Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Kapitaleinkünften im VZ 1996. Wegfall des Baukindergelds durch Anpassung des Folgebescheids an geänderten Grundlagenbescheid
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Besteuerung von Kapitaleinkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG im Veranlagungszeitraum 1996 ist verfassungsgemäß.
2. Der Ausschluss der Förderung nach § 10e Abs. 5a EStG und die damit verbundene Versagung des Baukindergelds nach § 34f EStG bei Überschreiten des Grenzbetrags ohne gleitende Übergangsregelung ist nicht willkürlich und angesichts der knappen staatlichen Haushaltsmittel verfassungsgemäß.
3. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO begründet eine absolute Anpassungspflicht des Folgebescheids an den geänderten Grundlagenbescheid, wobei die materielle Richtigkeit Vorrang vor der Bestandskraft des Folgebescheids hat; dies gilt auch dann, wenn die Änderung wegen Überschreitens des Grenzbetrags zum Wegfall der Förderung nach § 10e EStG und des Baukindergeldes führt.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; EStG § 10e Abs. 5a, § 10 Abs. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 34f
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Umfang der Änderbarkeit eines Einkommensteuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO), die Gewährung der Grundförderung nach § 10 e Einkommensteuergesetz (EStG) sowie die Versteuerung der Kapitaleinkünfte.
Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 1996 vom beklagten Finanzamt (FA) durch erstmaligen Bescheid vom 1. April 1998 zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Kläger haben drei gemeinsame zwischen 1993 und 1997 geborene Kinder. Der Kläger ist Dipl.-Ingenieur. Aus seiner Beteiligung an einer Personengesellschaft erzielte er im Jahr 1996 gewerbliche Einkünfte i.H.v. 782.485 DM. Daneben war er an der X Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Y OHG, Z, beteiligt. Aus dieser Beteiligung des Klägers berücksichtigte das FA in dem Einkommensteuerbescheid vom 1. April 1998 gesondert festgestellte negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 180.786 DM.
Im Änderungsbescheid vom 4. Oktober 2005 stellte das FA Z die Beteiligungseinkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. ./. 147.330,68 DM fest. Zur Berücksichtigung dieser Beteiligungseinkünfte wurde der Einkommensteuerbescheid 1996 der Kläger am 16. November 2005 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert. In diesem Änderungsbescheid wurden die Kapitaleinkünfte der Kläger weiterhin erklärungsgemäß i.H.v. 19.357 DM angesetzt. Für den Veranlagungszeitraum 1996 ergab sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte i.H.v. 245.582 DM, so dass der Abzugsbetrag nach § 10 e EStG wegen Überschreitens der maßgeblichen Grenze von 240.000 DM nicht mehr gewährt wurde. Die für das Jahr 1996 erklärten Krankenversicherungsbeiträge i.H.v. 9.558 DM sowie Lebensversicherungsbeiträge i.H.v. 46.354 DM ließ das FA mit dem gesetzlichen Höchstbetrag gemäß § 10 Abs. 3 EStG i.H.v. 19.830 DM zum Abzug zu.
Mit dem hiergegen am 2. Dezember 2005 eingelegten Einspruch wandten sich die Kläger gegen die volle Versteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen, die Versagung der Steuerbegünstigung nach § 10 e EStG, die Aberkennung der Steuerermäßigung nach § 34 f EStG und die beschränkte Abzugsfähigkeit der Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 EStG. Durch Entscheidung vom 15. Juni 2007, auf die Bezug genommen wird, wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Zur Begründung der am 16. Juli 2007 erhobenen Klage lassen die Kläger im Wesentlichen folgendes vortragen: Streitig sei, in welchem Umfang die bei der Einkommensteuer 1996 eingetretene Festsetzungsverjährung durch den Feststellungsbescheid vom 4. Oktober 2005 gemäß § 171 Abs. 10 AO im Ablauf gehemmt worden sei. Nur die Einkommensteuer 1996 könne festgesetzt und gefordert werden, die durch die Verringerung des Verlustanteils von 180.786 DM auf 147.331 DM ausgelöst werde. Die eingetretene Festsetzungsverjährung bei der Einkommensteuer 1996 sowie der Regelungsinhalt des § 171 Abs. 10 AO ließen es nicht zu, die Grundförderung nach § 10 e EStG über 19.800 DM und das Baukindergeld nach § 34 f EStG i.H.v. 2.000 DM zu versagen. Weder die einkommensteuerliche Grundförderung des § 10 e EStG noch die Einkommensteuerermäßigung des § 34 f EStG würden sachlich und betragsmäßig vom Tenor des Grundlagenbescheides vom 4. Oktober 2005 umfasst und erst recht nicht verbindlich gesondert festgestellt. Die allein im EStG geregelten Bestimmungen des § 10 e Abs. 5 a EStG könnten nicht mehr angewandt werden, da die zwischenzeitlich eingetretene einkommensteuerliche Festsetzungsverjährung der Einkommensteuer 1996 dem entgegenstehe. Noch vielmehr gelte dies hinsichtlich der Vorschrift des § 34 f EStG, da es sich hierbei nicht um unselbständige oder gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen...