Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei in einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen Mandanten
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf geschäftlich genutzte Räume, die nicht allgemein zugänglich sind.
2. Eine strafprozessuale Durchsuchung einer Rechtsanwalts- oder Steuerberaterkanzlei zur flächendeckenden Aufklärung, wie dort Mandanten hinsichtlich bestimmter steuerrechtlicher Fragestellungen beraten wurden, ist nur zulässig, wenn und soweit sich das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen in der Kanzlei tätige Berufsträger richtet, hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine flächendeckende Beteiligung an Straftaten der Mandanten vorliegen und auch die weiteren (verfassungs-)rechtlichen Voraussetzungen für eine Durchsuchung beim beschuldigten Berufsgeheimnisträger gegeben sind.
Normenkette
GG Art. 13 Abs. 1-2, Art. 19 Abs. 3; StPO §§ 102-103, 105, 160a Abs. 2, 4; AO §§ 369, 370 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 24.04.2008; Aktenzeichen 5 Qs 11/08) |
AG München (Beschluss vom 18.12.2007; Aktenzeichen ER II Gs 11323/07) |
AG München (Beschluss vom 28.11.2007; Aktenzeichen ER II Gs 10759/07) |
Tenor
Die Beschlüsse des Amtsgerichts München vom 28. November 2007 – ER II Gs 10759/07 – und vom 18. Dezember 2007 – ER II Gs 11323/07 – verletzen die Beschwerdeführerin zu 1. in ihrem Grundrecht aus Artikel 13 Absatz 1 und Absatz 2 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse werden aufgehoben.
Der Beschluss des Landgerichts München I vom 24. April 2008 – 5 Qs 10/08, 5 Qs 11/08 – verletzt die Beschwerdeführerin zu 1. in ihrem Grundrecht aus Artikel 13 Absatz 1 und Absatz 2 des Grundgesetzes, soweit die gegen die Durchsuchungen gerichteten Beschwerden zurückgewiesen worden sind. Insoweit wird der Beschluss aufgehoben.
Die Sache wird an das Landgericht München I zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Freistaat Bayern hat der Beschwerdeführerin zu 1. die Hälfte ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die auf der Grundlage von § 103 StPO angeordnete Durchsuchung von Geschäftsräumen der Beschwerdeführerin zu 1. in einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren.
1. Die Beschwerdeführerin zu 1. ist eine überörtliche Rechtsanwaltssozietät. Sie verfügt über Standorte in Deutschland. Die Beschwerdeführer zu 2. und 4. sind Sozien der Beschwerdeführerin zu 1. am Standort B., der Beschwerdeführer zu 3. ist Sozius der Beschwerdeführerin zu 1. am Standort C.
2. Die Staatsanwaltschaft München I führt gegen sieben Geschäftsführer und ehemalige Geschäftsführer der X. Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Auflage von Medienfonds. Die X. ist geschäftsführende Komplementärin der Y. Die Y. hat als Initiatorin eine Reihe von Filmproduktions-Fonds aufgelegt, deren Unternehmensgegenstand die Entwicklung, Herstellung, Vermarktung und Verwertung/Lizenzierung von Filmproduktionen ist. Die Y. übernahm bei den meisten dieser Fondsgesellschaften auch den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen. Die Beschuldigten waren in den Jahren 2001 bis 2003 verantwortlich für die Abgabe der Steuererklärungen mehrerer von der Y. initiierter Fondsgesellschaften.
Am 5. November 2007 ordnete das Amtsgericht München auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume der Beschuldigten sowie der X. und der Y. an. Die Durchsuchungsbeschlüsse wurden am 14./15. November 2007 vollzogen.
3. Mit angegriffenem Beschluss des Amtsgerichts München vom 28. November 2007 wurde nach §§ 103, 105 StPO die Durchsuchung der Geschäftsräume der Niederlassung der Beschwerdeführerin zu 1. in B. zur Auffindung und Beschlagnahme unter anderem folgender Gegenstände angeordnet:
„1. Geschäftsunterlagen, insbesondere Gesellschaftsverträge, Treuhandverträge und Prospekte, Arbeitsverträge, Beiratsbeschlüsse, Beraterverträge, Dienstverträge, Kaufverträge, Lizenzverträge, Marketingverträge, Produktionsverträge, Verwaltungsverträge, Versicherungsverträge, Subventionsanträge und -Zusagen, Darlehensverträge, Schuldübernahmeverträge, Verhandlungsunterlagen zu den vorgenannten Verträgen, Nebenabreden, sämtliche Unterlagen zur Konzeption der Gesellschaften, Unterlagen, die einen Zusammenhang zu der Entstehung des Medienerlasses aufweisen, Vertriebsunterlagen, Unterlagen im Zusammenhang mit der Begebung von Inhaberschuldverschreibungen, Firmengarantien, Beauftragungen zu und Rechnungen für Maßnahmen im Rahmen der Prospekterstellung etc., jeweils einschließlich der dazugehörenden Entwürfe, Ein- und Ausgangsrechnungen, sämtlicher Schriftverkehr, interne Aktennotizen, Bewertungen, Gutachten, Budgets, Kalkulationen, Finanzierungspläne, E-Mails, Vermerke und dergleichen, Bilanzen, Buchführungsunterlagen, Kontenblätter, sowie sämtliche Bankunterlagen (Kontodaten, Zahlungsnachweise etc.), die sich ganz oder teilweise beziehen auf
die [namentlich näher bezeichneten] Beschuldigten …;
und/oder
die von den Beschuldigten vertretenen [namentlich näher bezeichneten] Gesellschaften …, sowie – soweit damit unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang stehend – alle weiteren zur Unternehmensgruppe der vorgenannten Gesellschaften gehörenden Gesellschaften, insbesondere die Y. und die X.;
und/oder
- die für die oder zusammen mit den oben in Ziff. 1 b) genannten oder in Bezug genommenen Gesellschaften projektierten, produzierten, lizenzierten oder in sonstiger Weise hergestellten, erworbenen oder vertriebenen Filme, insbesondere Verträge sowie Vertragsentwürfe und sonstiger Schriftverkehr und Protokolle mit in- und ausländischen Produktionsdienstleistern, Lizenznehmern, Fertigstellungsgaranten, Rechteveräußerern, Produktionsüberwachern, Beratern, Kopierstudios, Druckereien sowie Personen, Institutionen oder Firmen, die im Zusammenhang mit der Gewährung von Filmfördermitteln stehen, Banken und andere Finanzierungsgesellschaften, steuerliche und rechtliche Berater, die im Rahmen der Fondsstrukturierung sowie der Umsetzung der Struktur und zur laufenden Beratung beauftragt wurden, insbesondere die … Gesellschaften und die Tochter-, Mutter- und Schwestergesellschaften sämtlicher vorgenannter Gesellschaften;
2. Unterlagen betreffend die konzeptionelle Ausgestaltung und Umsetzung von Medienfonds, bei denen die Y. als Initiatorin auftritt und die eine strukturelle Ähnlichkeit zu den oben in Ziff. 1b) genannten oder in Bezug genommenen Fonds-Gesellschaften aufweisen, weil und soweit sich aus diesen Unterlagen Rückschlüsse auch auf die Konzeption der verfahrensgegenständlichen Fondsgesellschaften und deren praktische Umsetzung ziehen lassen und/oder die Auskunft geben über Art und Umfang der steuerlichen und rechtlichen Beratung von Medienfonds durch Mitarbeiter der Zeugin im Allgemeinen und der Fonds-Gesellschaften im Besonderen sowie über den Kenntnis- und Meinungsstand der Mitarbeiter der Zeugin betreffend die rechtliche und steuerliche Beurteilung von Medienfonds (z.B. Voraussetzungen, Regelungsgehalt und/oder Entstehung der sog. Medienerlasse; allgemeine systematische Ausarbeitungen betreffend Medienfondsstrukturen etc.), soweit sie einen Bezug zur Initiatorin Y. haben oder zu anderen Initiatoren, weil und soweit sich daraus Rückschlüsse auf die Beratung hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Medienfonds ergeben.
…
5. Sonstige Unterlagen, die für die Erforschung des steuerstrafrechtlichen Sachverhalts und für die Ermittlung der richtigen Besteuerungsgrundlagen von Bedeutung sein können.”
Das Amtsgericht ordnete an, dass die Beschlagnahmeanordnung auch solche Dokumente umfasse, die in elektronischer Form gespeichert seien; die Sicherstellung und Beschlagnahme der insoweit betroffenen Speichermedien werde angeordnet. Nicht erfasst seien beschlagnahmefreie Gegenstände.
Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass die Beschuldigten zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt des Eingangs der Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume von 2000 bis 2002 beim zuständigen Finanzamt verantwortlich für die Abgabe der Steuererklärungen der im Einzelnen genannten Fonds-gesellschaften gewesen seien. Die Fondsgesellschaften erzielten gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 3 Ziff. 2 EStG. Bei der Bilanzierung dürften nach § 5 Abs. 2 EStG unentgeltlich erworbene oder selbst hergestellte Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nicht aktiviert werden; dies bedeute, dass der entsprechende Aufwand sofort abgezogen werden könne und den Gewinn unmittelbar mindere. Dieses Aktivierungsverbot habe nach der zum Zeitpunkt der Veranlagung geltenden Verwaltungspraxis (dem sog. „Medienerlass” vom 23. Februar 2001) auch bei der Filmherstellung durch Film- oder Fernsehfonds angewendet werden können, jedoch nur bei Zahlungen, die für die Herstellung eines Films bestimmt gewesen seien. Der am 27. März 2001 im Bundessteuerblatt veröffentlichte Medienerlass habe eine Verschärfung der Besteuerung gegenüber der zuvor herrschenden Verwaltungspraxis vorgesehen. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei der Medienerlass, soweit er zu einer Verschärfung gegenüber der zuvor geltenden Verwaltungspraxis geführt habe, zeitlich nicht anwendbar gewesen, wenn Steuerpflichtige dem betreffenden Film- oder Fernsehfonds bis zwei Monate nach dessen Veröffentlichung im Bundessteuerblatt beigetreten seien oder der Außenvertrieb der Anteile an einem Film- oder Fernsehfonds vor diesem Zeitpunkt – also vor dem 27. Mai 2001 – begonnen habe. Der Medienerlass sehe unter anderem vor, dass die Gesellschafter eines Fonds wesentliche Einflussnahmemöglichkeiten auf die Filmproduktion haben müssten, um als Hersteller eines Films zu gelten.
Es bestehe der Verdacht, dass die in den Steuererklärungen als steuerliche Verluste deklarierten Beträge – auch unter Zugrundelegung der Regelungen des Medienerlasses – steuerlich nicht, jedenfalls nicht in voller Höhe, als Gegenleistung für die Herstellung von Filmen angesehen werden könnten und sich die geltend gemachten Aufwendungen damit entgegen den abgegebenen Steuererklärungen nicht gewinnmindernd auswirken könnten. Es bestehe der Verdacht, dass dies den Beschuldigten auch bekannt gewesen sei. Ein solches Verhalten sei strafbar als Steuerhinterziehung gemäß § 369, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Es sei zu erwarten, dass beweiserhebliche Unterlagen bei der Beschwerdeführerin zu 1. aufgefunden werden könnten. Mehrere für die Beschwerdeführerin zu 1. tätige Mitarbeiter seien nach den bisherigen Ermittlungen teilweise für die Y., teilweise auch für die Fondsgesellschaften beratend tätig gewesen. Eine Durchsuchung sei auch verhältnismäßig, weil nur auf diese Weise be- oder entlastende Beweismittel sichergestellt werden könnten und der zu erwartende (Steuer-)Schaden in dem Fall, dass sich der Anfangsverdacht bestätigen sollte, ganz erheblich wäre.
4. Mit angegriffenem Beschluss des Amtsgerichts München vom 18. Dezember 2007, der mit dem vorangegangenen Beschluss inhaltlich identisch ist, wurde die Durchsuchung der Geschäftsräume der Niederlassung der Beschwerdeführerin zu 1. in C. angeordnet.
5. Auf der Grundlage der beiden Durchsuchungsbeschlüsse wurden die Standorte der Beschwerdeführerin zu 1. in C. und B. am 18. und 19. Dezember 2007 durchsucht. Dabei wurden an beiden Standorten zahlreiche Aktenordner und elektronische Serverdaten auf USB-Sticks sichergestellt. In B. wurden außerdem Datensicherungsbänder sichergestellt. Die gesicherten Daten umfassen nach Angaben der Beschwerdeführerin zu 1. den gesamten Datenbestand der Beschwerdeführerin zu 1. im Inland hinsichtlich des Zeitraums 1999 bis Oktober 2007. Die auf USB-Stick und Datensicherungsbändern gespeicherten Daten sind noch nicht ausgewertet worden.
6. Die Beschwerdeführerin zu 1. legte am 18. Dezember 2007 für ihren Standort in B. Beschwerde ein gegen die Beschlagnahme von drei Aktenordnern („E.”, „L.” und „F.; lfd. Nr. 27, 28 und 30 des Asservatenverzeichnisses).
Mit Schriftsätzen vom 21. Dezember 2007 legte die Beschwerdeführerin zu 1. für ihre Standorte in B. und C. Beschwerde gegen die Durchsuchung ein; mit Schriftsätzen vom 8. Januar 2008, 10. März 2008 und 17. März 2008 wurden die Beschwerden ergänzend begründet. In der für den Standort C. eingelegten Beschwerde wurde beantragt, die bei der Durchsuchung beschlagnahmten Gegenstände und vorläufig sichergestellten EDV-Daten herauszugeben.
In den genannten Beschwerden machte die Beschwerdeführerin zu 1. geltend, dass die Voraussetzungen für eine Durchsuchung nach § 103 StPO nicht vorgelegen hätten. Die Beschwerdeführerin habe die Y. über ihren Standort C. hinsichtlich der in den Durchsuchungsbeschlüssen genannten Fondsgesellschaften zivilrechtlich, insbesondere bei der gesellschaftsrechtlichen Strukturierung und der Verhandlung von Verträgen, beraten. Steuerliche Berater der Y. seien die M. und die N. gewesen. Im Sommer 2007 sei die im Büro der Beschwerdeführerin zu 1. in B. tätige Steuerpraxis beauftragt worden, für die Y. die Wirkungen der neuen Hinzurechnungsbesteuerung auch im Hinblick auf die genannten Fonds zu prüfen. Im November 2007 sei ein steuerstrafrechtliches Mandat hinsichtlich der den Durchsuchungsbeschlüssen zugrunde liegenden Vorwürfe erteilt worden. Der Staatsanwaltschaft sei aufgrund der zuvor durchgeführten Durchsuchungen bei M. und N. bekannt gewesen, dass das Büro der Beschwerdeführerin zu 1. in B. in die Beratung hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Fonds zwischen 2001 und November 2003 nicht eingeschaltet gewesen sei. Ferner beanstandete die Beschwerdeführerin zu 1., dass die angegriffenen Beschlüsse nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügten, da die Beschlüsse einer unzulässigen Ausforschung dienten und der geschützten Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant nicht gerecht würden. Die Durchsuchung ziele auf eine Aushöhlung des Beratungsgeheimnisses. Es verbiete sich, aus der Beratung nicht betroffener Klienten Rückschlüsse auf den streitgegenständlichen Fall zu ziehen, da auf diese Weise zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich der Maßnahme einbezogen würden, die in keiner Beziehung zu dem Tatvorwurf stünden. Die uferlose Ausforschung der anwaltlichen Beratung komme auch in der Konturlosigkeit des Begriffs der „strukturellen Ähnlichkeit” zum Ausdruck. Schließlich lägen hinsichtlich drei am Standort B. beschlagnahmter Aktenordner (lfd. Nr. 27, 28 und 30 des Asservatenverzeichnisses) die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nicht vor, da die Aktenordner in keinem Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren stünden.
7. Mit Beschluss vom 21. Januar 2008 half das Amtsgericht den Beschwerden gegen die Durchsuchungsbeschlüsse sowie „die Beschlagnahme der lfd. Nr. 27, 28 und 30 des Asservatenverzeichnisses” nicht ab.
8. Mit angegriffenem Beschluss des Landgerichts München I vom 24. April 2008 wurden die von der Beschwerdeführerin zu 1. für die Standorte in B. und C. eingelegten Beschwerden zurückgewiesen.
a) Die Beschwerden seien trotz Vollziehung der Durchsuchungsbeschlüsse zulässig, da mit den Durchsuchungen ein erheblicher Grundrechtseingriff verbunden sei. Soweit die Beschlagnahmen andauerten, sei „der Antrag zulässig”, da der Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts vom 21. Januar 2008 eine Entscheidung gemäß § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO beinhalte.
b) Die Beschwerden seien jedoch unbegründet.
aa) Die angegriffenen Beschlüsse seien inhaltlich und zeitlich hinreichend bestimmt.
Ziff. 1 der Durchsuchungsbeschlüsse betreffe nur Unterlagen, die sich auf die Beschuldigten, ihre und mit ihnen verbundene Firmen oder deren Filme bezögen. Damit seien gerade nicht allgemeine interne Erwägungen der Beschwerdeführer gemeint, sondern nur solche, die auf die verfahrensgegenständlichen Beschuldigten zielten, sich mit deren Gesellschaften und Filmen befassten oder diesbezügliche Beratungsleistungen erkennen ließen.
Hinsichtlich Ziff. 2 der Beschlüsse ergebe sich aus der Formulierung „weil und soweit sich daraus Rückschlüsse … ergeben”, dass mit den zu erlangenden Beweismitteln die tatsächlich stattgefundene steuerrechtliche Beratung der konkreten, im Beschluss genannten Fonds aufgeklärt werden solle, um die subjektive Seite der verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfe zu erhellen. Rückschlüsse auf die tatsächlich stattgefundene Beratung seien aus den im Beschluss aufgeführten Unterlagen möglich und zulässig. Nach dem Wortlaut des Beschlusses solle nicht ins Blaue hinein nach allen möglichen Unterlagen gesucht werden, sondern nur nach solchen, die einen konkreten Bezug zur Beratung der Fonds hätten. Der umfangreiche (und in der Tat sprachlich schwierig nachzuvollziehende) Wortlaut der Beschlüsse lasse nicht auf dessen ausufernden Umfang, sondern vielmehr auf den Versuch der Ermittlungsbehörde schließen, die zu suchenden Unterlagen möglichst genau zu bezeichnen.
Das Ermittlungsverfahren betreffe eine komplizierte steuerrechtliche Materie, mit der sich nur wenige spezialisierte Kanzleien, darunter die Beschwerdeführerin zu 1., beschäftigten. Das Amtsgericht sei zum allein maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsbeschlüsse davon ausgegangen, dass auch die verfahrensgegenständlichen Fonds und Firmen von der Beschwerdeführerin zu 1. beraten worden seien. Wenn sich mittlerweile die Unrichtigkeit dieser ursprünglichen Vermutung herausgestellt haben sollte, führe dies nicht zur nachträglichen Rechtswidrigkeit der Beschlüsse. Ausweislich des staatsanwaltschaftlichen Antrages hätten tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die im Durchsuchungsbeschluss bezeichneten Beweismittel bei den nichtverdächtigen Durchsuchungsbetroffenen aufzufinden sein würden. Die Auswertung der bei den am 14. November 2007 durchgeführten Durchsuchungen aufgefundenen Beweismittel habe ergeben, dass Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu 1. beratend für die Fondsgesellschaften tätig gewesen seien.
Die Durchsuchungsbeschlüsse hätten auch nicht gegen § 97 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, § 53 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 StPO verstoßen. Die Fondsgesellschaften hätten nur durch ihre Organe, letztlich die Beschuldigten, handeln können; die Beziehungen der nicht beschuldigten juristischen Personen zu Berufsgeheimnisträgern unterfielen nicht dem Schutz des § 97 Abs. 1 StPO. Bei Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse sei nicht von einem Mandatsverhältnis der Beschuldigten, sondern von einem Mandatsverhältnis der von den Beschuldigten vertretenen Gesellschaften mit der Beschwerdeführerin zu 1. ausgegangen worden.
Durchsuchung und Beschlagnahme seien angesichts der Tatvorwürfe verhältnismäßig gewesen. Es gehe um planmäßige, organisierte Steuerverkürzung in erheblichem Umfang. Das schutzwürdige Interesse der Beschwerdeführerin zu 1. nach ungestörter Berufsausübung und das Recht der Mandanten auf eine geschützte Kommunikation mit ihrem Rechtsberater müssten demgegenüber zurücktreten. Auch wenn die Beschlagnahme von Unterlagen aus einem Mandatsverhältnis erheblich in das Recht auf ungestörte Berufsausübung eingreife, dürfe nicht übersehen werden, dass gerade in komplizierten steuerstrafrechtlichen Verfahren die Aufklärung der inneren Tatseite ohne die Feststellung der Beratungsinhalte und entsprechender Beweismittel schwierig, wenn nicht unmöglich erscheine. Die Durchsuchung diene damit auch dem Schutz der Beschuldigten. Unterfiele die Durchsuchung bei Rechtsanwälten generell einem Verbot, dann würde sowohl die Verfolgung solcher Taten als auch die Entlastung der Beschuldigten erheblich erschwert.
bb) Bezüglich der sichergestellten Unterlagen sei Folgendes auszuführen:
(1) Beim Aktenordner „E.” (lfd. Nr. 27), der sich eindeutig auf den Verfahrensgegenstand „F.” beziehe, handele es sich mindestens teilweise um handschriftliche Originalnotizen, denen gegenüber Ablichtungen als Beweismitteln grundsätzlich der Vorzug zu geben sei. Da mit der Auswertung der Unterlagen angesichts der Beschwerden noch nicht begonnen worden sei, könne über die Beweiserheblichkeit noch nichts gesagt werden.
(2) Auch die Aktenordner „L.” (lfd. Nr. 28) und „F.” (lfd. Nr. 30) seien mit Rücksicht auf die anhängigen Beschwerden noch nicht ausgewertet worden. Es könne vor der abschließenden Auswertung nicht beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die Ordner beweisrelevante Unterlagen enthielten.
(3) Auch der bloße Umfang der Daten und Unterlagen mache deren Beschlagnahme nicht von vornherein rechtswidrig. Unter dem typischerweise bestehenden Zeitdruck sei es in der Regel nur schwer möglich, insbesondere aus gespeicherten Daten, die verfahrensrelevanten herauszufiltern. Gegenüber einer über Tage oder Wochen andauernden Durchsuchung sei daher die umfangreichere Beschlagnahme der schonendere und daher verhältnismäßige Eingriff, soweit sich die Ermittlungsbehörden anschließend auf die beweisrelevanten Unterlagen beschränkten und darüber hinaus reichende Daten löschten oder zurückgäben.
9. Nach Eingang der Verfassungsbeschwerde, die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden war, hat die Staatsanwaltschaft München ihre Bereitschaft erklärt, die geplante Auswertung der sichergestellten Daten bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzustellen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 (informationelle Selbstbestimmung), Art. 12 Abs. 1 Satz 1 (Berufsausübungsfreiheit) sowie Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung).
1. Partner und Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu 1. hätten die Beschuldigten hinsichtlich der steuerlichen Beurteilung der Medienfonds einschließlich der Konzeption der verfahrensgegenständlichen Fondsgesellschaften und deren praktischer Umsetzung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht beraten. Am Standort C. sei die Y. bezogen auf die verfahrensgegenständlichen Medienfonds zwischen 2000 und 2003 durch den Beschwerdeführer zu 3. und weitere Anwälte zivilrechtlich beraten worden; dabei sei die von der M. durchgeführte steuerliche Beratung hinsichtlich der in Rede stehenden Medienfonds nicht überprüft worden. Am Standort B. sei der Beschwerdeführer zu 2. in einem steuerstrafrechtlichen Verfahren eines der Beschuldigten erst im November 2007, also nach der vorangegangenen Durchsuchung der Y., mandatiert worden. Der Standort B. habe ein steuerliches Mandat in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Medienfonds erst im zweiten Halbjahr 2004 und „in anderer Sache (Auswirkungen von gesetzlichen Änderungen)” erhalten; darüber hinaus seien am Standort B. weder der Beschwerdeführer zu 2. noch andere Rechtsanwälte oder Steuerberater der Beschwerdeführerin zu 1. bezüglich der steuerlichen Gestaltung oder der Abgabe von Steuererklärungen der verfahrensgegenständlichen Fonds mandatiert gewesen. Der Beschwerdeführer zu 4. sei als Angehöriger der Sozietät ausschließlich in der arbeitsrechtlichen Beratung tätig und habe die Y. nie beraten.
2. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen hätten gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verstoßen. Die Sicherstellung und Beschlagnahme des allgemeinen Datenbestandes der Sozietät aufgrund der angeblichen Beratung durch Partner und Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu 1. im Zusammenhang mit Medienfonds zur Erforschung des Kenntnis- und Meinungsstandes bilde einen übermäßigen Eingriff. Die Sicherstellung habe sämtliche Unterlagen der Sozietät erfasst, die im Rahmen der steuerlichen Beurteilung von Medienfonds anderer Initiatoren („Drittmandanten”) entstanden seien, weil sich hieraus Rückschlüsse auf die Beratung hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Medienfonds ergeben sollen. Eine Einschränkung im Sinne einer Ausklammerung der Beratung von „Drittmandanten” mittels geeigneter Suchbegriffe sei nicht intendiert. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen seien ausdrücklich auf die Gewinnung verfahrensfremder Beratungsunterlagen ausgerichtet.
Die Möglichkeit des unbeschränkten Zugriffs auf den Datenbestand eines Rechtsanwalts sei mit einem Einschüchterungseffekt verbunden, der den Mandanten von einer vertraulichen Kommunikation oder gar von einer Mandatierung abhalten könne. Das gezielte Abschöpfen von Beratungsinhalten aus Drittmandaten zu dem Zweck, Rückschlüsse auf die Beratung der Y. oder ihrer Geschäftsführer zu ziehen, laufe auf die Aushöhlung des Mandatsgeheimnisses hinaus. Wie bei dem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung habe das Bundesverfassungsgericht den Schutz der drittbetroffenen Mandanten vor einem übermäßigen Datenzugriff zu gewährleisten. Der Zugriff auf den gesamten – segmentbezogenen – Datenbestand einer Rechtsanwaltssozietät beeinträchtige wegen seines Umfangs in schwerwiegender Weise das für das jeweilige Mandatsverhältnis vorausgesetzte und rechtlich geschützte Vertrauensverhältnis zwischen den Mandanten und den für sie tätigen Berufsträgern. Zulässige Beschränkungen des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG seien nicht ersichtlich. Der in den angegriffenen Beschlüssen behauptete Zusammenhang zwischen der Beratung der Beschwerdeführer in Drittmandaten und der tatsächlich erfolgten Fremdberatung der Beschuldigten und der Fondsgesellschaften in den Jahren 2001 bis 2003 bestehe ersichtlich nicht. Der Zugriff auf die Daten weise wegen der Vielzahl verfahrensunerheblicher Daten eine Streubreite auf, weil zahlreiche Personen (nicht betroffene Mandanten und Anwälte) mit ihren geschützten Berufsgeheimnissen, die in keiner Beziehung zu dem Tatvorwurf stünden, in den Wirkungsbereich der Maßnahme einbezogen werden könnten.
Die angegriffenen Beschlüsse hätten die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Kriterien außer Acht gelassen, indem sie aus „nicht verdachtserregenden” Mandaten den Kenntnis- und Meinungsstand von Medienexperten der Beschwerdeführerin zu 1. ermitteln lassen wollten, um so Rückschlüsse auf „verdachtserregende” Mandate zu ermöglichen. Diese unzulässige Ausforschung ergebe sich insbesondere daraus, dass Ziff. 2 der Beschlüsse auf die Beschlagnahme von Unterlagen zu „strukturelle Ähnlichkeiten” aufweisenden anderen Medienfonds abziele.
3. Die angegriffenen Beschlüsse verletzten das Grundrecht auf Freiheit der Berufsausübung. Die Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen, die nicht die Beratung der verfahrensgegenständlichen Beschuldigten und Fonds beträfen, berühre den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Die herausgehobene Bedeutung der unkontrollierten Berufsausübung eines Rechtsanwalts hätte die Fachgerichte zu einer Ablehnung der angegriffenen Durchsuchungsanordnungen veranlassen müssen. Es sei mit Art. 12 GG nicht vereinbar, wenn rechtliche Bewertungen aus Drittmandaten von der Staatsanwaltschaft im Wege der Durchsuchung herbeigeschafft würden, um „Rückschlüsse” auf die Qualität der Beratung der Beschuldigten in der Zeit von 2000 bis 2003 durch nicht der Beschwerdeführerin zu 1. zugehörige Berater zu ziehen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit habe erfordert, zunächst Feststellungen darüber zu treffen, ob die Beschwerdeführerin zu 1. die Beschuldigten im Tatzeitraum hinsichtlich der Konzeption und Strukturierung der Medienfonds überhaupt beraten hatte.
4. Die Durchsuchung sei unverhältnismäßig gewesen. Amtsgericht und Landgericht hätten verkannt, dass Anwaltskorrespondenz aus Drittmandaten nicht als Beweismittel – durch das „Ziehen von Rückschlüssen” – für die Beratung von Nichtmandanten geeignet sei und der unbegrenzte Zugriff auf Drittmandate in grob verletzender Weise in das geschützte Berufsgeheimnis eingreife. Die angegriffenen Beschlüsse wiesen einen unverständlichen Wortlaut auf und genügten nicht den Anforderungen, die das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip an die Bestimmtheit belastender Hoheitsakte stelle.
III.
1. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Es vertritt die Ansicht, die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 2. bis 4. sei unzulässig, die der Beschwerdeführerin zu 1. jedenfalls unbegründet.
2. Dem Bundesverfassungsgericht hat die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte 324 Js 42209/07 vorgelegen.
IV.
Soweit sich die Beschwerdeführerin zu 1. gegen die „angeordnete Sicherstellung und Beschlagnahme des allgemeinen Datenbestandes der Sozietät” wendet und soweit die Beschwerdeführer zu 2. bis 4. Verfassungsbeschwerde erhoben haben, wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nicht gegeben ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde insoweit nicht zu, und sie dient auch nicht der Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführer; denn sie hat insoweit keine Aussicht auf Erfolg.
1. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Sicherstellung des gesamten inländischen Datenbestandes aus dem Zeitraum 1999 bis Oktober 2007 durch die Sicherstellung von Datensicherungsbändern und Spiegelung von Serverdaten auf einem USB-Stick richtet. In diesem Punkt ist der Rechtsweg nicht erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
a) Hinsichtlich der Sicherstellung des Datenbestandes liegt weder eine Entscheidung des Amtsgerichts entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO noch eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts vor.
aa) Durchsuchung und Beschlagnahme sind getrennte Entscheidungsgegen-stände (vgl. BVerfGK 1, 126 ≪133≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Juli 2002 – 2 BvR 708/02 –, juris). Das Sichtungsverfahren gemäß § 110 StPO, bei dem die im Rahmen der Durchsuchung gefundenen und zur Ermittlungsbehörde verbrachten Gegenstände auf ihre Beweiseignung und Beschlagnahmefähigkeit überprüft werden, bewegt sich zwischen diesen Maßnahmen. Es wird als Teil der Durchsuchung angesehen (vgl. BGHSt 44, 265 ≪273≫). Dagegen liegt noch keine endgültige Beschlagnahme vor, die sich auf konkrete Einzelgegenstände beziehen muss, deren Beweiseignung und Beschlagnahmefähigkeit bereits konkret gegenstandsbezogen zu prüfen ist. Auch eine vorab mit dem Durchsuchungsbeschluss verbundene Anordnung der „Beschlagnahme” ist, soweit dabei noch keine genaue Konkretisierung der erfassten Gegenstände, sondern nur eine gattungsmäßige Umschreibung erfolgt, nur eine Richtlinie für die Durchsuchung (BVerfGK 1, 126 ≪133≫).
bb) Eine eigenständige Beschwer, die mit der umfassenden Sicherstellung eines Datenbestandes zum Zweck der Durchsicht (§ 110 StPO) verbunden sein kann, kann unter entsprechender Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO geltend gemacht werden (vgl. BVerfGK 1, 126 ≪133 f.≫). Diese eigenständige Beschwer kann insbesondere dann vorliegen, wenn die Sicherstellung über die thematisch begrenzte Zielvorgabe in dem nur bestimmte Datensätze betreffenden Durchsuchungsbeschluss hinausgeht. Die auf den Rechtsbehelf nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO ergangene Entscheidung des Amtsgerichts kann selbständig mit der Beschwerde (§ 304 Abs. 1 und 2 StPO) angefochten werden (vgl. BVerfGK 1, 126 ≪134≫).
cc) Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht dadurch, dass es neben den Beschwerden gegen die Durchsuchungsbeschlüsse auch den Beschwerden gegen „die Beschlagnahme der lfd. Nr. 27, 28 und 30 des Asservatenverzeichnisses” nicht abhalf, entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO nur über die – von der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffene – Beschlagnahme der drei Aktenordner entschieden. Auch die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts hinsichtlich der Beschlagnahmen bezieht sich nur auf diese drei Aktenordner: In den Gründen seiner Entscheidung wies das Landgericht darauf hin, dass sich die Beschwerdeführer auch „gegen die Beschlagnahme einzelner Gegenstände” wendeten, und setzte sich unter „III. 1. bis 3.” eingehend mit der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme der genannten Aktenordner auseinander. Auch soweit sich das Landgericht gegen Ende der angegriffenen Entscheidung eher beiläufig dahingehend äußert, dass der „bloße Umfang der Daten und Unterlagen … deren Beschlagnahme nicht von vorneherein rechtswidrig” mache, liegt keine Entscheidung entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO über die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Sicherstellung der Datensicherungsbänder und der auf USB-Stick gespeicherten Serverdaten vor.
b) Es ist der Beschwerdeführerin zu 1. zuzumuten, zur Erschöpfung des Rechtswegs eine gerichtliche Entscheidung analog § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO über die Sicherstellung der Datensicherungsbänder und der auf dem Server der Beschwerdeführerin zu 1. in B. gespiegelten Daten zum Zweck der Durchsicht (§ 110 StPO) herbeizuführen.
Das Verfahren im Stadium der Durchsicht bildet noch einen Teil der Durchsuchung im Sinne der §§ 102, 103 StPO, so dass es für die Rechtmäßigkeit der richterlichen Bestätigung der vorläufigen Sicherstellung zur Durchsicht darauf ankommt, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Durchsuchung im Zeitpunkt der Entscheidung noch vorliegen. Sind diese Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Durchsicht ersichtlich nicht mehr gegeben, dann ist auch die Durchsicht als Teil der Durchsuchung nicht mehr zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Juni 2008 – 2 BvR 1111/08 –, juris; BGH, Beschluss vom 23. November 1987 – 1 BJs 55/81 – 4 – 1 BGs 517/87 –, Strafverteidiger 1988, S. 90; Schäfer, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl. 2003, § 110 Rn. 20). Ob konkrete und durch Tatsachen belegbare Gründe dafür vorliegen, dass die Durchsicht des Datenbestandes als Fortsetzung der Durchsuchung zur Auffindung bestimmter Beweismittel führen wird, ist von den Fachgerichten noch nicht erörtert worden. Diese Prüfung kann nicht unter Hinweis auf die Annahmen des Amtsgerichts bei Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse als entbehrlich betrachtet werden, weil es darauf ankommt, ob die Auffindevermutung nach § 103 StPO noch im Zeitpunkt der Durchsicht vorliegt. Dabei werden sich die Gerichte mit der – durch Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen der verantwortlich handelnden Partner der Niederlassungen in B. und C. untermauerten – Behauptung der Beschwerdeführerin zu 1., für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum keine steuerlichen Beratungsleistungen erbracht zu haben, auseinandersetzen müssen. Eine abschließende fachgerichtliche Entscheidung ist auch deshalb erforderlich, weil es infolge der Aufhebung der Durchsuchungsbeschlüsse einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Steuerung des Sichtungsverfahrens (§ 110 StPO) bedarf.
2. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 2. bis 4. ist unzulässig.
a) Die Beschwerdeführer zu 2. bis 4. haben den Rechtsweg nicht erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Sie hätten in ihrer Eigenschaft als natürliche Personen im fachgerichtlichen Verfahren zunächst einen Antrag nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung stellen oder gegen den Durchsuchungsbeschluss auch im eigenen Namen Beschwerde einlegen müssen. Beides war nicht der Fall; vielmehr wurden die Beschwerden ausdrücklich nur im Namen der Sozietät „A.” – bezogen auf die Standorte in C. und B. – eingelegt.
Die Beschwerdeführer zu 2. bis 4. sind der Ansicht, sie hätten an der Rechtswegerschöpfung durch die Beschwerdeführerin zu 1. „teilgenommen”, weil der Durchsuchungsbeschluss materiell jeden einzelnen der an den Standorten tätigen Partner betreffe und die durch den Durchsuchungsbeschluss belasteten Partner „in ihrer Gesamtheit mit der Einlegung von Rechtsbehelfen Rechtsschutz zu erlangen versucht” hätten; da die Beschwerde „prozessual gerade auf die Sicherung der in materiell-rechtlicher Hinsicht betroffenen Rechtspositionen der Sozien” zielte, sei das Rechtsmittel „zumindest konkludent durch jeden einzelnen Sozius erhoben, wenn es nicht zugleich ausdrücklich auch in deren eigenen Namen, sondern lediglich im Namen der Sozietät eingelegt” werde. Bei dieser Argumentation verkennen die Beschwerdeführer, dass zwischen der Beschwerdeführerin zu 1. als einer rechtlich eigenständigen Wirkungseinheit in Gestalt einer Personengesellschaft und den Beschwerdeführern zu 2. bis 4. als natürlichen Personen zu differenzieren ist. Wird ein Rechtsmittel ausdrücklich im Namen der Beschwerdeführerin zu 1. erhoben, die in ihrer Eigenschaft als Personengesellschaft die Verletzung in eigenen (Grund-)Rechten geltend macht, so kann nicht ohne weitere Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass das Rechtsmittel zugleich im Namen der einzelnen Gesellschafter als natürlicher Personen eingelegt worden ist.
b) Die Erschöpfung des Rechtswegs ist auch nicht wegen Unzumutbarkeit entbehrlich. Unzumutbar ist insbesondere die Einlegung offensichtlich aussichtsloser Rechtsbehelfe. Eine offensichtliche Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfs wird angenommen, wenn im Hinblick auf eine gefestigte jüngere und einheitliche höchstrichterliche Rechtsprechung im konkreten Einzelfall keine von dieser Rechtsprechung abweichende Entscheidung in der Sache zu erwarten ist (vgl. BVerfGE 9, 3 ≪7 f.≫; 18, 224 ≪231≫; 78, 155 ≪160≫) oder wenn der Beschwerdeführer schon einmal erfolglos den Rechtsweg beschritten hat und wegen eindeutiger gesetzlicher Regelung kein anderes Ergebnis zu erwarten ist (vgl. BVerfGE 56, 363 ≪380≫; 69, 188 ≪202≫). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ein auf die Beschwerdeführer zu 2. bis 4. bezogenes Verfahren vor den Fachgerichten wäre keine bloße Formsache gewesen, die sich ausschließlich mit den gleichen Fragen wie das die Beschwerdeführerin zu 1. betreffende Verfahren hätte beschäftigen müssen. Es wäre zunächst durch die Fachgerichte zu klären gewesen, ob und gegebenenfalls inwieweit die Beschwerdeführer zu 2. bis 4. durch die Durchsuchung der Niederlassungen der Beschwerdeführerin zu 1. in B. und C. in ihrer räumlichen Privatsphäre betroffen waren (vgl. BVerfGE 103, 142 ≪150≫; BVerfGK 2, 310 ≪314≫). Ferner wäre konkret zu prüfen gewesen, ob – bezogen auf den jeweiligen Beschwerdeführer – die Voraussetzungen des § 103 StPO vorlagen. Mit diesen Fragen konnten sich die Gerichte bislang nicht auseinandersetzen.
V.
Soweit durch die angegriffenen Beschlüsse die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin zu 1. in B. und C. angeordnet und die dagegen gerichteten Beschwerden zurückgewiesen wurden, wird die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin zu 1. angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 BVerfGG). Insoweit verletzen die angegriffenen Beschlüsse die Beschwerdeführerin zu 1. in ihrem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG.
1. Die von der Beschwerdeführerin zu 1. erhobene Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen die Anordnung von Durchsuchungen, die sich gegen die beiden inländischen Standorte der Beschwerdeführerin zu 1. in B. und C. richteten. Angesichts dieser Betroffenheit sowie der organisatorisch eigenständigen Stellung und des inländischen Tätigkeitsmittelpunktes der Beschwerdeführerin zu 1. an beiden Standorten ist die Verfassungsbeschwerde wie die von einer inländischen juristischen Person erhobene Verfassungsbeschwerde (Art. 19 Abs. 3 GG) zu behandeln.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet.
a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Damit wird dem Einzelnen ein elementarer Lebensraum gewährleistet. In seinen Räumen hat er das Recht, in Ruhe gelassen zu werden. In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 59, 95 ≪97≫; 96, 27 ≪40≫). Der Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf geschäftlich genutzte Räume, die nicht allgemein zugänglich sind (vgl. BVerfGE 42, 212 ≪219≫; 96, 44 ≪51≫). Dem Gewicht des Eingriffs in das Grundrecht entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält. Dieser Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz (vgl. BVerfGE 20, 162 ≪223≫; 103, 142 ≪150 f.≫).
Dem erheblichen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen entspricht ein besonderes Rechtfertigungsbedürfnis nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Durchsuchung muss im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten Zweck verhältnismäßig sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der vorgeworfenen Tat erforderlich sein; dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen (vgl. BVerfGE 96, 44 ≪51≫). Hierbei sind auch die Bedeutung des potentiellen Beweismittels für das Strafverfahren sowie der Grad des auf die verfahrenserheblichen Informationen bezogenen Auffindeverdachts zu bewerten. Im Einzelfall können die Geringfügigkeit der zu ermittelnden Straftat, eine geringe Beweisbedeutung der zu beschlagnahmenden Gegenstände sowie die Vagheit des Auffindeverdachts der Durchsuchung entgegenstehen (vgl. BVerfGE 113, 29 ≪56≫; 115, 166 ≪197≫).
Richtet sich eine strafrechtliche Ermittlungsmaßnahme gegen einen Berufsgeheimnisträger in der räumlichen Sphäre seiner Berufsausübung, so bringt dies darüber hinaus regelmäßig die Gefahr mit sich, dass unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG stehende Daten von Nichtbeschuldigten, etwa den Mandanten eines Rechtsanwalts, zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden gelangen, die die Betroffenen in der Sphäre des Berufsgeheimnisträgers sicher wähnen durften. Dadurch werden nicht nur die Grundrechte der Mandanten berührt. Bei der Anwendung strafprozessualer Eingriffsermächtigungen ist das Ausmaß der – mittelbaren – Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts (Art. 12 Abs. 1 GG) zu berücksichtigen. Der Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant liegt auch im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und geordneten Rechtspflege (vgl. BVerfGE 113, 29 ≪48 ff.≫). Diese Belange verlangen eine besondere Beachtung bei der Prüfung der Angemessenheit der Zwangsmaßnahme.
Die Durchsuchung nach § 103 StPO bei einer nicht verdächtigen Person, die durch ihr Verhalten auch aus Sicht der Ermittlungsbehörden in keiner Weise Anlass zu den Ermittlungsmaßnahmen gegeben hat, stellt besondere Anforderungen an die Prüfung der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Juli 2006 – 2 BvR 299/06 –, NJW 2007, S. 1804 ≪1805≫). Konkrete Gründe müssen dafür sprechen, dass der zu suchende Beweisgegenstand in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten des Unverdächtigen gefunden werden kann. Dies unterscheidet die Durchsuchung beim Unverdächtigen nach § 103 StPO von einer Durchsuchung bei einer verdächtigen Person nach § 102 StPO, bei der es bereits nach der Lebenserfahrung in gewissem Grade wahrscheinlich ist, dass Beweisgegenstände zu finden sind, die zur Prüfung der Verdachtsannahme beitragen können, und bei der durch die Verknüpfung des personenbezogenen Tatverdachts mit einem eher abstrakten Auffindeverdacht ein hinreichender Eingriffsanlass geschaffen wird (vgl. BVerfGK 1, 126 ≪132≫).
Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist ferner dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Wortlaut des § 103 StPO im Gegensatz zu § 102 StPO („zur Auffindung von Beweismitteln”) die Durchsuchung „zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände” zulässt. Sofern ein unmittelbarer Bezug der gesuchten Gegenstände zum Ermittlungsverfahren gegeben ist, reicht hierfür eine eingegrenzte, aber doch gattungsmäßige Beschreibung der gesuchten Unterlagen aus (vgl. BVerfGK 1, 126 ≪132 f.≫). Soweit die Durchsuchung dem Auffinden von Gegenständen dient, die keinen unmittelbaren Bezug zum Ermittlungsverfahren aufweisen, bedarf es besonderer Gründe, aus denen sich die Bedeutung der gesuchten Gegenstände für das Ermittlungsverfahren und die Rechtfertigung für den Eingriff in die Rechte des unbeteiligten Dritten ergeben.
b) Den dargestellten Anforderungen tragen die angegriffenen Beschlüsse nicht hinreichend Rechnung; sie sind mit einer unverhältnismäßigen Einschränkung des Grundrechts der Beschwerdeführerin zu 1. aus Art. 13 Abs. 1 GG verbunden.
Es ist mit Art. 13 Abs. 1 GG nicht vereinbar, Kanzleiräume von Rechtsanwälten als nichtverdächtigen Dritten, die den Beschuldigten nach Auffassung der Ermittlungsbehörde hinsichtlich bestimmter steuerrechtlicher Fragestellungen beraten haben sollen, auf der Grundlage von § 103 StPO zu durchsuchen, um Unterlagen über die Beratung von Mandanten, die mit dem Ermittlungsverfahren in keinem Zusammenhang stehen, zu erhalten und um hieraus Rückschlüsse auf den Inhalt der Beratung des Beschuldigten zu ziehen. Die nach den angegriffenen Durchsuchungsanordnungen zulässige Suche nach Beratungsunterlagen hinsichtlich unverdächtiger Mandanten steht ferner in einem offenkundigen Missverhältnis zu der damit verbundenen Beeinträchtigung des Grundrechts der unverdächtigen Mandanten auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und der auch im Interesse der Allgemeinheit liegenden Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant.
Die angegriffenen Durchsuchungsanordnungen lassen zwar vordergründig ein Bemühen um eine detaillierte Aufzählung der gesuchten Beweismittel erkennen, sie ermöglichen aber zugleich durch die Verwendung von Leerformeln einen Zugriff auf eine unüberschaubare Zahl von Mandatsunterlagen, die zu dem Ermittlungsverfahren keinen unmittelbaren Bezug aufweisen. Dadurch lassen die Beschlüsse das in § 103 StPO enthaltene Tatbestandsmerkmal „zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände” in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise leerlaufen und überlassen die Kriterien für die Durchsuchung dem Ermessen der mit der Durchsuchung betrauten Ermittlungsbeamten.
aa) Die angegriffenen Durchsuchungsbeschlüsse ordneten die Durchsuchung der Kanzleiräume der Beschwerdeführerin zu 1. an, um Unterlagen zu erhalten, die in weitem Umfang in keinem konkreten Zusammenhang zu den verfahrensgegenständlichen Straftaten stehen. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Unterlagen, die Auskunft über „Art und Umfang der steuerlichen und rechtlichen Beratung von Medienfonds” durch Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu 1. „im Allgemeinen” geben, sondern auch hinsichtlich der Unterlagen, die Auskunft geben über
„den Kenntnis- und Meinungsstand der Mitarbeiter der Zeugin betreffend die rechtliche und steuerliche Beurteilung von Medienfonds (z.B. Voraussetzungen, Regelungsgehalt und/oder Entstehung der sog. Medienerlasse; allgemeine systematische Ausarbeitungen betreffend Medienfondsstrukturen etc.), soweit sie einen Bezug zur Initiatorin Y. haben oder zu anderen Initiatoren, weil und soweit sich daraus Rückschlüsse auf die Beratung hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Medienfonds ergeben”.
Denn der bloße Umstand, dass der Beratung hinsichtlich solcher Fondsgesellschaften, die von der Y. oder anderen Initiatoren aufgelegt wurden und mit dem Ermittlungsverfahren in keinem konkreten Zusammenhang stehen, ähnliche Rechtsfragen zugrunde lagen und rechtliche Konzepte, die zunächst im Rahmen dieser Beratung entwickelt wurden, möglicherweise auch bei der Beratung hinsichtlich verfahrensgegenständlicher Medienfonds verwendet wurden, ist nicht geeignet, einen hinreichenden, konkreten Bezug zu dem verfahrensgegenständlichen Ermittlungsverfahren herzustellen. Tatsächlich wird durch die Formulierung „weil und soweit sich daraus Rückschlüsse auf die Beratung hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Medienfonds ergeben” die Gesamtheit der Unterlagen erfasst, die die Beratung von Medienfonds durch Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu 1. betreffen. Denn aus jeder Beratung hinsichtlich nicht verfahrensgegenständlicher Fondsgesellschaften lassen sich mehr oder weniger stichhaltige Rückschlüsse auf den Kenntnis- und Meinungsstand der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu 1. und hiervon ausgehend auf die Beratung der Beschuldigten hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Fondsgesellschaften ableiten. Ausgehend von der Ermittlungshypothese, dass Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu 1. steuerliche Beratungsleistungen gegenüber den verfahrensgegenständlichen Medienfonds erbrachten, ließe sich der Schluss ziehen, dass steuerrechtliche Konzepte, die von den Mitarbeitern der Beschwerdeführerin zu 1. im Rahmen der Beratung hinsichtlich nicht verfahrensgegenständlicher Fondsgesellschaften entwickelt und umgesetzt worden waren, auch hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Fonds angewendet wurden. Die Überzeugungskraft eines solchen Schlusses erhöht sich mit der Zahl der Fondsgesellschaften, deren Beratungen durch die Durchsuchungsmaßnahmen systematisch inhaltlich ausgewertet werden. Erst nach einer umfassenden Auswertung von Art und Inhalt der Beratung und der Struktur aller von der Beschwerdeführerin zu 1. betreuten Medienfonds ließe sich hinlänglich beurteilen, welcher für die Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Fonds möglicherweise relevante Meinungs- und Kenntnisstand der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu 1. vorlag und inwieweit sich hieraus stichhaltige Rückschlüsse auf die Beratung der Beschuldigten ziehen lassen. Die Formulierung „weil und soweit sich daraus Rückschlüsse auf die Beratung hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Medienfonds ergeben” lässt daher eine umfassende Suche nach Unterlagen zu, die Auskunft über die Beratung aller Mandanten der Beschwerdeführerin zu 1. geben, denen lediglich die Eigenschaft als Medienfonds und die Beratung hinsichtlich ähnlicher rechtlicher und steuerlicher Fragestellungen gemeinsam ist, die aber keine sonstigen Bezugspunkte zu den die verfahrensgegenständlichen Fondsgesellschaften betreffenden Ermittlungen aufweisen.
Auch die Anordnung der Suche nach
„Unterlagen betreffend die konzeptionelle Ausgestaltung und Umsetzung von Medienfonds, bei denen die Y. als Initiatorin auftritt und die eine strukturelle Ähnlichkeit zu den oben in Ziff. 1b) genannten oder in Bezug genommenen Fonds-Gesellschaften aufweisen, weil und soweit sich aus diesen Unterlagen Rückschlüsse auch auf die Konzeption der verfahrensgegenständlichen Fondsgesellschaften und deren praktische Umsetzung ziehen lassen”
begegnet durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Merkmal „strukturelle Ähnlichkeit” lässt offen, welche Fondsgesellschaften gemeint sind. Ohne eine – zumindest in Grundzügen erfolgende – Umschreibung der eine Ähnlichkeitsbewertung ermöglichenden Merkmale lässt sich nicht erkennen, welche Medienfonds von der Durchsuchungsanordnung erfasst sein sollen. Dies hat im Ergebnis zur Folge, dass sich die Durchsuchung auf die Beratungsunterlagen hinsichtlich aller Medienfonds bezieht, die von der Y. aufgelegt wurden, obwohl nur ein Teil der von der Y. initiierten Medienfonds den Gegenstand der verfahrensgegenständlichen Ermittlungen bildete. Allein der Umstand, dass die verfahrensgegenständlichen Medienfonds von der Y. aufgelegt worden sind, reicht ohne eine nähere Begründung nicht für die Annahme aus, dass auch die die Beratung der nicht verfahrensgegenständlichen Medienfonds betreffenden Unterlagen einen konkreten Bezug zu dem Ermittlungsverfahren haben. Ein hinreichender Bezugspunkt kann sich nicht allein daraus ergeben, dass der Beratung hinsichtlich der nicht verfahrensgegenständlichen Medienfonds ähnliche rechtliche und steuerliche Fragen zugrunde lagen oder rechtliche Konzepte, die zunächst im Rahmen dieser Beratung entwickelt wurden, auch bei der Beratung hinsichtlich verfahrensgegenständlicher Medienfonds verwendet wurden.
bb) Soweit in der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts ausgeführt wird, es solle nach „dem Wortlaut des [Durchsuchungs-]Beschlusses … gerade nicht ‚ins Blaue hinein’ nach allen möglichen Unterlagen gesucht werden, sondern eben nach solchen, die einen konkreten Bezug zur Beratung der Fonds haben”, wird die Unverhältnismäßigkeit der Durchsuchungsanordnungen nicht behoben. Abgesehen davon, dass das Landgericht nicht ansatzweise deutlich macht, woraus sich ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Durchsuchung nach § 103 StPO genügender konkreter Bezug der gesuchten Unterlagen zu der Beratung der Beschuldigten hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Medienfonds ergeben soll, und dass sich – wie oben erläutert – den Durchsuchungsbeschlüssen ein solcher Bezug auch nicht entnehmen lässt, könnte eine von dem Landgericht als Beschwerdegericht vorgenommene einschränkende Auslegung der Durchsuchungsanordnung den Mangel der Durchsuchungsbeschlüsse nicht beheben. Denn eine Heilung einer vollzogenen Durchsuchungsanordnung kommt dann nicht in Betracht, wenn dies dem mit der Begrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses bezweckten Schutz des von der Durchsuchung Betroffenen zuwiderliefe (vgl. BVerfGK 1, 51 ≪52≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Mai 2000 – 2 BvR 2212/99 –, NStZ 2000, S. 601; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. August 2005 – 2 BvR 1404/04 –, juris). Da das von dem Landgericht angeführte einschränkende Verständnis im Wortlaut der Durchsuchungsbeschlüsse keine Stütze findet, würde eine nachträgliche Begrenzung der richterlichen Durchsuchungsgestattung auf solche Unterlagen, die einen „konkreten Bezug” zur Beratung der verfahrensgegenständlichen Fonds aufweisen, dazu führen, dass der Richtervorbehalt, der von vornherein für eine angemessene Begrenzung der Zwangsmaßnahme sorgen soll, weitgehend leerliefe.
Eine einschränkende Fassung der zu suchenden Unterlagen könnte im vorliegenden Fall nur noch im Rahmen einer Entscheidung über die vorläufige Sicherstellung der Unterlagen und Datenbestände zum Zweck der Fortsetzung der Durchsicht (vgl. § 98 Abs. 2 Satz 2, § 110 StPO) Bedeutung haben; sie kann aber nicht rückwirkend die Verfassungswidrigkeit einer vollzogenen Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin zu 1. heilen.
cc) Eine strafprozessuale Durchsuchung einer Rechtsanwalts- oder Steuerberaterkanzlei zur flächendeckenden Aufklärung, wie dort Mandanten hinsichtlich bestimmter steuerrechtlicher Fragestellungen beraten wurden, ist nur zulässig, wenn und soweit sich das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen in der Kanzlei tätige Berufsträger richtet, hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine flächendeckende Beteiligung an Straftaten der Mandanten vorliegen und auch die weiteren (verfassungs-)rechtlichen Voraussetzungen für eine Durchsuchung beim beschuldigten Berufsgeheimnisträger gegeben sind (§ 102, § 160a Abs. 2, Abs. 4 StPO).
3. Da die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. gegen die Durchsuchungen bereits aus den oben genannten Gründen Erfolg hat, kann offen bleiben, ob durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Annahme des Amtsgerichts bestehen, Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu 1. seien hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Fondsgesellschaften in steuerlicher Hinsicht beratend tätig gewesen und es sei daher mit dem Auffinden verfahrensrelevanter Unterlagen an den Standorten in B. und C. zu rechnen gewesen.
VI.
Gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG werden die angegriffenen Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts und die Entscheidung des Landgerichts, soweit sie die Durchsuchungsbeschlüsse zum Gegenstand hat, aufgehoben. Die Sache wird insoweit an das Landgericht zurückverwiesen, das noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.
VII.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Der Beschwerdeführerin zu 1. ist die Hälfte ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten, da die Verfassungsbeschwerde nur teilweise Erfolg hat.
VIII.
Mit der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Unterschriften
Osterloh, Mellinghoff, Gerhardt
Fundstellen
Haufe-Index 2146647 |
BFH/NV 2009, 1388 |
DStR 2009, 1603 |
DStRE 2009, 1344 |
HFR 2009, 925 |
NJW 2009, 2518 |
WM 2009, 963 |
KÖSDI 2009, 16641 |
KP 2009, 117 |
NPA 2010 |
StV 2009, 505 |