Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung des Grundfreibetrags für beschränkt Steuerpflichtige ist weder verfassungs- noch unionsrechtswidrig
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelung des § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG, nach der das zu versteuernde Einkommen eines beschränkt Steuerpflichtigen mit anderen Einkünften als Arbeitnehmer fiktiv um den Grundfreibetrag zu erhöhen ist, so dass die Besteuerung ab dem ersten Euro dem Eingangssteuersatz unterliegt, ist weder verfassungs- noch unionsrechtswidrig.
2. Die Gewährung des Freibetrags ist nicht Aufgabe des Quellen- sondern des Wohnsitzstaates, in dem der im Inland beschränkt Steuerpflichtige seine wesentichen Einkünfte erzielt.
3. Gebietsansässige und Gebietsfremde sind im Hinblick auf die direkten Steuern in einem Staat in der Regel nicht in einer vergleichbaren Situation, so dass bestimmte Steuervergünstigungen, die hinsichtlich der persönlichen Steuerkraft nur Gebietsansässigen gewährt werden, im Allgemeinen nicht diskriminierend sind.
Normenkette
EStG 2009 § 50 Abs. 1 S. 2, § 49 Abs. 1 Nrn. 2, 7, § 32a Abs. 1, § 2 Abs. 5 S. 1 2. HS; DBA-Österreich Art. 7 Abs. 1, 7, Art. 18 Abs. 2; DBA-Österreich Art. 24; GG Art. 3 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob § 50 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr (2009) geltenden Fassung mit Verfassungsrecht und Unionsrecht vereinbar ist.
Der im Jahr 19xx geborene Kläger, deutscher und österreichischer Staatsangehöriger, hat seinen Wohnsitz und seine ständige Wohnstätte in X, Republik Österreich (Österreich). Zum 30. September 2009 erfolgte seine Emeritierung als ordentlicher Universitätsprofessor der Universität X; aus dieser Tätigkeit bezog der Kläger in Österreich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt xx.xxx EUR. Daneben erzielte der Kläger in Österreich negative Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (./.x.xxx EUR).
In der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) erzielte der Kläger im Streitjahr als Mitunternehmer gewerbliche Einkünfte aus einer Beteiligung an der K GmbH & Co. KG in O/Deutschland. Die Einkünfte des Klägers aus dieser gewerblichen Tätigkeit werden vom Beklagten (dem Finanzamt – FA –) gesondert und einheitlich feststellt. Auf die Mitteilung für 2009 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften vom 24. Januar 2011 (Bl. 84 der Einkommensteuerakte – ESt-A –) wird hingewiesen. Daneben bezieht der Kläger seit 1. September 2006 eine Altersrente von der …-Versicherung. Für die steuerliche Beratung des Klägers durch die Klägervertreter sind dem Kläger im Streitjahr Steuerberatungskosten in Höhe von xxx EUR entstanden; auf die Rechnung (Bl. 72 ESt-A) wird Bezug genommen.
In seiner Einkommensteuererklärung für beschränkt Steuerpflichtige gab der Kläger die oben genannten, in Deutschland erzielten Einkünfte an und machte bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb – zusätzlich zu den gesondert und einheitlich festgestellten Einkünften in Höhe von xx.xxx EUR – die gesamten Steuerberatungskosten in Höhe von xxx EUR – wohl versehentlich – einkünfteerhöhend geltend. Er erklärte außerdem eine Altersrente von x.xxx EUR sowie – wohl ebenfalls versehentlich – einen Rentenerhöhungsbetrag in Höhe von lediglich xxx EUR (wie im Vorjahr).
Das FA setzte demgegenüber im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 27. Januar 2011 anteilige Steuerberatungskosten in Höhe von xxx EUR zugunsten des Klägers von den Einkünften aus Gewerbebetrieb ab. Als Rentenanpassungsbetrag berücksichtigte das FA xxx EUR (steuerfreier Teil der Rente danach: x.xxx EUR).
Mit seinem Einspruch vom 1. Februar 2011 beantragte der Kläger die Berücksichtigung des Altersentlastungsbetrages. Diesem Einspruch half das FA durch Änderungsbescheid vom 18. Februar 2011 in vollem Umfang ab.
Noch innerhalb der laufenden Einspruchsfrist für den Bescheid vom 27. Januar 2011 erhob der Kläger unter dem 23. Februar 2011 Einspruch (auch) gegen den Änderungsbescheid vom 18. Februar 2011 wegen Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag. Er ließ vorbringen, nach § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG habe das FA sein zu versteuerndes Einkommen um den Grundfreibetrag erhöht. Daraus ergäben sich für ihn Progressionsnachteile (Steuerlast 30,85% statt 26,06%). Es sei nicht im Sinne des § 50 EStG, ein nicht angefallenes, fiktives Einkommen in Höhe des nicht gewährten Grundfreibetrags zu besteuern. Steuerausländer würden systematisch benachteiligt. Dies sei verfassungswidrig und als Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit unionsrechtswidrig.
Das FA wies die Einsprüche wegen Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag durch Einspruchsentscheidung vom 23. November 2011 als unbegründet zurück. § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungsgemäß und nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (jetzt: Gerichtshof der Europäischen Union – E...