Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechung erzielter Steuervorteile auf den Rückzahlungsanspruch bei Rückabwicklung Steuer sparender Immobilienkapitalanlagen
Leitsatz (amtlich)
Bei der umfassenden Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der mit einem finanzierten Fondsanteilserwerb ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 VerbrKrG bildet (vgl. Senat, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 193/04, MDR 2006, 1005 = BGHReport 2006, 908 = WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252 vorgesehen), ist es mit dem Sinn und Zweck des § 3 HWiG nicht zu vereinbaren, wenn der Anleger nach Rückabwicklung der kreditfinanzierten Fondsbeteiligung besser stünde als er ohne diese Beteiligung gestanden hätte. Es entspricht daher der Billigkeit, dass unverfallbare und nicht anderweitig erzielbare Steuervorteile den Rückforderungsanspruch des Darlehensnehmers gegen die finanzierende Bank in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens der Vorteilsausgleichung mindern (Abweichung von BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1529; v. 18.10.2004 - II ZR 352/02, BGHReport 2005, 299 = MDR 2005, 157 = WM 2004, 2491, 2494; v. 31.1.2005 - II ZR 200/03, BGHReport 2005, 372 = WM 2005, 547, 548).
Normenkette
HWiG § 3; VerbrKrG § 9 (jeweils in der bis zum 30.9.2000 geltenden Fassung); EStG §§ 21, 20
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des OLG Bamberg vom 21.12.2005 wird als unzulässig verworfen.
Die Revision der Klägerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte über die Hauptsumme von 10.833,88 EUR und die ausgeurteilten Zinsen aus 2.002,27 EUR hinaus Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen hat seit dem 31.12.2001 aus 5.246,01 EUR, aus weiteren 1.923,58 EUR seit dem 31.12.2002, aus weiteren 1.037,12 EUR seit dem 31.12.2003 und aus weiteren 624,80 EUR seit dem 31.12.2004.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 12 % und die Beklagte 88 %.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Klägerin begehrt - teilweise aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes, des Drittwiderbeklagten - Rückzahlung von Leistungen, die sie und der Drittwiderbeklagte aufgrund eines Darlehens der Beklagten an diese erbracht haben. Die Beklagte macht nach außerordentlicher Kündigung des Darlehens widerklagend einen Teilbetrag der offenen Darlehensforderung geltend.
[2] Nach vorangegangenem Besuch des Zeugen H. in ihrer Wohnung unterzeichneten die Klägerin und der Drittwiderbeklagte am 15.6.1994 einen als "Vermittlungsauftrag Immobilienfonds S." (nachfolgend: Fonds) bezeichneten Vertrag, mit dem sie den Zeugen H. mit der Vermittlung des Erwerbs von 1,5 Anteilen an dem Fonds mit einer Einlage von 75.000 DM beauftragten, sowie eine als Grundlage für die Finanzierung des Fondsbeitritts dienende Selbstauskunft. Am selben Tag wurde das Angebot der Klägerin und des Drittwiderbeklagten zum Eintritt in den Fonds notariell beurkundet.
[3] Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte am 6.9.1994 einen Darlehensvertrag über 83.333 DM mit der Beklagten, ohne über ihr Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz belehrt worden zu sein. Zur Sicherung des Darlehens wurden die Fondsanteile verpfändet und zwei Lebensversicherungen an die Beklagte abgetreten. Die Darlehensvaluta wurde von der Beklagten, wie im Darlehensvertrag vereinbart, direkt auf ein bei ihr geführtes Konto des Fonds-Treuhänders ausgezahlt.
[4] Mit Anwaltsschreiben vom 27.12.2000 widerriefen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte den Darlehensvertrag nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes, erbrachten die vertraglich vereinbarten Leistungen aber zunächst weiter und stellten diese erst im November 2003 ein. Mit Anwaltsschreiben vom 11.2.2004 widerriefen sie auch ihre Beitrittserklärung zu dem Fonds unter Berufung auf das Haustürwiderrufsgesetz und wegen arglistiger Täuschung. Durch Schreiben vom 8.4.2004 kündigte die Beklagte das gesamte noch offene Darlehen i.H.v. 40.117,05 EUR außerordentlich und stellte es zur Rückzahlung fällig.
[5] Das LG hat die Klage abgewiesen und der Widerklage nur zu einem geringen Teil stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom 6.9.1994 unwirksam ist und Zahlungsansprüche der Beklagten hieraus nicht bestehen. Außerdem hat es die Beklagte zur Zahlung von 10.833,88 EUR zzgl. Zinsen seit dem 29.1.2001 Zug um Zug gegen Abtretung von 1,5 Fondsanteilen sowie zur Rückabtretung der beiden Lebensversicherungen verurteilt. In Höhe der erzielten Steuervorteile von 6.913,64 EUR hat es die Klage abgewiesen. Überdies hat es die Widerklage insgesamt abgewiesen.
[6] Die Klägerin begehrt mit ihrer - vom Berufungsgericht - zugelassenen Revision auch Zahlung, soweit das Berufungsgericht die Klageforderung um ihr zugeflossene Steuervorteile gekürzt hat, sowie Zinsen bereits seit dem 1.1.2000. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision ihren Klageabweisungsantrag sowie ihren Widerklageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
[7] Die Revision der Klägerin ist nur zu einem geringen Teil begründet, die der Beklagten ist unzulässig.
I.
[8] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit das für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist, wie folgt begründet:
[9] Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte seien zum Widerruf ihrer Darlehensvertragserklärung nach § 1 HWiG berechtigt gewesen, weil der Darlehensvertragsschluss auf einer Haustürsituation beruhe, die sich die Beklagte zurechnen lassen müsse. Als Rechtsfolge des Widerrufs seien die Parteien nach § 3 HWiG grundsätzlich verpflichtet, die empfangenen Leistungen der jeweils anderen Partei zurückzugewähren. Da der Fondsbeitritt und das Finanzierungsdarlehen ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 Abs. 1 VerbrKrG darstellten, seien die Klägerin und ihr Ehemann allerdings nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet, sondern nur zur Abtretung der finanzierten Fondsbeteiligung. Die Klägerin könne alle auf das Darlehen geleisteten Zahlungen zurückverlangen, müsse sich aber sowohl die Leistungen des Fonds als auch die in den Jahren 1994 bis 1997, 1999 und 2000 erzielten Steuervorteile i.H.v. 6.913,64 EUR anrechnen lassen. In den Jahren 1998 und seit 2001 entfalle eine Anrechung, weil Steuervorteile nicht angefallen seien. Auf die bis zum Widerruf des Darlehensvertrages am 27.12.2000 erbrachten rückforderbaren Leistungen von 2.002,27 EUR könne die Klägerin Verzugszinsen seit dem 29.1.2001, auf die später erbrachten und nach Gegenrechung von Fondserträgen rückforderbaren 8.831,61 EUR mangels verzugsbegründender Mahnung erst ab Rechtshängigkeit am 8.3.2004 in gesetzlicher Höhe nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB verlangen, da die Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB nicht vorlägen.
[10] Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen und dazu ausgeführt, es bestehe möglicherweise eine Divergenz zur Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1529) zur Anrechnung von Steuervorteilen bei der Rückabwicklung nach § 3 HWiG.
II.
[11] A. Revision der Beklagten
[12] Die Revision der Beklagten ist unzulässig.
[13] 1. Das Berufungsgericht hat die Revision in zulässiger Weise nur beschränkt auf die Höhe des Anspruchs der Klägerin zugelassen.
[14] a) Die Zulassung ist im Tenor der angefochtenen Entscheidung zwar ohne Beschränkung ausgesprochen worden. Die Beschränkung der Zulassung der Revision muss aber nicht in der Entscheidungsformel enthalten sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (BGHZ 48, 134, 136; 153, 358, 360 f. m.w.N.). Das ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, wegen der Anrechnung von Steuervorteilen bei der Rückabwicklung nach § 3 HWiG die Revision zulassen zu wollen. Es ist zwar nicht möglich, die Revision auf einzelne Rechtsfragen zu beschränken (BGH, Urt. v. 5.11.2003 - VIII ZR 320/02, MDR 2004, 468 = BGHReport 2004, 262 = WM 2004, 853 m.w.N.). Jedoch lässt sich den - auslegungsfähigen - Entscheidungsgründen entnehmen, dass das Berufungsgericht die Revision nur wegen der Höhe des Anspruchs der Klägerin zulassen wollte, wohingegen es die Frage des Grundes des Anspruchs als geklärt angesehen hat.
[15] b) Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist zulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, BGHZ 161, 15, 18 = MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 und Urt. v. 26.9.2006 - XI ZR 156/05, MDR 2007, 393 = BGHReport 2007, 68 = WM 2006, 2351 m.w.N.) auf einen tatsächlichen oder rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein kann. Zulässig ist auch die Beschränkung auf einen Teil des Streitstoffs, über den durch ein Zwischenurteil gem. § 280 ZPO bzw. § 304 ZPO oder durch einen Beschluss gem. § 17a Abs. 3 GVG entschieden werden könnte (BGH, Urt. v. 13.12.1989 - IVb ZR 19/89, MDR 1990, 607 = WM 1990, 784, 786; v. 25.2.1993 - III ZR 9/92, MDR 1994, 206 = WM 1993, 1015, 1016, insoweit in BGHZ 121, 367 ff. nicht abgedruckt; v. 10.5.2001 - III ZR 262/00, MDR 2001, 1071 = AG 2001, 587 = BGHReport 2001, 663 = WM 2001, 1633, 1634 f., insoweit in BGHZ 147, 394 ff. nicht abgedruckt). Hier hätte das Berufungsgericht über den Grund des Anspruchs nach § 304 ZPO ein Grundurteil erlassen können, da der Anspruch nach Grund und Betrag streitig war und bei Bejahung des Grundes auch feststand, dass ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegeben und nur dessen Höhe wegen der Frage der Anrechnung der Steuervorteile noch zweifelhaft ist.
[16] 2. Mit ihrer Revision wendet sich die Beklagte dagegen, dass das Berufungsgericht den Darlehensvertrag wegen des Widerrufs der Klägerin und des Drittwiderbeklagten nach § 1 HWiG als unwirksam angesehen hat. Sie richtet sich damit gegen den Grund des Anspruchs und ist damit unzulässig, weil dieses Begehren von der beschränkten Revisionszulassung nicht gedeckt ist.
[17] 3. Der Senat hat erwogen, die unzulässige Revision der Beklagten in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten. Ob dies möglich ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Eine Nichtzulassungsbeschwerde wäre jedenfalls unbegründet. Was die in der Revisionsbegründung der Beklagten angesprochene Frage angeht, ob der geschlossene Darlehensvertrag auf einer Haustürsituation beruht, hat die Rechtssache ersichtlich keine grundsätzliche Bedeutung und ist auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht gegeben. Das Berufungsurteil ist insoweit entgegen der Ansicht der Beklagten rechtsfehlerfrei. Von einer näheren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.
[18] B. Revision der Klägerin
[19] Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nur hinsichtlich eines Teils der Zinsforderung begründet.
[20] 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Anrechung der bis zum Jahr 2000 erzielten Steuervorteile auf den Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG. Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass nach einem Widerruf aufgrund des Haustürwiderrufsgesetzes bei Vorliegen eines verbundenen Geschäftes die kreditgebende Bank nicht die Darlehensvaluta vom Darlehensnehmer zurückfordern kann, sondern ihrerseits verpflichtet ist, an die Darlehensnehmer auf das Darlehen geleistete Zahlungen abzgl. aus der Fondsbeteiligung erlangter Erträge und Steuervorteile gegen Abtretung der Immobilienfondsbeteiligung zurückzuerstatten und die zur Sicherheit für das Darlehen abgetretenen Lebensversicherungen rückabzutreten.
[21] a) Nach dem Zweck der gesetzlichen Widerrufsregelung (§ 1 HWiG) soll der Verbraucher innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen entscheiden können, ob er an seiner aufgrund einer Haustürsituation eingegangenen Verpflichtung festhalten will oder nicht. Dieser Schutzzweck würde gefährdet, wenn der Verbraucher das wirtschaftliche Risiko des Fondsbeitritts zu tragen hätte. Es ist deshalb bei einem verbundenen Geschäft erforderlich, § 3 HWiG dahin auszulegen, dass dem Darlehensgeber nach dem Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Verbraucher in Höhe des Darlehenskapitals zusteht. Die Rückabwicklung hat in diesen Fällen vielmehr unmittelbar zwischen dem Kreditgeber und dem Partner des finanzierten Geschäfts zu erfolgen (vgl. BGH v. 17.9.1996 - XI ZR 164/95, BGHZ 133, 254, 259 f. = MDR 1997, 24; 152, 331, 337; 159, 280, 288; Senat, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 193/04, MDR 2006, 1005 = BGHReport 2006, 908 = WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252 vorgesehen, m.w.N.; v. 13.6.2006 - XI ZR 432/04, BGHReport 2006, 1428 = MDR 2007, 41 = WM 2006, 1669, 1671 Tz. 22).
[22] b) Der Darlehensnehmer kann nach Widerruf der Darlehensvertragserklärung vom Darlehensgeber die aus seinem eigenen Vermögen erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zurückfordern sowie die Rückabtretung gewährter Sicherheiten, etwa der Rechte aus einer Kapitallebensversicherung verlangen. An ihn oder direkt an die kreditgebende Bank geflossene Fondsausschüttungen verbleiben der Bank bzw. sind an sie nach den Regeln des Vorteilsausgleichs herauszugeben, da der Verbraucher sonst besser stünde, als er ohne die Beteiligung am Fonds gestanden hätte (vgl. BGH v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHZ 159, 280, 287 = BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193; Senat, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 193/04, MDR 2006, 1005 = BGHReport 2006, 908 = WM 2006, 1003, 1008 Tz. 41, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252 vorgesehen).
[23] c) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, sind auch die Steuervorteile der Klägerin und ihres Ehemannes, denen kein Nachzahlungsanspruch der Finanzbehörden gegenübersteht, auf ihren Rückforderungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG anspruchsmindernd anzurechnen.
[24] aa) Die Anrechnung von Steuervorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung ist allerdings grundsätzlich ein Institut des Schadensersatzrechts (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. Vorb. v. § 249 Rz. 124, 144 m.w.N.), nach dem Verlust und Vorteil, die beide auf ein und demselben schädigenden Ereignis beruhen, gleichermaßen bei der Berechnung des Anspruchs zu berücksichtigen sind. Der diesem Institut zugrunde liegende Rechtsgedanke, dass ein Geschädigter für erlittene Nachteile zu entschädigen ist, aber aus einem schädigenden Ereignis keinen Gewinn erzielen soll, ist aber auch in der vorliegenden Fallkonstellation beim Rückforderungsanspruch nach § 3 HWiG entsprechend anzuwenden.
[25] (1) Zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Steuervorteile der Anleger zum Gesamtkonzept einer Steuer sparenden Immobilienkapitalanlage gehören. Sie spielen bei der Entwicklung, der Werbung und dem Vertrieb dieser Kapitalanlagen eine entscheidende Rolle. Die vom Anleger erzielten Steuervorteile sind eine von beiden Vertragsparteien gewollte, planmäßig eintretende Folge seiner Anlageentscheidung. Aus der Sicht des Anlegers sind die Steuervorteile fest mit der Immobilienkapitalanlage verbunden, ohne die er sie in der Regel nicht erworben hätte, weil sie sich wirtschaftlich wie ein aus der Anlage selbst fließender Gewinn darstellen.
[26] So war es auch hier. Nach ihrem eigenen Vorbringen sind die Klägerin und der Drittwiderbeklagte damit geworben worden, die kreditfinanzierte Beteiligung an dem Fonds trage sich aufgrund der Einnahmen aus der Vermietung des Fondsobjekts und aus den Steuerersparnissen fast von selbst. Ansonsten hätten sie die Anlage nach ihren eigenen Angaben nicht gezeichnet. Aus der Sicht der Klägerin und ihres Ehemannes stellen sich die Ausschüttungen des Fonds und die Steuerersparnisse danach wirtschaftlich gleichermaßen als Nutzungen der Fondsbeteiligung und daraus fließende Gewinne dar. Es liegt deshalb nicht fern, auf beide § 3 Abs. 3 HWiG entsprechend anzuwenden und bei der Rückabwicklung einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung gleichermaßen zu berücksichtigen. Dass die Fondsausschüttungen aus der Fondsbeteiligung unmittelbar resultieren, die Steuervorteile aber erst aus der damit verbundenen steuerlichen Verlustzuweisung ist für Anleger wie die Klägerin und den Drittwiderbeklagten nicht von wesentlicher Bedeutung. Da es dem Anleger bei kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligungen in aller Regel gerade auch auf die Steuervorteile ankommt, ist es bei Rückgängigmachung der Anlageentscheidung nach dem Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung nicht nur konsequent, sondern geboten, bei der Berechnung des Rückzahlungsanspruchs des Anlegers auch die ihm endgültig verbleibenden Steuervorteile anspruchsmindernd zu berücksichtigen.
[27] (2) Für eine Gleichbehandlung von Fondsausschüttungen und Steuervorteilen spricht auch Sinn und Zweck der Rückabwicklung nach § 3 HWiG. Nach den Ausführungen des II. Zivilsenats des BGH in seinem Urteil vom 14.6.2004 (BGH v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHZ 159, 280, 287 = BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193), die der erkennende Senat teilt, ist es mit dem Sinn der Rückabwicklung nach § 3 HWiG nicht zu vereinbaren, wenn der Anleger nach Rückabwicklung einer kreditfinanzierten Fondsbeteiligung besser stünde als er ohne diese Beteiligung gestanden hätte, Fondsausschüttungen seien deshalb zu berücksichtigen. Folgerichtig muss das auch für Steuervorteile gelten, die der Anleger aus der mit der Fondsbeteiligung verbundenen steuerlichen Verlustzuweisung gezogen hat. Denn wenn er sie behalten dürfte, stünde er sich nach der Rückabwicklung besser als er ohne die Beteiligung stehen würde. Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht und ist nicht widerspruchsfrei, bleibende Steuervorteile nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs nur im Rahmen von Schadensersatzansprüchen zu berücksichtigen, nicht dagegen bei der Rückabwicklung nach § 3 HWiG (so aber noch BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1529).
[28] (3) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Rückabwicklung einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung nach § 3 HWiG nicht auf die Leistungen beschränkt, die im Verhältnis der Beteiligten erbracht werden. Durch die Rechtsprechung des BGH zur Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der mit dem Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft bildet, wird ein Darlehensnehmer aus Schutzzweckerwägungen zu Lasten der finanzierenden Bank umfassend vom Risiko der kreditfinanzierten Anlage befreit. Die Rückabwicklung vollzieht sich in diesen Fällen nicht innerhalb der Leistungsverhältnisse, sondern im Dreiecksverhältnis, so dass der Darlehensgeber statt des Darlehensnehmers das Kreditverwendungsrisiko zu tragen hat (vgl. Senat, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 193/04, MDR 2006, 1005 = BGHReport 2006, 908 = WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, 1006 Tz. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252 vorgesehen, m.w.N.). Der Schutzzweck der Haustürwiderrufsvorschriften erfordert es dagegen nicht, dass der Anleger darüber hinaus einen Gewinn in Form ihm endgültig verbleibender Steuervorteile erzielt. Es entspricht vielmehr der Billigkeit, dass solche Steuervorteile den Anspruch des Anlegers und Darlehensnehmers auf Rückzahlung auf das Darlehen erbrachter Leistungen gegen die finanzierende Bank mindern, zumal die Bank auch die Nachteile der Anlageentscheidung zu tragen hat. Der erkennende Senat kann diese Rechtsfrage zugunsten der Anrechnung von Steuervorteilen entscheiden, ohne den Großen Senat für Zivilsachen nach § 132 GVG anrufen zu müssen, da der II. Zivilsenat des BGH auf Anfrage mitgeteilt hat, dass er an seiner entgegenstehenden Rechtsprechung in den Urteilen vom 14.6.2004 (II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1529), vom 18.10.2004 (II ZR 352/02, BGH v. 18.10.2004 - II ZR 352/02, BGHReport 2005, 299 = MDR 2005, 157 = WM 2004, 2491, 2494) und vom 31.1.2005 (II ZR 200/03, BGH v. 31.1.2005 - II ZR 200/03, BGHReport 2005, 724 = WM 2005, 547, 548) nicht mehr festhält.
[29] bb) Die Revision kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, Rückzahlungen bei der Rückabwicklung eines Geschäfts nach § 3 HWiG seien steuerpflichtig, so dass die Steuervorteile der Klägerin und des Drittwiderbeklagten entfielen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts stehen den Steuervorteilen der Klägerin und des Drittwiderbeklagten in den Jahren 1994 bis 2000 keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamtes gegenüber. Die Klägerin kann sich mangels substantiierten Vortrages in den Vorinstanzen auch nicht mit Erfolg darauf berufen, bei korrektem Verhalten der Beklagten hätte sie sich für ein anderes Steuersparmodell entschieden (§ 559 Abs. 1 ZPO).
[30] cc) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht auch die Höhe der Steuervorteile mit 6.913,64 EUR rechtsfehlerfrei festgestellt. Das Berufungsgericht hat die eingereichten Steuerbescheide der Klägerin und des Drittwiderbeklagten seiner Entscheidung zugrunde gelegt und die Steuervorteile für das Jahr 1997 nach § 287 ZPO geschätzt. Dies ist eine tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist. Rechtsfehler des Berufungsgerichts zeigt die Revision nicht auf. Es hat weder erhebliche Tatsachen außer Betracht gelassen noch gegen die Denkgesetze verstoßen noch die Darlegungs- und Beweislast verkannt.
[31] 2. Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht Verzugszinsen aus einem Betrag von 8.831,61 EUR in gesetzlicher Höhe erst ab Rechtshängigkeit zugesprochen hat.
[32] a) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass für den nach dem Widerruf vom 27.12.2000 entstandenen Rückzahlungsanspruch i.H.v. 8.831,61 EUR Zinsen nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Nutzungsersatzes nach den Haustürwiderrufsvorschriften (vgl. dazu Senatsurteil v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 336 = MDR 2003, 224 = BGHReport 2003, 186 m. Anm. Kemper m.w.N.) begehrt werden können. Die Zahlungen erfolgten auf eine nicht mehr bestehende Schuld, da der Darlehensvertrag infolge des Widerrufs unwirksam war. Die Rückabwicklung dieser Leistungen hat daher nach den allgemeinen Vorschriften des Bereicherungsrechts zu erfolgen.
[33] b) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen Anspruch auf Verzugszinsen vor Rechtshängigkeit nur unter den Voraussetzungen der §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB für möglich gehalten (vgl. auch BGH BGHZ 158, 1, 9; v. 30.3.2004 - XI ZR 145/03, BGHR BGB § 818 Abs. 1 Zinszahlung). Ob eine Bank bei der Entgegennahme von Zins- und Tilgungsleistungen, die ein Darlehensnehmer trotz Widerrufs nach § 1 HWiG weiter gezahlt hat, bösgläubig i.S.v. § 819 Satz 1 BGB ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil der Zinsanspruch der Klägerin aus einem anderen Grund berechtigt ist.
[34] c) Den von der Revision begehrten Zinsanspruch kann die Klägerin als Nutzungsersatz nach § 818 Abs. 1 BGB von der Beklagten verlangen.
[35] Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt (BGH v. 8.10.1991 - XI ZR 259/90, BGHZ 115, 268, 270 = MDR 1992, 151; Senat, Urt. v. 24.9.1996 - XI ZR 185/94, WM 1996, 2247, 2250; v. 12.5.1998 - XI ZR 79/97, MDR 1998, 1045 = WM 1998, 1325, 1326 f.; v. 12.9.2006 - XI ZR 296/05, ZIP 2006, 2119, 2121 Tz. 25). Allerdings besteht bei Zahlungen an eine Bank eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (Senat, Urt. v. 12.5.1998 - XI ZR 79/97, MDR 1998, 1045 = WM 1998, 1325, 1326 f.). Die Klägerin hat danach einen Zinsanspruch i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach der beantragten zeitlichen Staffelung, wobei jedoch ab dem 31.12.2001 Zinsen nur aus 5.246,01 EUR (= 10.260,30 DM) begehrt werden können.
III.
[36] Die Revision der Beklagten war nach alledem als unzulässig zu verwerfen. Die Revision der Klägerin war mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Klägerin über den ausgeurteilten Zinsanspruch hinaus weitere Zinsen zuzuerkennen waren.
Fundstellen
Haufe-Index 1762250 |
BGHZ 2007, 147 |
BB 2007, 1464 |
DStR 2007, 2075 |
NJW 2007, 2401 |
NWB 2007, 1523 |
BGHR 2007, 769 |
EBE/BGH 2007, 202 |
EWiR 2008, 23 |
JurBüro 2007, 445 |
NZM 2007, 538 |
WM 2007, 1173 |
WuB 2007, 791 |
ZAP 2007, 888 |
ZIP 2007, 1200 |
ZfIR 2007, 716 |
MDR 2007, 1088 |
BKR 2007, 329 |
GuT 2007, 383 |
NWB direkt 2007, 12 |
RÜ 2007, 401 |
RdW 2007, 598 |
ZBB 2007, 306 |
ZGS 2007, 204 |