rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens bei Schätzungsbescheid. keine Terminverlegung wegen Erkrankung des Prokuristen, wenn unklar ist, warum der Geschäftsführer die Gesellschaft nicht vertritt. Prozessfähigkeit einer noch nicht im Handelsregister gelöschten private company limited by shares. Bindung des FG an Termin der mündlichen Verhandlung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist mangels Abgabe einer Steuererklärung ein Schätzungsbescheid ergangen, müssen im Klageverfahren zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens die Steuererklärung beim Finanzamt abgegeben oder die begehrten Besteuerungsgrundlagen im Einzelnen bezeichnet werden (z. B. Angabe von Gewinn, Umsätzen, Vorsteuern, Einnahmen und Werbungskosten); es genügt nicht vorzutragen, die Steuern seien zu hoch angesetzt.
2. Klagt eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung englischen Rechts (private company limited by shares), ist die Erkrankung ihres Prokuristen kein ausreichender Grund für eine Terminverlegung. Das gilt insbesondere, wenn nicht dargelegt wird, warum die Gesellschaft nicht durch ihren Geschäftsführer vertreten werden kann.
3. Eine private company limited by shares ist auch dann noch prozessfähig, wenn sie zwar abgewickelt werden soll, aber noch nicht im Handelsregister gelöscht ist.
4. Liegen Terminverlegungsgründe i. S. v. § 227 ZPO nicht vor, so ist auch das Gericht an den einmal anberaumten Termin gebunden. Es besteht keine Möglichkeit, trotz des Fehlens erheblicher Gründe einem Antrag auf Terminaufhebung stattzugeben.
Normenkette
FGO §§ 58, 65, 155; ZPO § 227 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin wurde am 17. Februar 2005 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung englischen Rechts (private company limited by shares – Ltd., Allgemeine Akten Blatt 3 ff., 8, 24) gegründet. Das Stammkapital beträgt 100 englische Pfund. Einzige Gesellschafterin ist b B. Ihr Sohn c B war nach den Angaben der vorgelegten Rechnungen im Streitjahr Geschäftsführer (Umsatzsteuerakten – USt-Akten – Blatt 62). Der statuarische Sitz der Klägerin ist X, Großbritannien. Der Ort der Geschäftsleitung befindet sich im Streitjahr in Y, wo auch eine Zweigniederlassung zum Handelsregister angemeldet wurde (Allgemeine Akten Blatt 50).
Im Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahren für die Monate Oktober und November 2007 begehrte die Klägerin im Wesentlichen die Berücksichtigung abziehbarer Vorsteuerbeträge. Die Anmeldungen enthalten (in EUR) die folgenden Angaben (USt-Akten Blatt 49):
|
Oktober 2007 |
November 2007 |
Umsätze zu 16% |
61,– |
0,– |
Vorsteuerbeträge |
1.714,58 |
3.250,78 |
Umsatzsteuer |
./. 1.702,99 |
./. 3.250,78. |
Der Anmeldung für Oktober 2007 stimmte der Beklagte zunächst zu, so dass sich eine entsprechende Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergab (§ 168 Satz 1 Abgabenordnung – AO). Nach einer anschließenden Prüfung von Belegen änderte er aber die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Oktober 2007. Außerdem folgte er im Hinblick auf den Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraum November 2007 den Angaben der Klägerin nicht komplett. Die Vorauszahlungsbescheide vom 26. März 2008 ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) und wiesen Folgendes aus (in EUR; s. USt-Akten Blatt 76, 79):
|
Oktober 2007 |
November 2007 |
Umsätze zu 16% |
61,– |
0,– |
Vorsteuerbeträge |
1.036,79 |
215,90 |
Umsatzsteuer |
./. 1.025,20 |
./. 215,90. |
Im Rahmen des sich anschließenden Einspruchsverfahrens erkannte der Beklagte zusätzliche Vorsteuerbeträge für Oktober 2007 in Höhe von 596,18 EUR und für November 2007 in Höhe von 249,84 EUR an und änderte die Besteuerungsgrundlagen sowie die festgesetzte Umsatzsteuer wie folgt (in EUR):
|
Oktober 2007 |
November 2007 |
Umsätze zu 16% |
61,– |
0,– |
Vorsteuerbeträge |
1.632,97 |
465,74 |
Umsatzsteuer |
./. 1.621,36 |
./. 465,74. |
Im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück (s. Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2008, USt-Akten Blatt 198).
Dagegen erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Prokuristen (Allgemeine Akten Blatt 53, 58), am 27. Oktober 2008 Klage. Sie begehrt die Berücksichtigung der bislang noch versagten Vorsteuerbeträge. Am 4. März 2009 beantragte sie das Ruhen des Verfahrens. Sie habe ihre Firmentätigkeit zum 31. Dezember 2008 eingestellt. In die Abwicklung sei das hier anhängige Verfahren einbezogen. Abwickler sei ihr ehemaliger Geschäftsführer und späterer Prokurist d D. Eine neue Firmengruppe solle aufgebaut werden, anfänglich aus 4 Einzelgesellschaften bestehen, ihre Tätigkeit im Juni 2009 aufnehmen und 18 Mitarbeiter beschäftigen. Auch sei beabsichtigt, direkte Gespräche mit dem Beklagten aufzunehmen. Eine Klagerücknahme werde erwogen.
Der Beklagte teilte im weiteren Verlauf des Verfahrens lediglich mit, Gespräche hätten bislang keine stattgefunden.
Nachdem die Klägerin trotz Aufforderungen durch den Beklagten keine Umsatzsteuererklärung für 200...