des nach dem Parteiwillen anzusetzenden Rechnungszinsfußes auch durch außerhalb des schriftlichen Vertrages liegende Umstände, sei es im Wege der Auslegung, sei es im Wege der Einvernahme des Versicherungsmathematikers, festgestellt werden.
3. Garantierückstellungen sind im Regelfall anhand der Erfahrungswerte in der Vergangenheit zu bewerten. Die Feststellung dieser Erfahrungswerte ist eine dem FG obliegende Tatsachenfeststellung.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Berlin (Dok.-Nr. 0145972; EFG 1998, 688) |
Tatbestand
I.
1. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine 1968 gegründete GmbH mit Sitz in Berlin, hatte ihren beherrschenden Gesellschafter F zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Sie sagte diesem am 23. Dezember 1985 eine Alters-, Invaliden- und Witwenversorgung zu. Dabei wurde u.a. folgende Vereinbarung getroffen:
"I. Leistungsarten
Herr F hat unter Verzicht auf eine andernfalls notwendige Aufstockung der Aktivbezüge um jährlich DM 80 000, die in dieser Höhe für die fiktive Nettoprämie dieser Versorgung verwendet wird, gegenüber der Gesellschaft einen Anspruch auf
a) Alters- und Invalidenrente
b) Witwenrente …
Unter Zugrundelegung einer fiktiven versicherungsmathematischen Jahresnettoprämie von DM 80 000 errechnet sich ein jährliches Ruhegehalt, das sich aus der Nettoprämie und den entsprechenden vorliegenden persönlichen Daten errechnet."
Der von der Klägerin beauftragte Versicherungsmathematiker B ermittelte anhand der vertraglichen Abmachungen eine Jahresrente von 68 292 DM. Dabei ging der Gutachter nach den Richttafeln für die Pensionsversicherung 1983 von Dr. Klaus Heubeck von einem Rechnungszins in Höhe von 4 % aus und ermittelte eine Rückstellung zum 31. Dezember 1985 in Höhe von 559 633 DM. Die Klägerin stellte diesen Betrag im Streitjahr 1985 zurück und führte der Rückstellung im Streitjahr 1986 einen Betrag in Höhe von 94 342 DM zu.
Bei der Klägerin fand 1987 eine Außenprüfung statt. Die Klägerin legte dem Prüfer ein Gutachten des Versicherungsmathematikers A vor, der eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung des Rechnungszinsfußes im Hinblick auf die Richttafeln von Heubeck und das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 15. Dezember 1982 IV B 7 -S 2742- 15/82 (BStBl I 1982, 988) für "überflüssig" hielt und seiner Berechnung ebenfalls einen Rechnungszinsfuß von 4 % zugrunde legte. Er kürzte allerdings den vom Gutachter B errechneten Rückstellungsbetrag 1985 auf 528 404 DM, weil dieser nicht mit der vertraglichen Versorgungszusage übereinstimmte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) erkannte daraufhin die Rückstellung nur in Höhe von 528 404 DM an. Zugleich nahm er in dieser Höhe eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an, weil in der Vereinbarung vom 23. Dezember 1985 der für die Umrechnung der Jahresnettoprämie notwendige Rechnungszinsfuß nicht angegeben und somit die Höhe der Pension nicht klar und eindeutig festgelegt worden sei. Daraufhin erteilte die Klägerin F am 2. September 1987 eine neue Pensionszusage, in der die Pension auf 10 000 DM monatlich festgelegt wurde.
2. Die Klägerin bildete in den Streitjahren jeweils Garantierückstellungen in Höhe von 5 % des Umsatzes. Das FA hielt Rückstellungen in Höhe von 0,5 % des Jahresumsatzes für angemessen.
Die Klage der Klägerin hatte keinen Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 688).
Mit ihrer, vom Finanzgericht (FG) wegen der Pensionszusageproblematik zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung der §§ 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG), 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sowie des § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 4 und § 253 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches und beantragt u.a., das angefochtene Urteil aufzuheben und abweichend von den Bescheiden betreffend Körperschaftsteuer 1985 und 1986, Feststellung gemäß § 47 KStG zum 31. Dezember 1985 und 1986 die Körperschaftsteuer 1985 und 1986 unter Außerachtlassung von vGA in Höhe von 598 404 DM (1985) und 94 342 DM (1986) und unter Berücksichtigung weiterer Garantierückstellungen in Höhe von 46 043 DM (1985) und 69 034 DM (1986) festzusetzen und die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG dementsprechend festzustellen.
Hilfsweise beantragt sie, den in 1987 angefallenen Verlust in Höhe von 622 746 DM, der bei Erstansatz der Pensionsrückstellung zum 31. Dezember 1987 resultiert, nach § 10d EStG zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen und den hilfsweise gestellten Antrag zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Rechtsstreit betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1984 und 1. Januar 1986 wird abgetrennt. Zur Entscheidung hierüber ist der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zuständig (vgl. Geschäftsverteilungsplan des BFH A. II. Senat Nr. 1; Ergänzende Regelungen I Nr. 4, BStBl II 1998, 43).
III.
Die Revision der Klägerin ist in Sachen Pensionszusage begründet, im übrigen unbegründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Die Sache ist zur Nachholung weiterer Feststellungen an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
A. Die Revision ist in vollem Umfang zulässig. Das FG hat die Revision zugelassen (Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs). Die Zulassung betrifft die Streitgegenstände und damit im Streitfall u.a. den Rechtsstreit in Sachen Körperschaftsteuer 1985 und 1986 sowie die Feststellung gemäß § 47 KStG auf den 31. Dezember 1985 und 31. Dezember 1986. Auch wenn das FG der Streitsache nur im Zusammenhang mit der Pensionszusage grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), ist es der Klägerin nicht verwehrt, sich im Revisionsverfahren auch gegen den nach ihrer Auffassung zu niedrigen Ansatz der Garantierückstellungen zu wenden. Es war ―entgegen der Auffassung des FA― dem FG sogar untersagt, die Revision nur hinsichtlich einzelner Rechtsfragen zuzulassen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 44, m.w.N.).
B. Die Revision ist begründet, weil das FG bei der gebotenen Auslegung der Pensionszusage die allgemeinen Auslegungsregeln nicht beachtet hat.
1. Die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge ist nicht formgerecht erhoben worden. Die Klägerin rügt insoweit, das FG habe den Neuabschluß einer Pensionsvereinbarung im Anschluß an die Außenprüfung und den hieraus sich ergebenden hohen Verlustrücktrag nicht beachtet und damit § 96 FGO verletzt. Die Bezeichnung der angeblich verletzten Rechtsnorm genügt nicht. Die Klägerin hätte vielmehr auch die Tatsachen genau bezeichnen müssen, aus denen sich nach ihrer Ansicht der behauptete Verfahrensverstoß ergibt. Wird ―wie im Streitfall― gerügt, das FG habe nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens seiner Entscheidung zugrunde gelegt, so müssen die Aktenteile, die das FG nach Ansicht des Revisionsklägers nicht berücksichtigt hat, genau bezeichnet werden (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rdnrn. 37, 41, m.w.N.). Daran fehlt es. Im übrigen wäre die Rüge nur dann schlüssig erhoben, wenn die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren auf die Möglichkeit eines Verlustrücktrags hingewiesen hätte. Auch das ist nicht geschehen.
2. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545, m.w.N.).
a) Das FG hat eine vGA aufgrund des beherrschenden Gesellschaftsverhältnisses angenommen, weil die Höhe der Pension ohne Bezifferung des zur Umrechnung der fiktiven Jahresnettoprämie notwendigen Rechnungszinsfußes nicht eindeutig feststeht. Dem ist insoweit zuzustimmen, als eine solche Unklarheit dem beherrschenden Gesellschafter eine Gewinnmanipulationsmöglichkeit eröffnet und eine solche ein gewichtiges Indiz für die Annahme einer vGA ist. Der erkennende Senat hat aber mittlerweile wiederholt entschieden, daß auch Verträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter auszulegen sind. Ggf. ist sogar Beweis über den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen zu erheben. Erst wenn sich auf diese Weise der Inhalt einer Vereinbarung nicht zweifelsfrei feststellen läßt, ist für die Annahme einer vGA aufgrund beherrschender Gesellschaftsverhältnisse Raum (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 4. Dezember 1991 I R 63/90, BFHE 166, 279, BStBl II 1992, 362; vom 25. Oktober 1995 I R 9/95, BFHE 179, 270, BStBl II 1997, 703; vom 11. Februar 1997 I R 43/96, BFH/NV 1997, 806; vom 9. April 1997 I R 52/96, BFH/NV 1997, 808; vom 22. Oktober 1998 I R 29/98, zur Veröffentlichung in BFH/NV bestimmt, m.w.N.). Damit hat der erkennende Senat seine teilweise geäußerten Zweifel an der Möglichkeit einer Auslegung von Verträgen zwischen Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter (z.B. so noch im Urteil vom 29. April 1992 I R 21/90, BFHE 168, 151, BStBl II 1992, 851) aufgegeben.
b) Das FG hat seiner Begründung zwar diese Rechtsgrundsätze vorangestellt. Es hat sie aber letztlich nicht angewendet. Auslegung bedeutet die Anlegung allgemein geltender Auslegungsgrundsätze auf die konkrete auslegungsbedürftige Vereinbarung. Das heißt, bei Willenserklärungen ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn eines Ausdrucks zu haften (§ 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches ―BGB―). Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte dies erfordern (§ 157 BGB). Geboten ist danach insbesondere die Berücksichtigung des sprachlichen Zusammenhangs der abgegebenen Willenserklärungen, der Stellung der auslegungsbedürftigen Formulierungen im Gesamtzusammenhang des Textes und sämtlicher Begleitumstände (vgl. z.B. BFH in BFH/NV 1997, 806, m.w.N.).
So hätte es sich im Streitfall angeboten, zunächst der Frage nachzugehen, ob und ggf. welche Vorgaben die Klägerin dem Versicherungsmathematiker B für die Berechnung der Jahresrente bzw. der Pensionsrückstellung gemacht hat. Schließlich konnte dieser offensichtlich die Jahresrente berechnen. Sollte insoweit der Gutachter keine Rücksprache mit der Klägerin gehalten haben, so stellt sich die Frage, aus welchen Gründen der Gutachter ―ebenso wie der Gutachter A― keinerlei Zweifel an einem Rechnungszinsfuß von 4 % hatte. Es wäre denkbar, daß dieser der Verkehrssitte i.S. des § 157 BGB entsprach (z.B. Rechnungszinsfuß der Versicherungswirtschaft). Zwar hat der Senat wiederholt entschieden, daß die Bemessungsgrundlage für die Vergütung eines beherrschenden Gesellschafters so bestimmt sein muß, daß allein durch einen Rechenvorgang die Höhe der Vergütung ermittelt werden kann (vgl. z.B. BFH in BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545; in BFHE 168, 151, BStBl II 1992, 851, m.w.N.). Soweit aber im Sachverständigenkreis der Versicherungsmathematiker grundsätzlich ein bestimmter Rechnungszinsfuß angewendet wird, kann dies als Auslegungskriterium ("Verkehrssitte") berücksichtigt werden (vgl. z.B. auch BFH-Urteil vom 10. März 1971 I R 178/69, BFHE 102, 247, BStBl II 1971, 566).
Schließlich kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Gutachter B ein auf dem Gebiet der Versicherungsmathematik tätiger außenstehender Dritter war. Daß sich im weiteren Verlauf dessen Berechnungen nach Auffassung des Gutachters A nicht als korrekt herausgestellt haben, hat mit der Höhe des Zinsfußes nichts zu tun. Ausweislich des Gutachtens A entsprach die Berechnung des Gutachters B aus anderen Gründen nicht den Vorgaben der vertraglichen Vereinbarung. Berechnungsfehler eines Sachverständigen können der Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht angelastet werden.
c) Im zweiten Rechtsgang wird das FG nunmehr unter Beachtung der aufgezeigten gesetzlichen Auslegungsregeln und ggf. nach Beweiserhebung den Inhalt der Pensionszusage feststellen. Sollten danach noch Zweifel über die Höhe der zugesagten Pension verbleiben, so wäre wegen Unklarheit eine vGA anzunehmen. Das FG wird auch folgende Besonderheit des Streitfalles zu berücksichtigen haben:
Aus der Pensionszusage ergibt sich klar und eindeutig, daß der Zusage eine "fiktive versicherungsmathematische Jahresnettoprämie" in Höhe von 80 000 DM zugrunde zu legen war. Fiktive Jahresnettoprämie ist der Betrag, der für eine entsprechende Versicherung ohne Abschluß- und Verwaltungskosten bezahlt werden müßte (vgl. Schreiben des BMF in BStBl I 1982, 988). Folglich wurde in der streitgegenständlichen Pensionszusage begrifflich und systematisch auf den Rechnungszinsfuß in der Lebensversicherung (vgl. § 11 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz, 11. Aufl., § 11 Rdnr. 9, m.w.N.) Bezug genommen. Unter diesen Umständen erscheint es ausgeschlossen, in vollem Umfang von einer vGA auszugehen.
3. Hinsichtlich der Höhe der Garantierückstellung ist die Vorentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat ist an die Schätzung des FG gebunden, da es sich insoweit um eine Tatsachenfeststellung i.S. des § 118 Abs. 2 FGO handelt und die Klägerin keine diesbezüglichen Verfahrensrügen erhoben hat (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rdnr. 24; BFH-Urteile vom 4. Juni 1997 X R 12/94, BFHE 183, 214, BStBl II 1997, 740; vom 27. März 1996 I R 3/95, BFHE 180, 155, BStBl II 1996, 470; vom 18. April 1991 IV R 7/89, BFHE 165, 38, BStBl II 1991, 833). Der Senat kann daher nur prüfen, ob das FG bei seiner Schätzung gegen die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze verstoßen hat. Das ist nicht der Fall.
Garantieverpflichtungen können als Einzelrückstellung für die bis zum Tag der Bilanzaufstellung bekannt gewordenen einzelnen Garantiefälle oder als Pauschalrückstellung gebildet werden. Für die Bildung von Pauschalrückstellungen wird vorausgesetzt, daß der Kaufmann aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit Garantieinanspruchnahmen rechnen muß oder daß sich aus der branchenmäßigen Erfahrung und der individuellen Gestaltung des Betriebs die Wahrscheinlichkeit ergibt, Garantieleistungen erbringen zu müssen (vgl. BFH-Urteile vom 30. Juni 1983 IV R 41/81, BFHE 140, 30, BStBl II 1984, 263; vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359; vom 17. Februar 1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437). Da die Klägerin eine Pauschalrückstellung gebildet hat, ist diese der Höhe nach grundsätzlich anhand der Erfahrungen der Vergangenheit zu schätzen. Es besteht kein Streit, daß die bisherigen Erfahrungswerte zu den streitigen Stichtagen eine Rückstellung nur in Höhe von 0,5 % der Umsätze zulassen.
Soweit die Klägerin im Revisionsverfahren vorträgt, daß es sich bei ihren Umsätzen um Neuentwicklungen handelt, kann dies revisionsrechtlich nicht zu einer Erhöhung der Rückstellung führen. Entweder hat es sich schon in der Vergangenheit um Neuentwicklungen gehandelt, die nach den Feststellungen des FG nur zu Garantieleistungen in Höhe von 0,5 % der Umsätze führten, oder die Klägerin ist erst in den Streitjahren dazu übergegangen, Neuentwicklungen umzusetzen. Im letzteren Fall läge neuer Sachvortrag vor, der im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden darf. Da die Sache aber aus anderen Gründen an das FG zurückverwiesen wird, bleibt der Klägerin die Möglichkeit, im zweiten Rechtsgang nachzuweisen, daß die bisherigen Erfahrungswerte aufgrund geänderter Umstände den künftigen Garantieaufwand bereits umgesetzter Produkte nicht abdecken (vgl. Lambrecht in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 5 D 221).
Fundstellen
Haufe-Index 56282 |
BFH/NV 1999, 1566 |
BStBl II 2001, 612 |
BFHE 189, 45 |
BFHE 2000, 45 |
BB 1999, 1800 |
DB 1999, 1783 |
DB 1999, 1785 |
DStR 1999, 1393 |
DStRE 1999, 716 |
DStZ 1999, 877 |
DStZ 1999, 878 |
HFR 1999, 916 |
StE 1999, 546 |