Entscheidungsstichwort (Thema)
Fremdvergleich bei Darlehen der Ehefrau als Arbeitnehmerin an den Ehemann als Arbeitgeber. Einkommensteuer 1995–1997. Gewerbesteuer 1995–1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem Darlehen der Ehefrau als Arbeitnehmerin an den Betrieb des Ehemans kann die vertragliche Regelung, dass „der Zins jeweils bei Aufstellung der Bilanz fällig” ist, unter Berücksichtigung der tatsächlichen Übung, wonach die Zinsen von Vertragsbeginn an der Ehefrau auf einem Darlehenskonto gutgeschrieben und in den Bilanzen des Ehemannes ausgewiesen wurden, dem Fremdvergleich standhalten.
2. Wurde auf die Stellung von Sicherheiten verzichtet, kann die Ehefrau aber „jederzeit Sicherheit verlangen”, so führt dies jedenfalls dann nicht zur steuerlichen Nichtanerkennung des Darlehensvertrages, wenn das Darlehen für Umbauarbeiten im Lokal des Mannes aufgenommen wurde und die Ehefrau als Arbeitnehmerin jederzeit ersehen kann, ob ihre Darlehensforderung aufgrund einer möglichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebs gefährdet ist.
3. Kann die Darlehensgeberin jederzeit mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten über ihre Darlehensforderung verfügen, entspricht dies der gesetzlichen Regelung in § 609 Abs. 2 BGB a.F. und genügt den steuerlichen Anforderungen an eine Vereinbarung über Laufzeit des Darlehens und Art und Zeitpunkt der Rückzahlung.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1; BGB § 609 Abs. 2
Tenor
Die Einkommensteuerbescheide für 1995, 1996 und 1997 vom 25. Januar 2000 sowie die Gewerbesteuermessbescheide für 1995, 1996 und 1997 vom 29. Februar 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 12. Februar 2004 werden geändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Steuerfestsetzungen nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, den Klägern das Ergebnis dieser Berechnungen unverzüglich formlos mitzuteilen und Einkommensteuerbescheide für 1995, 1996 und 1997 sowie Gewerbesteuermessbescheide für 1995, 1996 und 1997 mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekannt zu geben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil wird im Kostenausspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Beklagte kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe der für sie festgesetzten Kostenerstattung leisten.
Tatbestand
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer für die Streitjahre 1995, 1996 und 1997 veranlagt. Der Kläger ist Küchenmeister und erzielt als Einzelunternehmer Einkünfte aus dem Betrieb eines Restaurants, mit dem er zur Gewerbesteuer 1995, 1996 und 1997 veranlagt wird. Die Klägerin ist im Betrieb des Klägers angestellt und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Am 10. August 1981 hatten der Kläger und die Klägerin einen Darlehensvertrag abgeschlossen, in dem es heißt:
Darlehensvertrag
Zwischen Herrn X, Restaurant …
und
Frau …
§ 1
Frau X gewährt Herrn X ein Darlehen in Höhe von DM 13.000,– (i. W. DM dreizehntausend).
§ 2
Das Darlehen ist ab dem Tag der Auszahlung mit 8 % zu verzinsen. Der Zins ist jeweils bei Aufstellung der Bilanz fällig.
§ 3
Die Laufzeit des Darlehens ist unbestimmt. Das Darlehen kann von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
§ 4
Die Darlehensgeberin verzichtet derzeit auf die Stellung von Sicherheiten, sie kann jedoch, falls Sie das für erforderlich hält, jederzeit Sicherheit verlangen.
… den 10. August 1981
In der Zeit vom 03. bis 05. August 1999 wurde im Betrieb des Klägers eine Außenprüfung für den Zeitraum 1995 bis 1997 durchgeführt. Am 14. August 1999 vereinbarten die Kläger folgende schriftliche „Ergänzung zum Darlehensvertrag vom 10. August 1981”:
„Hiermit bestätigen wir die vor Jahren mündlich getroffene Abrede, daß der vereinbarte Zins in Höhe von 8 % bis auf weiteres jeweils dem Darlehensbetrag zuzuschlagen ist.
Diese Regelung gilt, bis die Liquiditätslage eine Auszahlung erlaubt.
Die übrigen Bestimmungen des Darlehensvertrages bleiben unverändert.”
Die Außenprüfung vertrat im Prüfungsbericht vom 18. Oktober 1999 die Auffassung, das Darlehen halte einem Fremdvergleich nicht stand und sei erfolgswirksam auszubuchen. Der Fremdvergleich setze voraus, dass Vereinbarungen über die Laufzeit und über die Art und Zeit der Rückzahlung getroffen würden, dass die Zinsen zum Fälligkeitstag entrichtet würden und der Rückzahlungsanspruch ausreichend besichert sei. Im Streitfall seien Vereinbarungen über eine Rückzahlung nicht erfolgt. Die Laufzeit des Darlehens sei auf unbestimmte Zeit festgelegt. Die vereinbarten Zinsen seien nicht bezahlt worden, sondern auf das Darlehen aufgelaufen. Sicherheiten seien nicht vereinbart worden.
Das Finanzamt folgte der Auffassung der Betriebsprüfung in geänderten Einkommensteuerbescheiden für 1995, 1996 und 1997 vom 25. Januar 2000 sowie in geänderten Gewerbesteuermessbescheiden für 1995, 1996 und 1997 vom 29. Februar 2000.
Die Kläge...