Leitsatz (amtlich)
Solange nicht zur Verfügung stehende weniger belastende Mittel ausgeschöpft sind, vermag auch die Aufnahme einer erlaubten Konkurrenztätigkeit eines Kommanditisten nicht die völlige Entziehung des ihm gesellschaftsvertraglich zustehenden Informationsrechts durch eine von der Gesellschaftermehrheit beschlossene Änderung des Gesellschaftsvertrages zu rechtfertigen.
Normenkette
HGB §§ 119, 161
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main |
LG Darmstadt |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 1993 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind Gesellschafter der … M. GmbH & Co. KG. Von dem Kommanditkapital der Gesellschaft halten der Kläger 10 %, die Beklagten zu 1 und 2 39 % respektive 51 %. Die Beklagte zu 3 ist die persönlich haftende Gesellschafterin der KG ohne Kapitalanteil. Ihre Gesellschafter sind der Kläger sowie die Beklagten zu 1 und 2 im Verhältnis ihrer Kommanditanteile. Nach § 9 des Gesellschaftsvertrages der KG war jeder Gesellschafter u.a. berechtigt, jederzeit über die Angelegenheiten der Gesellschaft Auskunft zu verlangen, sich durch Betriebsbesichtigung zu informieren, die Geschäftsbücher und Papiere der Gesellschaft zu überprüfen und sich auf eigene Kosten Bilanzen anzufertigen oder anfertigen zu lassen. In vertretbarem Umfang konnten auch über §§ 118, 166 HGB hinaus Zwischenbilanzen angefertigt und Berichte über Umsatz, Kosten und Liquidität verlangt werden. Am 5. Juli 1991 beschlossen die Beklagten, gestützt auf § 11 Abs. 4 d des Gesellschaftsvertrages, wonach Änderungen desselben einer Mehrheit von 75 % der Stimmen bedürfen, einstimmig gegen die Stimmen des Klägers eine Änderung des Gesellschaftsvertrages, wonach die in § 9 vorgesehenen Informations- und Kontrollrechte nur noch Gesellschaftern zustehen, die mindestens 25 % des Gesellschaftskapitals halten.
Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit dieser Änderung des Gesellschaftsvertrages, in welcher er eine einseitige Benachteiligung sieht. Die Beklagten verteidigen die Änderung des Gesellschaftsvertrages unter Berufung auf die Bestimmung des § 11 Abs. 4 d des Gesellschaftsvertrages. Darüber hinaus sei die Änderung auch in der Sache erforderlich, weil der Kläger, der keinem gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt, sich am 10. Juni 1991 an der Gründung eines anderen Unternehmens in D. beteiligt hat, das nach den Behauptungen der Beklagten der Gesellschaft, jedenfalls aber der Beklagten zu 2, Wettbewerb mache.
Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Abweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. 1. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes verstößt der Beschluß der Gesellschafterversammlung der KG vom 5. Juli 1991 gegen den sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz. Zwar sehe der Gesellschaftsvertrag auch für Satzungsänderungen Mehrheitsbeschlüsse vor. Da die entsprechende Bestimmung jedoch den Gegenstand der danach zulässigen satzungsändernden Beschlüsse nicht näher bezeichne, die beschlossene Vertragsänderung in wesentliche Rechte des Klägers eingreife und die Auslegung des Vertrages nicht ergebe, daß sich der Kläger bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages auch mit einer derartigen gegen ihn gerichteten Mehrheitsentscheidung einverstanden erklären wollte, habe der den Gesellschaftsvertrag ändernde Beschluß nicht ohne Zustimmung des Klägers gefaßt werden können. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei das Verhalten des Klägers selbst dann nicht treuwidrig, falls er inzwischen in einem Konkurrenzunternehmen tätig sein sollte. Der Vortrag des Klägers, mit dem er darlege, aus welchen Gründen er an den ihm zustehenden umfassenden Auskunfts- und Kontrollrechten festhalten wolle, sei überzeugend.
2. Nach Ansicht der Revision ist diese rechtliche Beurteilung selbst bei uneingeschränkter Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes fehlerhaft. Dieser Grundsatz stehe nämlich bei Vorhandensein einer auch Änderungen des Gesellschaftsvertrages abdeckenden Mehrheitsklausel nur Vertragsänderungen mit ungewöhnlichem Inhalt entgegen. Eine Ungewöhnlichkeit des Beschlusses vom 5. Juli 1991 werde vom Berufungsgericht nicht festgestellt und sei auch in der Sache zu verneinen, weil die gesetzlichen Informationsrechte des Klägers unangetastet blieben. Im übrigen gebiete auch die in jedem Falle erforderliche Auflockerung des Bestimmtheitsgrundsatzes durch eine stärkere Berücksichtigung der gesellschaftlichen Treuepflicht und eine ergänzende Auslegung des Gesellschaftsvertrages die Annahme der Wirksamkeit der beschlossenen Vertragsänderung. Es sei immerhin nicht ausgeschlossen, daß der Kläger von seinem Informationsrecht einen dem Unternehmen nachteiligen Gebrauch mache. Hätten die Parteien bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages die Möglichkeit bedacht, daß der Kläger eines Tages ein Konkurrenzunternehmen gründen könnte, so hätte er sich schon damals einer Beschränkung seines Informationsrechtes nach Treu und Glauben nicht widersetzen können. Folge man dem nicht, so stelle sich die Frage, ob der Bestimmtheitsgrundsatz in seiner bisher von der Rechtsprechung vertretenen Form weiter Geltung beanspruchen könne. Mit diesen Angriffen kann die Revision im Ergebnis keinen Erfolg haben.
II. 1. Der vorliegende Fall erfordert keine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage, inwiefern die inzwischen von weiten Teilen des Schrifttums geäußerte Kritik (vgl. MüKo/Ulmer, BGB 2. Aufl. § 709 Rdn. 72 ff., 74 ff. mit umfangr. Zusammenstellung des Schrifttums in Fn. 129; siehe ferner Schiemann, AcP 1985 [1985], 73, 75 u. Hüffer, ZHR 151 [1987], 396, 406 ff.; skeptisch gegenüber dem Bestimmtheitsgrundsatz auch H. P. Westermann, AcP 175 [1975], 375, 418; kritisch ferner Wiedemann, Gesellschaftsrecht I § 8 I. 2. b) S. 409 ff., 412; ders. ZGR 1977, 690, 694 sowie JZ 1978, 612 f. u. 1983, 559 f.; Mecke, BB 1988, 2258 ff., 2262; vgl. aber auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 2. Aufl. § 16 II. 2. d) aa) S. 374; Heymann/Emmerich, HGB § 119 Rdn. 35; Marburger, ZGR 1989, 146 und schon vorher NJW 1984, 2252 ff.; Koch, NJW 1986, 1654 f.) an der Beibehaltung des Bestimmtheitsgrundsatzes in seiner bisherigen Form berechtigt ist und Veranlassung dazu geben könnte, diesen Grundsatz in Zukunft weiter einzuschränken (vgl. dazu auch bereits BGHZ 71, 53, 57 f.; 85, 350, 356 unten) oder sogar ganz aufzugeben. Wie der Senat schon in seiner Entscheidung vom 19. November 1984 – II ZR 102/84, WM 1985, 256, 257 (für eine Publikumskommanditgesellschaft) ausgeführt hat, sind auch außerhalb des Geltungsbereiches des Bestimmtheitsgrundsatzes vertragsändernde Mehrheitsentscheidungen, die in die Rechtsstellung des Gesellschafters eingreifen, nicht unbegrenzt zulässig. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag in Abkehr von dem das Recht der Personengesellschaften beherrschenden Einstimmigkeitsgrundsatz die Möglichkeit der Vertragsänderung durch Mehrheitsbeschluß generell vorsieht, muß dem einzelnen Gesellschafter ein Kernbereich von Rechten verbleiben, der nicht zur beliebigen Disposition der Mehrheit steht. Dies folgt jedenfalls daraus, daß die im voraus außerhalb eines konkreten Anlasses erklärte Unterwerfung unter den Mehrheitswillen typischerweise nicht in ihrer vollen Tragweite erfaßt wird und angesichts der Unvorhersehbarkeit späterer Entwicklungen auch regelmäßig gar nicht erfaßt werden kann. Von der Mehrheit beschlossene Eingriffe in den Kernbereich der Mitgliedschaft bedürfen deshalb auch bei Unanwendbarkeit des Bestimmtheitsgrundsatzes einer zusätzlichen Legitimation, die nicht schon durch die im Gesellschaftsvertrag allgemein vorgesehene Geltung des Mehrheitsprinzips für Vertragsänderungen vermittelt werden kann. Diese Legitimation kann sich, wenn nicht schon der Gesellschaftsvertrag eine im voraus erteilte („antizipierte”) Zustimmung zu ganz bestimmten, mit Stimmenmehrheit möglichen Vertragsänderungen enthält, wobei an dieser Stelle nicht über den Grad der erforderlichen Konkretisierung einer solchen Ermächtigung zu befinden ist (vgl. dazu MüKo/Ulmer aaO § 709 Rdn. 77 ff.; Schlegelberger/Martens, HGB 5. Aufl. § 119 Rdn. 24 ff., 28, jew. m.w.N.; siehe ferner Löffler, NJW 1989, 2656 mit umfangr. Nachw. zum Diskussionsstand), aus der Verpflichtung des Gesellschafters ergeben, die in Frage stehende Maßnahme aus dem Gesichtspunkt seiner Treuepflicht im Gesellschaftsinteresse hinzunehmen (Sen. Urt. v. 19. November 1984 aaO; v. 5. November 1984 – II ZR 111/84, WM 1985, 195, 196; vgl. auch MüKo/Ulmer aaO § 705 Rdn. 188 ff., 190 ff.; Schlegelberger/Martens aaO § 119 Rdn. 45 ff. und die dortigen Nachw.). In dem letztgenannten Fall hätte der Gesellschafter der Maßnahme aber auch bei Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes zuzustimmen. Bei dieser Sachlage kommt es bei Mehrheitsbeschlüssen, die in den Kernbereich der mitgliedschaftlichen Rechte des überstimmten Gesellschafters eingreifen, unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten weniger auf die Anwendbarkeit oder Unanwendbarkeit des Bestimmtheitsgrundsatzes als vielmehr darauf an, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen der Senat nach seiner inzwischen gefestigten Rechtsprechung dem Gesellschafter die Mitwirkung an einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zumutet (vgl. Sen. Urt. v. 20. Oktober 1986 – II ZR 86/85, WM 1987, 133 u. BGHZ 98, 276, 279: für eine personalistische GmbH; beide mit zahlr. weiteren Nachw.; siehe auch den entsprechenden Hinweis in der Entscheidung vom 19. November 1984 aaO).
Der Kreis der danach auch außerhalb und folglich auch bei Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht ohne weiteres durch Mehrheitsbeschluß entziehbaren Rechte läßt sich nicht abstrakt und ohne Berücksichtigung der konkreten Struktur der jeweiligen Personengesellschaft und der besonderen Stellung des betroffenen Gesellschafters umschreiben (ähnl. Ulmer, NJW 1990, 73, 80). Abgesehen von den wenigen überhaupt unverzichtbaren und schon deshalb unentziehbaren Rechten (zum Kreis dieser Rechte vgl. Schlegelberger/Martens aaO, § 119 Rdn. 25) müssen dazu grundsätzlich auch die individuellen, dem Gesellschafter nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag zustehenden wesentlichen Gesellschafterrechte, die seine Stellung in der Gesellschaft maßgeblich prägen, gezählt werden. Eingriffe in die individuelle Rechtsstellung des Gesellschafters, d.h. seine rechtliche und vermögensmäßige Position in der Gesellschaft (Sen.Urt. v. 19. November 1984 aaO), bedürfen damit auch außerhalb der Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes besonderer Rechtfertigung (ähnl. die ganz überwiegende Meinung des Schrifttums, vgl. MüKo/Ulmer aaO, § 709 Rdn. 83; Schlegelberger/Martens aaO § 119 Rdn. 27; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 2. Aufl. § 16 III. 3. b) bb) S. 387). Auch wenn im Schrifttum in diesem Zusammenhang zumeist als Beispiele nur das Stimm-, das Gewinn-, das Geschäftsführungs- sowie das Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös etc. genannt werden (vgl. dazu MüKo/Ulmer aaO und ders. in Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 53 Rdn. 59; K. Schmidt aaO; aber etwa auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht I § 7 II. 2. a) S. 374), muß dazu angesichts der Bedeutung dieses Rechts auch das Informationsrecht des Gesellschafters gerechnet werden.
Danach kann es keinem ernstlichen Zweifel unterliegen, daß die im vorliegenden Fall von der Gesellschaftermehrheit beschlossene Verkürzung dieses Rechts auch bei Unanwendbarkeit des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht von der Mehrheitsklausel des § 11 Abs. 4 d des Gesellschaftsvertrages gedeckt wäre. Dies gilt vor allem auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die von der Mehrheit beschlossene Einschränkung dieses Rechts nicht für alle Gesellschafter gleichermaßen gelten soll, sondern bewußt und gewollt einen Eingriff in die bisherige Rechtsstellung allein des Klägers zum Ziel hat. Mindestens angesichts des zuletzt genannten Umstandes ist es in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, daß dem Kläger nach allerdings streitiger Auslegung der Beklagten auch künftig die gesetzlichen Rechte aus § 166 HGB verbleiben sollen. Entscheidend für die Beurteilung des Eingriffs unter dem bisher erörterten Gesichtspunkt ist allein die Tatsache, daß der angegriffene Mehrheitsbeschluß in der beschriebenen Weise unmittelbar darauf zielt, die dem Kläger nach dem Gesellschaftsvertrag zustehende Rechtsposition in einschneidender Weise zu verkürzen.
2. Bei dieser Sachlage könnte die von der Gesellschaftermehrheit beschlossene Einschränkung oder sogar Beseitigung der Informationsrechte des Klägers auch bei Nichtanwendbarkeit des Bestimmtheitsgrundsatzes nur dann Bestand haben, wenn sie im Gesellschaftsinteresse geboten und dem Kläger unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwerten Belange zumutbar wäre (st. Sen. Rspr. vgl. dazu die Nachw. oben II. 1 S. 8). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist vom Berufungsgericht geprüft und auch unter Berücksichtigung der nach dem Gesellschaftsvertrag zulässigen Beteiligung des Klägers an einem angeblichen Konkurrenzunternehmen unter den gegebenen konkreten Umständen verneint worden. Gegen diese allerdings in der Begründung recht knapp gehaltene tatrichterliche Würdigung hat die Revision keine substantiierten Rügen erhoben. Insbesondere macht sie nicht geltend, daß das Berufungsgericht wesentliches tatsächliches Vorbringen der Beklagten übergangen habe. Sie beschränkt sich vielmehr auf eine Wiederholung des von den Beklagten schon in den Vorinstanzen vertretenen Standpunkts, die von ihnen beschlossene Änderung des Gesellschaftsvertrages sei unter Berücksichtigung der Treuepflicht und der Regeln über die ergänzende Vertragsauslegung schon deshalb zulässig, weil es möglich sei, daß der Kläger von seinem Informationsrecht einen für das Unternehmen nachteiligen Gebrauch machen werde und der Gesellschaftsvertrag keine besondere Regelung für den Fall der Beteiligung eines Gesellschafters an einem Konkurrenzunternehmen vorsehe. Damit kann die Revision kein Gehör finden.
Die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke liefe unter den gegebenen Umständen auf eine reine Fiktion hinaus. Aus dem Gesichtspunkt der Treuepflicht lassen sich, wie bereits dargelegt, nur solche, der Anpassung an veränderte Verhältnisse dienende Änderungen der mitgliedschaftlichen Rechtsstellung des Minderheitsgesellschafters rechtfertigen, die im Gesellschaftsinteresse geboten und ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwerten Interessen zumutbar sind. Unabdingbare Voraussetzung ist dabei, wenn die dem Minderheitsgesellschafter zugemutete Änderung mit einer Verkürzung seiner Rechtsposition in der Gesellschaft verbunden ist, außer der Wahrung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs stets, daß der Mehrheit keine anderen, den Minderheitsgesellschafter weniger belastenden Mittel zur Wahrung des zu schützenden Gesellschaftsinteresses zu Gebote stehen. Angesichts der für die Revisionsinstanz zu unterstellenden Beteiligung des Klägers an einem Konkurrenzunternehmen brauchen es die Beklagten sicher nicht hinzunehmen, wenn der Kläger unter Berufung auf das ihm im Gesellschaftsvertrag gewährleistete umfassende Informationsrecht weiterhin Einblick in Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft nehmen will, die er in seinem neuen Unternehmen zu ihrem Nachteil verwenden kann. Die Beklagten haben jedoch nicht dargelegt, daß es zur Abwendung einer solchen Gefahr nicht ausgereicht hätte, dem Kläger, der ein solches Begehren bisher auch nicht geäußert hat, im konkreten Fall den Einblick in bestimmte sensible Unterlagen zu verweigern (vgl. dazu auch die vom Gesetzgeber für die entsprechende Situation bei der GmbH in § 51 a Abs. 2 GmbHG getroffene Regelung). Aber selbst dann, wenn man der Ansicht sein sollte, daß ein solches auf den Einzelfall beschränktes Weigerungsrecht angesichts der konkreten Schwierigkeit der Darlegung einer entsprechenden Gefährdung der Gesellschaft keinen effizienten Schutz vor zweckwidriger Informationsverwendung gewährleiste (vgl. dazu auch die Kritik von K. Schmidt, Gesellschaftsrecht aaO, § 35 I. 4. S. 866 unten, an der Regelung des § 51 a Abs. 2 GmbHG), ist angesichts des Fehlens jeglichen substantiierten Vortrags der Beklagten in dieser Richtung nicht auszuschließen, daß im gegebenen Fall auch eine generalisierende Regelung möglich gewesen wäre, die das Informationsrecht des Klägers lediglich hinsichtlich bestimmter besonders mißbrauchsgefährdeter Unterlagen und Informationen ausgeschlossen oder eingeschränkt hätte. Des weiteren wäre eine Änderung des Gesellschaftsvertrages in Betracht zu ziehen gewesen, die den Kläger verpflichtet hätte, sich allgemein in Zweifelsfällen oder auch nur beschränkt auf bestimmte Arten von Informationen bei der Ausübung seines Informationsrechts eines zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten sachverständigen Treuhänders zu bedienen, der sich der Gesellschaft gegenüber zur Verschwiegenheit auch gegenüber dem Kläger verpflichtet.
Auch in dieser Beziehung haben die Beklagten nichts vorgetragen. Nach alledem kann die von den Beklagten mit ihrer Stimmenmehrheit beschlossenen Änderung des Gesellschaftsvertrages, durch die das dem Kläger nach dem Gesellschaftsvertrag zustehende Informationsrecht pauschal beseitigt werden sollte, nicht als rechtmäßig gelten.
Unterschriften
Boujong, Röhricht, Dr. Henze, Dr. Goette, Dr. Greger
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 10.10.1994 durch Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
NJW 1995, 194 |
Nachschlagewerk BGH |