Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkursanfechtung bei Gesellschaftsverschmelzung
Leitsatz (amtlich)
Ist in einer Kapitalgesellschaft eine Personenhandelsgesellschaft durch Übernahme aller Gesellschaftsanteile aufgegangen, so kann im Falle eines späteren Konkurses der Konkursverwalter auch Rechtshandlungen der erloschenen Personenhandelsgesellschaft anfechten, wenn noch nicht befriedigte Gläubiger der Personenhandelsgesellschaft vorhanden sind. Vermögenswerte, die auf solche Weise zur Masse kommen, sind in Form einer „Sondermasse” auf diese Gläubiger zu verteilen. Zum Kreis dieser Gläubiger kann auch die übernehmende Gesellschaft gehören.
Normenkette
KO § § 29 ff., § 36
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Entscheidung vom 23.12.1976) |
Tatbestand
Durch Vertrag vom 7. September 1971 verpflichtete sich die K. KG (im folgenden: KG) gegenüber der Beklagten, auf einem von dieser bereitgestellten Gelände einen Freizeitpark zu errichten. In dem Vertrag heißt es ua:
- Die K. KG erklärt sich bereit, durch ein oder mehrere von ihr zu beauftragende Unternehmen der K.-Gruppe die Erdarbeiten, Wegebefestigungen, Teichausbauarbeiten und Arbeiten für die Anlegung eines Parkplatzes …, wie sie in der Anlage I und II zu diesem Vertrag zeichnerisch dargestellt sind, innerhalb von ca 48 Monaten, beginnend mit dem 1.10.1971, zu erstellen. Dabei geht die Vertragschließende von einem Leistungswert von DM 4.808.300,– aus, berechnet mit dem Wert der tatsächlichen Leistung und bezogen auf die bei Erstellung jeweils gültigen Kosten und Preise. Art, Wert und Umfang der Arbeiten ergeben sich aus Anlage III und IV, die Inhalt der vorliegenden Vereinbarung sind.
- Die Leistungen der K. Verwaltungsgesellschaft KG werden unentgeltlich erbracht. Die Stadt M. verpflichtet sich, jeweils nach ordnungsgemäßer Durchführung von Leistungen im Werte von DM 100.000,– (gem Anlage III und IV) der K. Verwaltungsgesellschaft KG eine Bescheinigung über Art und Umfang (ohne Wertangabe der erbrachten Leistungen) zu erteilen, daß diese Leistungen der Verbesserung der Naherholung im südlichen Kreisgebiet M. dienen … .
…
Die K. Verwaltungsgesellschaft KG behält sich das Recht vor, bezüglich der in Anlage II und IV dargestellten Arbeiten bis 1.10.1972 von der oa Verpflichtung zurückzutreten, falls die Ausführungen dieser Arbeiten ihr wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist.
In der Folgezeit ließ die KG Arbeiten durchführen, deren Umfang und Zeitpunkt streitig sind.
Durch notariellen Vertrag vom 13. Dezember 1972 übertrugen die alleinigen Gesellschafter der KG, der Kaufmann J. K. als Komplementär und der Kaufmann F. K. als Kommanditist, ihre Beteiligungen an dieser und an einigen weiteren zur sogenannten K.-Gruppe gehörenden Gesellschaften auf die R. Baugesellschaft mbH, deren Gesellschafter sie ebenfalls waren. Nach durchgeführter Kapitalerhöhung und Aufnahme weiterer Gesellschafter wurde die Firma dieser Gesellschaft in „K.-Bau Gesellschaft mbH” (im folgenden: GmbH) geändert. Am 2. Juli 1973 wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger ist der Konkursverwalter.
Der Kläger hat die im Rahmen der Erstellung des Freizeitparks erbrachten Leistungen gegenüber der Beklagten nach § 32 Nr 1 KO angefochten und von der Beklagten Wertersatz in Höhe von 385.758,82 DM verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung hinsichtlich eines Teilbetrages von 309.208,65 DM zurückgewiesen, die Klage im übrigen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte begehrt, beantragt der Kläger, die Klage in vollem Umfang dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären.
Entscheidungsgründe
Das angefochtene Urteil hat keinen Bestand.
I.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der vom Kläger geltend gemachte Rückgewähranspruch könne, soweit er sich auf die Zeit vor dem 13. Dezember 1972 beziehe, nicht darauf gestützt werden, daß die im Auftrag der KG an dem Freizeitpark durchgeführten Arbeiten tatsächlich von der GmbH, die damals noch als „R. Baugesellschaft mbH” firmiert habe, vorgenommen worden seien. Die aufgrund des Vertrages vom 7. September 1971 erbrachten Leistungen seien nämlich der KG zuzurechnen, auch wenn sie von einem anderen zur K.-Gruppe gehörenden Unternehmen bewirkt worden seien. Ob die vom Kläger ausgesprochene Konkursanfechtung durchgreife, beurteile sich daher aus dem Leistungsverhältnis der ehemaligen KG zur Beklagten.
2. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg, denn die Feststellung des Berufungsgerichts, daß vor dem 13. Dezember 1972 nur zwischen der KG und der Beklagten vertragliche Beziehungen bestanden, aufgrund derer die KG allein als Leistende anzusehen ist, trifft zu.
II.
1. Das Berufungsgericht hat die Frage verneint, ob der Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen der GmbH gemäß § 32 Nr 1 KO Verfügungen anfechten kann, die von der KG gegenüber der Beklagten vorgenommen worden sind.
Es hat ausgeführt, zur Annahme einer derartigen Anfechtbarkeit führe nicht die Übernahme des Vermögens der KG mit allen Aktiven und Passiven im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Ein solches Ergebnis sei mit dem Gedanken des Gläubigerschutzes nicht vereinbar. Die Konkursgläubiger der GmbH seien nämlich nicht identisch mit den Gläubigern der von der Gemeinschuldnerin übernommenen KG. Die Gemeinschuldnerin habe das Vermögen der KG erst erworben, als es bereits um die nach Ansicht des Klägers in anfechtbarer Weise aufgegebenen Vermögenswerte vermindert gewesen sei. Für die früheren Gläubiger der Gemeinschuldnerin bzw der R. Baugesellschaft mbH und die neu hinzugekommenen Gläubiger, insbesondere auch die Gläubiger der übrigen übernommenen Gesellschaften, habe niemals eine Zugriffsmöglichkeit auf die von der KG weggegebenen Vermögenswerte bestanden. Würde die Beklagte mit Erfolg auf Rückgewähr an die Konkursmasse der GmbH in Anspruch genommen, so käme dies Konkursgläubigern zugute, die auf diese Werte keinen Anspruch hätten. Andererseits würde den Gläubigern der KG die Zugriffsmöglichkeit auf diese Vermögenswerte im Wege der Anfechtung im Sonderkonkurs der KG oder der Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz entzogen.
2. Diese Ausführungen greift die Revision zu Recht an; sie sind rechtsirrig.
Der Kläger ist im Rahmen des Konkurses über das Vermögen der GmbH nach § 36 KO legitimiert, die von der in der GmbH aufgegangenen KG vorgenommenen Verfügungen gegenüber der Beklagten nach §§ 32 Nr 1, 37 KO anzufechten. Voraussetzung ist, daß noch nicht befriedigte Gläubiger der KG vorhanden sind und daß der Kläger die Anfechtung ausschließlich im Interesse und zugunsten dieser Gläubiger betreibt.
a) Dem vom Berufungsgericht gewonnenen Ergebnis könnte allenfalls beigetreten werden, wenn Gläubigern der KG außerhalb des Konkurses der GmbH eine Zugriffsmöglichkeit auf die der Beklagten zugewendeten Vermögenswerte offenstehen würde. Dies ist jedoch zu verneinen.
aa) Mit dem Abschluß des notariellen Vertrages vom 13. Dezember 1972 hat die KG aufgehört, rechtlich zu bestehen. Sie hat ihre eigene Konkursfähigkeit verloren; ein Sonderkonkurs über das Vermögen der KG ist nicht mehr möglich.
Allerdings folgt dies entgegen der Ansicht der Revision nicht aus § 49 Abs 2 UmwG, weil sich diese Bestimmung nur auf die Umwandlung einer Personenhandelsgesellschaft in eine neu zu gründende GmbH bezieht. Die Übertragung des Vermögens einer Personenhandelsgesellschaft auf eine bestehende Kapitalgesellschaft ist vielmehr nur in den Formen des allgemeinen Rechts möglich. Danach kann sich bei einer Personenhandelsgesellschaft ein Mitgliederwechsel in der Weise vollziehen, daß ein Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil – mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter – an einen Dritten abtritt mit der Folge, daß dieser (sog derivativer) Rechtsnachfolger des Veräußerers wird (BGHZ 44, 229, 231). Auch die Übertragung aller Gesellschaftsanteile auf mehrere Erwerber ist zulässig R (Westermann Handbuch der Personengesellschaften I 395; Fischer in Großkommentar HGB, 3. Aufl § 130 Anm 20; Hueck, Das Recht der OHG, 4. Aufl § 27 II, 5 S 399; Baumbach/Duden, HGB 22. Aufl § 124 Anm 2 B vgl auch BGHZ 13, 179, 186f). Das gilt auch für die Übertragung der Geschäftsanteile einer Personenhandelsgesellschaft auf einen einzigen Erwerber, der damit Inhaber der bisher zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechte wird. Daß eine solche Vereinigung aller Anteile an einer Personenhandelsgesellschaft in einer natürlichen oder juristischen Person keinen grundsätzlichen Bedenken begegnet, folgt aus § 142 HGB. Wollte man den Gesellschaftern die Übertragung aller Anteile auf einen einzigen Erwerber im Wege der Abtretung versagen, so hätte dies zur Folge, daß der Erwerber zunächst durch Abtretung eines Gesellschaftsanteils Gesellschafter werden müßte, um sodann durch Anwachsung nach § 142 HGB die übrigen Anteile zu erwerben. Für einen derartigen Umweg aber besteht keine Notwendigkeit (vgl Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, 1970, S 406/407). Ebenso wie gemäß § 142 HGB das Geschäft einer Personenhandelsgesellschaft von einem Gesellschafter ohne Liquidation im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen werden kann, mit der Folge, daß die Gesellschaft erloschen ist und daß der Übernehmer Vertragspartner und eigentlicher Schuldner der Gesellschaftsgläubiger geworden ist L (BGH Urteil vom 13. Juli 1967 - II ZR 268/64 = BGHZ 48, 203, 206; Ulmer in Großkommentar HGB 3. Aufl § 142 Anm 33 mwNachw; abweichend Huber aaO S 70), wird auch bei der Abtretung aller Gesellschaftsanteile an einen einzigen Erwerber dieser ohne Liquidation im Wege der Gesamtrechtsnachfolge Übernehmer des Gesellschaftsvermögens, wobei die Gesellschaft erlischt (Baumbach/Duden aaO § 124 Anm 2 B, § 142 Anm 2 E). Mit dem Erlöschen einer Personenhandelsgesellschaft aber scheidet die Möglichkeit eines Sonderkonkurses über ihr Vermögen aus L (RG JW 1897, 307; AG Oldenburg NJW 1949, 757 mit Anmerkung Kisch; Mentzel/Kuhn, KO, 8. Aufl § 209 Anm 5; Böhle-Stamschräder, KO, 12. Aufl § 209 Anm 2; Jaeger, KO, 8. Aufl § 40 Anm 6; Jaeger/Weber, KO, 8. Aufl §§ 208, 209 Anm 11; Ulmer aaO § 142 Anm 36; Jaeger LZ 1915, 267; vgl Bley-Mohrbutter, VerglO, 3. Aufl § 109 Anm 2d; Westermann aaO I 578; Sandrock JR 1969, 323, 327).
Daß im vorliegenden Fall keine Auflösung der KG und keine Übertragung des Handelsgeschäfts (dh der einzelnen zum Unternehmen gehörenden Gegenstände) im Wege einer Auseinandersetzung auf die GmbH, sondern eine Abtretung der Gesellschaftsanteile stattgefunden hat, ergibt sich eindeutig aus dem notariellen Vertrag vom 13. Dezember 1972. Davon gehen offenbar auch das Berufungsgericht und die Parteien aus. Jeder Gesellschafter hat ausdrücklich seinen als solchen bezeichneten Anteil an der KG mit allen Rechten und Pflichten an die GmbH übertragen. Eine gesellschaftsrechtliche Bindung bestand nach Abschluß des Vertrages unter den bisherigen Gesellschaftern nicht mehr. Gesellschaftsvermögen, das sie hätten verteilen können oder durch Einzelakte auf die GmbH hätten übertragen müssen, blieb nicht übrig. Das Entgelt für die Übertragung der Gesellschaftsanteile, das in der Einräumung des Rechts bestand, Einlagen auf das erhöhte Stammkapital zu übernehmen, stand jedem Gesellschafter persönlich zu.
bb) Der Revision ist darin zuzustimmen, daß die Gläubiger der KG auch nicht darauf verwiesen werden können, nach dem Anfechtungsgesetz vorzugehen und auf diese Weise einen – nicht möglichen – Sonderkonkurs anzustreben.
Im Schrifttum wird zwar verschiedentlich angenommen, die Gläubiger könnten sich der Verschmelzung widersetzen, wenn sie dadurch benachteiligt würden. Dies sei im Falle eines die Rechtsgemeinschaft unmittelbar beendenden Verschmelzungsvorganges dadurch möglich, daß die benachteiligten Gesellschaftsgläubiger auf dem Wege der einzelnen Gläubigeranfechtung außerhalb des Konkurses zur Eröffnung eines Sonderkonkurses gelangten, weil der Erwerber sich als Rückgewährschuldner so behandeln lassen müsse, als ob die den Gesellschaftsgläubigern nachteilige Vermögensverschmelzung nicht eingetreten wäre. Im hierauf zu eröffnenden Sonderkonkurs über die wiederhergestellte Masse der übernommenen Gesellschaft sei dann gemäß §§ 30ff KO die Anfechtung der Handlungen dieser Gesellschaft möglich (Jaeger, LZ 1915, 272, 273; Jaeger, KO aaO § 40 Anm 6; Jaeger/Weber, KO aaO §§ 208, 209 Anm 11; Schmitz-Beuting, KTS 1957, 35, 41, 42; Düringer/Hachenburg, HGB, 3. Aufl § 144 Anm 6; Weipert in RGRK zum HGB, 2. Aufl § 142 Anm 19, § 145 Anm 26; vgl auch Ulmer aaO § 142 Anm 36).
Abgesehen davon, daß dieser Lösungsweg ua wegen der subjektiven Voraussetzungen der Anfechtungstatbestände wenig praktikabel wäre (vgl Jaeger/Weber aaO), ist er auch aus Rechtsgründen nicht gangbar. Ginge man im vorliegenden Fall davon aus, daß die zur Verschmelzung führende Übertragung der Gesellschaftsanteile nach § 3 AnfG anfechtbar wäre – wobei nach § 2 AnfG ein Titel gegen den übertragenden Gesellschafter erforderlich ist –, so wäre mit der Anfechtung keineswegs die Verschmelzung beseitigt. Die Geltendmachung der Gläubigeranfechtung führt nämlich nur zur Begründung eines Rückgewährschuldverhältnisses im Sinne des § 7 AnfG mit der Folge, daß der Gläubiger auf das von seinem Schuldner Weggegebene beim Anfechtungsbeklagten Zugriff nehmen kann. Eine dingliche Wirkung tritt nicht ein (Böhle-Stamschräder, AnfG 4. Aufl § 7 Anm I, 3). Das anfechtbare Rechtsgeschäft – hier die Übertragung der Gesellschaftsanteile – wird in seiner Rechtswirksamkeit nicht beeinträchtigt. Die anfechtbar veräußerten Gesellschaftsanteile gehören also trotz der Anfechtbarkeit des Erwerbs zum Vermögen des Erwerbers. Eine Vermögensmasse der erloschenen Kommanditgesellschaft, die einem Sonderkonkurs unterliegen könnte, wird auf diese Weise nicht gebildet.
Hinzu kommt, daß der Rückgewähranspruch aus § 7 AnfG wegen der rein schuldrechtlichen Wirkung des Rückgewährschuldverhältnisses im Konkurs des Rückgewährschuldners – hier also der GmbH – kein Aussonderungsrecht gibt, sondern nur eine nach § 69 KO verfolgbare Konkursforderung darstellt (Mentzel/Kuhn aaO § 37 Anm 9; Böhle-Stamschräder, KO aaO § 37 Anm 11; Böhle-Stamschräder AnfG aaO § 7 Anm I 3). Schon weil die übernehmende GmbH im vorliegenden Falle in Konkurs gefallen ist, kann daher die übernommene KG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt wieder erstehen.
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht zwar ausgeführt, daß der Kläger unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes nicht legitimiert sein kann, die Anfechtung für die Gesamtheit der Konkursgläubiger der GmbH zu betreiben und das aus der Anfechtung Erlangte undifferenziert zur Masse zu ziehen. Sofern das Berufungsgericht jedoch unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Juni 1955 - IV ZR 306/54 (WM 1955, 1195, 1197 = MDR 1956, 86 = LM KO § 29 Nr 3) annimmt, dem Kläger fehle jegliche Legitimation zur Anfechtung, kann ihm nicht gefolgt werden.
Der vom IV. Zivilsenat (aaO) entschiedene Fall wies die Besonderheit auf, daß das Geschäft eines Einzelkaufmanns, in dessen Betrieb die anfechtbaren Handlungen vorgenommen wurden, an eine Kommanditgesellschaft übergegangen war und sodann über deren Vermögen nach § 209 KO das Konkursverfahren eröffnet wurde. Damals bestand keine Veranlassung, im Konkurs des Übernehmers eine Anfechtung von Handlungen zuzulassen, die vom Rechtsvorgänger vorgenommen worden waren. Den Gläubigern des Einzelkaufmannes hätten die anfechtbar weggegebenen Vermögenswerte ohne besondere Schwierigkeiten nach dem Gläubigeranfechtungsgesetz oder – im Konkurs des Einzelkaufmannes – nach §§ 30ff KO gesichert werden können. Eine Anfechtung im Konkurs des Übernehmers verbot sich auch deshalb, weil die Gläubigerkreise regelmäßig nicht identisch sind und es im möglichen Konkurs des Rechtsvorgängers dem dortigen Konkursverwalter nicht verwehrt sein darf, seinerseits die Anfechtung vorzunehmen. Dort war deshalb davon auszugehen, daß in dem Konkurs des Rechtsnachfolgers Handlungen seines Rechtsvorgängers nicht angefochten werden können.
aa) Wird das Vermögen einer Personenhandelsgesellschaft im Wege der Verschmelzung auf eine juristische Person übertragen und erlischt damit die Personenhandelsgesellschaft, so kann eine Konkurrenz verschiedener Anfechtungsrechte nicht mehr auftreten. Vom Konkurs des Übernehmers wird zugleich die Gesamtheit aller vermögenswerten Rechte erfaßt, die früher der verschmolzenen, deshalb erloschenen und damit einem Sonderkonkurs nicht mehr unterworfenen Personenhandelsgesellschaft zustanden. Dies bedeutet letztlich, daß der Konkurs des Übernehmers auch den in ihm aufgegangenen Rechtsvorgänger erfaßt hat, so daß es dem Konkursverwalter grundsätzlich möglich sein muß, Handlungen anzufechten, die in einem Sonderkonkurs des Rechtsvorgängers – wenn ein solcher möglich wäre – einen Rückgewähranspruch nach § 37 KO auslösen würden. Wollte man dem Konkursverwalter dieses Recht absprechen, so käme man zu einem untragbaren Ergebnis. Die Gesellschafter könnten in einem solchen Fall zum Schaden der Gesellschaftsgläubiger den Gesellschaftskonkurs der Personenhandelsgesellschaft (§ 209 KO) hintertreiben, mit der Folge, daß deren Lage wesentlich verschlechtert wäre gegenüber derjenigen vor der Verschmelzung (vgl Jaeger, LZ 1915, 272, 273; Schmitz-Beuting aaO S 41).
bb) Demgegenüber greift das Bedenken nicht durch, daß für die Gläubiger des Übernehmers – jedenfalls wenn der Übernehmer nicht seinerseits Gläubiger der übernommenen Gesellschaft war (dazu weiter unten) – kein Anspruch auf die anfechtbar hinweggegebenen Vermögenswerte besteht, weil das übernommene Vermögen im Zeitpunkt der Übernahme bereits um diese Werte verkürzt war. Auch die Revision erkennt an, daß die Gläubiger der GmbH grundsätzlich keinen Anspruch auf die aus dem Vermögen der KG weggegebenen Werte haben, weil diese niemals Teil des übernommenen Gesellschaftsvermögens waren.
Der Konkursverwalter muß nämlich das infolge der Anfechtung von Rechtshandlungen der übernommenen Gesellschaft Erlangte ausschließlich denjenigen Gläubigern zur Verfügung stellen, denen bereits vor der Verschmelzung nicht befriedigte Forderungen gegen die KG zustanden. Die Bildung einer derartigen „Sondermasse” innerhalb des Konkurses ist dem Konkursrecht nicht fremd, worauf die Revision zu Recht hinweist. So haftet im Konkurs über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft der vor Eröffnung des Konkurses ausgeschiedene Kommanditist, dem vor Konkurseröffnung die Einlage zurückgezahlt oder in entsprechender Höhe ein Abfindungsguthaben ausbezahlt worden ist, nur noch für vor seinem Ausscheiden begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die Gesellschaftsgläubiger, deren Forderungen gegen die Gesellschaft erst nach dem Ausscheiden des Kommanditisten und der entsprechenden Eintragung in das Handelsregister entstanden sind, haben einen solchen Anspruch gegen ihn nicht, weil sie mit der beschränkten persönlichen Haftung des ausgeschiedenen Kommanditisten in keinem Zeitpunkt rechnen konnten. Daraus folgt, daß der Konkursverwalter, der nach § 171 Abs 2 HGB im Gesellschaftskonkurs die Rechte der Gläubiger gegenüber dem Kommanditisten geltend zu machen hat, in einem solchen Falle die von diesem einzufordernde Hafteinlage nicht unterschiedslos zur Konkursmasse ziehen darf; er darf das Eingezogene vielmehr nur für die sogenannten Altgläubiger verwenden, dh für die Gläubiger, deren Forderungen bis zum Ausscheiden des Kommanditisten bereits entstanden waren L (BGHZ 27, 51, 56; Schilling in Großkommentar HGB § 171 Anm 42 mwNachw; vgl auch Unger, KTS 1960, 33ff mwNachw).
Ähnlich wie der Konkursverwalter die Hafteinlage des Kommanditisten für Rechnung der „Altgläubiger” einzieht, macht er im Konkurs des Übernehmers, der zugleich Konkurs über das Vermögen der übernommenen und damit erloschenen Personenhandelsgesellschaft ist, Ansprüche, die aufgrund anfechtbarer Rechtshandlungen der übernommenen Gesellschaft entstanden sind, im Interesse und zugunsten der Gläubiger der übernommenen Gesellschaft geltend.
Als ein solcher Gläubiger der übernommenen Gesellschaft kommt im übrigen auch die GmbH selbst in Betracht, wenn sie von der KG noch keinen vollen Ausgleich für von ihr im Auftrag der KG erbrachte Leistungen erhalten hatte. Durch die Verschmelzung wäre zwar eine Vereinigung von Schuld und Forderung eingetreten, die zum Erlöschen einer etwaigen Forderung der GmbH geführt hätte. Geht man aber richtigerweise im vorliegenden Fall von einer „Sondermasse” aus, die aus dem infolge der Anfechtung der Rechtshandlungen der übernommenen Gesellschaft Erlangten besteht, dann muß es im Verhältnis zu dieser Sondermasse so angesehen werden, als ob die Forderung oder ein eventueller Rückgewähranspruch nach § 37 KO der übernehmenden Gesellschaft noch bestünde. Bestand eine Forderung der GmbH gegen die KG, so kann der Konkursverwalter über das Vermögen der GmbH (auch) aus diesem Grunde gegenüber der Beklagten die Anfechtung durchführen. Die Gesamtheit der Gläubiger der GmbH kann sich dann in Höhe der gegen die damalige KG gerichteten Forderung an der Verteilung des durch die Anfechtung gegenüber der Beklagten Erlangten beteiligen.
III.
Das Urteil des Berufungsgerichts mußte in vollem Umfang aufgehoben werden. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich, weil der Sachverhalt noch nicht geklärt ist. Die Sache war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 60190 |
BGHZ 71, 296-305 (LT) |
BGHZ, 296 |
BB 1978, 887-890 (LT) |
DB 1978, 1583-1585 (ST) |
DB 1978, 1977-1977 (T) |
NJW 1978, 1525 |
NJW 1978, 1525-1527 (ST) |
GmbH-Rdsch 1978, 253-255 (ST) |
LM 1982, 1169-1169 (S) |
LM KO § 29 (L1), Nr. 8 |
DRsp IV (438), 131 (LT) |
DNotZ 1978, 556 |
DNotZ 1978, 556-560 (ST) |
JZ 1978, 685 |
JZ 1978, 685-688 (LT) |
JuS 1979, 668-668 (S) |
MDR 1978, 840-841 (LT) |