Leitsatz (amtlich)
a) Durch eine schuldrechtliche Vereinbarung, dass der bisherige Volleigentümer sein Eigentum nunmehr im Interesse eines anderen ("Treugeber") verwaltet, erwirbt dieser kein Aussonderungsrecht in der Insolvenz des Eigentümers ("Treuhänders").
b) Ein Aussonderungsrecht an einem Grundstück kann durch eine Treuhandvereinbarung ohne Vormerkung des Übereignungsanspruchs des Treugebers nicht begründet werden.
c) § 25 Abs. 5 S. 1 DMBilG begründet ein schuldrechtliches Aussonderungsrecht der Treuhandanstalt, das jedoch erlischt, sobald die Privatisierung vollzogen ist.
Normenkette
GesO § 12 Abs. 1 S. 1 (KO § 43; InsO § 47); DMBilG § 25 Abs. 5 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Beklagten zu 1) werden das Urteil des 13. Zivilsenats des OLG Dresden v. 7.2.2001 und das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Chemnitz v. 2.9.1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten zu 1) entschieden worden ist.
Die Klage gegen den Beklagten zu 1) wird insgesamt abgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz und des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 2) 1 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen; die übrigen Kosten fallen der Klägerin zur Last.
Die Kosten des Revisionsrechtszuges werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte zu 1) (fortan: Der Beklagte) ist Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der - früher als A.
GmbH firmierenden - W. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Diese entstand gem. § 11 Abs. 1 TreuhG aus einem volkseigenen Betrieb. Die Klägerin wurde gem. § 1 Abs. 4 TreuhG Alleingesellschafterin der Schuldnerin.
Mit notariellem Vertrag v. 13.5.1993, an dem auch die Schuldnerin beteiligt war, veräußerte die Klägerin die Geschäftsanteile an der Schuldnerin zum Preis von 1 DM an die H. KG. Die Vertragsparteien - die Schuldnerin wurde dort als "Gesellschaft" bezeichnet - waren sich darüber einig, dass die in Anlage 2 der Urkunde v. 30.4.1993 (UR-Nr.: 256/93 - "Bezugsurkunde") aufgeführten Grundstücke der Gesellschaft nicht betriebsnotwendig waren, daher nicht Gegenstand des Kaufvertrages sein sollten und bei der Bemessung des Kaufpreises außer Acht gelassen wurden. Weiter heißt es in diesem Vertrag:
"5.1.1 ...
Die Gesellschaft bevollmächtigt den Verkäufer schon jetzt unwiderruflich, diese Grundstücke für die Gesellschaft zu verkaufen und aufzulassen sowie alle Erklärungen abzugeben, die zur Übertragung des Eigentums und Ausführung abzuschließender Kaufverträge erforderlich sind. ... Die Konditionen zum Verkauf dieser Grundstücke können vom Verkäufer frei festgesetzt werden. Er ist hierbei an keine Weisungen der Gesellschaft gebunden.
Die Gesellschaft verpflichtet sich, Weisungen des Verkäufers im Hinblick auf die in Anlage 2 der Bezugsurkunde aufgeführten Grundstücke zu befolgen ... Die Gesellschaft verpflichtet sich, sämtlicher Verfügungen über die in Anlage 2 der Bezugsurkunde aufgeführten Grundstücke zu enthalten und keine weiteren Vollmachten zur Verfügung über diese Grundstücke zu erteilen. ...
5.1.2
Etwaige Veräußerungserlöse stehen der Gesellschaft zu. Die Verkäuferin ist unwiderruflich zu deren Einziehung auf eines ihrer Konten ermächtigt. ...
5.1.3
Im Übrigen wird der Verkäufer die Verkaufserlöse im Namen und für Rechnung der Gesellschaft zur Abdeckung der in Anlage 5 der Bezugsurkunde genannten Kreditverbindlichkeiten der Gesellschaft verwenden. Werden Veräußerungserlöse von dem Verkäufer an die Gesellschaft ausgekehrt, so ist die Gesellschaft verpflichtet diese Veräußerungserlöse unverzüglich zur Rückführung der in Anlage 5 der Bezugsurkunde und Ziff. 8.4 dieses Vertrages genannten Liquiditätskredite der Gesellschaft, für die der Verkäufer Bürgschafts- und Garantieerklärungen abgegeben hat, zu verwenden. ...
Sollte der Verkäufer seine Verpflichtungen aus Ziff. 8.4 dieses Vertrages bereits ganz oder teilweise erfüllt haben, so steht der Veräußerungserlös entsprechend der durch den Verkäufer erfolgten Tilgung dem Verkäufer zu. ...
8.4 ....
Der Verkäufer hat für die in Anlage 5 der Bezugsurkunde aufgeführte Kreditverbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber dem Gläubiger eine Bürgschaft übernommen. Der Verkäufer verpflichtet sich zu bewirken, dass der Gesellschaft die in Anlage 5 der Bezugsurkunde ausgewiesenen Verbindlichkeiten mit einem Betrag von DM 30.000.000 (in Worten: Dreißig Mio.) in dieser Höhe zzgl. darauf entfallender Zinsen erlassen werden, soweit nicht im Namen und für Rechnung der Gesellschaft i. S. d. Ziff. 5.1.3 die Kreditverbindlichkeit zurückgeführt worden ist und soweit die Gesellschaft ihre Verpflichtungen aus Ziff. 5.1.3 erfüllt hat oder hätte erfüllen müssen. Sollte die Gesellschaft von dem Gläubiger der in Anlage 5 der Bezugsurkunde aufgeführten Verbindlichkeit in Anspruch genommen werden, so verpflichtet sich der Verkäufer, die Gesellschaft freizustellen; die Verpflichtung der Gesellschaft aus Ziff. 5.1.3 wird hierdurch nicht berührt. Der Verkäufer verpflichtet sich gegenüber der Gesellschaft, die Grundstücke, die in der Anlage 2 der Bezugsurkunde aufgeführt sind, bis zum 30.12.1993 aus der Gesellschaft heraus zu verkaufen und die Verbindlichkeiten komplett laut Anlage 5 der Bezugsurkunde bis zum 30.12.1993 auf 0,00 DM zurückzuführen. Soweit Verkaufserlöse bis zu diesem Zeitpunkt nicht auf das Kreditkonto der Gesellschaft geflossen sind, stehen diese dem Verkäufer zu."
Die Klägerin führte die in Anlage 5 der Bezugsurkunde genannten Kredite absprachegemäß vollständig zurück und wurde vom Kreditgeber aus ihrer Bürgschaft entlassen. Nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens hatte der Beklagte die in Anlage 2 der Bezugsurkunde genannten Grundstücke zugunsten der Masse in Besitz genommen und sie teilweise veräußert.
Die Klägerin hat sich auf ein Aussonderungsrecht an den Grundstücken berufen und verlangt vom Beklagten Auskehr des Veräußerungserlöses sowie Übereignung des noch im Besitz der Masse befindlichen Grundstücks. Das Berufungsgericht hat das der Klage weitgehend stattgebende Urteil des LG im Wesentlichen bestätigt. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten führt zur Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage.
I.
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Auflassung des noch in der Masse befindlichen Grundstücks bejaht. Durch den notariellen Vertrag v. 13.5.1993 sei ein Treuhandverhältnis in dem Sinne begründet worden, dass die Schuldnerin von diesem Zeitpunkt ab das Grundstück nach den Weisungen der Klägerin habe verwalten müssen. Daher sei die Klägerin zur Aussonderung des Grundstücks berechtigt. Dass das Treugut nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers in das Vermögen des Treuhänders übertragen worden sei, stehe dem nicht entgegen, weil das Treuhandverhältnis aus der notariellen Vereinbarung offenkundig sei. Wegen der Veräußerung von Grundstücken, an denen der Klägerin ein Aussonderungsrecht zugestanden habe, stehe ihr ein Ersatzaussonderungsrecht analog § 46 KO i. H. v. 367.473,55 DM zu.
II.
Gegen diese Erwägungen wendet sich die Revision zu Recht. Aus der notariellen Vereinbarung v. 13.5.1993 kann die Klägerin weder ein Aussonderungsrecht gem. § 12 Abs. 1 S. 1 GesO noch einen Ersatzaussonderungsanspruch analog § 46 KO herleiten.
1. Das Reichsgericht hat ein Aussonderungsrecht des Treugebers nur dann anerkannt, wenn dem Treuhänder das Treugut aus dem Vermögen des Treugebers übertragen worden war (RGZ 84, 214 [216]; RGZ 91, 12 [14]). Die Rechtsprechung des BGH hat diesen Unmittelbarkeitsgrundsatz bisher nicht aufgegeben, sondern lediglich in solchen Fällen eine Ausnahme zugelassen, in denen von dritter Seite Zahlungen auf ein Konto geleistet wurden, das seiner Art nach als Treuhandkonto ausgewiesen war, und die Zahlung auf eine Forderung erfolgte, die nicht dem Kontoinhaber, sondern dem Treugeber zustand (vgl. BGH, Urt. v. 7.4.1959 - VIII ZR 219/57, NJW 1959, 1223 [1224]; v. 19.11.1992 - IX ZR 45/92, MDR 1993, 529 = ZIP 1993, 213 [214]; v. 8.2.1996 - IX ZR 151/95, MDR 1996, 630 = WM 1996, 662 [663]). Die Frage, ob das Unmittelbarkeitsprinzip ein grundsätzlich zur Kennzeichnung und Abgrenzung des Treuhandbegriffs geeignetes Merkmal darstellt, wird im Schrifttum unterschiedlich beurteilt (zustimmend Erman/Palm, BGB, 10. Aufl., vor § 164 Rz. 15; Jaeger/Lent, KO, 8. Aufl., § 43 Rz. 41; Larenz/Wolf, BGB, Allgemeiner Teil, 8. Aufl., § 46 Rz. 30; Schramm in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., vor § 164 Rz. 28; BGB-RGRK/Steffen, 12. Aufl., vor § 164 Rz. 26; Smid, InsO, 2. Aufl., § 47 Rz. 28; Wieczorek/Schütze/Salzmann, ZPO, 3. Aufl., § 771 Rz. 60; abl. Coing, Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, S. 45 f.; 177 f.; Henssler, AcP 196 (1996), 37 [54 f.]; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., vor § 164 Rz. 56; differenzierend Ganter in MünchKomm/InsO, § 47 Rz. 358).
2. Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Prinzipien der Unmittelbarkeit und Offenkundigkeit (vgl. dazu BGH, Urt. v. 1.7.1993 - IX ZR 251/92, MDR 1993, 1119 = NJW 1993, 2622; v. 8.2.1996 - IX ZR 151/95, MDR 1996, 630 = WM 1996, 662 [663]) allgemein taugliche Abgrenzungsmerkmale darstellen. Unabhängig davon vermag die notarielle Vereinbarung v. 13.5.1993, soweit sie die streitbefangenen Grundstücke betrifft, schon ihrem Inhalt nach kein Treuhandverhältnis zu begründen, das der Klägerin ein Aussonderungsrecht in der Insolvenz der Schuldnerin gewährt. Die im Nichtannahmebeschluss v. 16.12.1999 (IX ZR 2/99) vertretene Auffassung gibt der Senat auf.
a) Im Gegensatz zu den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher entschiedenen Fällen sieht die von der Klägerin mit der Schuldnerin in Ziff. 5 des notariellen Vertrages für die nicht betriebsnotwendigen Grundstücke getroffene Regelung keine Übertragung dinglicher Rechte vor. Sie steht auch nicht in rechtlichem Zusammenhang mit einem anderweitig vereinbarten Rechtsgeschäft dieses Inhalts. Die Schuldnerin, die nach der Vorstellung der Klägerin die Funktion des Treuhänders übernehmen sollte, war schon vor Vertragsabschluss Eigentümerin der besagten Grundstücke und wurde in ihrer dinglichen Rechtsstellung durch die notarielle Vereinbarung auch nicht eingeschränkt. Vielmehr hat die Gesellschaft lediglich in eine schuldrechtliche Beschränkung ihrer Rechte als Eigentümer eingewilligt, indem sie der Klägerin Vollmacht zur Veräußerung sowie die Ermächtigung zur Einziehung des Kaufpreises erteilt und die Verpflichtung übernommen hat, sich sämtlicher Verfügungen über die Grundstücke zu enthalten und die von der Klägerin insoweit erteilten Weisungen zu befolgen.
b) Der Begriff des Treuhänders bezeichnet nach allgemeinem Rechtsverständnis eine natürliche oder juristische Person, die von einem anderen oder für ihn von einem Dritten Vermögensrechte zu eigenem Recht erworben hat, diese aber nicht nur in eigenem, sondern zumindest auch in fremdem Interesse ausüben soll. Der Treuhänder erhält danach Vermögensrechte übertragen, von denen er nur nach Maßgabe der Treuhandvereinbarung Gebrauch machen darf (vgl. Ganter in MünchKomm/InsO, § 47 Rz. 355; Henssler, AcP 196 (1996), 37 [41]). Für die echte Treuhand typisch ist damit, dass sie neben der schuldrechtlichen eine dingliche Komponente aufweist, indem die Rechte an einem Gegenstand auf den Treuhänder verlagert und ihm zugleich in der Weise anvertraut werden, dass er seine Befugnisse nur in einer inhaltlich mit dem Treugeber abgestimmten Art und Weise ausüben darf. Da beide rechtlichen Elemente zusammengehören, ist es verfehlt, das Aussonderungsrecht in Treuhandfällen allein aus der "quasi-dinglichen" Rechtsstellung des Treugebers oder nur aus der schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen ihm und dem Treuhänder herzuleiten.
c) Nach Sinn und Zweck der einschlägigen insolvenzrechtlichen Regelungen (hier § 12 Abs. 1 S. 1 GesO; ansonsten § 43 KO, § 47 InsO) steht ein Aussonderungsrecht nur demjenigen zu, der sich zu Recht darauf beruft, dass der umstrittene Gegenstand zu seinem Vermögen und nicht zu demjenigen des Schuldners gehört. Die Zuordnung wird i. d. R. nach dinglichen Gesichtspunkten vorgenommen, weil das dingliche Recht im Grundsatz ein absolutes Herrschaftsrecht bezeichnet. Jedoch können schuldrechtliche Ansprüche bei einer den Normzweck beachtenden wertenden Betrachtungsweise zu einer vom dinglichen Recht abweichenden Vermögenszuordnung führen. Bei Treuhandgeschäften in dem oben beschriebenen Sinne ist dies deshalb gerechtfertigt, weil der Treuhänder das dingliche Recht von vornherein nur in einer die Ausübungsbefugnis im Interesse eines anderen einschränkenden Gestalt erhalten hat. Infolge der Vereinbarung mit dem Treugeber hat der Treuhänder das Eigentum - auch dann, wenn es ihm von einem Dritten übertragen wurde - nur in solcher Weise eingeschränkt erworben, dass dem Treugeber wegen seiner von Anfang an bestehenden Weisungsbefugnis der Gegenstand vermögensmäßig zuzuordnen ist.
In den von der Rechtsprechung bisher anerkannten Fällen der Entstehung eines Aussonderungsrechts kraft Treuhandvereinbarung ist eine solche Rechtswirkung auch unter Beachtung der Interessen der Gläubigergesamtheit gerechtfertigt. Da der Schuldner das dingliche Recht nur mit der aus der Treuhandabrede ersichtlichen Ausübungsbeschränkung erworben und sich daran bis zur Konkurseröffnung nichts geändert hatte, war der Erwerb für ihn lediglich mit einem sehr begrenzten Vermögenszuwachs verbunden (vgl. dazu BGH v. 9.12.1993 - IX ZR 100/93, BGHZ 124, 298 [301 ff.] MDR 1994, 681; Urt. v. 4.3.1993 - IX ZR 151/92, MDR 1994, 549 = NJW 1993, 2041 [2042]). Dies rechtfertigte es, den betreffenden Gegenstand in der Insolvenz des Treuhänders weiterhin dem Vermögen des Treugebers zuzuordnen. Dagegen widerspricht es dem anerkannten System des Gläubigerschutzes in der Insolvenz des Schuldners, der Masse solche Gegenstände zu entziehen, die dem Schuldner gehören, hinsichtlich derer er jedoch später in eine schuldrechtliche Beschränkung seiner Befugnisse als Eigentümer eingewilligt hat. Wer seine Rechte an solchen Gegenständen sichern und deshalb verhindern will, dass Gläubiger des Schuldners darauf zugreifen, kann sich ausreichend dadurch schützen, dass er sicherheitshalber die Abtretung von Rechten, die Übereignung von beweglichen Sachen oder die Einräumung einer Vormerkung bei Grundstücken vereinbart. Ein schutzwürdiges Interesse, im Ergebnis dasselbe Ziel durch eine lediglich schuldrechtliche "treuhänderische" Beschränkung der Eigentumsbefugnisse des Schuldners zu erreichen, ist schon deshalb nicht anzuerkennen.
d) Ein allein auf eine schuldrechtliche Vereinbarung mit dem Schuldner als Eigentümer gestütztes Aussonderungsrecht stände hier zudem in einem Wertungswiderspruch zum Erfordernis des - in seiner Rechtswirkung durch die Sicherungsabrede beschränkten - dinglichen Übertragungsakts bei Sicherungsübereignung und Sicherungszession (im Ergebnis ebenso Canaris, FS für Flume, S. 371, 412). Kann der Sicherungsnehmer schon die Stellung eines zur Absonderung berechtigten Pfandgläubigers nicht ohne Übertragung eines dinglichen Rechts erlangen, so darf es ihm erst recht nicht möglich sein, ein Aussonderungsrecht im Konkurs des Sicherungsgebers allein dadurch zu erlangen, dass dessen Eigentümerbefugnisse schuldrechtlich eingeschränkt werden (vgl. auch BGH, Urt. v. 18.7.2002 - IX ZR 264/01, MDR 2002, 1455 = BGHReport 2002, 1062 = WM 2002, 1852 [1853]).
Auch die historischen Normzwecke und gesetzlichen Wertungen des Insolvenzrechts lassen es nicht zu, einer lediglich schuldrechtlichen Treuhandabrede als Mittel zur Kreditsicherung oder zum Ausgleich für Vorleistungen des Gläubigers die Rechtswirkungen eines Aussonderungsrechts zuzuerkennen. Jede noch so kurze Kreditgewährung sollte nach den Wertungen der Konkursordnung keine Bevorzugung vor anderen Gläubigern begründen (vgl. Hahn, Die gesammten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Bd. IV Konkursordnung, S. 162). Erbringt eine Vertragspartei eine ungesicherte Vorleistung, kann sie ihren Anspruch auf die Gegenleistung nicht durch bloße Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses für sich sichern. Dies widerspräche dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung. Für Kreditsicherungszwecke sind die Vertragsparteien auf den zur Verfügung stehenden Kanon der dinglichen Rechte angewiesen.
Im Streitfall wirkten sich die Verpflichtungen, die die Klägerin gegenüber dem Darlehensgeber und der Schuldnerin übernommen hatte, wirtschaftlich wie eine Kreditgewährung aus. Die Klägerin hatte sich für die Betriebsmittelkredite verbürgt. In Ziff. 8.4 des notariellen Vertrages verpflichtete sie sich darüber hinaus, die Gesellschaft von der Inanspruchnahme durch den Kreditgeber freizustellen. Diese Erklärungen hatten im wirtschaftlichen Ergebnis zur Folge, dass die Schuldnerin vor einem Zugriff durch die Kredit gebende Bank geschützt war. Zum Ausgleich dafür sollten die Erlöse der Grundstücke zur Erstattung der von der Klägerin übernommenen Aufwendungen dienen. Das Sicherungsinteresse der Klägerin entsprach daher demjenigen eines Kreditgebers.
e) Schließlich ist es aus Gründen der Rechtsklarheit sowie zum Schutz der Gläubigergesamtheit geboten, einer rein schuldrechtlichen Vereinbarung, die die Befugnisse des Schuldners als Eigentümer begrenzt, keine Aussonderungswirkung zuzuerkennen. Eine Rechtswirkung, wie sie die Klägerin für die von ihr getroffene Vereinbarung in Anspruch nimmt, würde die Rechtssicherheit wesentlich beeinträchtigen. Es entständen erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten, weil der Inhalt schuldrechtlicher Vereinbarungen - in den Grenzen der §§ 138, 242 BGB - unübersehbar ist und sich allgemein nur schwer bestimmen ließe, wie viel an Rechtsmacht der Schuldner abgetreten haben müsste, damit die ihm gehörende Sache seinem Vermögen nicht mehr zuzurechnen ist. Aussonderungsrechte kraft rein schuldrechtlicher "Treuhandvereinbarungen" würden zudem für den Schuldner einen beträchtlichen Anreiz liefern, im Zusammenwirken mit einem "Treugeber" die Masse aushöhlende Vermögensverschiebungen vorzunehmen. Die Aufgabe des Verwalters, die Masse festzustellen und zu sichern, würde in einer mit dem Insolvenzzweck unvereinbaren Weise erschwert.
3. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch scheitert schließlich auch deshalb, weil im Liegenschaftsrecht Treuhandvereinbarungen nur dann ein Aussonderungsrecht in der Insolvenz des Treuhänders begründen, wenn der Anspruch des Treugebers auf Änderung der dinglichen Rechtslage durch Vormerkung gesichert ist (Henssler, AcP 196 (1996), 37 [59]; Canaris, FS für Flume, S. 371, 414 ff.).
a) Im Liegenschaftsrecht richtet sich die Aussonderungsbefugnis grundsätzlich nach der im Grundbuch verzeichneten Rechtslage. Die Funktion des Grundbuchs reicht weiter als die Publizität des Besitzes und nimmt einen höheren Rang ein. Eine Änderung der im Grundbuch verlautbarten Rechtslage im Insolvenzfall setzt daher voraus, dass das Grundbuch entweder unrichtig (vgl. Ganter in MünchKom/InsO, § 47 Rz. 40; Staudinger/Gursky, BGB, 13. Bearb., § 894 Rz. 14; Mugdan, Materialien zum BGB, Bd. III, S. 131, 557) oder der Anspruch des Gläubigers durch eine Vormerkung gesichert ist (vgl. §§ 24 KO, 9 Abs. 1 S. 3 GesO, § 106 InsO). Der Berichtigungsanspruch aus § 894 BGB zielt darauf ab, die falsche Publizität des Grundbuchs zu beseitigen, und erfasst nur wenige eng umgrenzte Fälle, die neben Eintragungsfehlern des Grundbuchamtes vor allem auf den Erwerb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, die Unwirksamkeit der dinglichen Einigung und das Erlöschen von Grundstücksrechten zurückzuführen sind.
Die besondere Bedeutung des Grundbuchs ist weiter daraus ersichtlich, dass es in öffentlicher Regie geführt wird und für Fälle fehlerhafter Eintragung der Amtswiderspruch nach § 53 GBO und der Widerspruch nach § 899 BGB vorgesehen sind. Schließlich kommt die Bedeutung des Grundbuchs auch in den gegenüber dem Fahrnisrecht geringeren Anforderungen an einen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten zum Ausdruck, der gem. § 892 Abs. 1 BGB lediglich bei Eintragung eines Widerspruchs oder bei Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs ausscheidet.
b) Der mit der Offenlegung der Grundstückszuordnung verfolgte Gesetzeszweck steht nicht zur Disposition der Parteien (Henssler, AcP 196 (1996), 37 [59]). Daher kann die Publizitätswirkung der Eintragungen im Grundbuch nur in gesetzlich geregelten Fällen überspielt werden. Dies trifft zu, wenn das Grundbuch i. S. d. § 894 BGB unrichtig ist oder die Publizität auf Grund anderer gesetzlich zugelassener Maßnahmen, insbesondere einer Vormerkung, eingeschränkt ist. Lediglich in diesem Umfang gilt der Satz, dass sich ein Gläubiger in der Zwangsvollstreckung nicht auf den guten Glauben nach § 892 BGB stützen kann (vgl. Staudinger/Gursky, BGB, 13. Bearb., § 892 Rz. 84 ff.; Mugdan, Materialien zum BGB, Bd. III, S. 131, 541; Jacobs/Schubert, BGB, Sachenrecht Bd. I, S. 385). Das Grundbuch gewährleistet dem Gläubiger daher in der Zwangsvollstreckung Schutz, soweit Dritte ihre Rechte nicht auf § 894 BGB stützen können. Der Herausgabeanspruch des Treugebers zählt nicht dazu. Da die Eintragung des Treuhänders das Grundbuch nicht unrichtig macht, sondern der wirklichen Rechtslage entspricht, kann sich der Eintragungsanspruch des Treugebers in der Insolvenz des Treuhänders rechtlich nicht durchsetzen.
c) Das auf eine Treuhandvereinbarung gestützte Recht kann angesichts der Rechtswirkungen des Grundbuchs daher nur geltend gemacht werden, wenn es durch Vormerkung gesichert ist. Die Vorschriften der §§ 883, 888 BGB ermöglichen es, schuldrechtliche Ansprüche für Rechte an Grundstücken zwangsvollstreckungs- und insolvenzfest zu gestalten. Im Hinblick darauf hat der Gesetzgeber § 24 KO geschaffen (vgl. Mugdan, Änderung KO, 1898, S. 239). § 9 Abs. 1 S. 3 GesO bringt diesen Rechtsgedanken ebenfalls zum Ausdruck. Auch § 106 InsO hat an dieser Rechtslage nichts geändert (vgl. BT-Drucks. 12/2443, 146 zu § 120 des Regierungsentwurfs). Die besondere Gestaltung der Vormerkung i. V. m. dem öffentlichen Glauben und dem Grundbuchberichtigungsanspruchs ist daher als die einzige Form anzuerkennen, die nach den Regelungszwecken des Gesetzes und den ihnen zugrunde liegenden Wertungen eine insolvenzfeste Sicherung zulässt (vgl. auch BGH v. 14.9.2001 - V ZR 231/00, BGHZ 149, 1 ff. = MDR 2002, 110 = BGHReport, 2001, 988; 13.6.2002 - V ZB 30/01, BGHZ 151, 116 ff. = MDR 2002, 1303 = BGHReport, 2002, 813 zur Vormerkbarkeit künftiger Ansprüche). Ließe man eine Aussonderung im Grundstücksrecht ohne Vormerkung zu, käme dies in den Wirkungen einer auflösend bedingten Auflassung gleich, die nach § 925 Abs. 2 BGB unwirksam wäre. Eine dem Parteiwillen einer Treuhandvereinbarung entsprechende rechtliche Wertung kann daher nur erreicht werden, indem der aus der Treuhandvereinbarung ersichtliche Anspruch durch Vormerkung gesichert wird.
d) Welche Regeln insoweit für dingliche Rechte gelten, die außerhalb des Grundbuchs wirksam übertragen werden können (vgl. §§ 1154, 1192 BGB), braucht im Streitfall nicht erörtert zu werden.
III.
Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig; denn der Klägerin steht ein Aussonderungsrecht aus § 25 Abs. 5 S. 1 DMBilG ebenfalls nicht zu.
1. Nach dieser Vorschrift kann, sofern Beteiligungen oder Grund und Boden auf ein Unternehmen mit Wirkung zum 1.7.1990 unentgeltlich übergegangen sind, die Treuhandanstalt die Herausgabe der Vermögensgegenstände verlangen, wenn sich die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung des Unternehmens ergibt oder wenn dessen Auflösung beschlossen wird. Die Vorschrift gewährt in den von ihr erfassten Fällen ein schuldrechtliches Aussonderungsrecht. Dies folgt aus dem Zweck der spezialgesetzlichen Anordnung.
Die Regelung zielt darauf ab, das den ehemals volkseigenen Betrieben unentgeltlich nach § 11 Abs. 2 TreuhG zugewiesene Vermögen ihnen nur dann zu belassen, wenn sie sich als sanierungsfähig erweisen. Sind die Voraussetzungen von § 25 Abs. 5 S. 1 DMBilG erfüllt, so soll unentgeltlich übergegangener Grund und Boden nicht den Gläubigern des Unternehmens, sondern der Sanierung der allgemeinen Wirtschaft zugute kommen (vgl. BT-Drucks. 11/7817, 86). Dieser Zweck lässt sich nur verwirklichen, wenn man der Treuhandanstalt, die gem. § 1 Abs. 4 TreuhG Alleingesellschafter solcher Unternehmen war, in der Insolvenz der Gesellschaft ein Aussonderungsrecht an den betreffenden Grundstücken zubilligt (OLG Dresden v. 6.2.1996 - 5 U 1212/94, DtZ 1997, 26 [27]; Horn, Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet, 2. Aufl., § 18 Rz. 180; Hess/Binz/Wienberg, GesO, 4. Aufl., § 12 Rz. 125a; Ganter in MünchKomm/InsO, § 47 Rz. 430). Die Gegenansicht, die in der Vorschrift nur einen schuldrechtlichen Verschaffungsanspruch sieht (Smid/Zeuner, GesO, 3. Aufl,. § 12 Rz. 165; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 4. Aufl., § 1 Rz. 164, § 12 Rz. 26), widerspricht den gesetzlichen Wertungen.
2. Das Aussonderungsrecht der Klägerin nach § 25 Abs. 5 S. 1 DMBilG ist jedoch erloschen; denn es endet jedenfalls mit der Veräußerung der Geschäftsanteile an dem Unternehmen, das Eigentümer des Grund und Bodens ist. Dabei spielt es weder eine Rolle, ob das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt saniert oder auch nur sanierungsfähig war, noch ob der Erwerber der Geschäftsanteile eine Gegenleistung für den Grund und Boden erbracht hat. § 25 Abs. 5 DMBilG soll eine Verwaltung der ehemals volkseigenen Grundstücke zur Sanierung der Gesamtwirtschaft nur für den Zeitraum sichern, währenddessen die Treuhandanstalt die Geschäftsanteile des Unternehmens in eigener Rechtsträgerschaft hält (Ganter in MünchKomm/InsO, § 47 Rz. 432). Nach vollzogener Privatisierung fehlt es an dem von § 25 Abs. 5 DMBilG vorausgesetzten Gleichlauf von Rechtsträgerschaft und Anspruchsberechtigung. Die Treuhandanstalt ist zudem nicht mehr schutzbedürftig; denn sie hatte die Möglichkeit, mit Veräußerung der Geschäftsanteile an der Gesellschaft die dem Unternehmen gem. § 11 Abs. 2 TreuhG unentgeltlich zugeflossenen Grundstücke bei der Bemessung des Kaufpreises zu berücksichtigen und den Wert der ehemals volkseigenen Grundstücke auf diese Weise für die Sanierung der Gesamtwirtschaft zu realisieren. Nahm sie - wie hier im Vertrag v. 13.5.1993 geschehen - die Grundstücke vom Verkauf aus, hätte sie diese einer ihrer Tochtergesellschaften oder einem anderen in ihrer Rechtsträgerschaft stehenden Unternehmen übereignen oder sich ein insolvenzfestes Recht an ihnen bestellen lassen können. Das Aussonderungsrecht aus § 25 Abs. 5 S. 1 DMBilG kann hingegen durch vertragliche Abreden nicht erweitert werden.
IV.
Auf die Frage, ob Ziff. 5.1.3 des notariellen Vertrages als Vorausabtretung der Kaufpreisforderungen ausgelegt werden kann, kommt es nicht an.
Nur wenn die Forderung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, kann der Zessionar aussondern. Soweit die vorausabgetretenen Forderungen hingegen erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, fallen sie in die Insolvenzmasse (BGH v. 20.3.1997 - IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 [145] = MDR 1997, 557; Urt. v. 5.1.1955 - IV ZR 154/54, NJW 1955, 544; Ganter in MünchKomm/InsO, § 47 Rz. 214; Uhlenbruck, InsO, § 47 Rz. 72). So liegt der Fall hier. Die Kaufpreisforderungen für die streitgegenständlichen Grundstücke sind erst nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens entstanden, weil die Kaufverträge durch den Beklagten in seiner Eigenschaft als Gesamtvollstreckungsverwalter abgeschlossen worden sind.
Fundstellen
Haufe-Index 971093 |
BGHZ 2004, 227 |
DB 2003, 2328 |
DStR 2004, 46 |
NJW 2003, 3414 |
BGHR 2003, 1247 |
EWiR 2003, 1191 |
KTS 2004, 57 |
VIZ 2004, 196 |
WM 2003, 1733 |
WuB 2003, 975 |
ZIP 2003, 1613 |
ZfIR 2003, 839 |
DNotZ 2004, 128 |
InVo 2004, 11 |
MDR 2003, 1254 |
NJ 2003, 652 |
NZI 2003, 594 |
ZInsO 2003, 797 |
ZNotP 2003, 382 |
LMK 2003, 237 |