Rn 4
War der Schuldner vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Zahlung der Miete bzw. der Pacht in Verzug geraten, ist nach Antragstellung für den Vermieter bzw. Verpächter eine Kündigung des Vertrags wegen der Zahlungsrückstände ausgeschlossen.
Rn 5
Hatte der Vermieter wegen der Zahlungsrückstände bereits eine Kündigung ausgesprochen und ist diese vor Stellung des Antrags auf Verfahrenseröffnung dem Schuldner zugegangen, greift die Kündigungssperre gemäß Nr. 1 auch dann nicht, wenn der Vermieter eine Auslauffrist für die Beendigung des Vertrags gewährt, die erst nach Antragstellung endet. Eine nachträgliche Entrichtung der rückständigen Miete beseitigt die Wirksamkeit der Kündigung grundsätzlich nicht mehr, etwas anderes gilt insoweit nur für den Fall des § 554a Abs. 2 BGB.
Rn 6
Befand sich der Schuldner vor Antragstellung mit seinen Zahlungspflichten im Rückstand, ohne dass schon die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung etwa gemäß § 554 BGB gegeben waren, bleiben die vor Antragstellung eingetretenen Rückstände auch zukünftig für die Berechtigung zur Kündigung außer Betracht. Gerät der Schuldner nach Antragstellung mit weiteren Zahlungsverpflichtungen in Verzug, können Rückstände aus der Zeit vor Antragstellung zur Begründung des Kündigungsrechts daher nicht berücksichtigt werden.
Rn 7
Die Kündigungssperre bezieht sich im Übrigen jedoch nur auf Zahlungsrückstände vor Antragstellung, begründen Zahlungsrückstände nach der Antragstellung oder sogar nach der Verfahrenseröffnung eine außerordentliche Kündigung, ist diese nicht ausgeschlossen.
Rn 8
Wird nach Stellung eines Eröffnungsantrags ein vorläufiger Verwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 und 2), sind die Zahlungsansprüche des Vermieters bzw. Verpächters für die Zeit nach Anordnung der Sicherungsmaßnahmen unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 in einem eröffneten Insolvenzverfahren Masseverbindlichkeiten, sofern das Mietobjekt vom vorläufigen Insolvenzverwalter für die Insolvenzmasse tatsächlich genutzt wurde.
Kommt es nicht zu einer Verfahrenseröffnung, hat der vorläufige Insolvenzverwalter gemäß § 25 Abs. 2 die Ansprüche zu berichtigen, soweit dies aus der vorhandenen Insolvenzmasse möglich ist.
Rn 9
Für die Anwendbarkeit des § 112 kommt es nicht darauf an, dass dem Schuldner der Vertragsgegenstand bereits überlassen war. Ausreichend ist vielmehr, dass der Schuldner ein entsprechendes Vertragsverhältnis eingegangen war, d.h. die wechselseitigen vertraglichen Verpflichtungen bindend geworden waren.
Rn 10
Dies entspricht zum einen dem Wortlaut der Vorschrift, die entgegen anderen Bestimmungen eine Differenzierung nach der Überlassung des Miet- oder Pachtobjekts nicht enthält, sowie dem Zweck der Regelung, ab Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis auf weiteres die Einheit des Schuldnerunternehmens zu erhalten. Zu dieser Einheit des Unternehmens können auch Verträge über die Anmietung von Gegenständen gehören, die der Schuldner noch nicht in Besitz genommen hat, die aber einer zukünftigen Kostenreduzierung dienen können, etwa durch Verlagerung des Geschäftsbetriebs auf ein kleineres Grundstück, den Umzug in preisgünstigere Büroräume oder durch die zukünftig mietweise Nutzung von Geräten, deren Anschaffung nicht mehr finanziert werden kann.
Rn 11
Dieser Auslegung des § 112 kann zwar die Bestimmung des § 109 Abs. 2 für den Fall der Vermietung oder Verpachtung unbeweglicher Gegenstände oder Räume entgegengehalten werden. Danach steht dem Vermieter ein Rücktrittsrecht in dem Fall zu, dass im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung die Immobilie noch nicht überlassen war.
Die Einräumung eines Rücktrittsrechts für den Vermieter im eröffneten Verfahren bedeutet indes nicht, dass auch im Eröffnungsverfahren bereits ein einseitiges Lösungsrecht wegen der Vermögenslage des Schuldners möglich sein muss. Gerade im Insolvenzeröffnungsverfahren können sich Möglichkeiten für eine Fortführung oder Übertragung des Schuldnerunternehmens ergeben, die einen Vollzug des Vertragsverhältnisses rechtfertigen können.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass § 112 alle Miet- und Pachtverhältnisse erfasst, hingegen § 109 Abs. 2 ein Rücktrittsrecht nur bei Verträgen über Immobilien vorsieht.