Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug, Repräsentationskosten, Ausschluss des Vorsteuerabzugs, Stand-Still-Klausel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 11 Abs. 4 der Zweiten Richtlinie 67/228/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind dahin auszulegen, dass sie der Steuerregelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, die den Ausschluss des Vorsteuerabzugs in Bezug auf Arten von Ausgaben wie zum einen das Bereitstellen von "privaten Transportmöglichkeiten", "Speisen" und "Getränken", "Wohnraum" sowie von "Sport und Vergnügungen" für Mitglieder des Personals des Steuerpflichtigen und zum anderen "Werbegeschenke" oder "andere Zuwendungen" vorsieht.

2. Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die vor Inkrafttreten dieser Richtlinie erlassen wurde und nach der ein Steuerpflichtiger die bei der Anschaffung bestimmter Gegenstände und der Inanspruchnahme bestimmter Dienstleistungen, die teilweise für private und teilweise für geschäftliche Zwecke verwendet werden, gezahlte Mehrwertsteuer nicht vollständig abziehen kann, sondern nur entsprechend der Verwendung für geschäftliche Zwecke.

3. Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass er einer Änderung eines bestehenden Ausschlusses des Vorsteuerabzugs durch einen Mitgliedstaat nach Inkrafttreten der Richtlinie nicht entgegensteht, mit der grundsätzlich die Tragweite des Ausschlusses eingeschränkt werden soll, dabei jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, dass in einem Einzelfall in einem einzelnen Jahr insbesondere durch den pauschalen Charakter der geänderten Regelung der Anwendungsbereich der Beschränkung des Abzugs erweitert wird.

 

Normenkette

EWGRL 228/67 Art. 11 Abs. 4; EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 6

 

Beteiligte

X Holding

X Holding BV

Oracle Nederland BV

Staatssecretaris van Financiën

Inspecteur van de Belastingdienst Utrecht-Gooi

 

Verfahrensgang

Gerechtshof Amsterdam (Niederlande) (Urteil vom 20.01.2009)

Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 14.11.2008; Abl.EU 2009, Nr. C 90/9)

 

Tatbestand

"Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Recht auf Vorsteuerabzug ‐ Nationale Regelung, die das Recht auf Vorsteuerabzug für bestimmte Arten von Gegenständen und Dienstleistungen ausschließt ‐ Befugnis der Mitgliedstaaten, die Ausschlüsse vom Vorsteuerabzugsrecht beizubehalten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Sechsten Richtlinie bestanden ‐ Änderung nach Inkrafttreten dieser Richtlinie"

In den verbundenen Rechtssachen C-538/08 und C-33/09

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) (C-538/08) und vom Gerechtshof Amsterdam (Niederlande) (C-33/09) mit Entscheidungen vom 14. November 2008 und 20. Januar 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Dezember 2008 und 26. Januar 2009, in den Verfahren

X Holding BV

gegen

Staatssecretaris van Financiën (C-538/08)

und

Oracle Nederland BV

gegen

Inspecteur van de Belastingdienst Utrecht-Gooi (C-33/09)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) und der Richter E. Juhász, T. von Danwitz und D. Šváby,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2009,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Oracle Nederland BV, vertreten durch H. Hop, advocaat, und P. Schrijver, belastingadviseur,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels, M. de Mol und Y. de Vries als Bevollmächtigte,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch O. Patsopoulou, S. Trekli, V. Karra und G. Konstantinos als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und W. Roels als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Januar 2010

folgendes

Urteil

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 11 Abs. 4 der Zweiten Richtlinie 67/228/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (ABl. 1967, Nr. 71, S. 1303, im Folgenden: zweite Richtlinie) sowie von Art. 6 Abs. 2 und Art. 17 Abs. 2 und 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im...

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