Entscheidungsstichwort (Thema)
GbR. Gesellschafts- und Treuhandvertrag. Gesellschaftsrechtliche Zahlungsansprüche. Halten von treuhänderische Anteilen eines Gesellschafters für Nichtgesellschafter. Unmittelbare Gesellschaftsrechte
Leitsatz (amtlich)
Einem Treugeber, der nicht selbst Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird, für den aber ein Gesellschafter treuhänderisch Anteile hält, können durch Vereinbarung mit allen Gesellschaftern unmittelbare gesellschaftsrechtliche Rechte und Ansprüche eingeräumt werden.
Normenkette
BGB § 705
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des OLG Koblenz v. 15.1.2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger verlangen auf Grund eines Beteiligungsverhältnisses an der Dres. B. Grundstücks- und Verwaltungs-Gesellschaft, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, von dem Beklagten als deren geschäftsführendem Gesellschafter monatliche Auszahlungen für den Zeitraum von Juli bis Dezember 1999 i. H. v. insgesamt 6.960,04 DM (Kläger) bzw. 13.920,08 DM (Klägerin).
Die Parteien, die Ehefrau des Beklagten sowie die Ehepaare L. und W. hatten am 28.7.1989 einen notariellen Gesellschafts- und Treuhandvertrag geschlossen. Danach waren der Beklagte und seine Ehefrau, die in Gesellschaft bürgerlichen Rechts Grundbesitz erworben hatten, alleinige Gesellschafter der Dres. B. Grundstücks- und Verwaltungs-Gesellschaft. Der Beklagte war an der Gesellschaft, insbesondere an deren Vermögen, mit 39 Anteilen beteiligt, seine Ehefrau mit den restlichen 61 Anteilen. Beide hielten einen Teil der Gesellschaftsanteile jedoch treuhänderisch für die am Abschluss des Vertrages vom Juli 1989 außer ihnen noch beteiligten Personen, jeder der Vertragschließenden hatte den Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke nämlich durch Kreditaufnahme mitfinanziert. Der Beklagte war Treuhänder des Klägers, seine Frau Treuhänderin der Klägerin.
Zweck der Grundstücksgesellschaft war die Gewinn bringende Verwaltung und Verpachtung des Grundbesitzes, dessen vorhandene Gebäude die Gesellschaft zu einer Klinik umbaute. Mit Vertrag v. 30.5.1990 wurde das Objekt an die Klinikbetreiberin G. GmbH (im Folgenden: GmbH) verpachtet. Gesellschafter der GmbH waren seinerzeit außer dem Kläger und dem Beklagten die Herren L. und W.. Als Pachtzins wurden ein jährlicher Festbetrag von 400.000,00 DM sowie ein Prozentsatz des Umsatzes der GmbH vereinbart.
Seit 1990 erhielten die Kläger von der Gesellschaft unabhängig von deren Gewinnsituation monatlich 1.160,01 DM (Kläger) bzw. 2.320,01 DM (Klägerin) auf ihre Privatkonten überwiesen. Der Beklagte stellte diese Zahlungen ab Juli 1999 ein. Er begründet dies damit, dass die - von ihm als Geschäftsführer vertretene - GmbH ihr gegen die Gesellschaft zustehende Forderungen i. H. v. rd. 3 Mio. DM zum 1.7.1999 in der Weise fällig gestellt habe, dass "die bisher monatlich geleisteten Mietvorauszahlungen zur ratierlichen Rückführung dieser Forderung" verwendet werden, womit er sich für die Gesellschaft einverstanden erklärt habe.
Die Kläger behaupten, den monatlichen Zahlungen, die Gesellschaftern und Treuhändern im Verhältnis ihrer Beteiligung geleistet wurden, habe eine Refinanzierungsabrede der am Gesellschafts- und Treuhandvertrag Beteiligten zugrunde gelegen: Mit den Zahlungen hätten Gesellschaftern und Treugebern die Beträge zur Verfügung gestellt werden sollen, die sie zur Erbringung der Zins- und Tilgungsleistungen für die von ihnen persönlich zum Erwerb der Gesellschaftsimmobilien aufgenommenen Kredite monatlich benötigten.
Die Parteien haben ihre Beziehungen aus dem Gesellschafts- und Treuhandvertrag zum 31.12.1999 beendet. Um die Auseinandersetzung führen sie vor dem LG einen Rechtsstreit.
Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben, das OLG hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner - zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die Kläger auf Grund einer Absprache der Gesellschafter und Treugeber Anspruch auf die eingeklagten Beträge haben. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sei die Sicherung des Mittelzuflusses, der ihnen die Zins- und Tilgungsleistungen für die von ihnen in Anspruch genommenen Darlehen ermöglichen sollte, für die Partner der Vereinbarung von maßgeblicher Bedeutung gewesen. Der vom Umsatz unabhängige Pachtanteil sei so bemessen worden, dass er dem Betrag entsprochen habe, den die Darlehensnehmer für den Schuldendienst benötigten. Dies und die Tatsache, dass die Beträge über Jahre hinweg unmittelbar an die Darlehensnehmer ausgezahlt worden seien, bestätige die von den Zeugen bekundete Absicht der Partner, den Liquiditätszufluss für die Dauer ihrer Zusammenarbeit sicherzustellen. Nach Sinn und Zweck der getroffenen Absprache seien die Kläger auch nicht gehindert, ihre Ansprüche trotz Beendigung des Gesellschafts- und Treuhandverhältnisses zum 31.12.1999 und des anhängigen Auseinandersetzungsverfahrens geltend zu machen. Denn nach der Absprache der Beteiligten sei davon auszugehen, dass diese Ansprüche auch im Falle der Auflösung der Gesellschaft ihre Selbständigkeit behalten sollten.
Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
II. 1. Die streitgegenständlichen Ansprüche sind ungeachtet der formalen Stellung der Kläger als Treugeber gesellschaftsrechtlicher Art und können gegen den Beklagten als Geschäftsführer der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geltend gemacht werden.
a) Es ist seit langem anerkannt, dass Treugebern, die nicht selbst Gesellschafter werden, sondern für die ein Gesellschafter treuhänderisch Anteile hält, unmittelbare Rechte und Ansprüche zugebilligt werden können (vgl. BGH BGHZ 10, 44 [49]). Nach dem Inhalt des Gesellschafts- und Treuhandvertrages der Parteien handelte es sich bei dem Verhältnis zwischen den Gesellschaftern einerseits und den Treugebern andererseits nicht um ein klassisches Treuhandverhältnis, sondern um eine von gesellschaftsrechtlichen Bindungen überlagerte Treuhandbeziehung. Das ergibt sich aus den Regelungen der §§ 6, 7 des Treuhandvertrages und wird bestätigt durch die tatsächliche Handhabung, nach der die von der Gewinnsituation der Gesellschaft unabhängigen monatlichen Zahlungen den Treugebern - anders als bei einem reinen Treuhandverhältnis - nicht über den jeweiligen Treuhänder zugeleitet wurden, sondern die Beträge von der Gesellschaft unmittelbar auf die Konten der Treugeber überwiesen wurden.
b) Der Beklagte ist für diese gesellschaftsrechtlichen Ansprüche der Kläger passiv legitimiert. Der Senat hat es zugelassen, dass der Anspruch auf Gewinn während des Bestehens der Gesellschaft auch unmittelbar gegen deren geschäftsführenden Gesellschafter geltend gemacht wird (BGH, Urt. v. 8.6.1961 - II ZR 91/59, WM 1961, 1075; v. 29.6.1970 - II ZR 126/68, WM 1970, 1223 [1224]).
2. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der landgerichtlichen Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Forderung der Kläger aus einer entsprechenden Absprache aller an dem Gesellschafts- und Treuhandvertrag beteiligten Personen begründet ist. Danach sollten Gesellschaftern und Treugebern die Mittel, die sie zur Bedienung der von ihnen persönlich zum Erwerb des Grundbesitzes der Gesellschaft aufgenommenen Kredite benötigten, von der Gesellschaft unabhängig von deren Gewinn aus der Festpachteinnahme zur Verfügung gestellt werden. Dies galt entgegen der Annahme der Revision unabhängig davon, auf welche Weise die Festpacht entrichtet wurde, ob durch Zahlung oder Verrechnung mit Forderungen, die der GmbH gegen die Gesellschaft zustanden, wie es ab Juli 1999 geschah. Das Berufungsgericht hat zudem rechtsfehlerfrei und von der Revision unangefochten festgestellt, dass die Auszahlung der Festpacht an Gesellschafter und Treugeber die Liquidität der Gesellschaft nicht gefährdet hätte.
3. Die Ansprüche der Kläger unterliegen entgegen der Ansicht der Revision infolge der Beendigung der durch den Gesellschafts- und Treuhandvertrag begründeten Beziehungen und der in einem weiteren Rechtsstreit betriebenen Auseinandersetzung nicht einer Durchsetzungssperre.
Einzelansprüche der Gesellschafter werden im Liquidationsstadium zwar regelmäßig zu unselbstständigen Rechnungsposten und können deshalb nicht mehr isoliert geltend gemacht werden (st. Rspr. des Senats, vgl. BGH, Urt. v. 15.5.2000 - II ZR 6/99, MDR 2000, 1020 = ZIP 2000, 1208 [1209] m. w. N.). Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise dann, wenn sich aus Sinn und Zweck der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen ergibt, dass sie im Falle der Auflösung der Gesellschaft ihre Selbständigkeit behalten sollen (BGH, Urt. v. 2.10.1997 - II ZR 249/96, MDR 1998, 55 = NJW 1998, 376). So liegt es hier.
Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass die Forderungen der Kläger nach Sinn und Zweck der zwischen den Gesellschaftern und Treugebern getroffenen Vereinbarung selbständig durchsetzbar bleiben sollten.
Fundstellen
Haufe-Index 972505 |
DB 2003, 2278 |
DStR 2003, 1582 |
DStZ 2003, 707 |
DStZ 2003, 743 |
BGHR 2003, 1282 |
NJW-RR 2003, 1392 |
NZG 2003, 915 |
StuB 2003, 1147 |
WM 2003, 1614 |
WuB 2003, 965 |
ZIP 2003, 1702 |
ZNotP 2004, 30 |