rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Behördeninterne Erstattung von nachträglich festgesetztem Kindergeld durch die Familienkasse an den Sozialleistungsträger für ein volljähriges, im Haushalt eines Sozialleistungsempfängers lebendes, mit diesem aber keine Bedarfsgemeinschaft bildendes Kind. Abzweigung von Kindergeld von Amts wegen. keine Abzweigung nach Auszahlung des Kindergelds
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat ein kindergeldanspruchsberechtigter Elternteil vor dem 1.1.2005 Grundsicherung nach § 8 Nr. 1, §§ 41 ff. SGB XII bzw. Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 11 ff. des Bundesozialhilfegesetzes sowie nach dem 1.1.2005 Leistungen nach dem SGB II bezogen, hat sein volljähriges, einer Erstausbildung nachgehendes Kind zwar im Haushalt des Elternteils gelebt, mit diesem aber keine sozialhilferechtliche Bedarfsgemeinschaft gebildet, und ist das Kindergeld auch nicht nach § 74 Abs. 1 EtSG abgezweigt worden, so hat der Sozialleistungsträger einen Erstattungsanspruch bezüglich des Kindergeldes nach § 74 Abs. 2 EStG i. V. m. § 104 Abs. 2 SGB X.
2. Eine Abzweigung von Kindergeld nach § 74 Abs. 1 EStG kann auch von Amts wegen ohne vorherigen Antrag erfolgen, wenn die Familienkasse zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kindergeldfestsetzung hinreichende positive Kenntnis vom Vorliegen der Abzweigungsvoraussetzungen hat.
3. Kindergeld für ein volljähriges Kind ist als Einkommen eines Hilfeempfängers i. S. v. § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII anzusehen; eine entsprechende Anwendung der für minderjährige Kinder geltenden Regelung des § 82 Abs.1 S. 2 SGB XII auf volljährige Kinder kommt nicht in Betracht.
4. Wurde Kindergeld bereits an einen Sozialleistungsträger erstattet, kann es wegen der durch die Auszahlung eingetretenen Erfüllung des Kindergeldanspruchs nicht mehr nach § 74 Abs. 1 S. 1 oder S. 3 EStG an das Kind abgezweigt werden.
Normenkette
EStG § 74 Abs. 1 Sätze 1, 3-4, Abs. 2; SGB XII § 2 Abs. 1, § 82 Abs. 1 Sätze 1-2, § 104 Abs. 1-2, § 8 Nr. 1, § 41; BSHG §§ 11, 76; SGB II § 11 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Mutter der Kinder B., geboren am 19. Juli 1981, und C., geboren am 28. Juni 1985.
Nach Aktenlage bezogen die Klägerin und Ihr Ehemann im Rahmen einer von ihnen gebildeten Bedarfsgemeinschaft in der Zeit vom 1. Juni 2005 bis 30. April 2006 zunächst Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Dieser Leistungsbezug endete mit rückwirkender Feststellung der vollen Erwerbsminderung des Ehemanns der Klägerin im Sinne von § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab 12. Juli 2005, indem das Jobcenter aus diesem Grunde mit Bescheid vom 7. April 2006 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II aufhob. Mit Schreiben vom 17. Februar 2006 und 28. April 2006 machte das Jobcenter nach Aktenlage gegenüber dem Bezirksamt für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 30. April 2006 einen Erstattungsanspruch geltend wegen an die Klägerin erbrachter Leistungen nach dem SGB II.
Soweit aus den beigezogenen Sozialamtsakten ersichtlich, bewilligte das Bezirksamt mit Bescheiden vom 22. Februar 2006 der Klägerin für den Zeitraum ab 1. Oktober 2005 fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapital des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Gemäß Schreiben vom 31. Mai 2006 und weiterer Unterlagen in der beigezogenen Sozialamtsakte erstattete das Bezirksamt dem Jobcenter für den Zeitraum von Oktober 2005 bis April 2006 Leistungen in Höhe von 4.400,87 EUR.
Mit Schreiben vom 19. März 2004 machte das Bezirksamt gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch wegen laufend an die Klägerin geleisteter Hilfe zum Lebensunterhalt – HzL – hinsichtlich des Kindergeldes für C. geltend und bat gleichzeitig um Prüfung, ob der Klägerin Kindergeld zustehe.
Das Bezirksamt bezifferte unter dem 30. November 2007 sowie dem Geschäftszeichen Soz 2602/F 161052 für den Zeitraum Oktober 2005 bis November 2006 eine Erstattungsforderung in Höhe von 16.341,44 EUR aufgrund Leistungserbringung nach dem SGB XII und für den Zeitraum Dezember 2006 bis Januar 2008 in Höhe von 16.299,12 EUR. Unter dem 14. Dezember 2007 erfolgte eine weitere Erstattungsforderung in Höhe von 8.308 EUR für den Zeitraum Oktober 2002 bis November 2004 unter dem Geschäftszeichen Soz 31351.0902. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Schreiben Bezug genommen. Unter dem 23. September 2008 teilte das Bezirksamt unter dem Geschäftszeichen Soz 2602/F 161052 der Beklagten mit, dass die Leistungen für den Zeitraum Oktober 2005 bis April 2006 an des Jobcenter erfolgt seien.
Nachdem die Klägerin auch für B. Kindergeld beantragt hatte, sowie nach Durchführung eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens setzte die Beklagte mit (Abhilfe)Bescheiden vom 3. Ja...