rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berichtigung nach § 129 AO bei von einem Steuerberater unzutreffend in eine falsche Zeile der Einkommensteuererklärung eingetragenen Beiträgen eines Arztes an eine Versorgungsanstalt für Ärzte und Übernahme dieses Fehlers durch das Finanzamt, wenn eine Mitarbeiterin des Steuerberaters bei der Bearbeitung über DATEV bewusst in mehreren Schritten das unzutreffende Eingabefeld ausgewählt hat
Leitsatz (redaktionell)
Sind jahrelang die von einem Arzt an eine Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte geleisteten Jahresbeiträge in den von einem Steuerberater über DATEV erstellten Einkommensteuererklärungen fälschlicherweise in die Zeile der „Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht” und nicht bei den „Beiträgen zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen bei Nichtarbeitnehmern” eingetragen worden, wurde dieser Fehler von der Sachbearbeiterin des Finanzamts bei der Veranlagung trotz des jeweiligen Vorliegens einer schriftlichen Bescheinigung der Versorgungsanstalt über die Höhe der Jahresbeiträge und damit trotz der eindeutigen Erkennbarkeit der Fehleintragung jeweils übernommen und sind die Beiträge deswegen jeweils nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Sonderausgaben berücksichtigt worden, so können die bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheide nicht nach § 129 Satz 1 AO berichtigt werden, wenn der unrichtige Eintrag der Beiträge in die falsche Zeile des Steuererklärungsformulars durch eine Mitarbeiterin des Steuerberaters bei Übernahme des Mandats von einem anderen Steuerberater nicht lediglich auf Unachtsamkeit, Flüchtigkeit, Gedankenlosigkeit oder Abgelenktheit beruht hat, sondern die Mitarbeiterin in mehreren Schritten unter Zuhilfenahme der Eingabemaske des DATEV-Steuererklärungsprogramms am PC bewusst und unter Verkennung der steuerlichen Rechtslage das unzutreffende Eingabefeld für die Beiträge zur Versorgungsanstalt ausgewählt und die Beiträge dort eingegeben hat und wenn dieser Fehler in den Folgejahren bei der Bearbeitung in DATEV jeweils durch Datenübernahme aus dem Vorjahr fortgeführt worden ist (vgl. Rechtsprechung zur „offenbaren Unrichtigkeit” i.S. des § 129 AO).
Normenkette
AO § 129 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Einkommensteuerbescheide der Kläger für die Jahre 2011 bis 2014 nachträglich zu ändern sind und sich die vom Kläger an die Württembergische Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte geleisteten Jahresbeiträge infolge dessen steuerlich auswirken können.
Die Kläger wurden in den Streitjahren zusammen veranlagt. Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als …(Arzt), welche einheitlich und gesondert festgestellt wurden.
Der Kläger zahlte in den Jahren 2008 bis 2014 folgende Jahresbeiträge an die Baden-Württembergische Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte:
2008: x.xxx,xx EUR; |
2011: xx.xxx EUR |
2014: xx.xxx,xx EUR |
2009: xx.xxx,xx EUR |
2012: xx.xxx EUR |
2015: xx.xxx,xx EUR. |
2010: xx.xxx,xx EUR; |
2013: xx.xxx EUR |
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In den Steuererklärungen für die Streitjahre 2011 bis 2014, ebenso wie in den Erklärungen für die vorangegangenen Veranlagungszeiträume (VZ) 2008 bis 2010, erklärte der Kläger bzw. sein steuerlicher Berater und späterer Prozessbevollmächtigte diese Zahlungen als Beträge zu „Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht und Kapitallebensversicherung mit mindestens zwölf Jahren Laufzeit und Laufzeitbeginn sowie erster Beitragszahlung vor dem 1.1.2005” in den jeweils hierfür vorgesehen Feldern der Steuererklärungsformulare. Für den VZ 2008 war dies Zeile 73 des Mantelbogens, ab dem VZ 2009 auf der Anlage Vorsorgeaufwand Zeile 19, ab VZ 2010 Zeile 49, ab VZ 2012 Zeile 51 und im VZ 2014 das Feld mit der Nr. 503.
Alle Einkommensteuererklärungen für die streitigen VZ erstellte der steuerliche Berater, ebenso wie die Erklärungen der vorhergehenden VZ 2008 bis 2010, mit Hilfe des Steuererklärungsprogramms der Firma DATEV und übermittelte es elektronisch mit dem von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellten Programms ELSTER an das beklagte Finanzamt (FA). Außerdem druckte der Steuerberater in allen VZ (2008 bis 2014) die entsprechenden Formulare aus und übersandte sie ebenfalls an das FA. Allen Erklärungen, außer der Erklärung für den VZ 2014, legte er ein von ihm unterschriebenes Anschreiben bei, auf dem er mitteilte, dass die für die Angaben in der Erklärung benötigten Anlagen beigefügt seien.
Jeweils auf der letzten Seite dieser ausgedruckten Steuererklärungen, außer bei der Erklärung für den VZ 2014, haben die zuständigen Bearbeiterinnen des beklagten FA einen Stempel mit dem Vermerk „Veranlagung durchgeführt – Belege zurückgegeben” angebracht, den sie immer mit ihrem Namenszeichen und dem Datum der Veranlagung versahen.
In keinem der Einkommensteuerbescheide wirk...