Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte bei der Einkommensteuer verfassungsmäßig; differenzierte Besteuerung verschiedener Einkunftsarten
Leitsatz (amtlich)
Zur Verfassungsmäßigkeit des § 32c EStG.
Leitsatz (redaktionell)
1. § 32c EStG i. d. F. des Standortsicherungsgesetzes vom 13. September 1993 (BGBl. I 1569) war mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit die Tarifbegrenzung nach näherer Maßgabe des § 32c Abs. 2 EStG nur für gewerbliche Einkünfte gewährt wurde, die beim Bezieher selbst der Gewerbesteuer unterlegen haben, und die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte insoweit ausgeschlossen wurde, als deren Anteil am zu versteuernden Einkommen unterhalb des die Entlastung auslösenden Grenzbetrags (§ 32c Abs. 1 i. V. mit Abs. 4 und Abs. 5 EStG) blieb.
2. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers wird im Steuerrecht, insbesondere dem Einkommensteuerrecht vor allem durch das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt. Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Besteuerung niedrigerer Einkommen angemessen ausgestaltet werden muss.
3. Im Hinblick auf die Belastungsgleichheit macht es keinen Unterschied, ob Einkünfte, die die gleiche Leistungsfähigkeit repräsentieren, in unterschiedlicher Höhe in die Bemessungsgrundlage einfließen oder ob sie einem unterschiedlichen Tarif unterworfen werden. Dabei können aber ungleiche Belastungen durch konkretisierende Ausgestaltung der steuerrechtlichen Grundentscheidungen nicht schon allein mit dem Finanzbedarf des Staates oder einer knappen Haushaltslage gerechtfertigt werden.
4. Für ein an der Leistungsfähigkeit ausgerichtetes Einkommensteuerrecht reicht es aus, die tatsächliche Gewerbesteuerbelastung von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Jede weitere einkommensteuerliche Begünstigung der Gewerbetreibenden ist im Rahmen der Ausrichtung der Einkommensbesteuerung am Leistungsfähigkeitsprinzip in seiner konkreten gesetzlichen Ausgestaltung als objektives Nettoprinzip nicht erforderlich.
5. Die Erwägung des Gesetzgebers, die übrigen Einkünfte dürften gegenüber den gewerblichen höher belastet werden in Gestalt eines indirekten Solidarbeitrags zur Finanzierung des Aufbaus in den neuen Ländern (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 24, 25), ist zur Begründung der Ungleichbehandlungen nicht tragfähig. Ein hinreichender sachlicher Grund, warum dieser Solidarbeitrag nicht auch von den Gewerbetreibenden geleistet werden sollte, ist nicht erkennbar.
6. Soweit der erkennende Senat in seiner Entscheidung zur Erbschaftsteuer (BVerfGE 93, 165, 175 f., Haufe-Index, 638108) davon ausgegangen ist, dass bei der Gestaltung der Erbschaftsbesteuerung zu berücksichtigen sei, dass bestimmte Betriebe in besonderer Weise gemeinwohlgebunden und gemeinwohlverpflichtet sind, ist das jedenfalls nicht auf das aus solchen Betrieben erzielte Einkommen übertragbar und kann daher Begünstigungen bei der Einkommensteuer nicht rechtfertigen.
7. Die Senkung des Spitzensteuersatzes für die gewerblichen Einkünfte ist ein Instrument, das sich national wie vor allem auch international schnell und in leicht verständlicher Sprache als Reduzierung der „Unternehmensbesteuerung” mitteilen lässt. Demgegenüber sind Spezialitäten einer breiteren oder schmaleren Bemessungsgrundlage, deren Relation zum Steuersatz erst für die effektive Steuerbelastung entscheidend ist, zwar sachlich treffender, aber ungleich schwerer nachzuweisen und zu vermitteln.
8. Art. 3 Abs. 1 GG enthält kein allgemeines Verfassungsgebot der Rechtsformneutralität in dem Sinn, dass ausgeschüttete Gewinne von Kapitalgesellschaften beim Anteilseigner einkommensteuerlich ebenso zu behandeln sind wie entnommene Gewinne von Personengesellschaften. Einen hinreichenden sachlichen Grund unternehmerische Tätigkeiten steuerlich unterschiedlich zu behandeln, liefert die Abschirmung der Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern, da in der abgeschirmten Vermögenssphäre eine eigenständige und objektive Leistungsfähigkeit entsteht, die von der individuellen und subjektiven Leistungsfähigkeit der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Personen getrennt und unabhängig von ihr besteuert werden darf.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 32c Abs. 1, 4-5; StAndOG Art. 1 Nr. 9
Verfahrensgang
Tenor
§ 32c des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz – StandOG) vom 13. September 1993 (Bundesgesetzblatt I Seite 1569) war mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit die Tarifbegrenzung nach näherer Maßgabe des § 32c Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes nur für gewerbliche Einkünfte gewährt wurde, die beim Bezieher selbst der Gewerbesteuer unterlegen haben, und die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte insoweit ausgeschlossen wurde, als deren Anteil am zu versteuernden Einkommen unterhalb des die Entlastung auslösenden Grenzbetrags (§ 32c Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 4 und Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes) blieb.
Tatbestand
A.
Das Verfahren betrifft die Frage, ob die von 1994 bis 2000 geltende Kappung des Einkommensteuertarifs (§ 32c EStG) bei dort näher bestimmten gewerblichen Einkünften mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar war.
I.
Die Höhe der Einkommensteuer ergibt sich aus der Anwendung des progressiven Einkommensteuertarifs (§ 32a EStG) auf das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage (§ 2 Abs. 5 EStG). Die Progression des Tarifs endet bei einer bestimmten Höhe des zu versteuernden Einkommens – im Streitjahr 1994 120.042 DM (Grundtarif) bzw. 240.084 DM (Splittingtarif). Der hier einsetzende Spitzensteuersatz lag im Streitjahr bei 53 v.H.
1. Mit dem Standortsicherungsgesetz vom 13. September 1993 (BGBl I S. 1569) führte der Gesetzgeber mit § 32c EStG eine besondere Tarifermäßigung für dort näher bestimmte gewerbliche Einkünfte ein, nach der der Spitzensteuersatz für die begünstigten Einkünfte 47 v.H. betrug, der Steuersatz also auch ab einem zu versteuernden Einkommen von 100.278 DM (Grundtarif) bzw. 200.556 DM (Splittingtarif) bei 47 v.H. stehen blieb statt bis auf 53 v.H. anzusteigen. Im Streitjahr 1994 hatte § 32c EStG – noch vor seinem In-Kraft-Treten geändert durch das Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1993 (BGBl I S. 2310) – folgenden Wortlaut:
§ 32c
Tarifbegrenzung bei gewerblichen Einkünften
(1) Sind in dem zu versteuernden Einkommen gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 enthalten, deren Anteil am zu versteuernden Einkommen mindestens 100 278 Deutsche Mark beträgt, ist von der tariflichen Einkommensteuer ein Entlastungsbetrag nach Absatz 4 abzuziehen.
(2) Gewerbliche Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift sind vorbehaltlich des Satzes 2 Gewinne oder Gewinnanteile, die nach § 7 oder § 8 Nr. 4 des Gewerbesteuergesetzes der Gewerbesteuer unterliegen. Ausgenommen sind Gewinne und Gewinnanteile, die nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3, Nr. 2a, 3, 5, 7 und 8 des Gewerbesteuergesetzes zu kürzen sind; ausgenommen sind auch Kürzungsbeträge nach § 9 Nr. 2 des Gewerbesteuergesetzes, soweit sie auf Anteile am Gewinn einer ausländischen Betriebsstätte entfallen, sowie Gewinne, die einer Steuerermäßigung nach § 34 unterliegen.
(3) Der auf gewerbliche Einkünfte entfallende Anteil am zu versteuernden Einkommen (gewerblicher Anteil) bemißt sich nach dem Verhältnis der gewerblichen Einkünfte nach Absatz 2 zur Summe der Einkünfte. Übersteigen die gewerblichen Einkünfte nach Absatz 2 die Summe der Einkünfte, ist der Entlastungsbetrag nach Absatz 4 auf der Grundlage des gesamten zu versteuernden Einkommens zu ermitteln. Der gewerbliche Anteil ist auf den nächsten durch 54 ohne Rest teilbaren vollen Deutsche-Mark-Betrag abzurunden, wenn er nicht bereits durch 54 ohne Rest teilbar ist.
(4) Zur Ermittlung des Entlastungsbetrags wird zunächst für den abgerundeten gewerblichen Anteil die Einkommensteuer nach § 32a berechnet. Von diesem Steuerbetrag sind die Einkommensteuer, die nach § 32a auf ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 100 224 Deutsche Mark entfällt, sowie 47 vom Hundert des abgerundeten gewerblichen Anteils, soweit er 100 224 Deutsche Mark übersteigt, abzuziehen. Der sich hieraus ergebende Entlastungsbetrag ist auf volle Deutsche Mark aufzurunden.
(5) Bei Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, beträgt der Entlastungsbetrag das Zweifache des Entlastungsbetrags, der sich für die Hälfte ihres gemeinsam zu versteuernden Einkommens nach den Absätzen 1 bis 4 ergibt. Die Ehegatten sind bei der Verhältnisrechnung nach Absatz 3 gemeinsam als Steuerpflichtiger zu behandeln. Satz 1 gilt entsprechend bei Steuerpflichtigen, deren Einkommensteuer nach § 32a Abs. 6 zu ermitteln ist.
Die §§ 7, 9 Nr. 2a GewStG, auf die § 32c EStG unter anderem verweist, hatten im Streitjahr folgenden Wortlaut:
§ 7
Gewerbeertrag
Der Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 Abs. 2) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.
§ 9
Kürzungen
Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um (…)
2 a. die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 (…), wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind. (…)
2. In ihrem Entwurf eines Standortsicherungsgesetzes vom 5. März 1993, nach dem sogar eine Tarifkappung bei 44 v.H. vorgesehen war, hatte die Bundesregierung die Einführung des § 32c EStG wie folgt begründet (BTDrucks 12/4487, S. 25 – Hervorhebungen im Original):
„In der gegenwärtigen finanzpolitischen Lage ist eine einheitliche Herabsetzung des Einkommensteuer-Höchstsatzes für alle Einkünfte nicht möglich. Deshalb ist für eine Übergangszeit eine Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte auf 44 vom Hundert vorgesehen. Ziel der Bundesregierung bleibt es, zusammen mit einer grundlegenden Änderung der Gewerbesteuer den Höchstsatz im Einkommensteuertarif für alle Einkunftsarten gleichmäßig herabzusetzen. Im Rahmen der Neuregelung des Gemeindefinanzsystems bleibt die Reform der Gewerbesteuer daher weiter auf der Tagesordnung.
Diese Begrenzung trägt der Tatsache Rechnung, daß Gewerbebetriebe mit ihren Gewinnen neben der Einkommensteuer einer Sonderbelastung durch die Gewerbeertragsteuer unterliegen. Besonders drückend und damit investitionshemmend ist die ertragsteuerliche Grenzbelastung in den Fällen, in denen ein hoher Einkommensteuersatz mit der Gewerbesteuerbelastung zusammentrifft. Nur in diesen – gewerbesteuerpflichtigen – Fällen ist deshalb eine befristete Teilentlastung der gewerblichen Einkünfte vorgesehen. Durch die Tarifbegrenzung auf 44 vom Hundert wird zugleich der Höchstsatz der Einkommensteuer bei gewerblichen Personenunternehmen an den Körperschaftsteuersatz für einbehaltene Gewinne von Kapitalgesellschaften angeglichen.
Neben Kapitalgesellschaften unterliegen auch Personenunternehmen der internationalen Standortkonkurrenz. Dies gilt insbesondere für den gewerblichen und industriellen Mittelstand. Rund 70 vom Hundert aller privaten Arbeitsplätze befinden sich in gewerblichen Unternehmen. Arbeitsplatzschaffende Investitionen von Gewerbebetrieben nehmen deshalb eine Schlüsselstellung für die Beschäftigungsentwicklung in Deutschland ein, so daß auch insoweit eine befristete Teilentlastung gewerblicher Einkünfte von der kumulativen Belastung der Erträge durch Einkommensteuer und Gewerbeertragsteuer gerechtfertigt ist.
Bezieher nicht gewerblicher Einkünfte, wie z.B. Freiberufler oder Landwirte, tragen keine Sonderbelastung durch Gewerbesteuer. Sie unterliegen in der Regel auch keiner internationalen Standortkonkurrenz. Vor allem vor dem Hintergrund der außerordentlichen finanziellen Belastungen durch den notwendigen Aufbau in den jungen Ländern ist es deshalb vertretbar, solche Einkünfte von der befristeten Begrenzung des Einkommensteuer-Höchstsatzes auf 44 vom Hundert auszunehmen.”
Zum Ziel der Standortsicherung wird ausgeführt (BTDrucks 12/4487, S. 23 f. – Hervorhebungen im Original):
„Insbesondere mit Blick auf das internationale Umfeld ist eine weitere Verbesserung der Unternehmensbesteuerung erforderlich. Deutschland ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort mit insgesamt guten Investitionsbedingungen. Doch haben die meisten wichtigen Industriestaaten in den letzten Jahren die steuerlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen spürbar verbessert. Von daher hat sich die relative Wettbewerbsposition Deutschlands verschlechtert. Hinzu kommt, daß der Wettbewerb um grenzüberschreitende Investitionen durch den einheitlichen Europäischen Binnenmarkt zum 1. Januar 1993 zunehmen wird. Bei Standortentscheidungen für Investitionen in der EG werden künftig die Staatsgrenzen weiter an Bedeutung verlieren.
Die deutsche Steuerpolitik kann dies nicht tatenlos hinnehmen; sie muß vielmehr im Hinblick auf die internationale Entwicklung die gesamte steuerliche Grenzbelastung der Gewinne inländischer Unternehmen deutlich senken. Auf diese Weise kann ein international wettbewerbsfähiges Steuersatzniveau erreicht und Standortverschlechterungen entgegengewirkt werden. (…)
Die hohe Steuerbelastung der gewerblichen Unternehmen hat neben anderen Faktoren dazu geführt, daß die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen im Ausland stärker angestiegen sind als die Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen im Inland. (…)
Auch beim Höchstsatz der Einkommensteuer schneidet die Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich ungünstig ab. Schon deshalb besteht Veranlassung, die ertragsteuerliche Grenzbelastung bei solchen Betrieben zu senken, die im Bereich der Höchstsätze belastet sind. (…)”
3. Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I S. 402) und das Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2601) wurde der Grenzsteuersatz für die von der Tarifermäßigung Begünstigten von 47 v.H. (bis 1998) auf 45 v.H. (1999) und dann 43 v.H. (2000) abgesenkt. Gleichfalls wurde der Körperschaftsteuertarif für thesaurierte Gewinne (§ 23 KStG) gesenkt, nämlich mit Einführung des § 32c EStG von 50 v.H. auf 45 v.H. (1994 bis 1998) und schließlich auf 40 v.H. (1999 bis 2000). Mit dem Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (BGBl I S. 1433) wurde § 32c EStG seit 2001 durch die Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG ersetzt und der Körperschaftsteuertarif auf 25 v.H. festgelegt.
II.
Die Kläger des Ausgangsverfahrens sind Eheleute, die für das Streitjahr 1994 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Ehemann ist Alleingesellschafter einer GmbH, der er seinen Gewerbebetrieb verpachtet hat (sog. Betriebsaufspaltung). Im Streitjahr 1994 erzielte er aus der Verpachtung einen Gewinn in Höhe von 95.982,96 DM. Außerdem schüttete die GmbH an den Kläger 2.247.935 DM aus, wofür die GmbH ihm anrechenbare Körperschaftsteuer in Höhe von 963.400,71 DM bescheinigte. Die Summe dieser Beträge – 3.307.318 DM – erklärten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung 1994 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb „Verpachtungsbetrieb”) und beanspruchten die Anwendung der Tarifermäßigung nach § 32c EStG.
In seiner Gewerbesteuererklärung 1994 für den Verpachtungsbetrieb setzte der Kläger einen Gewinn in Höhe von 3.307.318 DM an und kürzte diesen nach § 9 Nr. 2a GewStG um die Gewinne aus Anteilen an der GmbH um 3.211.335 DM, so dass letztlich nur die Gewinne aus der Verpachtung (95.982,96 DM) und nicht die aus der Gewinnausschüttung und der Körperschaftsteueranrechnung im Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) als Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer berücksichtigt wurden.
1. Das im Ausgangsverfahren beklagte Finanzamt ging mit Bescheid vom 23. April 1996 davon aus, dass die Gewinnausschüttungen der GmbH sowie die Körperschaftsteueranrechnung wegen der Rückausnahme in § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG nicht tarifbegünstigt seien. Vielmehr habe der Kläger allein durch die Verpachtung des Betriebes gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 32c Abs. 2 EStG in Höhe von 95.983 DM erzielt, die aber wegen der Mindestgrenze in § 32c Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 und 5 EStG noch nicht begünstigt seien. Ein Einspruch der Kläger blieb erfolglos.
2. Das Finanzgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. September 1996 ab (veröffentlicht u.a. in FR 1997, S. 308). Die streitigen Gewinnanteile fielen offensichtlich unter den Ausschlusstatbestand in § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG. Eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG komme nicht in Betracht, da der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG überzeugt sei.
3. Der Bundesfinanzhof (X. Senat) setzte mit Beschluss vom 24. Februar 1999 (veröffentlicht u.a. in BStBl II 1999, S. 450) das Revisionsverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG aus; er begehrt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber, ob § 32c EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit vereinbar ist, als er
- die Tarifbegrenzung nach näherer Maßgabe des § 32c Abs. 2 EStG nur für gewerbliche Einkünfte gewährt, die beim Bezieher der Gewerbesteuer unterlegen haben,
- bei Gewinnen, die von einer Körperschaft – hier: im Rahmen einer Schachtelbeteiligung – ausgeschüttet werden, die Tarifbegrenzung versagt (§ 32c Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 9 Nr. 2a GewStG), obwohl diese Gewinne bei der Körperschaft der Gewerbesteuer unterlegen haben,
- die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte insoweit ausschließt, als deren Anteil am zu versteuernden Einkommen unterhalb des die Entlastung auslösenden Grenzbetrages (§ 32c Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 und Abs. 5 EStG) bleibt.
In seiner Begründung führt der X. Senat des Bundesfinanzhofs im Wesentlichen aus:
a) Zur ersten Vorlagefrage: § 32c EStG benachteilige ohne sachlich zureichenden Grund gewerbliche Beteiligungseinkünfte gegenüber solchen gewerblichen Einkünften, die unmittelbar beim Bezieher der Gewerbesteuer unterlegen hätten. Die durch die Abweichung vom Ordnungsprinzip der synthetischen Einkommensteuer indizierte Ungleichbehandlung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil eine Belastung mit der Gewerbesteuer bereits durch deren Abzug als Betriebsausgabe berücksichtigt werde.
In der Umschreibung der Einkunftsquellen (§ 2 Abs. 1 EStG) und der Summenbildung (§ 2 Abs. 3 EStG) als Ausgangsgröße für das zu versteuernde Einkommen, das die Bemessungsgrundlage für die tarifliche (§ 32a EStG) Einkommensteuer bilde (§ 2 Abs. 5 Satz 1 EStG), liege eine das Leistungsfähigkeitsprinzip quantifizierende Wertung des Gesetzgebers, dass grundsätzlich alle Wertzuflüsse qualitativ und quantitativ gleichwertig und nach gleichen Maßstäben zu belasten seien. Indem das Einkommensteuergesetz die Einkünfte zu einer Summe – synthetisch – zusammenfüge, habe es eine grundlegende steuerliche Sachgesetzlichkeit statuiert. Diese werde durchbrochen, wenn einzelne Faktoren der so ausgedrückten Fähigkeit, Steuern zu zahlen, unterschiedlich gewichtet würden. Eine Durchbrechung sei nur dann gerechtfertigt, wenn sich hierfür besondere sachliche Gründe finden ließen, die entweder eine andere „Belastbarkeit” indizierten, lenkungsrechtlicher Art seien oder das Allgemeinwohl berührten. Das sei aber bei § 32c EStG nicht der Fall.
Die Differenzierung in § 32c EStG sei insofern „tatbestandlich vorgezeichnet”, als die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugleich nach Maßgabe des § 7 GewStG der steuerbare Gewerbeertrag bei der Gewerbesteuer seien. Soweit § 32c EStG die „Sonderbelastung” gewerblicher Unternehmen mit der Gewerbesteuer ausgleichen solle, werde dieses Ziel aber nicht erreicht. Die Gewerbesteuer folge dem Objektsteuerprinzip. Das Steuerobjekt „Gewerbebetrieb” solle mit der ihm eigenen Ertragskraft ohne Rücksicht auf persönliche Merkmale des Steuersubjekts und auf dessen persönliche Beziehung zum Steuerobjekt erfasst werden. Das könne dazu führen, dass ertraglose Unternehmen infolge von Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) mit Gewerbesteuer belastet seien, nicht aber mit der Einkommensteuer. Andererseits könnten ertragsstarke Unternehmen infolge von Kürzungen (§ 9 GewStG) von der Gewerbesteuer entlastet sein, wohl aber mit der Einkommensteuer belastet werden. Der in dieser Hinsicht inkongruente Entlastungsmechanismus des § 32c EStG wirke daher nicht sachgerecht.
Es sei zwar verfassungsrechtlich zulässig, den Gewerbeertrag neben der Einkommensteuer zusätzlich mit der Gewerbesteuer zu belasten, weil es sich um jeweils verschiedene Steuergegenstände handele und deshalb keine Doppelerfassung vorliege. Dann sei es aber systemwidrig und ein Fehlgebrauch von Gestaltungsmöglichkeiten, diese Belastungsentscheidung in einem anderen Steuergesetz wieder rückgängig zu machen. Das Einkommensteuerrecht berücksichtige die Gewerbesteuer bereits durch Betriebsausgabenabzug. Eine darüber hinaus gehende „Anrechnung” von Gewerbesteuer habe letztlich die Funktion einer kompensierenden Steuererstattung und stehe außerhalb der Sachgesetzlichkeit des objektiven Nettoprinzips.
Auch als Lenkungsnorm lasse sich § 32c EStG nicht anhand der wirtschaftspolitischen Zielsetzungen des Gesetzgebers rechtfertigen. Zur Verbesserung der Bedingungen für Investitionen, zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Stärkung inländischer Wachstumskräfte wäre nur eine gesetzliche Regelung konsequent, die alle – auch außerhalb der Gewerbebetriebe – in Unternehmen investierten Gewinne begünstige.
Aussagen über ein steuerlich motiviertes Investitionsverhalten von Unternehmern seien weitgehend spekulativ. Generelle Prognosen darüber, ob durch Steuersenkungen gemehrtes Eigenkapital inländisches Wachstum bewirke oder zum „global play” verwendet werde, seien wenig verlässlich. Es könne zwar zur Erreichung der wirtschaftspolitischen Ziele (Abbau von Investitionshemmnissen, Erhalt produktiver Arbeitsplätze anstatt Erwerb risikofreier oder geographisch nicht gebundener Kapitalanlagen) sinnvoll sein, thesaurierte Gewinne zu privilegieren, ausgeschüttete Gewinne aber höher zu besteuern. Das werde jedoch von § 32c EStG nicht angestrebt und habe auch im Tatbestand keinen Niederschlag gefunden. Vielmehr sei die Begünstigung durch § 32c EStG unabhängig davon, ob der Gewinn entnommen und konsumiert oder für Investitionen und zur Schaffung von Arbeitsplätzen verwendet werde. Die Förderung von zu beliebigen Zwecken – auch zum Konsum – verwendeten Gewinnen betreffe kein Spezifikum der gewerblichen Einkünfte. Der Gesetzgeber werde kaum darauf abgestellt haben, dass gerade die begünstigten Gewerbetreibenden mit ihrem Konsum das Wirtschaftswachstum stärken. Vor allem gelte diese Überlegung – Stärkung der Binnennachfrage durch Senkung des Steuersatzes – für alle Einkunftsarten; eine auf eine Einkunftsart beschränkte Entlastung sei nicht sachgerecht. Nicht bedacht sei ferner, dass gewerbliche Betriebe unter Umständen gerade deshalb unter der Begünstigungsgrenze (§ 32c Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 und 5 EStG) liegende Gewinne erwirtschafteten, weil sie Arbeitsplätze geschaffen hätten.
Selbst wenn man einen positiven investitions- und arbeitsmarktpolitischen Effekt der Tarifspreizung unterstelle, sei tatbestandlich nicht berücksichtigt, dass auch Freiberufler und Landwirte Arbeitsplätze schüfen. Sogar der Entwurf des Standortsicherungsgesetzes (BTDrucks 12/4158, S. 25) gehe davon aus, dass (nur) 70 v.H. aller privaten Arbeitsplätze von gewerblichen Unternehmen gehalten würden. Daraus eine „Schlüsselstellung” der Gewerbebetriebe für die Beschäftigungsentwicklung in Deutschland abzuleiten, sei selbst für eine grob typisierende steuerliche Unterscheidung nicht tragfähig.
Die Versagung einer Tarifbegünstigung für ertragsschwache Gewerbetreibende (wie auch allgemein für die Bezieher anderer Einkünfte) lasse sich auch nicht mit dem Gedanken einer Sonderbelastung zugunsten des „Aufbaus Ost” rechtfertigen. Insoweit enthalte das Gesetz über die Erhebung eines Solidaritätszuschlags eine abschließende und alle Steuerpflichtigen gleichmäßig belastende Sonderregelung.
b) Zur zweiten Vorlagefrage: Der Ausschlusstatbestand in § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 9 Nr. 2a GewStG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil ohne hinreichende Rechtfertigung Beteiligungseinkünfte gegenüber solchen gewerblichen Einkünften benachteiligt würden, die unmittelbar beim Bezieher der Gewerbesteuer unterlegen hätten. Der Ausschlusstatbestand (§ 32c Abs. 2 Satz 2 EStG) trage durch die Bezugnahme auf § 9 Nr. 2a GewStG dem Umstand Rechnung, dass die Gewerbeerträge einer Schachtelbeteiligung beim Besitzunternehmen (Ausschüttungsempfänger) von der Gewerbesteuer entlastet würden. § 9 Nr. 2a GewStG bewirke jedoch nur, dass eine zweifache Belastung des nämlichen Gewerbeertrags – bei dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen (ausschüttende Kapitalgesellschaft) – beseitigt werde. Durch den Ausschlusstatbestand bleibe daher unberücksichtigt, dass die gegenständlichen Beteiligungseinkünfte bereits mit der Gewerbesteuer der ausschüttenden Körperschaft vorbelastet seien. Eine solche Betrachtung widerspreche der Belastungsentscheidung, die der Gesetzgeber mit dem Anrechnungsverfahren im Körperschaftsteuergesetz 1977 getroffen habe, das auf eine einkommensteuerliche Gleichstellung der ausgeschütteten Gewinne mit den einzel- und den mitunternehmerischen Einkünften ausgerichtet sei. Es komme zur Ungleichbehandlung, obwohl durch § 32c EStG gerade steuerliche Wettbewerbsverzerrungen zwischen Körperschaften und Personenunternehmen beseitigt werden sollten (BTDrucks 12/4158, S. 24). Für diese Benachteiligung der ausgeschütteten Gewinne gebe es keine Rechtfertigung.
Keine Rechtfertigung sei die zivilrechtliche „Undurchlässigkeit” der juristischen Person, da die gesetzliche Belastungsentscheidung gerade durch das Anrechnungsverfahren bei den ausgeschütteten Gewinnen von einem „Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft” ausgehe. Der Senat folge der Auffassung nicht, dass Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften aufgrund ihrer Rechtsform und der sich daraus ergebenden Unterschiede nicht vergleichbar seien. Die Vergleichbarkeit bestehe zumindest für die an Anteilseigner von Körperschaften ausgeschütteten Gewinne mit Gewinnen aus Personenunternehmen, die deren Inhabern unmittelbar zugerechnet würden. Rechtsformabhängige Steuerfolgen seien am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG zu prüfen, wenn das Gesetz selbst den Gegensatz von Körperschaft und natürlicher Person aufhebe. Aus dem Gebot einer rechtsformneutralen Besteuerung folge, dass aufgrund einer Beurteilung des durch die Gesamtregelung hergestellten Belastungserfolgs gleiche wirtschaftliche, wenn auch rechtstechnisch verschieden ausgestaltete Vorgänge gleich zu behandeln seien.
c) Zur dritten Vorlagefrage: Gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße auch, dass gewerbliche Einkünfte unterhalb des Grenzbetrages des § 32c Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 und 5 EStG von der Tarifbegünstigung ausgeschlossen seien. Die Doppelbelastung mit Einkommen- und Gewerbesteuer wirke sich auch bei dem Großteil der Steuerpflichtigen aus, deren gewerbliche Einkünfte unterhalb des Grenzbetrages lägen.
Das lasse sich nicht dadurch rechtfertigen, dass diese Steuerpflichtigen bereits gewerbesteuerrechtlich durch die Tarifgestaltung und den Freibetrag begünstigt seien. Denn Staffeltarif (§ 11 Abs. 2 GewStG) und Freibetrag (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG) stünden auch den Einzel- und Personenunternehmen zu, die mit ihren gewerblichen Einkünften über der Höchstgrenze des § 32c Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG lägen und insoweit von der Tarifbegrenzung in § 32c EStG profitierten. Gerade für gewinnschwache Unternehmen, die zusätzlich von der Verschlechterung der Abschreibungsmöglichkeiten als Maßnahme der Gegenfinanzierung betroffen seien, bleibe die Sonderbelastung mit der Gewerbesteuer ungemildert erhalten. Dass diesen Gewerbetreibenden durch das Standortsicherungsgesetz eine Ansparabschreibung (§ 7g Abs. 3 bis 5 EStG) gewährt werde, könne wegen der anders gearteten und damit nicht kohärenten Entlastungswirkung die Sonderbelastung mit der Gewerbesteuer verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen.
Die dem § 32c Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 und 5 EStG offenbar zugrunde liegende Auffassung, Bezieher hoher Einkommen bedürften in besonderem Maße einer steuerlichen Entlastung, widerspreche der systemprägenden Grundentscheidung des Einkommensteuergesetzes für einen progressiv gestalteten Tarif. Mit dessen Einführung habe der Gesetzgeber festgelegt, dass im Sinne der verhältnismäßigen Gleichheit der wirtschaftlich Leistungsfähigere einen höheren Prozentsatz seines Einkommens als Steuer zu zahlen habe als der wirtschaftlich Schwächere. Dies erfordere grundsätzlich, dass Entlastungen, sollen sie gleichheitsgerecht sein, sich für alle Steuerpflichtigen in direkter Abhängigkeit vom progressiven Verlauf des Tarifs auswirkten. Sei mit der Festlegung des progressiven Tarifverlaufs „vertikal” eine gleichheitskonkretisierende Entscheidung getroffen, verwehre die Sachgesetzlichkeit des Tarifs den Hinweis darauf, dass der Bezieher eines niedrigen Einkommens mit „seiner” tariflichen Einkommensteuer weniger stark belastet sei als der dem Grenzsteuersatz unterliegende Spitzenverdiener und deswegen an einer Entlastung nicht teilhaben müsse.
d) Die Vorlagefragen seien für den anhängigen Streitfall entscheidungserheblich. Der Kläger sei durch den gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss seiner Beteiligungseinkünfte aus der GmbH von der Tarifermäßigung unmittelbar von § 32c EStG betroffen (Vorlagefragen 1 und 2). Seine gewerblichen Einkünfte seien insgesamt nicht begünstigt, weil seine Beteiligungseinkünfte (§ 9 Nr. 2a GewStG) nicht in den Bemessungsbetrag für die begünstigten Einkünfte (§ 32c Abs. 2 EStG) eingeflossen seien und daher die Kappungsgrenze (§ 32c Abs. 1 i.V.m. Abs. 4, 5 EStG) nicht erreichten (Vorlagefrage 3).
Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen könne nicht unter dem Gesichtspunkt verneint werden, dass der Kläger eine Begünstigung der hier fraglichen Einkünfte für das Streitjahr nicht erreichen könne. Es genüge vielmehr, dass eine Beanstandung der zur Prüfung gestellten Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen halte, an einer Erweiterung der begünstigenden Regelung teilzuhaben. Die Grenze sei erst erreicht, wenn die Einbeziehung des Klägers in den begünstigten Personenkreis „schlechthin ausgeschlossen” erscheine. Denkbar sei aber eine Neuregelung, die dem Begehren des Klägers im Rahmen des budgetmäßigen Gestaltungsspielraums durch eine Ausweitung des Begünstigungstatbestandes zumindest teilweise Rechnung trage. Im Streitfall gehe es nicht darum, dass durch § 32c EStG Dritte begünstigt würden, sondern um die Benachteiligung des Klägers im Verhältnis zu diesen Dritten. Fragen des Tarifverlaufs und der Grenzbelastung seien nicht nur ein Problem der Belastung einzelner Steuerpflichtiger, sondern der gleichheitsgerechten Verteilung. Insofern müsse es dem nicht privilegierten Steuerpflichtigen möglich sein, einen gleichheitswidrigen Steuereingriff abzuwehren, solange vergleichbare Personengruppen nicht in gleicher Weise belastet würden. Die Privilegierung bestimmter gewerblicher Einkünfte gehe notwendig einher mit einer Belastung der übrigen Einkünfte. Eine dem Gleichheitssatz entsprechende Aufhebung der Tarifspreizung würde eine andere Verteilung der Steuerlast ermöglichen, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch dem Kläger zugute käme.
III.
Zum Verfahren haben die Kläger des Ausgangsverfahrens, der III., IV., VI., IX. und XI. Senat des Bundesfinanzhofs und namens der Bundesregierung das Bundesministerium der Finanzen Stellung genommen.
1. Nach Auffassung der Kläger ist die Vorlage entscheidungserheblich, weil die Belastung der Kläger zumindest gemindert werden könnte, wenn nicht § 32c EStG insgesamt, sondern allein der Ausschlusstatbestand in § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG für verfassungswidrig erklärt würde. Darüber hinaus bestehe zumindest die Chance, dass bei einer Verfassungswidrigkeit des § 32c EStG die steuerliche Belastung für die Kläger herabgesetzt werde.
2. Der III., IV., VI., IX. und XI. Senat des Bundesfinanzhofs stimmen dem Vorlagebeschluss des X. Senats sowohl hinsichtlich des Ergebnisses als auch hinsichtlich der tragenden Gründe im Wesentlichen zu.
3. Nach Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen kann dem Bundesfinanzhof nicht gefolgt werden. Hinsichtlich aller drei Vorlagefragen liege kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor:
a) Zur ersten Vorlagefrage: Eine gesetzgeberische Entscheidung für eine synthetische Einkommensteuer – wie sie vom Bundesfinanzhof in Verfassungsrang erhoben werde – gebe es nicht. Vielmehr dürfe der Gesetzgeber die Besteuerung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb an den gesamtwirtschaftlichen Anforderungen an das Betriebsvermögen und die Betriebserträge ausrichten und entsprechend differenzieren. Da die Besteuerung des Betriebsvermögens arbeitsplatzrelevant sei, bestehe insoweit ein Gestaltungsspielraum. Ein zu berücksichtigender Faktor sei die Problematik der Verlagerung der Besteuerungsobjekte ins Ausland. Für den Gesetzgeber sei die Senkung des Körperschaftsteuersatzes für einbehaltene Gewinne wesentlich gewesen, was aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit eine entsprechende Verringerung der Einkommensteuerbelastung der gewerblichen Einkünfte unabdingbar gemacht habe.
Die Zusatzbelastung der gewerblichen Einkünfte durch die Gewerbesteuer dürfe bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden, da für die verfassungsrechtliche Beurteilung am Maßstab der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Gesamtbelastung durch Steuern betrachtet werden müsse. Bei § 32c EStG habe der Gesetzgeber seine Typisierungsbefugnis nicht überschritten. Durch die Regelung werde die bei einem Zusammentreffen von Einkommen- und Gewerbesteuer typischerweise zustande kommende Sonderbelastung durch einen Tarifabschlag bei der Einkommensteuer teilkompensiert. § 32c EStG schaffe somit einen teilweisen Ausgleich der Zusatzbelastung der gewerblichen Einkünfte und wirke damit deren Benachteiligung entgegen.
b) Zur zweiten Vorlagefrage: Entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs liege keine Benachteiligung der Beteiligungseinkünfte darin, dass ausgeschüttete Gewinne einer Kapitalgesellschaft nach § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 9 Nr. 2a GewStG beim Anteilseigner nicht der Tarifermäßigung unterlägen. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete nicht, ausgeschüttete Gewinne einer Körperschaft nur einmal, und zwar beim Anteilseigner, zu besteuern. § 32c EStG wolle die Einkommensteuer nur für solche Gewinne ermäßigen, die beim Steuerpflichtigen selbst gewerbesteuerpflichtig seien. Durch den Ausschlusstatbestand würden alle ausgeschütteten Gewinne gleichgestellt, unabhängig davon, ob diese beim Anteilseigner als gewerbliche Einkünfte oder als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu qualifizieren seien.
Jedenfalls bestünden hinreichende sachliche Gründe für die gesetzliche Ausgestaltung. Die Kapitalgesellschaft sei ein eigenständiges Rechts- und Steuersubjekt. Die Gewerbesteuer ziele bei Kapitalgesellschaften nicht auf eine Besteuerung des Anteilseigners ab, sondern auf den Inhaber des Gewerbebetriebes, die juristische Person (Definitivbesteuerung). Vermieden werde durch die Kürzung (§ 9 Nr. 2a GewStG) lediglich eine Doppelbelastung mit Gewerbesteuer durch eine zusätzliche (Gewerbe-)Besteuerung, wenn die Beteiligung eine Mindestquote von 10 v.H. erreiche (gewerbesteuerliches Schachtelprivileg).
Aus den Besonderheiten des Anrechnungsverfahrens ergebe sich nichts anderes. Diese Belastungsentscheidung zwinge den Gesetzgeber gerade nicht, die Belastung ausgeschütteter Gewinne mit der Gewerbesteuer der Körperschaft bei der Einkommensbesteuerung des Anteilseigners zu berücksichtigen. Das Anrechnungsverfahren habe die rechtliche Verselbständigung der Körperschaften nicht aufgegeben, sondern basiere auf dieser und bezwecke, die hieraus folgende Doppelbelastung mit Körperschaft- und Einkommensteuer zu vermeiden. In den Gesetzesmotiven zur Einführung des Anrechnungsverfahrens (BTDrucks 7/1470, S. 326 ff.) habe der Gesetzgeber ausdrücklich dargelegt, dass die Beibehaltung der Körperschaftsteuer für die Einkommensbesteuerung der juristischen Personen unerlässlich sei. Es bestehe auch unter Geltung des Anrechnungsverfahrens ein „Abschirmeffekt”, der daraus folge, dass Kapitalgesellschaften und Anteilseigner jeweils selbständige Steuersubjekte seien.
c) Zur dritten Vorlagefrage: Es sei kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die Tarifermäßigung nur solchen Gewerbetreibenden zugute komme, deren gewerbliche Einkünfte oberhalb der Kappungsgrenze lägen. Vielmehr werde innerhalb der Gruppe der Gewerbetreibenden lediglich die obere Progressionszone des Tarifes gekappt.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlage ist zulässig.
Der X. Senat des Bundesfinanzhofs hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 32c EStG ausreichend dargelegt. Die Vorlage ist auch hinsichtlich aller drei Vorlagefragen entscheidungserheblich. Der X. Senat des Bundesfinanzhofs hat nachvollziehbar und deshalb für das Bundesverfassungsgericht bindend dargelegt, dass er bei der Gültigkeit oder Ungültigkeit der Norm zu jeweils unterschiedlichen Ergebnissen kommen müsse (vgl. BVerfGE 110, 94 ≪110 f.≫; 110, 412 ≪429 f.≫; 112, 268 ≪277≫).
Die Nachvollziehbarkeit der Ausführungen des Bundesfinanzhofs ergibt sich insbesondere aus dem systematischen Zusammenhang der drei Vorlagefragen im Hinblick auf § 32c EStG:
Wäre allein der Ausschluss der Tarifbegünstigung (§ 32c Abs. 2 Satz 2 EStG) verfassungswidrig (zweite Vorlagefrage), läge es nahe, die Begünstigung auf die im Streitfall gegenständlichen Beteiligungseinkünfte auszudehnen. Auf jeden Fall würde dem Kläger dann die Chance offen gehalten, an der Begünstigung teilzuhaben (vgl. BVerfGE 74, 182 ≪195≫; 93, 386 ≪395≫) und einen gleichheitswidrigen Steuereingriff abzuwehren.
Aus der Entscheidungserheblichkeit der zweiten Vorlagefrage folgt zwangsläufig die Entscheidungserheblichkeit der ersten und der dritten.
C.
Der Auffassung des Bundesfinanzhofs kann hinsichtlich aller drei Vorlagefragen in der Sache nicht gefolgt werden. § 32c EStG war, soweit er hier zur Prüfung gestellt ist, mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
I.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 112, 268 ≪279≫; stRspr). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfGE 110, 412 ≪431≫). Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfGE 112, 164 ≪174≫ m.w.N.). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfGE 110, 274 ≪291≫; 112, 164 ≪174≫ m.w.N.).
2. Im Bereich des Steuerrechts, insbesondere des Einkommensteuerrechts, wird die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (BVerfGE 105, 73 ≪125≫; 107, 27 ≪46≫; 110, 412 ≪433≫). Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Besteuerung niedrigerer Einkommen angemessen ausgestaltet werden muss (vgl. BVerfGE 107, 27 ≪47≫; 112, 268 ≪279≫ jeweils m.w.N.). Dabei muss eine gesetzliche Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne von Belastungsgleichheit umgesetzt werden (vgl. BVerfGE 107, 27 ≪47≫ m.w.N.). Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 99, 88 ≪95≫; 99, 280 ≪290≫; 105, 73 ≪126≫; 107, 27 ≪47≫).
Bei der Einkommensteuer liegt die konkrete Ausgestaltung eines für alle Einkünfte geltenden Tarifs grundsätzlich im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, soweit auch im oberen Bereich den Steuerpflichtigen nach Abzug der Steuerbelastung ein – absolut und im Vergleich zu anderen Einkommensgruppen betrachtet – hohes, frei verfügbares Einkommen bleibt, das die Privatnützigkeit des Einkommens sichtbar macht (Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2006 – 2 BvR 2194/99 –, NJW 2006, S. 1191 ≪1194≫; zur verfassungsrechtlichen Problematik von Progressionssprüngen vgl. BVerfGE 87, 153 ≪170≫). Wählt der Gesetzgeber für verschiedene Arten von Einkünften unterschiedliche Tarifverläufe, obwohl die Einkünfte nach der gesetzgeberischen Ausgangsentscheidung die gleiche Leistungsfähigkeit repräsentieren (sog. Schedulenbesteuerung), muss diese Ungleichbehandlung besonderen Rechtfertigungsanforderungen genügen. Allein die systematische Unterscheidung zwischen verschiedenen Einkunftsarten (vgl. § 2 Abs. 1 EStG) genügt dafür nicht (vgl. BVerfGE 84, 348 ≪363 f.≫; 96, 1 ≪6≫; 99, 88 ≪95≫; 105, 73 ≪126≫). Vielmehr gelten für Sondertarife keine geringeren Rechtfertigungsanforderungen als für Durchbrechungen des objektiven Nettoprinzips, die durch besondere sachliche Gründe gerechtfertigt werden müssen (vgl. BVerfGE 107, 27 ≪48≫; vgl. auch BVerfGE 99, 280 ≪290≫). Im Hinblick auf die Belastungsgleichheit macht es keinen Unterschied, ob Einkünfte, die die gleiche Leistungsfähigkeit repräsentieren, in unterschiedlicher Höhe in die Bemessungsgrundlage einfließen oder ob sie einem unterschiedlichen Tarif unterworfen werden.
3. Ob die herangezogenen Rechtfertigungsgründe den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, lässt sich nicht unabhängig von den konkret bewirkten Ungleichbehandlungen beurteilen. Führt eine Norm zur Ungleichbehandlung mehrerer Vergleichsgruppen, muss die Ungleichbehandlung bezogen auf die jeweilige Vergleichsgruppe durch einen hinreichenden sachlichen Grund gerechtfertigt werden. Lassen sich die einzelnen Ungleichbehandlungen nur durch unterschiedliche Gründe rechtfertigen, dürfen diese Gründe zueinander nicht in Widerspruch stehen, sondern müssen innerhalb eines vertretbaren gesetzgeberischen Konzepts aufeinander abgestimmt sein. Im Übrigen gilt:
a) Ungleiche Belastungen durch konkretisierende Ausgestaltung der steuerrechtlichen Grundentscheidungen können nicht schon allein mit dem Finanzbedarf des Staates oder einer knappen Haushaltslage gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 6, 55 ≪80≫; 19, 76 ≪84 f.≫; 82, 60 ≪89≫; vgl. ferner BVerfGE 105, 17 ≪45≫). Auch wenn der Staat auf Einsparungsmaßnahmen angewiesen ist, muss er auf die gerechte Verteilung der Lasten achten (BVerfGE 82, 60 ≪89≫).
b) Der Steuergesetzgeber ist jedoch grundsätzlich nicht gehindert, nichtfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls zu verfolgen (vgl. BVerfGE 93, 121 ≪147≫; 99, 280 ≪296≫; 105, 73 ≪112≫). Dann aber muss der Förderungs- und Lenkungszweck von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen (vgl. BVerfGE 105, 73 ≪112 f.≫; 110, 274 ≪293≫) und gleichheitsgerecht ausgestaltet sein (vgl. BVerfGE 93, 121 ≪148≫; 99, 280 ≪296≫; 110, 274 ≪293≫). Dabei ist dem Gesetzgeber hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Diagnose und Prognose sowie bei der Wahl sachgerechter Mittel, insbesondere auch bei der Antwort auf die Frage, wie der Kreis der Begünstigten sachgerecht abzugrenzen ist, ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum einzuräumen; das gilt für direkte und auch für indirekte (steuerliche) Subventionen (vgl. BVerfGE 110, 274 ≪293≫; vgl. auch BVerfGE 81, 156 ≪189, 191 ff.≫ zu belastenden Berufsausübungsregelungen).
c) Unabhängig davon, ob mit einer Steuernorm allein Fiskalzwecke oder auch Förderungs- und Lenkungsziele verfolgt werden, ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung zu beachten: Jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern (BVerfGE 96, 1 ≪6≫; 99, 280 ≪290≫; 105, 73 ≪127≫). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt (BVerfGE 78, 214 ≪226 f.≫ m.w.N.; 82, 126 ≪151 f.≫; 99, 280 ≪290≫; 105, 73 ≪127≫; vgl. auch BVerfGE 96, 1 ≪6≫). Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfGE 84, 348 ≪359≫ m.w.N.; 99, 280 ≪290≫; 105, 73 ≪127≫). Er darf jedoch für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zu Grunde legen (BVerfGE 112, 164 ≪180 f.≫; 112, 268 ≪280 f.≫ jeweils m.w.N.).
II.
§ 32c EStG war mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit vereinbar, als er die Tarifbegrenzung nach Maßgabe des § 32c Abs. 2 EStG nur für gewerbliche Einkünfte gewährt, die beim Bezieher der Gewerbesteuer unterlegen haben (erste Vorlagefrage), und die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte insoweit ausschließt, als deren Anteil am zu versteuernden Einkommen unterhalb des die Entlastung auslösenden Grenzbetrags (§ 32c Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 und Abs. 5 EStG) bleibt (dritte Vorlagefrage). Die Ungleichbehandlungen der begünstigten Steuerpflichtigen sind sowohl im Verhältnis zu allen Beziehern nicht gewerblicher Einkünfte (1.) als auch im Verhältnis zu den nicht begünstigten Beziehern gewerblicher Einkünfte unterhalb der Kappungsgrenze (2.) durch besondere sachliche Gründe gerechtfertigt. Verfassungsrechtlich hinreichend begründet ist auch der Ausschluss der Tarifbegrenzung gemäß § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 9 Nr. 2a GewStG (III., zweite Vorlagefrage).
1. a) Der Sondertarif des § 32c EStG führt zu einer rechtfertigungsbedürftigen Benachteiligung solcher Einkunftsarten, die nicht von diesem Sondertarif erfasst werden. Die Tarifkappung ist so ausgestaltet, dass die begünstigten gewerblichen Einkünfte anteilig im zu versteuernden Einkommen mit einem Steuersatz von 47 v.H. belastet werden (vgl. § 32c Abs. 1, 4 EStG), während es bei nicht begünstigten Einkünften in gleicher Höhe zu Grenzbelastungen bis 53 v.H. kommt. Durch § 32c EStG privilegiert werden die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen Einkünfte, die die Schwelle für den Grenzsteuersatz von 47 v.H. überschreiten, was im Streitjahr 1994 der Fall war, wenn die gewerblichen Einkünfte die Summe von 100.278 DM (Grundtarif) bzw. 200.556 DM (Splittingtarif) erreichten. Benachteiligt sind demnach alle Einkünfte ab 100.278 DM (Grundtarif) bzw. 200.556 DM (Splittingtarif), die im Rahmen einer anderen Einkunftsart (vgl. § 2 Abs. 1 EStG) zufließen oder die trotz ihrer Gewerblichkeit ausnahmsweise nicht unter § 32c EStG fallen. Letzteres betrifft auch die Beteiligungseinkünfte im Sinne des § 9 Nr. 2a GewStG (unter III.).
b) Die Ungleichbehandlung der durch § 32c EStG entlasteten Steuerpflichtigen im Verhältnis zu den Beziehern nicht gewerblicher Einkünfte findet ihre Rechtfertigung in dem Anliegen, Zusatzbelastungen durch die Gewerbesteuer zu kompensieren, sowie in dem dem Standortsicherungsgesetz zugrunde liegenden Konzept wirtschaftspolitischer Förderungs- und Lenkungszwecke.
Die Ungleichbehandlung lässt sich allerdings nicht mit dem Argument rechtfertigen, dass eine allgemeine Tarifsenkung finanz- und haushaltspolitisch nicht finanzierbar gewesen wäre. Dagegen bildet die Kompensation einer Zusatzbelastung durch die Gewerbesteuer (vgl. jeweils BTDrucks 12/4487, S. 25) einen hinreichenden Grund für die Ungleichbehandlung, soweit die bei der Einkommensteuer begünstigten Einkünfte zugleich mit der Gewerbesteuer belastet sind und durch die Entlastung bei der Einkommensteuer keine Überkompensation der Gewerbesteuerbelastung entsteht. Eine solche Überkompensation tritt nur in seltenen Ausnahmefällen ein; insoweit ist die Ungleichbehandlung durch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Verfolgung wirtschaftspolitischer Ziele gerechtfertigt. – Als ergänzender Rechtfertigungsgrund treten wirtschaftspolitische Förderungs- und Lenkungsziele hinzu.
aa) Für ein an der Leistungsfähigkeit ausgerichtetes Einkommensteuerrecht reicht die Berücksichtigung der tatsächlichen Gewerbesteuerbelastung lediglich als Abzug von der Bemessungsgrundlage aus. Die Gewerbesteuerbelastung ist in der Perspektive des Einkommensteuerrechts notwendige Voraussetzung für das Erzielen von Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), also durch den Betrieb eines Gewerbes veranlasst (§ 4 Abs. 4 EStG). Jede weitere einkommensteuerliche Begünstigung der Gewerbetreibenden ist im Rahmen der Ausrichtung der Einkommensbesteuerung am Leistungsfähigkeitsprinzip in seiner konkreten gesetzlichen Ausgestaltung als objektives Nettoprinzip nicht erforderlich.
Der Gesetzgeber darf jedoch die Zusatzbelastung der Gewerbetreibenden bei der Einkommensteuer aus wirtschaftspolitischen Gründen oder zur Erreichung einer möglichst eigentumsschonenden Besteuerung nach Maßgabe des Art. 14 GG (vgl. Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O., S. 1193 ff.) berücksichtigen, wenn ihm eine Gesamtbelastung durch die Einkommen- und Gewerbesteuer bei Gewerbetreibenden gegenüber Nicht-Gewerbetreibenden zu hoch erscheint (im Ergebnis auch Groh, FR 1998, S. 1122 ≪1122 f.≫; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 119; Paus, BB 1994, S. 2389 ≪2392≫; a.A. Gorski, DStZ 1993, S. 613 ≪614≫; Gosch, DStR 1994, Beihefter 6, S. 3 ≪5≫; Glanegger, in: Schmidt, EStG, 20. Aufl. 2001, § 32c Rn. 2; Weber-Grellet, DB 1999, S. 995 ≪996≫). Gegenteiliges ergibt sich weder aus den steuersystematischen Unterschieden zwischen der Einkommen- und Gewerbesteuer noch aus dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.
(1) Zweifellos bestehen erhebliche steuersystematische Unterschiede zwischen Einkommen- und Gewerbesteuer (vgl. Hüttemann, DStJG 23 ≪2000≫, S. 127 ≪134≫; Lang, StbJb 1993/94, S. 9 ≪18≫; Seer, StuW 1993, S. 114 ≪137≫; M. Wendt, FR 1997, S. 298 ≪300≫). Die Einkommensteuer belastet das zu versteuernde Einkommen einer Person. Als eine Personensteuer, die an der finanziellen Leistungsfähigkeit einer natürlichen Person ausgerichtet ist, berücksichtigt sie bei der Bildung der Bemessungsgrundlage nach dem subjektiven Nettoprinzip folgerichtig auch existenzsichernde Aufwendungen des Steuerpflichtigen für sich und seine Familie. Dagegen spielen die persönlichen Verhältnisse des Inhabers eines Gewerbebetriebs bei der Gewerbesteuer keine Rolle. Die Bemessungsgrundlage bildet allein der Gewerbeertrag (§ 7 GewStG), der zwar an den gleichen Gewinn wie das Einkommensteuerrecht anknüpft, diesen aber durch objektsteuertypische Elemente zu einem Gewerbeertrag modifiziert, insbesondere durch Hinzurechnungen und Kürzungen (§§ 8, 9 GewStG). Insoweit konkretisiert sich auch die Leistungsfähigkeit in beiden Steuergegenständen unterschiedlich: Bei der Einkommensteuer zeigt sich die Leistungsfähigkeit in der individuellen Zahlungsfähigkeit des Steuerpflichtigen selbst und bei der Gewerbesteuer in der objektivierten Ertragskraft des Gewerbebetriebs.
Maßgeblich für das Ziel, die Gesamtbelastung der gewerblichen Einkünfte zu reduzieren, ist aber nicht die systematische Ausgestaltung der einzelnen Steuern, sondern ihre Belastungswirkung für die betroffenen Gewerbetreibenden. Entscheidend ist, dass Einkommen- und Gewerbesteuer gleichermaßen an das ertragswirksame Betreiben eines Gewerbebetriebs anknüpfen und damit ein und derselbe wirtschaftliche Lebenssachverhalt durch zwei Steuern – doppelt – belastet wird. Zwar hat der für die Gewerbesteuer zuständige Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts für die frühere Ausgestaltung der Gewerbesteuer keinen Gleichheitsverstoß darin gesehen, dass sie neben einer auch auf gewerbliche Einkünfte anfallenden Einkommensteuer erhoben wird (vgl. BVerfGE 21, 54 ≪63≫ m.w.N.; 26, 1 ≪8, 9≫; 46, 224 ≪233≫; vgl. auch die Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1998 – 1 BvL 10/98 –, NJW 1999, S. 2581; vom 17. Dezember 1998 – 1 BvL 19/98 –, INF 1999, S. 575; dagegen wiederum die Richtervorlage ≪1 BvL 2/04≫ des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 21. April 2004 – 4 K 317/91 –, EFG 2004, S. 1065 ff., und ergänzend vom 14. April 2005, EFG 2005, S. 1417 ff.). Daraus folgt aber nicht, dass es dem Gesetzgeber angesichts der faktischen Belastungskumulation verfassungsrechtlich versagt wäre, die Gewerbesteuerbelastung bei der Einkommensteuer – über den Betriebsausgabenabzug hinaus – steuermindernd zu berücksichtigen. Die dann entstehende Abweichung vom System bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der Einkommensteuer begründet allein keinen Verfassungsverstoß.
(2) Auch ein Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. BVerfGE 98, 83 ≪100 ff.≫; 98, 106 ≪125 ff.≫; 108, 169 ≪181 f.≫) steht einer Berücksichtigung der Gewerbesteuerbelastung bei der Einkommensteuer nicht entgegen. Das insoweit hier allein in Betracht zu ziehende Hebesatzrecht der Gemeinden auf eine wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG) wird durch die zur Prüfung gestellte Regelung offensichtlich nicht ausgehöhlt.
bb) Allein aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Gewerbesteuerbelastung bei der Einkommensteuer – über einen Betriebsausgabenabzug hinaus – aus wirtschaftspolitischen Gründen steuermindernd berücksichtigen darf, folgt nicht, dass jede Kompensationsregelung den Anforderungen des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) genügt. Vielmehr erfordert eine vom Gesetzgeber erkennbar gewollte Kompensation steuerrechtlicher Vor- und Nachteile eine folgerichtige Ausgestaltung des Vergünstigungstatbestands im Sinne hinreichender gegenseitiger Abstimmung (vgl. BVerfGE 105, 73 ≪112 f.≫; enger Hey, AöR 128 ≪2003≫, S. 226 ≪241 ff.≫). Dafür, was danach als „hinreichend” zu werten ist, gelten die allgemeinen Prüfungs- und Kontrollmaßstäbe des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG.
(1) In der Vergleichsgruppe der Bezieher von nach § 32c EStG begünstigten Einkünften im Verhältnis zu nicht begünstigten Einkünften anderer Einkunftsarten in gleicher Höhe reicht allein die Mehrbelastung durch die Gewerbesteuer als Rechtfertigungsgrund aus, soweit es durch § 32c EStG nicht zu einer Überkompensation des gewerbesteuerlichen Belastungsnachteils kommt.
(2) Weiterer Rechtfertigungsbedarf besteht bei dieser Vergleichsgruppe der nicht gewerblichen Einkunftsarten nur im Fall einer Überkompensation der Gewerbesteuerbelastung durch § 32c EStG. Solche Überkompensationen können entstehen, wenn die Minderung der einkommensteuerlichen Zahllast größer ist als die zugleich durch die Gewerbesteuer begründete Zahllast – entweder aufgrund der konkreten Ausgestaltung des Bemessungsbetrages in § 32c Abs. 2 EStG oder aufgrund eines besonders niedrigen Gewerbesteuerhebesatzes einer Gemeinde (im Streitjahr 1994 bei einem Hebesatz von 200 v.H. und niedriger).
(a) Der Bemessungsbetrag für gewerbliche Einkünfte (§ 32c Abs. 2 EStG) zielt grundsätzlich darauf ab, nur solche Einkünfte zu privilegieren, die auch mit der Gewerbesteuer belastet sind. Zwar knüpft § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht an den Gewerbeertrag an, der zur Bildung des Gewerbesteuermessbetrages (§ 11 GewStG) herangezogen wird. Vielmehr werden zunächst die Gewinne und Gewinnanteile erfasst, die nach § 7 oder § 8 Nr. 4 GewStG der Gewerbesteuer unterliegen. In einem zweiten Schritt schließt § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG jedoch solche gewerblichen Einkunftsteile von der Begünstigung aus, die aufgrund der Kürzungen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3, Nrn. 2a, 3, 5, 7 und 8 GewStG nicht unmittelbar bei der einkommensteuerpflichtigen Person mit der Gewerbesteuer belastet sind. Rechtfertigungsbedürftig ist unter diesem Aspekt nur, dass die Begünstigung nicht in allen Fällen ausgeschlossen wird, in denen keine unmittelbare Gewerbesteuerbelastung entsteht. Das ist der Fall, soweit die von der Ausnahme (§ 32c Abs. 2 Satz 2 EStG) ausdrücklich nicht erfassten Kürzungen in § 9 Nr. 1 Satz 1, Nrn. 2, 2b, 4 und 6 GewStG einschlägig sind. Ob sich für diese Konstellationen weitere Rechtfertigungsgründe finden lassen (vgl. etwa die Erwägungen von Glanegger, in: Schmidt, EStG, 20. Aufl. 2001, § 32c Rn. 19; M. Wendt, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG ≪186. Lieferung, Stand: November 1996≫, § 32c Anm. 51), kann der Senat offen lassen. Sie betreffen weder die Grundentscheidung für die Tarifermäßigung in § 32c EStG noch deren folgerichtige Ausgestaltung unter dem nach der zweiten Vorlagefrage entscheidenden Aspekt der Benachteiligung durch Ausschluss der Beteiligungseinkünfte (§ 32c Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 9 Nr. 2a GewStG).
(b) Von einer Überkompensation, die dadurch entsteht, dass eine Gemeinde keine oder nur eine besonders niedrige Gewerbesteuer erhebt, konnten unter § 32c EStG nur äußerst wenige Gewerbetreibende profitieren. Nach überschlägiger Rechnung ist davon auszugehen, dass eine erkennbare Überkompensation erst bei einem Hebesatz von unter 200 v.H. eintreten konnte. Danach wäre eine etwaige Überkompensation im Jahr 2001 (Anwendbarkeit des nur bis zum Jahr 2000 geltenden § 32c EStG unterstellt) bundesweit lediglich in 25 Gemeinden eingetreten, von denen 24 unter 7.500 Einwohner und 16 sogar unter 900 Einwohner hatten (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder ≪Hrsg.≫, Hebesätze der Realsteuern 2001, CD-ROM 2002). Dagegen bewegte sich der bundesdurchschnittliche Hebesatz in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern – und damit für die ganz überwiegende Zahl der Gewerbetreibenden – während der Geltung des § 32c EStG zwischen 407 v.H. im Jahre 1994 und 428 v.H. im Jahre 2000 (vgl. Institut „Finanzen und Steuern” e.V. ≪Hrsg.≫, Entwicklung der Realsteuerhebesätze der Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern in 1994 gegenüber 1993, Heft Nr. 331 ≪1994≫, S. 18 ff., sowie Entwicklung der Realsteuerhebesätze der Gemeinden mit 50.000 und mehr Einwohnern in 2000 gegenüber 1999, Heft Nr. 386 ≪2000≫, S. 29 ff., 55 ff.).
Vor dem Hintergrund der geringen Zahl der Gewerbetreibenden, bei denen durch die Anwendung des § 32c EStG ein Gesamtbelastungsvorteil (Einkommen- und Gewerbesteuer) gegenüber der Einkommensteuerbelastung der übrigen Einkünfte allenfalls eingetreten sein könnte, ist diese Ungleichbehandlung aufgrund der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers hinzunehmen.
(c) Zudem sind die weiteren, auf die Standortsicherung bezogenen gesetzgeberischen Ziele geeignet, den Typisierungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung einer Regelung, die die Zusatzbelastung bei der Gewerbesteuer hoher gewerblicher Einkünfte berücksichtigen soll, zu erweitern.
(aa) Einige der im Gesetzgebungsverfahren genannten Ziele erweisen sich allerdings als nicht tragfähig zur Begründung der Ungleichbehandlungen.
Wie auch der X. Senat des Bundesfinanzhofs festgestellt hat, gilt dies für die Erwägung, die übrigen Einkünfte dürften gegenüber den gewerblichen höher belastet werden in Gestalt eines indirekten Solidarbeitrags zur Finanzierung des Aufbaus in den neuen Ländern (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 24, 25). Ein hinreichender sachlicher Grund, warum dieser Solidarbeitrag nicht auch von den Gewerbetreibenden geleistet werden sollte, ist nicht erkennbar.
Das spezifische Unternehmerrisiko des Gewerbetreibenden bietet auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Erwirtschaftung gleicher Zahlungsfähigkeit sei Ausdruck einer geringeren Leistungsfähigkeit. Risiken bei der Einkünfteerzielung können gleichermaßen bei allen Einkunftsarten entstehen, etwa bei den übrigen Gewinneinkünften, aber auch bei Kapital- oder Vermietungseinkünften und – aufgrund unsicherer Arbeitsmarktlage – selbst bei Lohneinkünften.
Entgegen der Stellungnahme der Bundesregierung kann auch eine Gemeinwohlbindung von Gewerbebetrieben die Begünstigung gemäß § 32c EStG nicht rechtfertigen. Das Erzielen gewerblicher Einkünfte ist, auch wenn Gewerbebetrieben eine wesentliche gesellschaftliche Funktion zukommt, eine privatnützige Betätigung, die für sich genommen keine Privilegierung bei der Einkommensteuer rechtfertigen kann. Soweit der erkennende Senat in einer Entscheidung zur Erbschaftsteuer (BVerfGE 93, 165 ≪175 f.≫) davon ausgegangen ist, dass bei der Gestaltung der Erbschaftsbesteuerung zu berücksichtigen sei, dass bestimmte Betriebe in besonderer Weise gemeinwohlgebunden und gemeinwohlverpflichtet sind, ist das jedenfalls nicht auf das aus solchen Betrieben erzielte Einkommen übertragbar und kann daher Begünstigungen bei der Einkommensteuer nicht rechtfertigen: Die Einkommensteuer erfasst die Leistungsfähigkeit, die durch laufende Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb bzw. realisierte Wertsteigerungen des Betriebsvermögens entsteht, die Erbschaftsteuer dagegen die Steigerung der Leistungsfähigkeit, die ein Erbe durch die Erbschaft erlangt. Nur die Erbschaftsteuer zielt auf die Erfassung des Substanzwerts des Betriebs und kann deshalb bei mangelnder Vorsorge des Erblassers zur Gefährdung der Fortführung eines Betriebs in Familienhand führen. Im Übrigen begünstigt § 32c EStG nicht nur das betrieblich gebundene Vermögen, sondern auch Einkünfte, die nicht erneut investiert, sondern konsumiert werden.
Soweit sich der Gesetzgeber zur Rechtfertigung des § 32c EStG auf die Absicht beruft, allein für die gewerblichen Einkünfte einen Spitzensteuersatz festzulegen, der (annähernd) dem Körperschaftsteuersatz entspricht (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 25, 68), kann das grundsätzlich legitime Ziel, eine rechtsformneutrale Besteuerung herzustellen, die Benachteiligung der nicht begünstigten Einkünfte nicht rechtfertigen. § 32c EStG unterstützt das Ziel einer rechtsformneutralen Besteuerung schon deshalb nicht, weil auch die aus Einzelunternehmen und Personengesellschaften entnommenen Gewinne begünstigt werden, während die ausgeschütteten Gewinne von Kapitalgesellschaften dem Regeltarif (§ 32a EStG) unterworfen werden, es sei denn, sie würden beim Ausschüttungsempfänger erneut mit der Gewerbesteuer belastet (dazu unter III. 2.). Eine ungleich belastende Norm, die steuerliche Rechtsformunterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften bei ausgeschütteten und entnommenen Gewinnen deutlich intensiviert, kann nicht allein mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass sie zugleich solche Unterschiede bei einbehaltenen bzw. thesaurierten Gewinnen reduziert.
(bb) Die auf die Sicherung des Standorts Deutschland gerichteten wirtschaftspolitischen Förderungs- und Lenkungsziele sind geeignet, zu dem für die Ungleichbehandlung gegenüber den Beziehern nicht gewerblicher Einkünfte entscheidenden Rechtfertigungsgrund einer Kompensation der Gewerbesteuerbelastung ergänzend hinzuzutreten. Ob diese Ziele auch für sich genommen und unter anderen als den hier gegebenen Umständen hinreichende legitimierende Kraft entfalten können, kann der Senat offen lassen.
Dem X. Senat des Bundesfinanzhofs ist zwar darin zuzustimmen, dass die außerfiskalischen Ziele der Förderung der Investitionsbereitschaft und der Schaffung von Arbeitsplätzen je für sich genommen § 32c EStG nicht rechtfertigen könnten. Zu einem anderen Ergebnis führt jedoch die gebotene Betrachtung des Gesamtkomplexes der gesetzgeberischen Zielsetzungen. Bezogen auf die Vergleichsgruppe der nicht gewerblichen Einkünfte führt das zur Rechtfertigung auch gröberer Typisierungen bei der Ausgestaltung einer Regelung, die die Zusatzbelastung mit der Gewerbesteuer berücksichtigen soll.
a) Die wirtschaftspolitischen Förderungs- und Lenkungsziele in ihrer Gesamtheit sind von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen.
Betrachtet man die verschiedenen Ziele isoliert je für sich, sind sie zwar in den gesetzgeberischen Motiven erkennbar (BTDrucks 12/4487, S. 25), nicht aber korrespondierend im gesetzlichen Tatbestand: § 32c EStG hat weder einen spezifisch auf Investitionsförderung noch auf die Förderung der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze gerichteten Regelungsgehalt. Die Norm begünstigt gewerbliche Einkünfte ohne Rücksicht auf deren gewerbliche oder private, investive oder konsumtive Verwendung und insbesondere auch ohne Rücksicht darauf, ob und wie viele Arbeitsplätze tatsächlich geschaffen werden oder erhalten bleiben (vgl. R. Wendt, FR 1993, S. 1 ≪6≫).
Eine derart isolierende Betrachtungsweise verschiedener Lenkungszwecke wird dem gesetzgeberischen Anliegen jedoch nicht gerecht. Zentral ging es bei den Regelungen des Standortsicherungsgesetzes insgesamt darum, die Position des Wirtschaftsstandorts Deutschland im internationalen Wettbewerb zu verbessern (BTDrucks 12/4487, S. 23 ff., 67; BTDrucks 12/5016, S. 72). Dabei ist die Überlegung nachvollziehbar, dass es für einen international tätigen Investor bei der steuerlichen Bewertung eines Standorts auf die Summe aller Steuern auf künftige Erträge ankommt, also in Deutschland regelmäßig auf die Summe aus Körperschaft- oder Einkommen- und Gewerbesteuer. Es erscheint im internationalen Vergleich zumindest plausibel, dass gerade bei einem hohen einkommensteuerlichen Spitzensteuersatz und hinzutretender Gewerbesteuerbelastung die Wahl alternativer Standorte nahe liegt. Daher ist die Senkung des Spitzensteuersatzes für die gewerblichen Einkünfte ein Instrument, das sich national wie vor allem auch international schnell und in leicht verständlicher Sprache als Reduzierung der „Unternehmensbesteuerung” mitteilen lässt. Demgegenüber sind Spezialitäten einer breiteren oder schmaleren Bemessungsgrundlage, deren Relation zum Steuersatz erst für die effektive Steuerbelastung entscheidend ist, zwar sachlich treffender, aber ungleich schwerer nachzuweisen und zu vermitteln.
Entsprechend hebt die Gesetzesbegründung (BTDrucks 12/4487, S. 23 ff., 67; BTDrucks 12/5016, S. 72) besonders die internationale Wettbewerbslage und den internationalen Vergleich mit der Entwicklung der Steuersätze in den konkurrierenden Staaten hervor, die den maßgeblichen Hintergrund für die Instrumentenwahl des Standortsicherungsgesetzes bilden und erklären, weshalb nicht gezielter und präziser ausdifferenzierte Instrumente steuerlicher Investitions- und Arbeitsplatzförderung eingesetzt wurden. Der Gesetzgeber sah besonderen Handlungsbedarf nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer mit der Eröffnung des Europäischen Binnenmarktes seit dem 1. Januar 1993 zu erwartenden Zunahme des Wettbewerbs um grenzüberschreitende Investitionen sowie angesichts der Beobachtung, dass die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen im Ausland stärker angestiegen waren als die Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen im Inland (BTDrucks 12/4487, S. 23, 25). Dieses Ziel, ein national und international leicht erkennbares Signal zu setzen (ausdrücklich BTDrucks 12/5016, S. 77), die für notwendig gehaltene Entlastung also so vorzunehmen, dass sie leicht verständlich zu machen und damit lenkungswirksam sein würde, ist von einer am Tatbestand des § 32c EStG unübersehbar ablesbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen. Eine vergleichbare Wirkung durch Vergünstigungen bei der Bemessungsgrundlage wäre kaum denkbar gewesen.
ß) Die anzuerkennenden und von der gesetzgeberischen Entscheidung umfassten wirtschaftspolitischen Förderungs- und Lenkungsziele erweitern den Typisierungsspielraum des Gesetzgebers bei der Verwirklichung seines Ziels, die Zusatzbelastung durch die Gewerbesteuer zu berücksichtigen, und verstärken die Rechtfertigungsbasis für eine Begünstigung der gewerblichen Einkünfte gegenüber den übrigen Einkünften vor Art. 3 Abs. 1 GG. Das gilt insbesondere für Belastungsverzerrungen durch etwaige Überkompensationen bei der Berücksichtigung der Zusatzbelastung durch die Gewerbesteuer. Sie lassen sich durch die kombinierte Betrachtung der gesetzgeberischen Ziele rechtfertigen; der Gesetzgeber durfte sie als Folge der Wahl des spezifischen Instruments (Tarifkappung durch § 32c EStG) in Kauf nehmen.
2. a) Die Benachteiligung von Beziehern gewerblicher Einkünfte unterhalb der Kappungsgrenze im Sinne des § 32c EStG gegenüber Beziehern gewerblicher Einkünfte oberhalb dieser Grenze erschließt sich erst unter Einbeziehung eines wesentlichen Regelungsziels der Tarifkappung, nämlich der Berücksichtigung der gleichzeitigen Gewerbesteuerbelastung der begünstigten Einkünfte: Diese gleichzeitige Gewerbesteuerbelastung betrifft die Bezieher der nicht begünstigten gewerblichen Einkünfte unterhalb der Kappungsgrenze gleichermaßen.
Hätte der Gesetzgeber den durch § 32c EStG vorgegebenen Tarifverlauf für alle Steuerpflichtigen eingeführt, wäre eine solche Senkung des Spitzensteuersatzes vor Art. 3 Abs. 1 GG (vertikale Steuergerechtigkeit) offensichtlich nicht zu beanstanden und zur Erreichung einer möglichst eigentumsschonenden Besteuerung am Maßstab des Art. 14 GG (vgl. Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O., S. 1193 f.) sogar förderlich gewesen. Den Spitzensteuersatz im Streitjahr für alle Einkommensteuerpflichtigen bei 53 v.H. (§ 32a EStG) oder bei 47 v.H. (§ 32c EStG) anzusetzen, hätte innerhalb des Spielraums des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des Tarifs gelegen.
Ein anderes Bild ergibt sich jedoch bei Einbeziehung der Belastung aller gewerblichen Einkünfte mit Gewerbesteuer in Verbindung mit dem in der Begründung des Gesetzentwurfs hervorgehobenen Ziel der Kompensation der gewerbesteuerlichen Belastung durch die Senkung des Spitzensteuersatzes (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 23 f., 25; BTDrucks 12/5016, S. 78 f.). Dieses Kompensationsziel kann nur eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den Beziehern nicht gewerblicher Einkünfte rechtfertigen. Es begründet aber zugleich einen besonderen Rechtfertigungsbedarf im Verhältnis zu den ebenfalls mit der Gewerbesteuer belasteten Beziehern gewerblicher Einkünfte unterhalb der Kappungsgrenze des § 32c EStG: Obwohl beide Gruppen mit der Gewerbesteuer belastet sind, wird nur die Gruppe der Bezieher höherer Einkünfte entlastet, die andere Gruppe nicht.
b) Diese Ungleichbehandlung lässt sich nicht mit unterschiedlichen Belastungswirkungen der Gewerbesteuer rechtfertigen (aa). Das wirtschaftspolitische Lenkungs- und Förderungsziel der Standortsicherung bildet jedoch in dieser Vergleichsgruppe die hinreichende sachliche Begründung (bb).
aa) Betrachtet man allein das Kompensationsziel (Berücksichtigung der Zusatzbelastung durch die Gewerbesteuer), gibt es keine verfassungsrechtlich tragfähige Begründung für die Benachteiligung der Bezieher gewerblicher Einkünfte unterhalb der Kappungsgrenze. Denn bei § 32c EStG bleibt unberücksichtigt, dass auch bei gewerblichen Einkünften unterhalb der Kappungsgrenze eine Zusatzbelastung mit der Gewerbesteuer entstehen kann (Birk/Kulosa, FR 1999, S. 433 ≪440≫; Hüttemann, DStJG 23 ≪2000≫, S. 127 ≪134≫; M. Wendt, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG ≪186. Lieferung, Stand: November 1996≫, § 32c Anm. 7). Zwar gewährt § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG einen Freibetrag, der im Streitjahr 1994 einen Gewerbeertrag bis 48.000 DM von der Gewerbesteuer freistellte. Die Mindestgrenze in § 32c EStG orientiert sich aber offensichtlich nicht an diesem Freibetrag und will nicht sicherstellen, dass überhaupt eine Gewerbesteuerbelastung als Voraussetzung der Tarifentlastung besteht. Vielmehr geht es bei der Mindestgrenze in § 32c EStG allein darum, die Zusatzbelastung mit der Gewerbesteuer erst dann zu berücksichtigen, wenn die begünstigten gewerblichen Einkünfte bei der Einkommensteuer eine Grenzbelastung von mehr als 47 v.H. erreichen.
Auch unter dem ergänzenden Gesichtspunkt der Typisierung lässt sich der insoweit ungleich ausgestaltete Entlastungsmechanismus in § 32c EStG nicht rechtfertigen. Das Erreichen des Grenzsteuersatzes von 47 v.H. bildet nicht den typischen Fall einer Belastung mit der Gewerbesteuer. Die hinzutretende Gewerbesteuerbelastung wirkt auch nicht erst ab einem Grenzsteuersatz von 47 v.H. besonders „drückend” (vgl. aber BTDrucks 12/4487, S. 23 f., 25). Mit gleicher Berechtigung ließe sich sagen, dass gerade ertragsschwächere Unternehmen durch eine zusätzlich zur Einkommensteuer hinzutretende Gewerbesteuer besonders hart betroffen sein können, weil und soweit ihnen nämlich – nach Steuern – ein besonders unbefriedigendes, für notwendige Investitionen nicht ausreichendes Ergebnis ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit verbleibt.
bb) Die Ungleichbehandlung der Bezieher gewerblicher Einkünfte unter- und oberhalb der Kappungsgrenze ist aber jedenfalls für einen begrenzten Zeitraum mit dem gesetzgeberischen Ziel zu rechtfertigen, die Position des Wirtschaftsstandorts Deutschland im internationalen Wettbewerb zu verbessern (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 23 ff., 67; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BTDrucks 12/5016, S. 72). Die Rechtfertigung durch dieses Förderungs- und Lenkungsziel gelingt auch nach Maßgabe strenger Anforderungen. Die Tarifkappung in § 32c EStG mit der daraus folgenden Benachteiligung der niedrigeren gewerblichen Einkünfte unterhalb der Kappungsgrenze lässt sich vor dem Hintergrund der Standortsicherung als Maßnahme zur Bewältigung einer akuten Problemlage charakterisieren, für die der Gesetzgeber hinreichende Gründe dargelegt hat.
Die Zielsetzungen des Standortsicherungsgesetzes mit ihrer Verbindung einer Kompensation zusätzlicher Gewerbesteuerbelastung und wirtschaftspolitischer Lenkungs- und Förderungsziele sind, wie vorangehend mit Bezug auf die Vergleichsgruppe der nicht gewerblichen Einkünfte ausgeführt, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; deshalb ist auch die Wahl des Instruments der Kappung des Einkommensteuertarifs nur gewerblicher Einkünfte hinreichend sachlich begründet. Die für die Vergleichsgruppe der gewerblichen Einkünfte unterhalb der Kappungsgrenze allein heranzuziehenden Förderungs- und Lenkungsziele haben aber auch hinreichendes Gewicht, um die (vorläufige) Vernachlässigung einer Kompensation in dieser zweiten Vergleichsgruppe zu rechtfertigen. Insoweit ist hervorzuheben, dass der Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraums bei der wirtschaftspolitischen Diagnose, Prognose und Instrumentenwahl von einem dringenden Handlungsbedarf ausgehen und sich für den Einsatz einer auch international leicht erkennbaren Belastungsminderung entscheiden durfte. Im Verbund mit der Senkung des Körperschaftsteuersatzes wollte der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 32c EStG das zeitnah Nötige und Mögliche zur Standortsicherung leisten. In den Gesetzesbegründungen (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 24, 25; BTDrucks 12/5016, S. 79) wurde dementsprechend wiederholt der bloß vorläufige Charakter des § 32c EStG als Übergangsregelung bis zu einer weitergehenden Unternehmens- und insbesondere Gewerbesteuerreform hervorgehoben. Dass eine zeitliche Begrenzung nicht gesetzlich festgelegt wurde und die tatsächliche Abschaffung des § 32c EStG im Jahr 2000 auch als Reaktion auf die Vorlage des X. Senats des Bundesfinanzhofs betrachtet werden kann, ändert nichts daran, dass § 32c EStG ursprünglich als eine Übergangslösung gedacht war. Insoweit ist nachvollziehbar, dass sich der Gesetzgeber durch insbesondere finanzverfassungsrechtliche und politische Hürden daran gehindert sah, mit der für notwendig gehaltenen Schnelligkeit auf die Herausforderungen des internationalen Wettbewerbs optimal zu reagieren, nämlich mit einer – einmütig als erforderlich angesehenen – grundlegenden, vor allem auch die Gewerbesteuer umfassenden, Reform der Unternehmensbesteuerung.
III.
Es verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass Beteiligungseinkünfte im Sinne des § 9 Nr. 2a GewStG nicht zu den von § 32c EStG begünstigten Einkünften gehören (ebenso Gosch, DStR 1999, S. 753 ≪754≫; Weber-Grellet, DB 1999, S. 995 ≪996≫; a.A. Hüttemann, DStJG 23 ≪2000≫, S. 127 ≪137≫; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 120; M. Wendt, FR 1997, S. 298 ≪299≫). Der Ausschluss in § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG ist insoweit gleichheitsgerecht und ohne Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit ausgestaltet worden. Die zweite Vorlagefrage des X. Senats des Bundesfinanzhofs kann daher in dem Sinne beantwortet werden, dass es im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers lag, für solche Einkünfte die Begünstigung des § 32c EStG zu versagen, die nicht bei der einkommensteuerpflichtigen Person als Ausschüttungsempfänger mit der Gewerbesteuer belastet, sondern nur bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft mit der Gewerbesteuer vorbelastet wurden.
Art. 3 Abs. 1 GG enthält kein allgemeines Verfassungsgebot der Rechtsformneutralität in dem Sinn, dass ausgeschüttete Gewinne von Kapitalgesellschaften beim Anteilseigner einkommensteuerlich ebenso zu behandeln sind wie entnommene Gewinne von Personengesellschaften (1.). Überdies ergibt sich aus der gesetzlichen Ausgestaltung der Normen, die die Vorbelastung von Gewinnausschüttungen mit der Gewerbesteuer betreffen, am Maßstab des Gebotes gleichheitsgerechter Folgerichtigkeit keine zwingende gesetzgeberische Verpflichtung, bei der Ausgestaltung des § 32c EStG eine gewerbesteuerliche Vorbelastung wie eine eigene Gewerbesteuerbelastung der Anteilseigner zu behandeln (2.).
1. § 32c EStG benachteiligt ausgeschüttete Gewinne von Kapitalgesellschaften gegenüber entnommenen Gewinnen von Personengesellschaften. In den Bemessungsbetrag der begünstigten Gewinne (§ 32c Abs. 2 EStG) fließen gewerbliche Einkünfte – die eine natürliche Person als Einzelunternehmer oder als Mitunternehmer einer Personengesellschaft erzielt – auch dann ein, wenn die Gewinne entnommen werden, also die Sphäre des Betriebsvermögens verlassen. Dagegen wird die Begünstigung nach § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 9 Nr. 2a GewStG nicht für Gewinne gewährt, die ein Anteilseigner aufgrund einer Gewinnausschüttung von einer Kapitalgesellschaft erhält, an der er zumindest mit 10 v.H. beteiligt ist.
a) Der X. Senat des Bundesfinanzhofs vertritt in seinem Vorlagebeschluss hierzu die Auffassung, dass es gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, wenn durch eine Regelung des Einkommensteuerrechts – wie § 32c EStG – entnommene Gewinne von Personenunternehmen und ausgeschüttete Gewinne von Kapitalgesellschaften steuerlich unterschiedlich belastet würden, weil die unterschiedliche Rechtsform, mit deren Hilfe die Einkünfte erzielt würden, kein hinreichend belastbares Differenzkriterium bilde. Dieser Rechtsauffassung liegt eine materielle (wirtschaftliche) Betrachtung zugrunde, nach der wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unabhängig von der jeweiligen Rechtsform entsteht, die als Instrument zur Erzielung der Einkünfte eingesetzt wird. Eine andere Bewertung liegt näher, wenn die rechtliche Trennung zwischen Kapitalgesellschaft und Anteilseigner ins Blickfeld gerückt wird. Bei einer solchen eher formellen, rechtsformorientierten Sicht tritt eine Kapitalgesellschaft in den Vordergrund, die rechtlich selbständig ist und als juristische Person losgelöst von den dahinter stehenden Personen arbeitet. Diesen unterschiedlichen Sichtweisen korrespondieren innerhalb eines breiten Spektrums unterschiedlicher Realtypen wirtschaftlicher Unternehmen zwei Extreme: einerseits die Ein-Personen-GmbH und andererseits die Publikumskapitalgesellschaft.
b) Bei der Ausgestaltung des Unternehmenssteuerrechts steht der Gesetzgeber vor der Schwierigkeit, eine für alle Konstellationen vertretbare Lösung zu finden. Verfassungsrechtlich lässt sich die Frage der Zulässigkeit einer wirtschaftlichen Doppelbelastung von Gewinnausschüttungen nicht etwa vorpositiv als Konsequenz einer formellen oder materiellen Betrachtungsweise, sondern nur nach Maßgabe des geltenden Verfassungsrechts beantworten. Für eine Beurteilung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist dabei entscheidend, ob es einen hinreichenden sachlichen Grund gibt, unternehmerische Tätigkeiten steuerlich unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob sie in Gestalt von Personen- oder Kapitalgesellschaften ausgeübt werden.
Einen solchen Grund liefert die Abschirmung der Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern. Diese Abschirmung bewirkt, dass in der abgeschirmten Vermögenssphäre eine eigenständige und objektive Leistungsfähigkeit entsteht, die von der individuellen und subjektiven Leistungsfähigkeit der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Personen getrennt und unabhängig von ihr besteuert werden darf. Das Steuerrecht nimmt damit bei der Bestimmung verschiedener Zurechnungssubjekte steuerlicher Leistungsfähigkeit verfassungsrechtlich bedenkenfrei die zivilrechtliche Grundentscheidung auf, nach der bei Personengesellschaften das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern zugerechnet wird (vgl. § 718 BGB i.V.m. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB), während das Vermögen der Kapitalgesellschaften gegenüber dem Vermögen ihrer Gesellschafter grundsätzlich selbständig ist.
c) Etwas anderes lässt sich der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entnehmen (vgl. BVerfGE 13, 331 ≪339≫). Lediglich im Umsatzsteuerrecht hat der erkennende Senat bisher angenommen, dass die Rechtsform, in der die Leistung von einem Unternehmer erbracht wird, allein kein hinreichender Differenzierungsgrund für eine Umsatzsteuerbefreiung ist (BVerfGE 101, 151 ≪155 ff.≫). Dies wird allerdings nicht als Konsequenz allgemeiner verfassungsrechtlicher Aussagen zu einer rechtsformneutralen Besteuerung begründet, sondern im Rahmen verfassungskonformer Auslegung des einfachen Rechts auf der Grundlage eines allgemeinen Gebots folgerichtiger Umsetzung der Belastungsgrundentscheidung des Umsatzsteuergesetzes. Da die Umsatzsteuer darauf angelegt ist, auf den Verbraucher überwälzt zu werden, folgerichtige Steuerbefreiungen also auf die Entlastung der Verbraucher abzielen, kann es nach der umsatzsteuerlichen Grundentscheidung nicht auf unterschiedliche Rechtsformen leistender Unternehmer ankommen (vgl. BVerfGE 101, 151 ≪156 f.≫).
Diese Aussagen berühren die Ausgestaltung der direkten Steuern auf Einkommen und Gewerbeertrag nur insoweit, als auch hier entsprechende Anforderungen an die folgerichtige Umsetzung der Belastungsgrundentscheidungen zu beachten sind. Die das deutsche Steuerrecht traditionell prägende Annahme, dass in der abgeschirmten Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft eine eigenständige, objektive Leistungsfähigkeit entsteht, nicht jedoch bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften, bildet ein mögliches Differenzierungskriterium, das mit dem Belastungsgrund wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit durch Vermehrung des Betriebsvermögens vereinbar ist und das den Gesetzgeber zwar nicht zwingt, bei Ertrags- bzw. Einkommensbesteuerung anhand der Rechtsform zu unterscheiden, es ihm aber auch nicht grundsätzlich verbietet.
2. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet auch als Gebot folgerichtiger Ausgestaltung steuerlicher Belastungsgrundentscheidungen nicht den Ausschluss der Beteiligungseinkünfte im Sinne des § 9 Nr. 2a GewStG von der Begünstigung in § 32c EStG. Entgegen der Auffassung des X. Senats des Bundesfinanzhofs führte die Systementscheidung für das so genannte Anrechnungsverfahren (1977 bis 2000) nicht dazu, dass entnommene Gewinne aus Personenunternehmen und ausgeschüttete Gewinne von Kapitalgesellschaften im Rahmen des § 32c EStG gleich zu behandeln wären.
Das Anrechnungsverfahren gemäß §§ 27 ff. KStG, § 20 Abs. 1 Nrn. 1-3, § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG in den von 1977 bis 2000 geltenden Fassungen bewirkte bei Inlandssachverhalten, dass ausgeschüttete Gewinne beim Anteilseigner unter Anrechnung der Vorbelastung mit Körperschaftsteuer mit dessen individuellem Einkommensteuersatz belastet wurden, womit eine Doppelbelastung mit Einkommen- und Körperschaftsteuer vollständig vermieden wurde. In der Begründung zum Regierungsentwurf eines Dritten Steuerreformgesetzes (BTDrucks 7/1470, S. 326 ff.) wurde indes ausdrücklich betont, dass auch eine Doppelbelastung durchaus zu rechtfertigen und die rechtliche Verselbständigung der Körperschaftsteuer seit dem Körperschaftsteuergesetz 1920 aufgrund der Einheit der Rechtsordnung als unerlässlich anzusehen sei.
Vor allem aber wurde nach dem Anrechnungsverfahren zwar die Vorbelastung ausgeschütteter Gewinne mit der Körperschaftsteuer, nicht aber auch die Vorbelastung mit der Gewerbesteuer berücksichtigt. Waren ausgeschüttete Gewinne mit der Gewerbesteuer vorbelastet, wurde diese beim Anteilseigner nicht durch ein Anrechnungsverfahren rückgängig gemacht, sie blieb stets definitiv. Auch eine Gewinnausschüttung, die von einem nicht gewerbesteuerpflichtigen Anteilseigner vereinnahmt wurde, blieb daher mit der Gewerbesteuer vorbelastet. War der Anteilseigner selbst gewerbesteuerpflichtig, führte das bei einer Beteiligung von unter 10 v.H. zu einer doppelten Belastung mit der Gewerbesteuer. Nur in dem Fall, in dem die Beteiligung mindestens 10 v.H. beträgt, wurde diese Doppelbelastung berücksichtigt, indem die Beteiligungseinkünfte nach § 9 Nr. 2a GewStG aus dem Gewerbeertrag gekürzt wurden.
Eine gesetzgeberische Grundentscheidung, nach der die gewerbesteuerliche Vorbelastung der Gewinnausschüttung mit der eigenen Gewerbesteuerbelastung des Anteilseigners gleichgestellt wurde, gab es danach auch während der Geltung des Anrechnungsverfahrens nicht. Deshalb war es auch nicht im Sinne eines Gebots folgerichtiger Umsetzung einer Belastungsgrundentscheidung zwangsläufig, das gewerbesteuerliche Privileg der Schachteldividenden (§ 9 Nr. 2a GewStG) gegenüber den übrigen Gewinnausschüttungen, bei denen die Einkünfte gemäß § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG ohne Berücksichtigung der gewerbesteuerlichen Vorbelastung ermittelt werden, bei § 32c EStG fortzuführen. Zudem entstünde bei einer Einbeziehung von Beteiligungseinkünften im Sinne des § 9 Nr. 2a GewStG zusätzlicher Rechtfertigungsbedarf gegenüber solchen Beteiligungseinkünften, die zwar mit der Gewerbesteuer vorbelastet sind, aber schon mangels Gewerblichkeit beim Anteilseigner nicht von § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG erfasst werden.
Für die gesetzgeberische Entscheidung, die gewerbesteuerliche Begünstigung durch das Schachtelprivileg (§ 9 Nr. 2a GewStG) nicht bei der Ausgestaltung des § 32c EStG fortzuführen, reicht als sachlicher Grund aus, dass die Beteiligungseinkünfte wegen § 9 Nr. 2a GewStG nicht bei der durch § 32c EStG begünstigten Person selbst mit der Gewerbesteuer belastet sind. Soweit dagegen der Bemessungsbetrag für die begünstigten Einkünfte mangels ausdrücklicher Verweisung in § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG nicht um die Anteile am Gewinn an einer OHG oder KG (vgl. § 9 Nr. 2 GewStG) gemindert wird, trägt dies dem Umstand Rechnung, dass die Personengesellschaft zwar Steuerschuldner der Gewerbesteuer sein kann (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG), einkommensteuerrechtlich aber im Sinne einer Gleichstellung von Mitunternehmer und Einzelunternehmer als transparent behandelt wird (vgl. M. Wendt, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG ≪186. Lieferung, Stand: November 1996≫, § 32c Anm. 51).
D.
Diese Entscheidung ist mit 6:2 Stimmen ergangen.
Unterschriften
Hassemer, Di Fabio, Gerhardt, Broß, Osterloh, Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 1543147 |
BFH/NV Beilage 2006, 481 |
BVerfGE 2007, 164 |
DB 2006, 1817 |
DStR 2006, 1316 |
DStRE 2006, 988 |
HFR 2006, 915 |
WPg 2006, 1070 |
FR 2006, 766 |
NJW 2006, 2757 |
NWB 2006, 2480 |
DVBl. 2006, 1123 |
BFH/NV-Beilage 2006, 481 |
BGBl. I 2006, 1857 |
BeSt 2006, 30 |