Rn 63

Die nachrangigen Insolvenzgläubiger können nur dann mit einer Zahlung auf ihre Forderungen rechnen, wenn entweder alle nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger voll befriedigt werden und danach ein Überschuss verbleibt oder wenn im Falle eines Insolvenzplans nach dem Plan eine Zahlung auch an nachrangige Insolvenzgläubiger vorgesehen ist. Die – auch nur teilweise – Befriedigung von nachrangigen Insolvenzgläubigern bildet damit den Ausnahmefall. Sie ist in der Regel nicht absehbar. Im Interesse einer Entlastung und damit auch Beschleunigung des Verfahrens sollen sich deshalb Insolvenzgericht, Insolvenzverwalter und – soweit vorhanden – Gläubigerausschuss nur dann mit dem Anmelde-, Prüfungs- und Feststellungsverfahren hinsichtlich der nachrangigen Insolvenzforderungen befassen, wenn ein solcher Ausnahmefall vorliegt. Ob dieses der Fall ist, kann wiederum i. d. R. noch nicht sogleich am Anfang des Verfahrens und damit im Rahmen der geltenden Anmeldefristen (siehe § 28 Rn. 2 ff.),[85] sondern erst nach Verwertung des Schuldnervermögens oder im Rahmen der Erörterungen eines Insolvenzplans festgestellt werden. Dementsprechend hat das Insolvenzgericht gemäß § 174 Abs. 3 die Möglichkeit, nur dann und auch erst dann die nachrangigen Gläubiger i. S. d. §§ 39, 327 zur Anmeldung aufzufordern, wenn hinreichend wahrscheinlich ist, dass diese auch mit einer Zahlung werden rechnen können. Zur Anmeldung ohne Hinweis auf den Nachrang siehe Rn. 69.

[85] Siehe hierzu § 28 Abs. 1.

3.1 Aufforderung des Insolvenzgerichts zur Anmeldung (§ 174 Abs. 3 Satz 1)

 

Rn 64

Die Aufforderung zur Anmeldung ergeht vom Insolvenzgericht. Die Art und Weise der Aufforderung bestimmt die Vorschrift nicht. Im Interesse der Wahrung der Rechte der nachrangigen Insolvenzgläubiger ist allerdings zwingend davon auszugehen, dass das Insolvenzgericht die Aufforderung in entsprechender Anwendung des § 30 i. V. m. § 9 und damit genauso zu veröffentlichen hat wie den Eröffnungsbeschluss. Die Aufforderung ist deshalb im Internet bekannt zu geben. Außerdem ist sie den bekannten nachrangigen Gläubigern direkt zuzustellen.

 

Rn 65

Die Aufforderung des Gerichts braucht sich nicht auf sämtliche nachrangigen Insolvenzgläubiger, sondern nur auf diejenigen zu beziehen, die im konkreten Einzelfall mit einer – zumindest quotalen – Befriedigung rechnen können.[86]

 

Rn 66

Sofern sich nach Befriedigung der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger (§ 38) ein Überschuss ergibt, ist für dessen Verteilung die Reihenfolge des § 39 und im Fall der Nachlassinsolvenz der § 327 zu beachten, im Falle eines Insolvenzplans kann hiervon allerdings gemäß § 225 Abs. 2 abgewichen werden.

 

Rn 67

Wird eine nachrangige Forderung von einem Insolvenzgläubiger, der auf den Nachrang der Forderung hinweist, ohne gesonderte Aufforderung angemeldet, so ist diese nicht in die Tabelle aufzunehmen.[87] Wird indes eine nachrangige Forderung als reguläre Insolvenzforderung angemeldet – also ohne dass auf den Nachrang hingewiesen wird -, so ist sie in die Tabelle aufzunehmen, aber im Prüfungstermin zu bestreiten. Eine Feststellung als nachrangige Forderung scheidet hier in jedem Fall aus.[88]

[86] Begr. zu § 201 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 184.
[87] Uhlenbruck-Sinz, § 174 Rn. 54; HK-Depré, § 174 Rn. 16.

3.2 Anforderungen an die Anmeldung (§ 174 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 174 Abs. 1 und 2)

 

Rn 68

Sofern es zur Anmeldung ihrer Ansprüche kommt, sind die nachrangigen Gläubiger gemäß § 174 Abs. 3 Satz 2 (zusätzlich zu den Voraussetzungen nach § 174 Abs. 1 und 2) verpflichtet, bei Anmeldung ihrer nachrangigen Forderung auf den Nachrang hinzuweisen und die ihnen zustehende Rangklasse zu bezeichnen.

 

Rn 69

Obwohl dem Wortlaut nach die genannten Angaben zwingend sind, ist eine Anmeldung ohne Hinweis auf den Nachrang nicht unwirksam. Vielmehr liegt eine Anmeldung einer Forderung als nicht nachrangige Forderung vor, die im Prüfungstermin hinsichtlich ihres Rangs zu bestreiten ist.[89]

 

Rn 70

Für die Prüfung der nachrangigen Forderungen dürfte in der Mehrzahl der Fälle § 177 Abs. 2 zur Anwendung kommen, so dass ein nachträglicher Prüfungstermin (der dann mit dem Schlusstermin verbunden werden kann[90]) zu bestimmen oder die Prüfung im schriftlichen Verfahren anzuordnen ist (§ 177).

[89] LG Waldshut, NZI 2005, 396 (397) [LG Waldshut-Tiengen 26.01.2005 - 1 T 172/03]; Begr. zu § 201 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 184; Hamb-Komm-Preß/Henningsmeier, § 174 Rn. 33.
[90] A.a.O. Hier besteht lt. BegrRegE dann auch die Möglichkeit, die den Gläubigern entstandenen, nach § 39 Abs. 1 Nr. 2 nachrangigen Kosten sogleich in die Prüfung und Feststellung der Forderung einzubeziehen.

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