Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung des Abzugs von Verpflegungsmehraufwendungen auf 3 Monate
Leitsatz (redaktionell)
Die gesetzgeberische Wertentscheidung, nur während einer Dreimonatsfrist den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen nach Begründung der doppelten Haushaltsführung zuzulassen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da es während dieser Frist nach allgemeiner Lebenserfahrung möglich ist, sich in die Versorgungssituation am neuen Arbeitsort einzufinden, so dass keine Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorliegt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5, § 9 Abs. 5; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung pauschaler Mehraufwendungen für Verpflegung des Klägers (Kl).
Der Kl erzielte im Streitjahr als Prokurist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Vermietung und Verpachtung. Er wurde mit seiner Ehefrau, der Klägerin (Klin), zusammenveranlagt. Diese bezog im Streitjahr als Personalleiterin Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und außerdem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
In der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Streitjahr machte der Kl als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit u.a. Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung geltend, die seit dem 1. August 2002 bestand. Im Einzelnen wurden die folgenden Aufwendungen geltend gemacht:
Miete für die Wohnung am Arbeitsort: |
6.600 EUR |
Nebenkosten für diese Wohnung: |
237 EUR |
Hausratversicherung: |
81 EUR |
Einrichtung der Zweitwohnung: |
34 EUR |
Verpflegungsmehraufwendungen: 92 Tage × 46 EUR = |
4.232 EUR |
138 Tage × 12 EUR = |
1.656 EUR |
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insgesamt: |
12.840 EUR. |
Im ESt-Bescheid vom 1. Juni 2005 erkannte der Beklagte (Bekl) lediglich den Betrag von 6.952 EUR an. Die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen wurden dabei nicht berücksichtigt, da diese nur für die ersten drei Monate nach Aufnahme der Beschäftigung am neuen Beschäftigungsort berücksichtigungsfähig seien.
Mit Schreiben vom 5. Juni 2005 legten die Kl Einspruch gegen den ESt-Bescheid vom 1. Juni 2005 ein. Zur Begründung trugen sie im Wesentlichen vor, die Begrenzung des Abzugs von Verpflegungsmehraufwendungen auf die ersten drei Monate nach Aufnahme der Tätigkeit am neuen Beschäftigungsort sei wegen Verstoßes gegen Artikel 6 Grundgesetz (GG) verfassungswidrig. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsbegründung der Kl vom 21. August 2005 verwiesen. In diesem Schreiben teilten die Kl auch mit, dass ihnen bei der Berechnung der Verpflegungsmehraufwendungen ein Fehler unterlaufen sei, da sie für die 92 Tage mit ganztägiger Abwesenheit irrtümlich den bis zur Euro-Einführung geltenden Satz von 46 DM nicht auf 24 EUR umgerechnet hätten, sondern 46 EUR zum Ansatz gebracht hätten. Richtigerweise seien die Verpflegungsmehraufwendungen des Kl wie folgt anzusetzen:
92 Tage × 24 EUR = |
2.208 EUR |
138 Tage × 12 EUR = |
1.656 EUR |
insgesamt |
3.864 EUR |
Mit Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2006 fügte der Bekl dem ESt-Bescheid einen weiteren Vorläufigkeitsvermerk, nämlich hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zur Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) Einkommensteuergesetz (EStG) bei. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Bekl aus, Mehraufwendungen für Verpflegung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung könnten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG i.V.m. R 43 Abs. 8 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) nicht für mehr als drei Monate gewährt werden. Da der Kl seinen doppelten Haushalt in – Z – am 1. August 2002 begründet habe, sei die Dreimonatsfrist bereits im Jahr 2002 abgelaufen. In dem von den Kl zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 4. Dezember 2002 werde lediglich die Verfassungswidrigkeit der zeitlichen Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung auf zwei Jahre festgestellt. Zur zeitlichen Begrenzung des Abzugs der Verpflegungsmehraufwendungen nehme das BVerfG nicht Stellung.
Mit Schriftsatz ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 11. August 2006 erhoben die Kl Klage. Zur Begründung bezogen sie sich auf den Beschluss des BVerfG vom 4. Dezember 2002 und führten ergänzend aus, dass die zeitliche Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Werbungskosten und damit auch der Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen bei Doppelverdienerehen verfassungswidrig sei, wenn berufsbedingt eine doppelte Haushaltsführung vorliege. Der angefochtene ESt-Bescheid verstoße gegen die durch Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Wenn sich der Richtliniengeber in R 43 Abs. 8 LStR dazu entschließe, Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten aus nichtselbs...