Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Gemeinnützigkeit einer Stiftung, deren satzungsmäßiger Zweck und Tätigkeit sich in der Führung eines Erholungsheimes auf christlicher Grundlage und mit seelsorgerischer Betreuung erschöpft.
SHG § 5 Ziff. 8; StAnpG § 17; GemV 1953 §§ 7, 21; GemV 1941 § 2 Abs. 2; Erlaß des
Normenkette
SHG § 5 Ziff. 8; StAnpG § 17; GemV § 7; GemV § 21; GemV § 2 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Bfin. als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Körperschaft anzusehen und aus diesem Grunde von der Soforthilfeabgabe freizustellen ist.
Die Stiftung, die im Jahre 1898 durch Verleihung die Rechtsfähigkeit einer juristischen Person erhalten hat, betreibt ein Erholungsheim.
Hierzu bestimmt die Satzung der Stiftung im einzelnen folgendes: Die Stiftung soll nach § 2 ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken durch seelsorgerische und körperliche Betreuung und Pflege solcher erholungsbedürftiger Personen beiderlei Geschlechtes dienen, die zu einem Erholungsaufenthalt nur über beschränkte Mittel verfügen, so daß ihnen die bestehenden Gasthäuser und Pensionen weniger leicht zugänglich sind. Vor allem sollen Aufnahme finden männliche und weibliche Angestellte aller Art, selbständige Handwerker und Gewerbetreibende, Berufsarbeiter der Inneren und äußeren Mission, erholungsbedürftige Mütter, Witwen und sonstige Personen aus bescheidenen Verhältnissen. Nach Abs. 3 des gleichen Paragraphen ist die Erzielung von Gewinnen und überschüssen jeglicher Art ausgeschlossen. Weiterhin bestimmt § 9, die Aufnahme in das Erholungsheim erfolge bei Personen, welche den vollen Verpflegungssatz zu zahlen bereit sind, durch die Hausverwaltung vorbehaltlich der nachträglichen Genehmigung des Verwaltungsausschusses, im übrigen auf Ansuchen durch den Verwaltungsausschuß unter Berücksichtigung von Bedürftigkeit und Würdigkeit. In gewisser Ergänzung des § 2 Abs. 3 der Satzung wird in § 11 vorgeschrieben, die Preise sollten so gestellt werden, daß kein Gewinn erzielt werde. Der etwaige Mehrertrag des Jahres sei demgemäß zur Preisermäßigung für die Folgejahre an besonders Bedürftige oder im allgemeinen oder auch zur Vergrößerung der Anlage zu verwenden.
Das Heim ist während des letzten Krieges mit seinem gesamten Betriebe als Lazarett beschlagnahmt worden und diente nach 1945 zunächst als Kaserne. Es ist erst 1952 wieder dem eigentlichen Stiftungszwecke zugeführt worden.
Das Finanzamt hat die Stiftung ungeachtet ihrer satzungsmäßigen Widmung nicht von der Soforthilfeabgabe befreit und auch den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen, weil es bei der Tätigkeit der Bfin., die sich in der Führung des Erholungsheimes erschöpfe, an der ausschließlichen Gemeinnützigkeit fehle. Nach der tatsächlichen Gestaltung des Geschäftsbetriebes trete die Bfin. mit anderen Hotels, Pensionen und Gasthäusern zumindest teilweise in Wettbewerb. Das Erholungsheim werde, wie sich aus dem Betriebsprüfungsbericht aus dem Jahre 1940 ergebe, in erheblichem Umfange auch von Angehörigen wirtschaftlich bessergestellter Bevölkerungskreise besucht, was für die weiter zurückliegende Zeit auch durch den Inhalt des Urteils des für das Land zuständigen Verwaltungsgerichtshofes bestätigt werde. Dort sei der Anteil der Gäste aus besser situierten Bevölkerungskreisen mit etwa 1/3 angegeben. Die Mehrzahl der wohlhabenderen Gäste ziehe das Heim der Bfin. wohl nur deshalb vor, weil es billiger sei. Diese Gäste würden sonst in ihrer überwiegenden Mehrzahl auch unter Verzicht auf die Besonderheiten des Heimes in anderen, steuerlich nicht begünstigten Hotelbetrieben Aufenthalt nehmen. Wenn aber die Verfolgung der an sich vom Staate geförderten Zwecke zu schweren wirtschaftlichen Benachteiligungen bei steuerlich nicht begünstigten Betrieben führe, so könne nicht anerkannt werden, daß die Tätigkeit der Bfin. ausschließlich gemeinnützig sei. Da im übrigen die geistliche Betreuung der Gäste von geringerer Bedeutung sei, ihr im übrigen ebenfalls das Merkmal der Ausschließlichkeit fehle, so könne der Bfin. die Steuervergünstigung nicht zuerkannt werden.
Das Finanzgericht hat sich dieser Meinung angeschlossen und die Berufung als unbegründet zurückgewiesen.
In ihrer Rb. rügt die Bfin. wesentliche Verfahrensmängel sowie unrichtige Anwendung des bestehenden Rechtes.
In der auf Antrag angeordneten mündlichen Verhandlung hat die Bfin. ergänzend insbesondere ausgeführt, das Finanzgericht sei bei der Ermittlung des Kreises der minderbemittelten Personen zu Unrecht davon ausgegangen, daß ihr Einkommen das Dreifache der Fürsorgerichtsätze nicht übersteigen dürfe. Vielmehr bilde nach den Bestimmungen der Gemeinnützigkeits-Verordnung (GemV) vom 16. Dezember 1941 und des dazu ergangenen Erlasses des Reichsministers der Finanzen S 1291 - 469 III R vom 20. Juli 1942 (RStBl 1942 S. 777), die als die für die Abgabepflichtige günstigeren Bestimmungen gemäß § 21 GemV vom 24. Dezember 1953 noch angewendet werden müßten, das Fünffache der Fürsorgerichtsätze die Einkommensgrenze für die Feststellung, ob die in Betracht kommenden Personen als bemittelt oder minderbemittelt anzusehen seien. Nach dem Stande von 1955 liege diese Grenze für kinderlose Ehepaare bei 650 DM. Personen, die besonders durch Krankheitskosten belastet seien, könnten aber selbst bei überschreiten dieser Grenzen noch als minderbemittelt angesehen werden. Auf die Berufsbezeichnung als solche komme es nicht entscheidend an, da hieraus allein nicht zu erkennen sei, ob es sich um eine minderbemittelte oder um eine nicht minderbemittelte Person handle. Im übrigen hätten die Vorinstanzen den Wettbewerbsgedanken zu Unrecht in den Vordergrund gerückt; im Gesetze sei dieser Gesichtspunkt nicht zum Ausdruck gelangt; GemV und Steueranpassungsgesetz (StAnpG) erwähnten ihn überhaupt nicht. Die Gesetzgebung unterscheide im wesentlichen nur zwei Gruppen von begünstigten Unternehmen, nämlich eine solche, bei der allein die sachlichen Gesichtspunkte zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit Anlaß gäben, und eine zweite, die besonders begünstigten Personengruppen diene. Im allgemeinen genüge es bei diesen, wenn etwa 2/3 der von ihnen betreuten Personen Minderbemittelte seien; bei Krankenanstalten sei es sogar ausreichend, wenn 40 v. H. der Anstaltsinsassen sozialversichert seien. Bei anderen Anstalten, katholischen Studentenheimen usw. sei eine bestimmte Begrenzung der nicht zur minderbemittelten Bevölkerung zählenden Personen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Insassen überhaupt nicht vorgesehen. Daher rechtfertige sich auch ihre eigene Anerkennung als gemeinnützigen Zwecken dienendes Erholungsheim und damit die Freistellung von der Soforthilfeabgabe.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung des Rechtsmittels ergibt folgendes:
Es kann der Bfin. zugegeben werden, daß der Zweck des Unternehmens, das auch nach der Neufassung der Stiftungssatzung auf die Errichtung und den Betrieb eines Erholungsheimes für Minderbemittelte auf christlicher Grundlage und mit christlicher Hausordnung gerichtet ist, als gemeinnützig anerkannt werden darf, da die Verfolgung dieser Ziele, insbesondere auch der religiösen, soweit diese nicht ohnehin als kirchlichen Zwecken dienend angesehen werden können, jedenfalls als gemeinnützig zu bezeichnen ist. Die vorübergehende Zweckentfremdung des Erholungsheimes für staatliche Zwecke und für die Zwecke der Besatzungsmacht in Kriegs- und Nachkriegszeit vermögen die gemeinnützige Zweckrichtung der Satzungsbestimmungen nicht zu beeinträchtigen. Es bestehen deshalb keine Bedenken dagegen, daß das Finanzgericht die satzungsmäßige Gemeinnützigkeit der Stiftung anerkannt hat.
Andererseits stellt aber das Erholungsheim nach Einrichtung und Art der Geschäftsführung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne der GemV dar. Derartige Geschäftsbetriebe sind aber nur dann steuerlich unschädlich, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, wenn diese Zwecke nur durch ihn erreicht werden können und wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfange in Wettbewerb tritt, als es zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (vgl. § 7 GemV).
Das Finanzgericht hat den Wettbewerbsgedanken in den Vordergrund gestellt und dazu ausgeführt, daß das Erholungsheim für die Erreichung der steuerbegünstigten Zwecke keineswegs unentbehrlich sei, weil genügend andere Pensionen und Gasthöfe in allen Preislagen zur Verfügung ständen, in denen auch die nach der Satzung zu begünstigenden Personen untergebracht werden könnten. Die Stiftung, die der Berücksichtigung des Wettbewerbsgedankens im Rahmen der Prüfung der Gemeinnützigkeit eines Unternehmens überhaupt ablehnend gegenübersteht, hat den christlichen und religiösen Charakter ihres Erholungsheimes besonders betont und ihn als den eigentlichen Kern des Unternehmens bezeichnet. Deswegen und weil es Heime gleichen Charakters und mit einer dementsprechenden Preisgestaltung in dem Kurorte überhaupt nicht gebe, komme auch eine Konkurrenz zu anderen Unternehmen des Hotelgewerbes und zu anderen Beherbergungsinstituten nicht in Betracht.
Auch wenn man, wie es die Bfin. tut, den christlichen und religiösen Charakter ihres Erholungsheimes noch so sehr betont und ihn als Hauptzweck bezeichnet, bleibt die Tatsache bestehen, daß der Erholungszweck als gleichberechtigter Nebenzweck zu den religiös-kirchlichen Betreuungszwecken des Erholungsheimes hinzutritt. Auch die Bfin. selbst kann nicht bestreiten, daß DIE kirchlichen Zwecke als solche auch ohne den Betrieb eines Erholungsheimes erfüllt werden könnten. Es gibt in jeder christlichen Gemeinde, soweit sie nicht von zu geringem Umfange ist, Kirchen, Betsäle, Vortragsräume und ähnliches, in denen die Gläubigen in ausreichendem Umfange seelsorgerisch betreut werden können. Es mag sein, daß die seelsorgerische Arbeit in einem Heim, wie es von der beschwerdeführenden Stiftung unterhalten wird, durch das Zusammenleben der Heiminsassen und insbesondere durch die gemeinsame Einnahme der Mahlzeiten insofern erleichtert wird, als gerade unmittelbar vor oder nach diesen Mahlzeiten die Gelegenheit zu Andachten, Gebeten und sonstiger religiöser Betreuung vorhanden ist. Es kann aber nicht anerkannt werden, daß der Geschäftsbetrieb als solcher, der auf die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung in einer landschaftlich schönen Gegend gerichtet ist, zur Ausübung der Seelsorge und zur religiösen Belehrung notwendig und erforderlich ist. Es gilt insoweit das bereits in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs III 303/56 S vom 14. November 1958 (BStBl 1959 III S. 81, Slg. Bd. 68 S. 208) Gesagte, daß sich der Zweck der seelsorgerischen Betreuung und der religiösen Belehrung von Laien auch auf andere Weise und an anderem Orte als durch Unterbringung in gemeinschaftlichen Wohnräumen, hier in den Räumen eines Erholungsheimes, verwirklichen lasse. Man kann zwar sagen, daß das Zusammenleben in einem solchen Erholungsheim mit seelsorgerischer Betreuung geeignet ist, den Zweck der religiösen Beeinflussung und Belehrung von Laien besonders zu fördern; das ändert aber nichts daran, daß die Gewährung von Verpflegung und Wohnung in den Räumen des Erholungsheimes daneben noch den besonderen Zweck erfüllt, den Besuchern des Heimes einen Erholungsurlaub in landschaftlich schöner Gegend zu ermöglichen. Damit tritt aber die Stiftung in Wettbewerb zu anderen Gasthöfen, Pensionen und ähnlichen Betrieben. Es mag der Bfin. zugegeben werden, daß vielleicht ein nicht unerheblicher Teil der Gäste des Erholungsheimes immer nur ein Institut solcher oder ähnlicher Art aufsuchen und sich nicht mit der Unterbringung in einem der sonst zur Verfügung stehenden Gasthöfe etc. zufrieden geben würde. Es läßt sich aber die Möglichkeit nicht ausschließen, daß sich ein gewisser Teil der Gäste entschließen könnte, die Urlaubszeit auch außerhalb der besonderen Atmosphäre eines christlichen Erholungsheimes zu verbringen, daß also bei diesem Teile der Heiminsassen die Erholungsabsicht, nicht jedoch die Teilnahme an Bibelkursen oder Andachten im Rahmen des von der Bfin. geleiteten Erholungsheimes im Vordergrund steht.
Der Wettbewerb des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes der Bfin. mit anderen Beherbergungsunternehmen ähnlicher Art kann somit nicht in Abrede gestellt werden. Er ergibt sich auch daraus, daß das Erholungsheim in den Prospekten des Kurortes in der Reihe der Kurhäuser wie jedes andere Kurhaus aufgeführt wird unter Angabe der Bettenzahl, des Pensionspreises etc., ohne daß der besondere religiöse bzw. gemeinnützige Charakter des Hauses irgendwie hervorgehoben wird. Die Bfin. ist nun freilich der Ansicht, der Wettbewerbsgedanke habe weder im Gesetz noch in der GemV Ausdruck gefunden. Dieser Gesichtspunkt sei vielmehr erst durch das Urteil des Reichsfinanzhofs VI a A 1/35 vom 24. Juli 1937 - Slg. Bd. 42 S. 64 - in den Vordergrund gestellt worden, während in den Entscheidungen des Reichsfinanzhofs III A 351/33 vom 11. Januar 1934 - Slg. Bd. 35 S. 147 - und III A 378/34 vom 25. Juli 1935 - RStBl 1935 S. 1493 - der Gedanke vorherrsche, daß nicht schlechthin jeder wirtschaftliche Geschäftsbetrieb eines an sich gemeinnützigen Unternehmens zur Einschränkung oder Beseitigung der Begünstigung führe, insbesondere dann nicht, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb selbst die vom Gesetzgeber begünstigte Förderung der Allgemeinheit darstelle. Den letzten Gesichtspunkt will die Bfin. für ihr eigenes Erholungsheim in Anspruch nehmen. Ihre Ausführungen treffen indessen nicht den Kern der Sache. Es ist zwar richtig, daß der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber auch die Betätigung gemeinnütziger Körperschaften auf wirtschaftlichem Gebiete bis zu gewissem Grade in Kauf genommen hat, soweit die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit für die Erreichung des steuerbegünstigten Zweckes notwendig und erforderlich war. Das besagt aber nicht, daß der Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Wettbewerbes als solcher kein geeignetes Kriterium sei, um mit seiner Hilfe abzuwägen, ob sich die wirtschaftliche Tätigkeit einer ihrer Zweckrichtung nach gemeinnützigen Körperschaft in vertretbaren Grenzen halte und deshalb ihrer steuerlichen Begünstigung nicht im Wege stehe, oder ob sie diese Grenzen überschreite. Es ist auch nicht richtig, wenn die Bfin. meint, daß dieser Gedanke weder im Gesetz noch in der GemV irgendwie zum Ausdruck gelangt sei. Die GemV ordnet im § 7 Abs. 1 die steuerliche Begünstigung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes nur dann an, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, wenn diese Zwecke nur durch ihn erreicht werden können, und wenn DER wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu Steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Der darin deutlich zum Ausdruck gelangte Rechtsgedanke, daß der wirtschaftliche Wettbewerb derartiger Wirtschaftsbetriebe mit anderen Unternehmungen nur in dem Umfange für zulässig erachtet werden könne, in dem er zur Erreichung des steuerbegünstigten Zweckes unvermeidlich sei, ist aber als ein zentraler und grundsätzlich für die Beurteilung aller wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe gemeinnütziger Unternehmen maßgeblicher Gesichtspunkt zu erachten.
Bei Kurheimen, Pensionsbetrieben und Gasthäusern spielt der wirtschaftliche Wettbewerb eine so erhebliche Rolle, daß von einer steuerlichen Begünstigung einzelner derartiger Betriebe ernsthaft nur dann die Rede sein kann, wenn auf diesem Gebiete tätige Unternehmen mit der Gestaltung der Preise und mit ihrem gesamten Geschäftsbetriebe ganz überwiegend der gesundheitlichen Förderung bedürftiger oder gar minderbemittelter Personen durch Ermöglichung eines Kuraufenthaltes zu niedrigsten Preisen dienen.
Welche Personen in diesem Sinne als bedürftig oder minderbemittelt anzusehen sind, ergibt sich im einzelnen aus den Bestimmungen der GemV vom 24. Dezember 1953 (BStBl 1954 I S. 6 ff.). Der Bfin. ist zugegeben, daß gemäß § 21 dieser Verordnung für die vor ihrem Inkrafttreten verwirklichten Tatbestände auf das frühere Recht zurückgegriffen werden kann, wenn dies zu einem für den Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnis führt. Dies trifft im Streitfalle zu. Denn während nach den Vorschriften der jetzt geltenden GemV das Einkommen der Personen, die als bedürftig oder minderbemittelt anzusehen sind, auf das Zwei- bzw. Dreifache der Fürsorgerichtsätze begrenzt ist, lag die Einkommensgrenze nach der GemV vom 16. Dezember 1941 (RStBl 1941 S. 937) allgemein höher. Sie schloß gemäß § 2 Abs. 2 GemV 1941 für Bedürftige im allgemeinen bei dem Dreifachen der Fürsorgerichtsätze ab; für Minderbemittelte war aber in gewissen Fällen durch den Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 20. Juli 1942 S 1291 - 469 III R (veröffentlicht RStBl 1942 S. 777) sogar eine Erhöhung der Einkommensgrenze auf das Fünffache der Fürsorgerichtsätze vorgesehen. Die Bfin. ist der Meinung, daß dieser auf das Fünffache der Richtsätze erhöhte Einkommensbetrag in ihrem Falle die maßgebliche Grenze für die Aufnahme von Gästen gebildet habe und daß diese Grenze nach den 1955 geltenden Richtsätzen für kinderlose Ehepaare etwa bei 650 DM Monatseinkommen liege. Dies trifft indessen nicht zu. Denn die Anwendung der erhöhten Einkommenssätze ist nach dem Inhalte des Erlasses des Reichsministers der Finanzen S 1291 - 469 III R auf die in den §§ 10 und 11 GemV 1941 aufgezählten Einrichtungen und Institute beschränkt, deren Tätigkeit in besonderem Masse der minderbemittelten Bevölkerung dient. Im einzelnen kann es sich dabei um Altersheime, Waisenhäuser, Kindergärten, Volksküchen und Krankenanstalten handeln, nicht aber um Gasthäuser, Pensionen oder Erholungsheime, die in den §§ 10 und 11 GemV 1941 keine Erwähnung gefunden haben. Im übrigen kommt es hierauf aber für die Entscheidung nicht wesentlich an. Denn gleichgültig, von welchen Beträgen im Einzelfalle auszugehen ist, der Antrag einer an sich satzungsmäßig gemeinnützigen Zwecken dienenden Körperschaft auf steuerliche Begünstigung setzt, soweit sich ihre Tätigkeit auf den Betrieb eines Fremdenheimes beschränkt, in jedem Falle voraus, daß von ihr dargelegt wird, das Einkommen der aufgenommenen Personen überschreite die in der GemV und ihren Nebenbestimmungen festgelegten Grenzen nicht. Dazu ist aber die Bfin. nicht imstande; sie hat sich über die Einkommensverhältnisse der von ihr aufgenommenen Personen - vielleicht von einzelnen Ausnahmefällen abgesehen - ganz allgemein nicht unterrichten lassen, auch in dieser Beziehung grundsätzlich keine Prüfungen vorgenommen. Die Bfin. kann diesen Mangel in der Erfüllung ihrer Darlegungspflicht nicht dadurch beheben, daß sie die von ihr aufgenommenen Gäste nach den verschiedenen Berufsgruppen zusammengefaßt und dazu ausgeführt hat, nach dem Ergebnis dieser Aufgliederung in die einzelnen Berufsgruppen seien mehr als 2/3 ihrer Gäste als unbemittelt anzusehen. Ganz abgesehen davon, daß die Zahlenangaben der Bfin. insoweit teilweise gewechselt haben, kann diesen Darlegungen schon deshalb nicht gefolgt werden, weil gewisse von der Bfin. ausdrücklich genannte Berufsgruppen wie etwa Lehrer, mittlere Beamte oder Angestellte nicht, wie geschehen, in ihrer Gesamtheit der minderbemittelten Bevölkerung zugerechnet werden können. Gerade bei Lehrern, die im allgemeinen den Beamten des gehobenen Dienstes vergleichbar sind, wird eine Einordnung in die Gruppe der minderbemittelten Bevölkerungskreise in der Regel nicht Platz greifen können. Aber auch bei Angestellten und Hausfrauen - für die letzteren wird in der Regel das Einkommen des Ehegatten maßgebend sein - wird man die Einordnung in die Gruppe der minderbemittelten oder bedürftigen Bevölkerungskreise keineswegs verallgemeinern dürfen. Den Anteil der Minderbemittelten an der Gesamtheit der diesen Berufs- und Personengruppen zuzurechnenden Personen, die das Fremdenheim der Bfin. aufsuchten, auch nur einigermaßen zuverlässig zu schätzen, erscheint nahezu ausgeschlossen. Die Bfin. hat im übrigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senate selbst einräumen müssen, daß es auf die Berufsbezeichnung als solche nicht entscheidend ankomme, da diese allein nicht geeignet sei, erkennen zu lassen, ob es sich um eine minderbemittelte oder eine nicht minderbemittelte Person handle. Diese Angaben über die Berufsbezeichnung sind aber tatsächlich die einzigen konkreten Angaben, die die Bfin. zu dieser Frage gemacht hat.
Sie genügen indessen nicht, um die Darlegungspflicht der Bfin. zu erfüllen. Wenn diese ungeachtet dieser Mängel in der Begründung ihres Antrages auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit die Auffassung vertritt, die Vorinstanzen hätten von sich aus die Einkommensverhältnisse der Gäste ihres Erholungsheimes überprüfen müssen, so verkennt sie den Umfang der Ermittlungspflicht, insbesondere des Finanzgerichts, das nur dann in eine nähere Prüfung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse einzutreten braucht, wenn die Angaben des Steuerpflichtigen selbst eine nachprüfbare ausreichende Grundlage bieten, auf der der Anspruch auf Steuerbefreiung erhoben werden kann. An solchen Angaben hat es die Bfin. fehlen lassen. Im übrigen muß bemerkt werden, daß die Einkommensverhältnisse der früheren Gäste des Erholungsheimes nach Ablauf mehrerer Jahre in sehr vielen Fällen wohl nicht mehr einwandfrei festzustellen gewesen wären. Die Rüge mangelhafter Aufklärung des Sachverhaltes wird deshalb zu Unrecht von der Bfin. erhoben.
Da sich somit der Antrag auf Gewährung der Abgabenfreiheit als unbegründet erweist, mußte auch der Rb. der Erfolg versagt bleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 409851 |
BStBl III 1961, 109 |
BFHE 1961, 292 |
BFHE 72, 292 |