Entscheidungsstichwort (Thema)
Abtretung von Steuererstattungsansprüchen an Steuerberater
Leitsatz (NV)
1. In der Mitteilung des FA an den Zessionar, die ihm angezeigte Abtretung eines Steuererstattungsanspruchs sei nichtig, liegt ein anfechtbarer Verwaltungsakt.
2. Der BFH kann eine durch Prozeßurteil ausgesprochene Klageabweisung aus sachlichen Gründen bestätigen, wenn der vom FG angenommene Mangel der Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht besteht und die Klage aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben kann.
3. Zur Frage des geschäftsmäßigen Erwerbs von Steuererstattungsansprüchen durch Steuerberater zum Zwecke der Sicherung von Honorarforderungen.
Normenkette
AO 1977 § 46 Abs. 4, §§ 118, 218; FGO § 40 Abs. 1-2, § 41 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, bearbeitete den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1981 für den Steuerpflichtigen K. Zur Absicherung seiner Honorarforderung ließ er sich einen Teilbetrag von . . . DM des zu erwartenden Lohnsteuererstattungsanspruchs abtreten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) teilte dem Kläger am 30. Juni 1982 mit, die Abtretung sei nichtig. Die bisherige Abtretungspraxis in fünf weiteren Fällen deute auf einen unzulässigen geschäftsmäßigen Erwerb von Erstattungsansprüchen durch den Kläger hin. Die hiergegen eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Der Erstattungsbetrag wurde im vollen Umfang unmittelbar an den Steuerpflichtigen überwiesen.
Mit der Klage machte der Kläger geltend, § 46 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) verbiete nicht die Abtretung für Sicherungszwecke. Im Falle des K sei eine Sicherungsabtretung unumgänglich gewesen, weil der Steuerpflichtige Honoraransprüche aus den Vorjahren erst nach fünfmaliger Anmahnung gezahlt habe. Soweit das Niedersächsische Finanzgericht (FG) in seinen Urteilen vom 1. Oktober 1981 XI (VI) 148/80 und vom 11. November 1981 V 274/78 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1982, 222) eine andere Auffassung vertrete, könne er sich dem nicht anschließen. Der Kläger beantragte, die Verfügung des FA vom 30. Juni 1982 und die Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion (OFD) vom 24. August 1982 ersatzlos aufzuheben.
Das FG wies die Klage mit folgender Begründung ab:
Für den vorliegenden Klageantrag fehle es an der Klagebefugnis. Dem Kläger gehe es letztlich um die Erstattung einbehaltener Lohnsteuer aus abgetretenem Recht. Dieses sei allein mittels der Leistungsklage erreichbar, in deren Verfahren auch über die Wirksamkeit der Abtretung entschieden werde. Für einen Klageantrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Nichtigkeit einer Abtretung fehle es am Rechtsschutzinteresse, wenn nicht zugleich die Erstattung mitverlangt werde. Da der Kläger nur die Aufhebung der Verfügung des FA in der Gestalt der Beschwerdeentscheidung der OFD beantragt, ein Begehren auf Auszahlung des abgetretenen Betrages aber nicht gestellt habe, sei die Klage gemäß § 41 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unzulässig.
Ob dem Kläger Gelegenheit zu geben gewesen wäre, seine Klage in eine Leistungsklage zu ändern bzw. zu erweitern, könne dahingestellt bleiben, weil die Klage auch materiell-rechtlich keinen Erfolg haben könnte. Wie das Niedersächsische FG in den vom Kläger angeführten Urteilen entschieden habe, sei die Abtretung von Steuererstattungsansprüchen an den Steuerberater zum Ausgleich von Honorarforderungen nichtig, wenn dieser zugleich die Absicht habe, derartige Abtretungen zu wiederholen. Ein solcher Fall der Abtretung liege auch im Streitfall vor. Zwar habe der Kläger angekündigt, sich künftig um andere Sicherheiten für seine Honoraransprüche zu bemühen. Es komme aber auf die Wiederholungsabsicht im Zeitpunkt der Abtretung an. Zu diesem Zeitpunkt sei es noch die allgemeine Praxis des Klägers gewesen, sich zu erwartende Steuerguthaben zum Ausgleich von Honorarforderungen abtreten zu lassen. § 46 Abs. 4 Satz 2 AO 1977 besage nicht, daß die Sicherungsabtretung allgemein, d. h. auch den steuerberatenden Berufen erlaubt sei.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, im Streitfall liege nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. Februar 1984 VII R 72/82, BFHE 140, 412, BStBl II 1984, 411) eine Sicherungsabtretung vor, da für beide Beteiligte der Sicherungszweck im Vordergrund stehe und der Abtretende sich seiner Einwirkungsmöglichkeiten auf den abgetretenen Erstattungsanspruch nicht begeben habe. Es handele sich aber - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht um einen geschäftsmäßigen Erwerb i. S. des § 46 Abs. 4 AO 1977. Der Begriff der Geschäftsmäßigkeit impliziere eine dauernde Betätigung. Deshalb könne geschäftsmäßiges Handeln nicht schon dann angenommen werden, wenn ein Steuerberater sich von Fall zu Fall Steuererstattungsansprüche zur Sicherung von Forderungen aus Dienstleistungen abtreten lasse. Auch ein wiederholtes Zurückgreifen eines Steuerberaters auf Erstattungsforderungen in jeweils begründeten Einzelfällen führe nicht zur Nichtigkeit der Abtretungen nach § 46 Abs. 4 AO 1977. Im übrigen sei es nach Tipke/Kruse (Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 46 AO 1977 Tz. 8) sogar jedermann gestattet, sich geschäftsmäßig Erstattungs- und Vergütungsansprüche zum Zwecke der Sicherung abtreten zu lassen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen. Die Revision ist aber mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Klage nicht unzulässig, sondern unbegründet war (§ 126 Abs. 4 FGO; vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Dezember 1977 III R 35/77, BFHE 124, 477, BStBl II 1978, 383, und Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 126 Rz. 6).
1. Das FG läßt es in seinem Urteil offen, ob es die Klage durch Prozeßurteil als unzulässig oder durch Sachurteil als unbegründet abweisen will. Zunächst stellt es fest, daß die Klage wegen Fehlens der Klagebefugnis, fehlenden Rechtsschutzinteresses und im Hinblick auf § 41 Abs. 2 FGO (Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber Gestaltungs- oder Leistungsklagen) unzulässig sei. Sodann läßt es die Vorinstanz dahingestellt, ob dem Kläger Gelegenheit zur Änderung oder Erweiterung seiner Klage in die - vom FG als statthaft angesehene - Leistungsklage zu geben gewesen wäre, weil die Klage auch materiell-rechtlich, wie das FG dann im einzelnen begründet, keinen Erfolg hätte haben können. Hier läßt das FG unberücksichtigt, daß das Prozeßurteil und das Sachurteil zu unterschiedlichen Rechtskraftwirkungen führen und deshalb voneinander unterschieden werden müssen.
Der Senat vermag der Auffassung der Vorinstanz über die Unzulässigkeit der vom Kläger erhobenen Klage nicht zu folgen. Er hält die Klage für zulässig (vgl. unten 2.), aber für unbegründet (vgl. unten 3.). Ferner hält er es im Hinblick auf die insgesamt nicht ganz eindeutige Vorentscheidung für geboten, diese Rechtsfolge - zumindest zum Zwecke der Klarstellung - in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen.
2. Zu Recht ist die Vorentscheidung davon ausgegangen, daß der Kläger eine Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) erhoben hat. Die Klage richtet sich gegen die Verfügung des FA vom 30. Juni 1982 in der Gestalt der Beschwerdeentscheidung der OFD vom 24. August 1982, deren Aufhebung der Kläger begehrt. Bei dieser Verfügung handelt es sich um einen Verwaltungsakt i. S. des § 118 AO 1977, da das FA mit ihr - nach einem vorangegangenen allgemein gehaltenen Schriftwechsel zwischen den Beteiligten über die Unzulässigkeit des geschäftsmäßigen Erwerbs von Erstattungsansprüchen zum Zwecke der Sicherung von Honorarforderungen - die Abtretung des Erstattungsanspruchs im Falle des K unter Hinweis auf die Urteile des Niedersächsischen FG in EFG 1982, 222 für nichtig erklärt. In dieser Nichtigkeitsfeststellung liegt als Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen (§ 118 AO 1977) zugleich die Ablehnung der Auszahlung des Erstattungsbetrages an den Kläger, die dieser mit der Vorlage der Abtretungsanzeige des K an das FA beantragt hatte.
Dem Kläger fehlte für seine Anfechtungsklage - entgegen der Auffassung des FG - weder die Klagebefugnis noch das Rechtsschutzbedürfnis. Er konnte geltend machen, durch die Entscheidung über die Nichtigkeit der streitbefangenen Abretung in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO); für den Fall der beantragten Aufhebung der angefochtenen Verfügung durch das FG konnte er im Hinblick auf die Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG -) davon ausgehen, daß das FA die Erstattung der einbehaltenen Lohnsteuer aus abgetretenem Recht an ihm vornehmen werde. § 41 Abs. 2 FGO steht der Zulässigkeit der erhobenen Anfechtungsklage schon deshalb nicht entgegen, weil diese Vorschrift die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber Gestaltungs- und Leistungsklagen regelt, der Kläger aber, wie sich aus dem unzweideutigen Klageantrag ergibt, eine Feststellungsklage nicht erhoben hat.
Soweit das FG die Anfechtungsklage als unzulässig angesehen hat, liegt darin - im Gegensatz zur Auffassung der Revision - kein Verfahrensmangel, sondern ein Rechtsfehler, der von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob dieser Fehler durch die Revision unter Verweisung auf die Nichtzulassungsbeschwerde in der zulässigen Form gerügt worden ist.
Der Kläger war zur Durchsetzung seines Erstattungsbegehrens insbesondere nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben.
Nach § 218 Abs. 1 AO 1977 bedarf es zur Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis eines Steuerverwaltungsakts. Soweit dazu - wie regelmäßig in den Abtretungsfällen - die ergangenen Steuerbescheide nicht ausreichen, entscheidet die Finanzbehörde nach § 218 Abs. 2 AO 1977 über Streitigkeiten, die die Verwirklichung dieser Ansprüche betreffen, durch besonderen Verwaltungsakt (Abrechnungsbescheid). Das gilt auch dann, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2 AO 1977) betrifft (§ 218 Abs. 2 Satz 2 AO 1977). Wie der erkennende Senat mit seinem Urteil vom 12. Juni 1986 VII R 103/83 (BFHE 147, 1, BStBl II 1986, 702) entschieden hat, setzt eine auf Erstattung gerichtete erfolgreiche Leistungsklage voraus, daß der Erstattungsanspruch für den Kläger durch einen Bescheid i. S. des § 218 Abs. 1 AO 1977, wozu auch ein Abrechungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO 1977) gehören kann, festgestellt worden ist und seine Verwirklichung (Erfüllung) i. S. des § 218 Abs. 1 AO 1977 noch aussteht. Daraus folgt, daß im Streitfall für die Erhebung der Leistungsklage jedenfalls solange kein Anlaß bestand, als nicht der Erstattungsanspruch für den Kläger durch Bescheid festgestellt worden war. Für den Fall, daß diese Feststellung durch Verwaltungsakt erfolgen würde, war wiederum die Leistungsklage deshalb nicht geboten, weil der Kläger auch ohne sie die Erfüllung seines festgestellten Anspruchs durch die Finanzverwaltung erwarten durfte. Der mangelnde Hinweis auf die Leistungsklage durch den Vorsitzenden des FG stellt deshalb auch keinen Verfahrensfehler i. S. des § 76 Abs. 2 FGO dar.
Es kann dahinstehen, ob die angefochtene Verfügung vom 30. Juni 1982 einen - für den Kläger nachteiligen - Abrechnungsbescheid über den abgetretenen Erstattungsanspruch darstellt oder ob ein solcher vom Kläger noch zu beantragen wäre. Da der Verfügung ein Regelungsgehalt für den Einzelfall jedenfalls nicht abgesprochen werden kann, konnte sie mit der Anfechtungsklage angefochten werden. Im Falle der Annahme eines Abrechnungsbescheids wäre zwar mit der Beschwerdeentscheidung durch die OFD das unzutreffende außergerichtliche Vorverfahren durchgeführt worden (§ 348 Abs. 1 Nr. 9 AO 1977). Das steht aber der Zulässigkeit der Klage gemäß § 44 Abs. 1 FGO nicht entgegen. Denn das FA hat bei der Prüfung, ob es der Beschwerde des Klägers abhelfen wollte, dessen Einwendungen überprüft und für unbegründet erachtet, so daß auch ein Vorverfahren über den Einspruch erfolglos geblieben wäre (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1986 II R 38/84, BFHE 146, 519, BStBl II 1986, 704, 705).
3. a) Die Sache ist spruchreif auch für den Fall, daß das FG die Klage - wie oben ausgeführt rechtsfehlerhaft - als unzulässig angesehen hat. Das Revisionsgericht kann eine durch Prozeßurteil ausgesprochene Klageabweisung aus sachlichen Gründen bestätigen, wenn der vom FG angenommene Mangel der Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht besteht und die Klage aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben kann (vgl. Urteil des Senats vom 22. April 1986 VII R 184/85, BFHE 146, 302, 305, und Gräber/Ruban, a.a.O., § 126 Rz. 7, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Für die Entscheidung über die Begründetheit der Anfechtungsklage bedarf es keiner weiteren Feststellungen. Das FG hat - insbesondere im Zusammenhang mit seiner hilfsweise gegebenen Begründung über die Abweisung der Klage aus materiell-rechtlichen Gründen - ausreichende tatsächliche Feststellungen über den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt getroffen. Diese sind nicht mit Verfahrensrügen angegriffen oder als unvollständig gerügt worden. Der Senat ist daher befugt, in der Sache selbst zu entscheiden (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Er hält die angefochtene Verfügung des FA, mit der die Abtretung des Erstattungsanspruchs des K an den Kläger für nichtig erklärt worden ist, für rechtmäßig, die Klage damit für unbegründet.
b) Nach § 46 Abs. 4 AO 1977 ist der geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen zum Zwecke der Einziehung oder sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung nicht zulässig (Satz 1). Dies gilt nicht für die Fälle der Sicherungsabtretung (Satz 2). Zum geschäftsmäßigen Erwerb und zur geschäftsmäßigen Einziehung der zur Sicherung abgetretenen Ansprüche sind nur Unternehmen befugt, denen das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt ist (Satz 3). Der Kläger handelte geschäftsmäßig, als er sich den streitbefangenen Steuererstattungsanspruch von seinem Mandanten K abtreten ließ. Da er als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zum geschäftsmäßigen Erwerb und zur geschäftsmäßigen Einziehung der zur Sicherung abgetretenen Ansprüche nicht befugt ist (§ 46 Abs. 4 Satz 3 AO 1977), ist die Abtretung nichtig (vgl. § 46 Abs. 5 Halbsatz 2 AO 1977). Das FA hat es demnach zu Recht abgelehnt, den von dem Mandanten abgetretenen Teilbetrag an den Kläger zu erstatten.
Der Senat kann im Streitfall die Wirksamkeit der Abtretung und das Vorliegen einer Sicherungsabtretung - die das FA mit seiner Revisionserwiderung in Zweifel zieht - dahingestellt lassen. Denn die an den Kläger bewirkte Abtretung des Steuererstattungsanspruchs ist gemäß § 46 Abs. 4 Sätze 1 und 3 i. V. m. Abs. 5 AO 1977 auch dann nichtig, wenn man zu seinen Gunsten das Vorliegen einer Sicherungsabtretung unterstellt.
Nach dem Urteil des Senats vom 23. Oktober 1985 VII R 196/82 (BFHE 144, 526, BStBl II 1986, 124) sind die Regelungen der Sätze 1 bis 3 des § 46 Abs. 4 AO 1977 dahin auszulegen, daß der geschäftsmäßige Erwerb und die geschäftsmäßige Einziehung von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen auch in den Fällen der Sicherungsabtretung nur Bankunternehmen gestattet ist. Da die Vorschrift lediglich Bankunternehmen, die der Aufsicht durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen unterliegen (§§ 6, 32 des Gesetzes über das Kreditwesen), privilegiert, ist es nach der vorstehend genannten Entscheidung des Senats, auf die wegen der Begründung im einzelnen Bezug genommen wird, auch Steuerberatern untersagt, sich zur Sicherung ihrer Honorarforderungen Steuererstattungs- oder Vergütungsansprüche ihrer Mandanten abtreten zu lassen, soweit sie dabei geschäftsmäßig tätig werden.
Geschäftsmäßig i. S. des § 46 Abs. 4 AO 1977 handelt, wie der Senat unter Berufung auf das Schrifttum in dieser Entscheidung ausgeführt hat, wer die Tätigkeit (Erwerb) selbständig und mit der Absicht, sie zu wiederholen, ausübt. Die Auslegung der Vorinstanz zum Begriff der Geschäftsmäßigkeit steht somit im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Eine dauernde Betätigung im vorgenannten Sinne wird - entgegen der Auffassung der Revision - nicht vorausgesetzt.
Für eine Wiederholungsabsicht im Sinne dieser Auslegung spricht nach der Rechtsprechung des Senats, wenn für den Erwerb von Erstattungsansprüchen organisatorische Vorkehrungen getroffen werden (z. B. das Bereithalten vorformulierter Abtretungserklärungen); diese sind allerdings keine notwendigen Voraussetzungen für die Geschäftsmäßigkeit. Vereinzelte im Rahmen eines Handelsgeschäfts oder an einen steuerlichen Berater vorgenommene Abtretungen reichen für die Annahme der Geschäftsmäßigkeit nicht aus. Daraus folgt - wie der Senat in der genannten Entscheidung ausgeführt hat -, daß grundsätzlich auch Steuerberater sich zur Sicherung ihrer Honorarforderungen Steuererstattungs- und Vergütungsansprüche ihrer Mandanten wirksam abtreten lassen können, soweit sie in dieser Weise nur gelegentlich anläßlich besonders begründeter Einzelfälle tätig werden.
Im Streitfall hat sich der Kläger nach den unwidersprochenen Feststellungen des FA, von denen auch das FG ausgegangen ist, im Rahmen seiner steuerlichen Beratungstätigkeit in mindestens sechs Fällen Erstattungsansprüche seiner Mandanten abtreten lassen. Diese nicht ganz unerhebliche Zahl von Abtretungen zeigt, daß er die Sicherung risikobehafteter Honorarforderungen durch Abtretung von Steuererstattungsansprüchen zu einer feststehenden und nachhaltigen Einrichtung seiner geschäftlichen Tätigkeit gemacht hat. Das FG hat dazu festgestellt, daß es im Zeitpunkt der streitbefangenen Abtretung (noch) die allgemeine Praxis des Klägers gewesen sei, sich zu erwartende Steuerguthaben zur Sicherung von Honorarforderungen abtreten zu lassen.
Der BFH ist mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen an diese Schlußfolgerung tatsächlicher Art gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), da sie nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflußt ist. Wenn die Tatsachenwürdigung des FG im Hinblick auf die festgestellte Zahl der Abtretungen auch nicht zwingend ist, so ist sie doch möglich; das reicht für die Bindung des Revisionsgerichts aus (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz. 40). Der Senat schließt sich daher der Auffassung des FA und des FG an, daß der Kläger bei dem Erwerb der ihm (sicherungshalber) abgetretenen Erstattungsansprüche mit Wiederholungsabsicht und damit geschäftsmäßig i. S. des § 46 Abs. 4 AO 1977 gehandelt hat. Für diese Beurteilung ist das Verhältnis der Zahl der Abtretungen zu den im Streitjahr insgesamt bearbeiteten Lohnsteuerberatungsfällen ohne Bedeutung (vgl. Urteil in BFHE 144, 526, BStBl II 1986, 124). Denn eine Abtretung von Erstattungsansprüchen ist nur in den Fällen möglich, in denen solche bestehen; ferner besteht aus der Sicht des Steuerberaters hierfür nur dann ein Bedürfnis, wenn seine Honorarforderung - wie im Streitfall - nicht als gesichert erscheint.
Der Kläger konnte demnach den an ihn abgetretenen Erstattungsanspruch im Streitfall nicht wirksam erwerben (§ 46 Abs. 4 Satz 3, Abs. 5 Halbsatz 2 AO 1977). Das FG hat seine gegen die Feststellung der Nichtigkeit der Abtretung gerichtete Klage aus materiell-rechtlichen Gründen zu Recht abgewiesen.
Fundstellen