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BFH Urteil vom 28.11.1991 - XI R 14/90 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftsgüter eines Mitunternehmers als Sonderbetriebsvermögen bei der Mitunternehmerschaft

 

Leitsatz (NV)

Wirtschaftsgüter, die sowohl zum Betriebsvermögen als auch zum Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers gehören, sind als dessen Sonderbetriebsvermögen in die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft einzubeziehen. Die für die Nutzungsüberlassung geleisteten Sondervergütungen sind dementsprechend weder in dem Gewinn noch in dem Gewerbeertrag des Mitunternehmers enthalten. Dies gilt auch dann, wenn die Sondervergütungen in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Mitunternehmerschaft nicht berücksichtigt worden sind.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; GewStG § 7

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist selbständiger Bauunternehmer; er ist zugleich als Kommanditist an der Y-GmbH & Co. KG (GmbH & Co. KG) beteiligt.

Im November 1977 erwarb der Kläger von der Gemeinde ein Grundstück, das er - teilweise - an die GmbH & Co. KG verpachtete. Die Pachteinnahmen beliefen sich auf . . . DM für 1977, . . . DM für 1978 und je . . . DM für 1979 und 1980. Sie wurden in den Streitjahren im Gewerbeertrag der GmbH & Co. KG nicht erfaßt. Auch ein Ansatz des verpachteten Grundstücksteils in den Bilanzen und Vermögensaufstellungen sowie beim Gewerbekapital der GmbH & Co. KG unterblieb. Demgegenüber behandelte der Kläger den Grundstückskauf zunächst als betrieblichen Vorgang seines Einzelunternehmens, buchte das Grundstück dann jedoch im Rahmen der Bilanzerstellung für 1977 erfolgsneutral auf sein Privatkonto um und erklärte die Einnahmen aus der Verpachtung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dem nicht. Er beurteilte das Grundstück als notwendiges Betriebsvermögen des Klägers und sah in den Einnahmen aus der Verpachtung der Teilfläche an die GmbH & Co. KG Einnahmen aus Gewerbebetrieb. Dementsprechend wurden die einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge 1977 bis 1980 durch Änderungsbescheide vom . . . (1977) sowie vom . . . (1978 bis 1980) festgesetzt.

Das Finanzgericht (FG) wies die - nach erfolglosem Vorverfahren erhobene - Klage als unbegründet ab: Soweit das Grundstück an die GmbH & Co. KG verpachtet worden sei, sei es dem Sonderbetriebsvermögen des Klägers zuzurechnen. Die hieraus erzielten Pachteinnahmen gehörten damit zu den Einnahmen aus dessen Gewerbebetrieb. Im übrigen stelle das Grundstück notwendiges Betriebsvermögen des eigenen Betriebs des Klägers dar.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Er trägt vor:

Dem Urteil des FG sei darin zuzustimmen, daß es sich bei dem Grundstück um Betriebsvermögen bzw. um Sonderbetriebsvermögen handele. Insoweit werde der bislang verfochtene Standpunkt aufgegeben. Das Urteil verstoße jedoch gegen materielles Recht, weil es die Bilanzierungskonkurrenz zwischen dem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers und dessen Sonderbetriebsvermögen im Rahmen einer gewerblich tätigen Personenhandelsgesellschaft zugunsten des Betriebsvermögens, nicht aber des Sonderbetriebsvermögens, auflöse. Richtig wäre es gewesen, die Einkünfte aus der Verpachtung des Grundstücksteils beim Gewerbeertrag der GmbH & Co. KG zu berücksichtigen. Desgleichen hätte der verpachtete Grundstücksteil im Einheitswert des gewerblichen Betriebs der GmbH & Co. KG angesetzt werden müssen.

 

Entscheidungsgründe

Der Kläger begehrt ausweislich der gestellten Anträge mit der Revision ebenso wie mit der Klage zum einen die Herabsetzung des Gewerbeertrags für 1977 bis 1980 um die vereinnahmten Pachtzinsen, zum anderen die Herabsetzung des Gewerbekapitals für 1977 bis 1980 um den Einheitswert des verpachteten Grundstücksteils. Soweit der Kläger danach die Ermittlung des Gewerbekapitals angreift, geht sein Begehren jedoch ins Leere. Denn wie sich aus den angefochtenen Bescheiden ergibt, ist bei der Ermittlung des Gewerbekapitals für 1978 bis 1980 der Einheitswert des gewerblichen Betriebs nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) um den Einheitswert des verpachteten Grundstücksteils gekürzt worden. Bei der Ermittlung des Gewerbekapitals für 1977 war der Grundstücksteil von vornherein nicht im Einheitswert des Betriebsvermögens und damit auch nicht im Gewerbekapital (vgl. § 12 Abs. 1 GewStG) enthalten. Der Kläger ist insoweit also auch nicht beschwert. Der Steuermeßbetrag nach dem Gewerbekapital (§ 13 Abs. 1 GewStG) und der Steuermeßbetrag nach dem Gewerbeertrag (§ 11 Abs. 1 GewStG) werden allerdings lediglich berechnet und nicht gesondert festgesetzt. Streitgegenstand im Rechtsbehelfsverfahren ist deshalb nicht nur der sich aus dem Gewerbekapital ergebende Steuermeßbetrag, sondern allein der einheitliche, d. h. der nach Gewerbeertrag und Gewerbekapital berechnete Steuermeßbetrag - § 14 Abs. 1 GewStG - (s. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. August 1985 VIII R 280/81, BFHE 144, 386, BStBl II 1986, 17 unter II. der Entscheidungsgründe). Infolgedessen wirkt sich der zu weit gefaßte Antrag des Klägers im Ergebnis nicht zu seinen Lasten aus. Der Antrag ist vielmehr sachgerecht dahin auszulegen, daß er sich rechnerisch lediglich auf die Herabsetzung des Gewerbeertrags für die Streitjahre bezieht.

Die so verstandene Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Festsetzung der Steuermeßbeträge (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Nachdem zwischen den Beteiligten in nicht zu beanstandender Weise Einvernehmen darüber besteht, daß der der GmbH & Co. KG seitens des Klägers überlassene Grundstücksteil zu dessen Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der Mitunternehmerschaft gehört, stellt sich im Hinblick auf die für die Überlassung des Grundstücksteils vereinnahmten Pachtzinsen nur noch die Frage, ob diese im Gewerbeertrag des Klägers zu erfassen sind. Diese Frage ist zu verneinen.

a) Gemäß § 7 GewStG ist Ausgangsgröße für die Bestimmung des Gewerbeertrags der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Nach den Vorschriften des EStG (§ 15 Abs. 1 Nr. 2) wird bei einer Personengesellschaft der Gewinn im Ergebnis nicht für die Gesellschaft, sondern für die Gesellschafter als Mitunternehmer ermittelt. Zum Gewinn des Gesellschafters gehören neben seinem Anteil am Gesellschaftsgewinn auch Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben, die im Zusammenhang mit seiner Gesellschaftsbeteiligung stehen sowie Vergütungen der Gesellschaft für bestimmte von ihm erbrachte Sonderleistungen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG; hierzu Beschluß des BFH vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691 unter C. II. 3. der Entscheidungsgründe; BFH-Urteil vom 19. Februar 1981 IV R 141/77, BFHE 132, 556, BStBl II 1981, 433). Dies gilt auch dann, wenn die Sondervergütungen nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften einkommensteuerrechtlich zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Gesellschafters gehören würden, wären sie nicht bereits gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG bei der Personengesellschaft zu erfassen. Wie der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist das Sonderbetriebsvermögen insoweit prinzipiell vorrangig; die Bilanzierungskonkurrenz zwischen Betriebsvermögen und Sonderbetriebsvermögen ist aufgrund der Zurechnungsnorm des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zugunsten des Sonderbetriebsvermögens zu lösen (z. B. BFH-Urteile vom 18. Juli 1979 I R 199/75, BFHE 128, 516, 524, BStBl II 1979, 750; vom 11. Dezember 1986 IV R 222/84, BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553; vom 14. April 1988 IV R 271/84, BFHE 153, 125, BStBl II 1988, 667).

b) Für den Streitfall bedeutet dies, daß der der GmbH & Co. KG zur Nutzung überlassene Grundstücksteil - und damit auch die hierfür vereinnahmten Pachtzinsen - für die steuerliche Gewinnermittlung nicht dem Eigenbetrieb des Klägers zuzurechnen, sondern in die Gewinnermittlung der GmbH & Co. KG einzubeziehen sind. Quelle der geleisteten Sondervergütungen ist allein der Betrieb der Personengesellschaft; sie schlagen sich nicht in der Steuerbilanz des Gewerbebetriebs des Klägers als Betriebseinnahmen nieder (vgl. auch Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 15 Anm. 108, m. w. N.).

Daß der Kläger - nach Darstellung des FA - in den Streitjahren lediglich mit 6,5 v. H. an der GmbH & Co. KG beteiligt gewesen ist, steht dem nicht entgegen. Die vorrangige bilanzielle Zuordnung von Wirtschaftsgütern als Sonderbetriebsvermögen ist von dem Umfang der Beteiligung an der Personengesellschaft grundsätzlich unabhängig. Ohne Bedeutung ist es auch, daß die Beteiligung des Klägers an der GmbH & Co. KG - so das FA - erst im Klageverfahren bekannt geworden ist und daß die gegen die GmbH & Co. KG ergangenen Gewinnfeststellungsbescheide bestandskräftig sind und nicht mehr geändert werden können. Dies folgt bereits daraus, daß der Gewerbeertrag selbständig zu ermitteln ist. Die einheitliche Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO 1977) ist für die Gewerbesteuer nicht bindend (vgl. die Urteile des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 10. Januar 1940 VI 704/39, RFHE 48, 95, und des BFH vom 25. April 1985 IV R 83/83, BFHE 144, 25, BStBl II 1986, 350). Ebenso ist unerheblich, ob der Gewerbesteuermeßbetrag für die KG durch Berücksichtigung des Sonderbetriebsvermögens des Klägers noch erhöht werden kann.

c) Da die Sondervergütungen bei der Ermittlung von Gewinn und Gewerbeertrag des Klägers damit von vornherein ausscheiden, bedarf es keines Rückgriffs auf die Kürzungsregelung des § 9 Nr. 2 GewStG. Es kann also offenbleiben, ob von dieser Regelung nur die eigentlichen ,,Anteile am Gewinn" der Personengesellschaft oder auch die Sondervergütungen i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Satzteil EStG erfaßt werden (so z. B. Glanegger / Güroff, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl., § 9 Nr. 2 Rz. 4, Blümich / Gosch, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., § 9 GewStG Rz. 128; anders Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 8. Aufl., S. 688 f.; jeweils m. w. N.).

2. Die Vorentscheidung stimmt mit den aufgezeigten Grundsätzen nicht überein und ist aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Gewerbeertrag für 1977 bis 1980 ist um die von dem Kläger als Pachtzins vereinnahmten Beträge zu mindern. Zugleich sind die insoweit vom FA gebildeten Gewerbesteuerrückstellungen anteilig aufzulösen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418149

BFH/NV 1992, 377

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